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Archiv "Hochfrequenzoszillationsventilation beim akuten Lungenversagen des Erwachsenen" (02.04.2004)

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D

as akute schwere Lungenversagen des Erwachsenen (ARDS) wurde als eigenständiges Syndrom erst- mals 1967 in der wissenschaftlichen Li- teratur erwähnt (2).Ashbaugh und Mit- arbeiter hatten beobachtet, dass unter- schiedliche Erkrankungen zu einer re- lativ uniformen diffusen Schädigung der Lunge mit schwerer Atemnot führ- ten. Verschieden geartete extrapulmo- nale und pulmonale Noxen können ei- ne ausgeprägte Entzündungsreaktion in der Lunge auslösen (Tabelle 1). Ge- fäßendothel- und/oder Alveolarepithel- schädigung bedingen die Migration von Entzündungszellen und den Einstrom von Plasmaflüssigkeit in Interstitium und Alveolen. Surfactantzerstörung und Alveolarkollaps sind die Folge und führen zu einer oft ausgeprägten Ver-

minderung der ventilierbaren Lungen- oberfläche in Kombination mit Ausbil- dung intrapulmonaler Shunts. Beglei- tend kommt es zu lokaler und systemi- scher Aktivierung des Gerinnungssy- stems mit teils ausgedehnter Throm- benbildung im Pulmonaliskreislauf, die in Kombination mit einer hypoxischen

Vasokonstriktion häufig zu einer pulmonalen Hyperto- nie führt.

Als Folge der schweren Beeinträchtigung von Venti- lation, Diffusion und Perfusi- on tritt eine lebensbedrohen- de Hypoxämie auf, die eine mechanische Atemunterstüt- zung notwendig macht. Ra- diologisch imponiert das Bild der weißen Lunge mit doppelseitigen diffusen pul- monalen Infiltraten. 1994 wurden von einer amerika- nisch europäischen Konsen- suskonferenz die definieren- den Kriterien des ARDS („acute respi- ratory distress syndrome“) festgelegt (3) (Textkasten). Die weniger stark aus- geprägte Form eines akuten Lungen- versagens, bei der der Quotient aus PaO2und FiO2kleiner als 300 mm Hg ist, wird als ALI („acute lung injury“) bezeichnet.

Hochfrequenz-

oszillationsventilation beim akuten Lungenversagen

des Erwachsenen

Zusammenfassung

Die Hochfrequenzoszillationsventilation (HFOV) gewinnt seit wenigen Jahren auch in der Thera- pie des akuten Lungenversagens des Erwachse- nen (ARDS) an Bedeutung. Ausgehend von pa- thophysiologischen Überlegungen zur Entste- hung des ARDS, stellt die HFOV möglicherweise eine ideale Beatmungsform zur Protektion der geschädigten Lunge dar, indem Atelektrauma und Volutrauma weitgehend vermieden wer- den. Die klinischen Erfahrungen in der An- wendung der HFOV bei Erwachsenen sind noch relativ begrenzt, lassen aber zumindest eine Gleichwertigkeit zur konventionellen protekti- ven Beatmung erkennen. Als Rettungsverfahren bei nicht mehr oxygenierbaren Patienten kann die HFOV entscheidende Verbesserungen er- zielen. Die Kombination von HFOV mit inhalati- vem Stickstoffmonoxid und/oder extrakorpora- ler pumpenloser Membranoxygenierung kann die Überlebenschancen zusätzlich verbessern.

Manche Fragen, wie die bestmögliche Ventila- toreinstellung, die Art des initialen Recruitment- manövers oder Langzeitauswirkungen auf Hä- modynamik und Lungengerüst, sind noch nicht abschließend geklärt. Dennoch stellt die HFOV eine viel versprechende neue Beatmungsform dar, die beim schweren ARDS frühzeitig einge- setzt werden sollte.

Schlüsselwörter: Hochfrequenzoszillationsven- tilation, ARDS, Therapiekonzept, Stickstoffmon- oxid, Beatmung

Summary

High-Frequency Oscillatory Ventilation High-frequency oscillatory ventilation (HFOV) gains a growing interest in the therapy of adult acute lung failure (ARDS). On the basis of pathophysiologic considerations in the devel- opment of ARDS, HFOV might prove to be an

ideal mode of protective ventilation by avoid- ing atelectrauma and volutrauma. Clinical expe- rience in the application of HFOV in adults is relatively scarce so far, but shows that HFOV probably is at least equivalent to conventional protective ventilation. HFOV used as a rescue strategy can result in decisive improvement in oxygenation in patients no longer responding to conventional ventilation. The combination of HFOV with inhaled nitric oxide and/or pump- less extracorporal lung assist can improve survival further. Some questions such as best possible adjustment of the ventilator, way of initial recruitment or long time effects on hemodynamics and lung structure are not finally answered yet. Nevertheless HFOV is a promising new mode of mechanical ventilation that should be employed early in severe ARDS.

