A2366 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 34–35⏐⏐27. August 2007
G E L D A N L A G E
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as sich derzeit an den Bör- sen abspielt, kann nur dieje- nigen ernsthaft erschrecken, denen der gesunde Menschenverstand ab- handen gekommen ist oder die sich allzu sehr auf die Beteuerungen ih- rer Bankberater verlassen haben.Die Situation ist so oder so fatal, und das Entsetzen wird um exakt die Strichmarken größer, je näher der DAX die Marke von 6 000 Punkten anvisiert. Meiner Meinung nach kann es den Index noch locker 1 000 Punkte runterziehen. Wenn Panik herrscht, fallen die Kurse halt ge- nauso schnell, wie sie ehemals ge- stiegen sind.
Einmal davon abgesehen, dass in dieser Kolumne rechtzeitig und mehrfach vor dem jetzigen Nieder- gang gewarnt wurde, wofür ich durchaus den einen oder anderen gehässigen Leserbrief kassiert habe, kann der Lehrsatz, was steigt, muss auch wieder fallen (können), einem
nicht wirklich als überraschende Neuigkeit erscheinen.
Der Markt „atmet“ eben, und wenn Kurse nicht anderes sind als eine mathematisch abgezinste For- mel der künftigen Erträge, dann ist die derzeitige Subprime-Krise eben bloß ein Indiz darauf, dass der Wir- bel um faule Hypothekenkredite und ihre Mehrfachverbriefung auch auf die Realwirtschaft übergreifen kann (und wird).
Wundern darf das aber eigent- lich niemanden. Wenn die Banken plötzlich Geld bunkern und Kredite nur sehr partiell an erste Adressen vergeben, dann können freilich vie- le angedachte Projekte nicht mehr realisiert werden, was sich bereits in den Gewinnrechnungen der Un- ternehmen im nächsten Jahr und danach negativ niederschlagen wird. Folge: Der Aktienkurs, der eben noch „in Ordnung“ war, wird nun um, sagen wir mal, 20 Prozent
tiefer als angemessen bewertet an- gesehen.
Panik ist in der jetzigen Situati- on gleichwohl nicht der passende Ratgeber. Besonnene Anleger be- wahren in dieser Situation ruhig Blut, jetzt Werte Knall auf Fall zu verkaufen, ist sicher keine vernünf- tige Strategie.
Allerdings kommt es nun umso mehr darauf an, Qualität im Depot zu haben. Wer etwa Allianz, Mün- chener Rück oder Bayer in Besitz hat, sollte auf gar keinen Fall ver- kaufen, sondern vielmehr bei wei- ter fallenden Kursen sukzessive dazukaufen. Die Schwierigkeit ist halt, sich von dann noch niedrige- ren Börsennotierungen nicht jeck machen zu lassen, sondern den Er- werb als günstige Kaufgelegenheit anzusehen.
Wichtig ist es aber auch, die Akti- enquote so niedrig zu halten, dass das Nervenkostüm nicht unnötig strapaziert wird, will heißen, mehr als ein Drittel sollte nicht in Dividendentitel investiert werden.
Wer mit dem großen Rest auf dem Geld sitzen bleibt und schöne Ta- gesgeldzinsen kassiert, macht im Moment vermutlich alles richtig. I BÖRSEBIUS