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Archiv "Motorische Ersatzplastiken" (01.09.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 35–36

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1. September 2014 603

M E D I Z I N

Rasche operative Intervention wichtig

An der Universitätsklinik für Plastische, Rekon- struktive und Ästhetische Chirurgie Innsbruck wur- den von 2000 bis 2010 insgesamt 23 Patienten (16 weiblich, 7 männlich, Durchschnittsalter 52,7 Jahre) nach iatrogen verursachten Nervus-femoralis-Läsio- nen operativ versorgt. Die Hauptursachen der Nervenläsionen entsprachen auch bei uns den von Antoniadis et al. (1) genannten. Präoperativ erfolgte primär die Anamnese und klinische Untersuchung, dabei wurden Angaben zu den sensiblen und motori- schen Ausfällen erhoben. Wertvoll erwies sich die klinisch-interdisziplinäre neurologische und neuro- sonographische Untersuchung. Die Sonographie er- möglicht in den Händen eines erfahrenen Radiologen eine exakte anatomische Schädigungslokalisation.

Im Verlauf lassen sich mit Hilfe von elektromyo - graphischen und Nervenleitgeschwindigkeits-Unter - suchungen, verbunden mit einem wandernden Hoff- mann-Tinel-Zeichen, Rückschlüsse auf eine eventu- elle Nervenregeneration ziehen.

Piza-Katzer et al. (2) zeigten die Vorteile einer ra- schen operativen Revision bei persistierenden Ner- venausfällen ohne klinische Verbesserungszeichen.

Wir entschlossen uns daher, bei Nichtbesserung der klinischen Symptomatik und Ausbleiben des Wan- derns des Hofmann-Tinel-Zeichens die operative Re- vision bei betroffenen Patienten bereits nach drei Monaten durchzuführen. Dadurch verkürzte sich von 2008 bis 2010 das Intervall zwischen Nervenschädi- gung und operativer Revision von etwa 12 auf 6,4 Monate. Davon verstrichen allein etwa drei Monate von der Schädigung des Nerven bis zur Zuweisung an unsere Klinik.

Zusammenfassend können wir den Autoren des Artikels nur beipflichten. Durch die rasche operative Intervention können der Leidensweg dieser Patien- ten verkürzt und die klinische Regeneration deutlich früher erreicht werden. Zudem wird der fortschrei- tenden Muskelatrophie Einhalt geboten und somit die Rehabilitation beschleunigt. Hervorzuheben ist nochmals, dass allein der Verdacht auf Vorliegen ei- ner Nervenläsion die schnelle Zuweisung an den Ex- perten nach sich ziehen sollte, um das Konzept der raschen Intervention auch umsetzen zu können.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0603a

Motorische Ersatzplastiken

Die Autoren weisen in ihrem Übersichtsartikel auf eine wichtige und schwerwiegende Komplikation chirurgischer Eingriffe hin. Sie zeigen eindrücklich, dass eine adäquate Diagnostik und Therapie nach Nervenverletzung eine signifikante Verbesserung der Beschwerden erzielen kann (1). Unerwähnt bleibt je- doch bedauerlicherweise die wichtige therapeutische Option der (früh-)funktionellen Wiederherstellung durch motorische Ersatzplastiken.

Häufig kann eine ausreichende Reinnvervation nach Verletzung und Nervenrekonstruktion nicht er- zielt werden, zumal die Regenerationsfähigkeit der peripheren Nerven an den Extremitäten mit zuneh- mendem Alter deutlich schlechter wird (2, 3). Hier kann das Endergebnis mittels einer funktionellen Re- konstruktion durch motorische Ersatzplastiken eine deutliche Verbesserung für die betroffenen Patienten bewirken. Bei diesem operativen Verfahren werden funktionslose Muskeln durch gesunde Muskeln oder Sehnen ersetzt, die somit deren Funktion überneh- men. Durch die Umsetzung dieser Muskeln kann die verloren gegangene Funktion häufig ganz- oder teil- weise wiederhergestellt werden.