Key words: high-frequency oscillatory venti- lation, ARDS, therapeutic concept, nitric oxide, ventilation

1Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II (Direktor: Prof.

Dr. med. Günter Riegger), Klinikum der Universität Re- gensburg

2Fachklinik für Lungenkrankheiten (Direktor: Prof. Dr.

med. Michael Pfeifer), Donaustauf

Thomas Müller1 Stephan Budweiser2 Frank Muders1 Christian Schulz1 Andreas Jeron1 Florian Neuhierl1 Günter Riegger1 Michael Pfeifer1,2

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Eine spezifische Therapie des ARDS ist nicht möglich. Medikamentös phar- makologische Interventionen wie der Versuch, die Entzündungskaskade zu beeinflussen, oder die Substitution von Surfactant konnten bislang den Beweis einer signifikanten Wirksamkeit nicht erbringen und werden hier nicht weiter diskutiert.

Die empfohlene Strategie der mecha- nischen Ventilation hat sich in den letz- ten Jahren wesentlich gewandelt. Nach- dem tierexperimentell gezeigt wurde, dass mechanische Beatmung per se eine Lungenschädigung induzieren kann, verdichteten sich die Hinweise, dass dies auch in der klinischen Praxis gilt. Späte- stens seit der ARDS-Network Study aus dem Jahr 2000 ist das Prinzip einer pro- tektiven Beatmung akzeptiert (1). In dieser multizentrischen, prospektiv kon-

trollierten Studie wurde nachgewiesen, dass die Beatmung mit kleineren Tidal- volumen (6 mL/kg Idealkörpergewicht) im Vergleich zu einem höheren Tidalvo- lumen (12 mL/kg Körpergewicht) so- wohl die Beatmungsdauer verkürzt als auch die Mortalität signifikant verrin- gert. Die pathophysiologischen Zusam- menhänge, die das verbesserte Überle- ben erklären, sind noch nicht vollständig verstanden; man geht davon aus, dass durch kleinere Atemzugvolumina bei erhöhtem endexpiratorischem Druck (PEEP) noch funktionierende Alveolen weniger überdehnt werden. Dadurch sind die Scherkräfte zwischen kollabier- ten und noch rekrutierbaren Alveolen vermindert. Ranieri wies nach, dass eine protektive Beatmung in der Lunge we- niger Entzündungsmediatoren freisetzt als ein aggressiveres Beatmungsmuster

(16). Die intrapulmonale Produktion und Freisetzung inflammatorischer Me- diatoren scheint eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer systemischen Inflammationsreaktion (SIRS), das in ein Multiorganversagen münden kann, zu spielen. Die Hochfrequenzoszillati- onsventilation (HFOV), deren Rolle in der Behandlung des ARDS im Weite- ren erläutert wird, stellt möglicherweise die Maximalvariante einer lungenpro- tektiven Beatmung dar.

Entwicklung und Funktionsweise

Erste experimentelle Arbeiten zur HFOV wurden vor 30 Jahren publiziert.

Lunkenheimer und Mitarbeiter zeigten 1972, dass Eukapnie bei mechanisch ventilierten Hunden mit einer Oszillati- onsfrequenz bis 40 Hertz erreicht wer- den kann (12). Parallel beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe um Charles Bryan in Toronto mit Lungenimpedanzmes- sungen in Narkose mit einem Lautspre- cher und notierte, dass eine CO2-Elimi- nation ermöglicht wurde (4). Weitere tierexperimentelle Arbeiten (18) sowie technische Verbesserungen führten zur Anwendung beim Menschen, zunächst in der pädiatrischen Intensivmedizin.

Eine kontroverse Diskussion setzte ein, als 1989 die Ergebnisse der HIFI-Studie veröffentlicht wurden (10). Diese multi- zentrische Untersuchung, die konven- tionelle Beatmung und HFOV bei Frühgeborenen mit Lungenversagen verglich, wurde vom NIH vorzeitig ab- gebrochen, weil ein erhöhtes Risiko für

´ Tabelle 1 ´

Wesentliche pulmonale und extrapulmonale Ursachen eines ARDS

Pulmonale Ursachen Extrapulmonale Ursachen

Doppelseitige Pneumonie: Sepsis/systemische Inflammationsreaktion

„parapneumonisches“ ARDS

Aspiration von Mageninhalt Pankreatitis Aspiration von Süß- oder Salzwasser Polytrauma

