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Archiv "Frühzeitig erkennen und behandeln" (01.09.2014)

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602 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 35–36

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1. September 2014

M E D I Z I N

DISKUSSION

Frühzeitig erkennen und behandeln

Kompliment an die Autoren zur Wahl dieses wichtigen Themas (1). Wie sie dargestellt haben, ist die Regenera- tion nach Nervenrekonstruktionen nur teilweise erfolg- reich (1), insbesondere bei älteren Patienten (2). Die häufigste Nervenläsion, die Schädigung des Nervus medianus während einer Karpaltunnelspaltung (1), er- leiden eher Patienten im mittleren/höheren Alter mit eingeschränkter Regenerationsprognose. Eine vollstän- dige Wiedererlangung der motorischen Funktion ist eher die Ausnahme. Deswegen sollte bereits bei einer Nervenrekonstruktion ein motorischer Ersatz in Erwä- gung gezogen werden (3). Speziell proximale Nerven- läsionen mit langer Regenerationsstrecke haben eine schlechte Prognose, zum Beispiel die Schädigung des Nervus radialis bei Osteosynthesen einer Humerusfrak- tur. Die vielfältigen motorischen Ersatzoperationen sind in den AWMF-Leitlinien zur peripheren Nerven- verletzung dargestellt, die Arbeit wurde bereits sinnvol- lerweise durch die Autoren der Übersichtsarbeit zitiert.

Das Hinzuziehen eines Mikrochirurgen bei intraope- rativer Nervendurchtrennung wäre zwar ideal, ist aber nicht immer möglich. Aus unserer Sicht werden die meisten iatrogenen Nervenverletzungen vom Operateur überhaupt nicht erkannt. Demgegenüber stellen sich immer wieder Patienten vor, bei denen eine unzurei- chende Nervennaht mit ungeeignetem Nahtmaterial oh- ne ausreichende Vergrößerung (Mikroskop/Lupenbril- le) und ohne mikrochirurgische Technik erzeugt wurde.

Hier ist, wie durch die Autoren der Übersichtsarbeit dargestellt, eine sekundäre Rekonstruktion durch den Mikrochirurgen sicher für den Patienten sinnvoller, als der Versuch, bei nicht idealer Infrastruktur und/oder fehlender mikrochirurgischer Ausbildung, eine Naht zu erzeugen.

Wir können uns dem Fazit der Autoren nur anschlie- ßen, dass die iatrogenen Nervenverletzungen frühzeiti- ger erkannt und adäquat durch versierte Mikrochirur- gen behandelt werden müssen. Diese sollten zugleich noch über Fähigkeiten zur Durchführung eines motori- schen Ersatzes befähigt sein, um mehrere Eingriffe für den Patienten zu vermeiden.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0602a

Weitere potenzielle Lokationen für Läsionen

Als Ursachen iatrogener Nervenläsionen werden in der Übersichtsarbeit (1) Durchtrennung, Quetschung und Kompression, Durchbohrung und Aufdrehung genannt.

Unter den Eingriffen, die zu iatrogenen Nervenläsionen geführt hatten, wird die Herniotomie als großer abdo- minal-chirurgischer Eingriff beschrieben. Dies ent- spricht sicherlich nicht der allgemeinen Einschätzung, mithin stellt die Leistenhernienoperation nach dem So- zialgesetzbuch einen Eingriff dar, der in der Regel am- bulant erfolgen sollte. Demgegenüber werden in der Arbeit andere abdominal- und gefäßchirurgische Ein- griffe gar nicht erwähnt.

Das am besten evaluierte Datenmaterial findet man sicherlich für die 90 000 Schilddrüsenoperationen, die pro Jahr in Deutschland durchgeführt werden. Die Häu- figkeit passagerer und permanenter Paresen des Nervus recurrens wird in einer aktuellen multizentrischen Stu- die mit 2–4 % angegeben. Da in aller Regel Schilddrü- senoperationen mit einem prä- und postoperativen hals- nasen-ohrenärztlichen Konsil durchgeführt werden, sind diese Daten sicherlich valide. Nervenläsionen bei Schilddrüsenoperationen sind somit sicherlich ungleich häufiger als die, die in der Tabelle 1 angegeben werden.