Exemplarisch seien hier die Steigbügelplastik zur Korrektur der Fußheberschwäche bei Peroneusläsion oder die Radialisersatzplastik zur Wiederherstellung der Handgelenks- und Langfingerstreckung bei Radialisparese genannt (4). Wichtig ist dabei – wie von den Autoren schon beschrieben – das intensive physiotherapeutische Training, um Kontrakturen zu vermeiden, die den Einsatz einer Ersatzplastik un- möglich machen können. Auch ein kombiniertes Vorgehen von Rekonstruktion des Nerven und Er- satzplastik kann sinnvoll sein.

Diese wichtige Versorgungsmöglichkeit sollte bei einer traumatisch oder iatrogen bedingten Verletzung peripherer Nerven an den Extremitäten bei der Ent- scheidung über die weitere Therapie immer mitbe- rücksichtigt werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0603b LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Rich- ter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

Prof. Dr. med. Heiner H. Wenk

Zentrum für Chirurgie – Allgemein-, Gefäß- und Visceralchirurgie Klinikum Bremen-Nord, Bremen

a.g.chirurgie@klinikum-bremen-nord.de

LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Richter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diag- nosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

2. Piza-Katzer H, Schöller T, Stichelberger M: Iatrogen femoral nerve lesions. Handchir Mikrochir plast Chir 2009; 41: 230–7.

Dr. med. univ. Gabriel Djedovic Klinik für Plastische und Ästhetische, Wiederherstellungs- und Handchirurgie Frankfurt am Main

gabriel.djedovic@me.com

Dr. med. Eva-Maria Baur PD Dr. med. Ulrich M. Rieger Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Medizinische Universität Innsbruck

LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Richter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diag- nosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

2. Brüser P: Motorische Ersatzoperationen an der oberen Extremität.

Dtsch Arztebl 1999; 96: A-1134–9.

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604 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 35–36

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1. September 2014

M E D I Z I N

Schlusswort

In unserer Arbeit (1) haben wir die operativ versorg- ten iatrogenen Nervenläsionen in unserer Klinik zu- sammengefasst. Mehrere Patienten mit Recurrenspa- resen nach operativen Eingriffen (Schilddrüsen- oder ventralen Halswirbelsäulenoperationen) haben sich in unserer Ambulanz vorgestellt. Bei einem Teil die- ser Patienten bildeten sich die Paresen spontan zu- rück. Bei kompletten Nervendurchtrennungen dieses dünnkalibrigen Nervs ist unsererseits nervenchirur- gisch keine Rekonstruktion möglich. Die Nerv- stümpfe retrahieren sich nach der Durchtrennung, sodass ihr Auffinden fast unmöglich ist. In diesen Fällen empfehlen wir rekonstruktive Eingriffe durch die HNO-Ärzte.

Eine iatrogene Läsion des Nervus hypoglossus muss nervenchirurgisch versorgt werden. Solche Lä- sionen haben wir in unserem Kollektiv nicht gese- hen. Wenn nach drei Monaten klinisch und elektro- myographisch keine Reinnervation nachweisbar ist, ist in diesen Fällen eine operative Freilegung und Nervenrekonstruktion indiziert, es sei denn, eine Nervendurchtrennung lag intraoperativ offensicht- lich vor. Eine primäre End-zu-End-Naht oder eine frühe Sekundärversorgung sollte dann in drei Wo- chen durchgeführt werden (2).