Lungenkontusion Ausgedehnte Verbrennung

Inhalation toxischer Gase (NO2, Ozon, Hämorrhagischer Schock mit Massen-

Rauchgase) transfusion

Lungentoxizität chemischer Agentien Disseminierte intravasale Verbrauchs- (Paraquat, Bleomycin, Amiodaron) koagulopathie

Höhenkrankheit Extrakorporaler kardiopulmonaler Bypass Lungenembolie: Thrombus, Fruchtwasser, Neurogenes Lungenödem

Fettembolie

Definition des ARDS

nach der American-European Consensus Conference on ARDS, 1994 (3)

>Akuter Beginn

>PaO2/FiO2< 200 mm Hg

>Bilaterale diffuse Infiltrate auf der Röntgen- thorax-Aufnahme

>Ausschluss Linksherzinsuffizienz/linksatriale Hypertonie: PAWP < 18 mm HG

PAWP, pulmonalarteriolärer Verschlussdruck PaO2, arterieller Sauerstoffpartialdruck FiO2, inspiratorische Sauerstoffkonzentration Textkasten

Abbildung 1: 20-jähriger Patient mit toxischer Alveolitis, vor und nach 48-stündiger Hochfre- quenzoszillationsventilation

a b

(3)

intrakranielle Blutungen unter HFOV beobachtet wurde. Berechtigte Kritik am Studiendesign relativierte die Er- gebnisse, mehrere teils kontrollierte kli- nische Studien folgten. Erst die kürzlich publizierte Arbeit der Neonatal Venti- lation Study Group brachte die nun- mehr als gesichert geltende Erkenntnis, dass die HFOV in der Therapie des Lungenversagens des Frühgeborenen sicher und effektiv ist (5).

Das Wirkungsprinzip der HFOV un- terscheidet sich grundlegend von kon- ventioneller mechanischer Beatmung.

Inspiration und Exspiration im eigentli- chen Sinn, das heißt Anwendung eines Tidalvolumens, das größer als der ana- tomische Totraum ist, können nicht mehr abgegrenzt werden. Vielmehr wird die Lunge durch einen kontinuier- lich hohen Distensionsdruck (CDP,

„continuous distending pressure“) ex- pandiert und verbleibt in Inspirations- stellung. Hierdurch gelingt es, kollabier- te Areale zu rekrutieren; ein exspirato- rischer Rekollaps unterbleibt. Als klini- sches Beispiel hierfür ist in Abbildung 1 die Röntgenthoraxübersichtsaufnahme eines Patienten mit toxischer Alveolitis vor und nach 48 Stunden HFOV wie- dergegeben. Die Höhe des CDP wird einerseits durch einen kontinuierlich hohen Gasfluss („bias flow“) von übli- cherweise 20 bis 40 L/min, andererseits durch ein verstellbares CPAP-Ventil (CPAP, „continuous positive airway pressure“) am Ende des Beatmungssy- stems gesteuert (Grafik 1). Zum Gas- austausch kommt es, da die gesamte

Gassäule durch einen Oszilla- tor in Schwingungen versetzt wird (bei Erwachsenen im Allgemeinen 4 bis 6 Hz). Die Mechanismen, die den Gas- transport zur Alveole ermög- lichen, können in ihrer Kom- plexität im Einzelnen hier nicht erläutert werden. Zu nennen sind physikalische Prozesse wie konvektive Dis- persion, Dispersion vom Tay- lor-Typ, molekulare Diffusion, interalveoläre Pendelluft oder kardiogene Gasvermischung.

Eine Steuerung der CO2-Eli- mination wird durch Verände- rung von Oszillationsamplitu- de (∆ P), Schwingungsfre- quenz und zeitlichem Anteil der Vor- und Rückwärtsbewegung der Oszillati- onsmembran (I : E) ermöglicht. Für die Anwendung bei Erwachsenen steht derzeit nur ein HFOV-Beatmungsgerät zur Verfügung (Sensormedics 3100 B).

Klinische Erfahrungen mit erwachsenen Patienten

In der Neonatologie und Pädiatrie stellt die HFOV mittlerweile ein weitgehend etabliertes Behandlungsverfahren in der Therapie des IRDS („infant respira- tory distress syndrome“) dar. Eine Rei-

he randomisierter, kontrollierter Studi- en wurden publiziert (5).