Ein weiterer sehr interessanter Aspekt betrifft die cir- ca 35 000 Carotisoperationen, die pro Jahr in Deutsch- land durchgeführt werden. Eines der Risiken der opera- tiven Behandlung von Carotisstenosen ist das der peri- pheren Nervenläsion. Diese betrifft am häufigsten den Nervus hypoglossus. Gerade in der Diskussion, ob man eine Carotisstenose operieren oder mit einem Stent be- handeln sollte, kommt der Beurteilung peripherer Ner- venläsionen besondere Bedeutung zu.

Auch wenn derlei Nervenläsionen offensichtlich von den Autoren nicht operativ behandelt worden sind, hät- te man sie in der Diskussion zumindest erwähnen sol-

len. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0602b

zu dem Beitrag

Iatrogene Nervenläsionen: Prävalenz, Diagnostik und Therapie

von Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis, Prof. Dr. med. Thomas Kretschmer, Dr. med. Maria Teresa Pedro, PD Dr. med. Ralph W. König,

Dr. med. Christian Heinen, Prof. Dr. med. Hans-Peter Richter in Heft 16/2014

LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Rich- ter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

2. Stang F, Stollwerck P, Prommersberger KJ, van Schoonhoven J: Pos- terior interosseus nerve vs. medial cutaneous nerve of the forearm:

differences in digital nerve reconstruction. Arch Orthop Trauma Surg 2013; 133: 875–80.

3. Prommersberger KJ, van Schoonhoven J: Motorische Ersatzoperatio- nen an der oberen Extremität. Oper Orthop Traumatol 2013; 25:

320.

Prof. Dr. med. Frank Unglaub

Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim

Abteilung Handchirurgie, Vulpius Klinik, Bad Rappenau

Prof. Dr. med. Peter Hahn

Abteilung Handchirurgie, Vulpius Klinik, Bad Rappenau

Dr. med. Christian K. Spies Abteilung Handchirurgie, Vulpius Klinik, Bad Rappenau

christian.spies@vulpiusklinik.de

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Deutsches Ärzteblatt

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1. September 2014 603

M E D I Z I N

Rasche operative Intervention wichtig

An der Universitätsklinik für Plastische, Rekon- struktive und Ästhetische Chirurgie Innsbruck wur- den von 2000 bis 2010 insgesamt 23 Patienten (16 weiblich, 7 männlich, Durchschnittsalter 52,7 Jahre) nach iatrogen verursachten Nervus-femoralis-Läsio- nen operativ versorgt. Die Hauptursachen der Nervenläsionen entsprachen auch bei uns den von Antoniadis et al. (1) genannten. Präoperativ erfolgte primär die Anamnese und klinische Untersuchung, dabei wurden Angaben zu den sensiblen und motori- schen Ausfällen erhoben. Wertvoll erwies sich die klinisch-interdisziplinäre neurologische und neuro- sonographische Untersuchung. Die Sonographie er- möglicht in den Händen eines erfahrenen Radiologen eine exakte anatomische Schädigungslokalisation.

Im Verlauf lassen sich mit Hilfe von elektromyo - graphischen und Nervenleitgeschwindigkeits-Unter - suchungen, verbunden mit einem wandernden Hoff- mann-Tinel-Zeichen, Rückschlüsse auf eine eventu- elle Nervenregeneration ziehen.

Piza-Katzer et al. (2) zeigten die Vorteile einer ra- schen operativen Revision bei persistierenden Ner- venausfällen ohne klinische Verbesserungszeichen.

Wir entschlossen uns daher, bei Nichtbesserung der klinischen Symptomatik und Ausbleiben des Wan- derns des Hofmann-Tinel-Zeichens die operative Re- vision bei betroffenen Patienten bereits nach drei Monaten durchzuführen. Dadurch verkürzte sich von 2008 bis 2010 das Intervall zwischen Nervenschädi- gung und operativer Revision von etwa 12 auf 6,4 Monate. Davon verstrichen allein etwa drei Monate von der Schädigung des Nerven bis zur Zuweisung an unsere Klinik.