Wir sind der Meinung, dass bei iatrogenen Ner- venläsionen zeitnah und von einem erfahrenen Ner- venchirurgen eine Nervenrekonstruktion erfolgen soll. Das ist das oberste Prinzip, das von einem Ner- venchirurgen befolgt werden muss. Liegt aber eine große Läsion eines Nervs vor, oder wenn eine auto- loge Transplantation aus verschiedenen Gründen nicht vorgenommen werden kann, dann sollte an ei- nen Nerventransfer gedacht werden (3). Es gibt un- terschiedliche Nerventransfers wie

den Oberlin-Transfer (Koaptation eines Faszi- kels des Nervus ulnaris auf den Bizepsast des Nervus musculocutaneus) am Oberarm (4)

einen Transfer eines Trizepsastes des Nervus radialis auf den motorischen Anteil des Nervus axillaris im Schulterbereich (3)

einen Transfer von motorischen Ästen des Ner- vus medianus auf die Radialisäste für die Hand- und Fingerstreckung am proximalen Unterarm (5, 6) oder

die Umlenkung der Endstrecke des Nervus inter - osseus anterior auf den motorischen Anteil des Nervus ulnaris am distalen Unterarm (7).

Motorische Ersatzplastiken sind unseres Erach- tens bei fehlender Reinnervation indiziert. Primär sollte stets das Ziel sein, die Kontinuität des Nervs wiederherzustellen, um damit den ursprünglichen Zustand zu erhalten. Muskel- und Sehnentransfers sind in unseren Augen ein Ersatz und lediglich als solcher anzusehen (2).

Letztendlich sollten iatrogene Nervenverletzun- gen im besten Falle vermieden werden. Falls sie doch nach einem Eingriff auftreten, sollten sie er- kannt und thematisiert werden. Der Patient muss in den im Artikel angegebenen Zeiträumen in einem nervenchirurgischen Zentrum behandelt werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0604 LITERATUR

1. Antoniadis G, Kretschmer T, Pedro MT, König RW, Heinen CPG, Richter HP: Iatrogenic neurological damage—prevalence, diag- nosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 273–9.

2. Kretschmer T, Antoniadis G, Assmus H: Nervenchirurgie. Heidel- berg: Springer Verlag 2014.

3. Yang LJ-S, Chang KE-C, Chung KC: A systematic review of nerve transfer and nerve repair for the treatmant of adult upper brachi- al plexus injury. Neurosurgery 2012; 71: 417–29.

4. Teboul F, Kakkar R, Ameur N, Beaulieu JY, Oberlin C: Transfer of fascicles from the ulnar nerve to the nerve to the biceps in the treatment of upper brachial plexus palsy. J Bone Joint Surg Am 2004; 86: 1485–90.

5. Davidge KM, Yee A, Kahn LC, Mackinnon SE: Median to radial nerve transfers for restoration of wrist, finger, and thumb exten - sion. J Hand Surg Am 2013; 38: 1812–27.

6. Ray WZ, Mackinnon SE: Clinical outcomes following median to radial nerve transfers. JHS 2011; 36A: 202–8.

7. Flores LP: Distal anterior interosseous nerve transfer to the deep ulnar nerve and end-to-side suture of the superficial ulnar nerve to the third common palmar digital nerve for treatment of high ul- nar nerve injuries: experience in five cases. Arq Neuropsiquiatr 2011; 69: 519–24.

Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis Dr. med. Maria T. Pedro

Neurochirurgische Klinik der Universität Ulm, Bezirkskrankenhaus Günzburg

gregor.antoniadis@uni-ulm.de

Interessenkonflikt

Die Autoren aller Beiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

3. Rosén B, Lundborg G: The long term recovery curve in adults af- ter median or ulnar nerve repair: a reference interval. J Hand Surg Br 2001; 26:196–200.

4. Steinau HU, Tofaute A, Huellmann K, et al.: Tendon transfers for drop foot correction: long-term results including quality of life as- sessment, and dynamometric and peobarographic measure- ments. Arch Orthop Trauma Surg 2011; 131: 903–10.

Dr. med. Tobias Hirsch Prof. Dr. med. Marcus Lehnhardt

Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte,

Handchirurgiezentrum, Operatives Referenzzentrum für Gliedmaßentumore BG Universitätskliniken Bergmannsheil, Ruhr Universität Bochum tobias.hirsch@rub.de

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