Zusammenfassend können wir den Autoren des Artikels nur beipflichten. Durch die rasche operative Intervention können der Leidensweg dieser Patien- ten verkürzt und die klinische Regeneration deutlich früher erreicht werden. Zudem wird der fortschrei- tenden Muskelatrophie Einhalt geboten und somit die Rehabilitation beschleunigt. Hervorzuheben ist nochmals, dass allein der Verdacht auf Vorliegen ei- ner Nervenläsion die schnelle Zuweisung an den Ex- perten nach sich ziehen sollte, um das Konzept der raschen Intervention auch umsetzen zu können.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0603a

Motorische Ersatzplastiken

Die Autoren weisen in ihrem Übersichtsartikel auf eine wichtige und schwerwiegende Komplikation chirurgischer Eingriffe hin. Sie zeigen eindrücklich, dass eine adäquate Diagnostik und Therapie nach Nervenverletzung eine signifikante Verbesserung der Beschwerden erzielen kann (1). Unerwähnt bleibt je- doch bedauerlicherweise die wichtige therapeutische Option der (früh-)funktionellen Wiederherstellung durch motorische Ersatzplastiken.

Häufig kann eine ausreichende Reinnvervation nach Verletzung und Nervenrekonstruktion nicht er- zielt werden, zumal die Regenerationsfähigkeit der peripheren Nerven an den Extremitäten mit zuneh- mendem Alter deutlich schlechter wird (2, 3). Hier kann das Endergebnis mittels einer funktionellen Re- konstruktion durch motorische Ersatzplastiken eine deutliche Verbesserung für die betroffenen Patienten bewirken. Bei diesem operativen Verfahren werden funktionslose Muskeln durch gesunde Muskeln oder Sehnen ersetzt, die somit deren Funktion überneh- men. Durch die Umsetzung dieser Muskeln kann die verloren gegangene Funktion häufig ganz- oder teil- weise wiederhergestellt werden.

Exemplarisch seien hier die Steigbügelplastik zur Korrektur der Fußheberschwäche bei Peroneusläsion oder die Radialisersatzplastik zur Wiederherstellung der Handgelenks- und Langfingerstreckung bei Radialisparese genannt (4). Wichtig ist dabei – wie von den Autoren schon beschrieben – das intensive physiotherapeutische Training, um Kontrakturen zu vermeiden, die den Einsatz einer Ersatzplastik un- möglich machen können. Auch ein kombiniertes Vorgehen von Rekonstruktion des Nerven und Er- satzplastik kann sinnvoll sein.

Diese wichtige Versorgungsmöglichkeit sollte bei einer traumatisch oder iatrogen bedingten Verletzung peripherer Nerven an den Extremitäten bei der Ent- scheidung über die weitere Therapie immer mitbe- rücksichtigt werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0603b LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Rich- ter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

Prof. Dr. med. Heiner H. Wenk

Zentrum für Chirurgie – Allgemein-, Gefäß- und Visceralchirurgie Klinikum Bremen-Nord, Bremen

a.g.chirurgie@klinikum-bremen-nord.de

LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Richter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diag- nosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

2. Piza-Katzer H, Schöller T, Stichelberger M: Iatrogen femoral nerve lesions. Handchir Mikrochir plast Chir 2009; 41: 230–7.

Dr. med. univ. Gabriel Djedovic Klinik für Plastische und Ästhetische, Wiederherstellungs- und Handchirurgie Frankfurt am Main

gabriel.djedovic@me.com

Dr. med. Eva-Maria Baur PD Dr. med. Ulrich M. Rieger Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Medizinische Universität Innsbruck

LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Richter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diag- nosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

2. Brüser P: Motorische Ersatzoperationen an der oberen Extremität.

Dtsch Arztebl 1999; 96: A-1134–9.

Referenzen

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