In der Anwendung bei erwachsenen Patienten sind die Erfahrungen gerin- ger, weil bisher wenige Studien veröf- fentlicht wurden. Nach Einzelfallberich- ten wurde erstmals 1997 von Fort und Mitarbeitern (9) eine prospektive klini- sche Arbeit vorgestellt. 17 Patienten mit schwerem ARDS wurden nach unter- schiedlich langer konventioneller, nach heutigem Verständnis aggressiver Beat- mung auf HFOV umgestellt. Bereits nach zwölf Stunden zeigte sich eine sig- nifikante Verbesserung des Oxygenati- onsindex ([FiO2⫻mittlerer Atemwegs- Funktionsweise des Hochfrequenzoszillationsventilators

(mit freundlicher Genehmigung der Firma Viasys) Grafik 1

Mortalität nach 30 Tagen und 6 Monaten, MOAT-Studie, (7), (p = 0,102 und p = 0,143)

Grafik 2

Abbildung 2: Patient mit schwerem ARDS bei Ornithose, Therapie mit Hochfrequenzoszillati- onsventilation

(4)

druck ⫻100] / PaO2), die über zwei Tage erhalten blieb. Relevante negative Be- einflussungen von Herzzeitvolumen oder Sauerstofftransportkapazität tra- ten nicht auf. Die 30-Tages-Mortalität in der untersuchten Patientengruppe be- trug 53 Prozent.

In einer ähnlich konzipierten Beob- achtungsstudie einer kanadischen Ar- beitsgruppe um Mehta mit 24 Patienten mit ARDS bestätigte sich die verbesser- te Oxygenierung (13). Allerdings fand sich eine signifikante Zunahme von zentralem Venendruck und Pulmonalis-

verschlussdruck in Kombination mit ei- nem leicht verminderten Herzzeitvolu- men. Das Überleben nach 30 Tagen lag bei 33 Prozent.

Eine kürzlich publizierte Untersu- chung der gleichen Arbeitsgruppe be- legt, dass durch die kombinierte An- wendung von HFOV und inhalativem Stickstoffmonoxid (iNO) ein zusätzli- cher Gewinn an Oxygenierung bei vielen Patienten erzielt werden kann (14). Bemerkenswert war die hohe An- sprechrate auf iNO von 83 Prozent.

Vermutet wird, dass durch die optimier-

te Rekrutierung ventilierbarer Lungen- areale durch die HFOV die gefäßdilata- torische Wirkung des iNO mit konseku- tiv verringertem intrapulmonalem Shunt besonders effektiv war.

Vor einem Jahr wurde die MOAT- Studie publiziert, die bisher einzige ran- domisierte und multizentrische Studie mit einer größeren Patientenzahl. Hier wurde eine konventionelle Beatmung mit HFOV prospektiv verglichen (7).

Es wurden 148 Patienten mit ARDS eingeschlossen, die entweder durch HFOV (Oszillationsfrequenz initial 5

´ Tabelle 2 ´

Patientencharakteristika vor HFOV

Patient, Alter, Diagnose Intubation HFOV- Noradrenalin NO CVVHD PECLA 30-Tage- Langzeit-

Geschlecht (ARDS) vor HFOV (d) Dauer (h) (mg/h) Überleben überleben

M.M.,68,0,w Hamann-Rich-

Pneumonitis 8 118 0,0 ja ja nein nein nein

M.V., 47,4, w Sepsis bei

Peritonitis 10 97 0,0 ja nein ja ja nein

W.K., 62,5, m Doppelseitige

Pneumonie 3 96 0,0 ja ja ja ja ja

K.L.,74,1,m Pankreatitis 2 115 1,0 nein ja nein nein nein

Z.E.,72,2,w Urosepsis 2 7 0,7 nein nein ja nein nein

W.M., 30,8, m Veno-occlusive

disease der Lunge 1 110 10,0 ja ja ja nein nein

R.H., 45,5, m Legionellen-

pneumonie 1 101 1,0 ja ja ja ja ja

A.K., 36,3, m Pneumokokken-

pneumonie 1 34 9,0 ja ja ja nein nein

W.D., 20,8, m Toxische

Alveolitis 1 48 0,2 nein nein nein ja ja

E.F., 36,1, m Legionellen-

pneumonie 1 48 0,1 nein nein nein ja ja

Ö.G., 41,7, w Ornithose 2 94 1,8 nein nein ja ja ja

Z.W., 37,8, m Lungenfibrose/-

Pneumonie 0,2 176 0,0 ja ja ja nein nein

S.J., 45,9, m Pneumokokken-

pneumonie 2 48 1,0 nein ja nein nein nein

K.J., 72,3,m Pneumonie 5 48 1,2 nein nein nein ja ja

S.S., 75,1 w Pneumonie 4 48 2,0 nein nein nein nein nein

W.H., 55,2 w M. Wegener 2 48 0,0 nein nein nein nein nein

K. A., 62,3, m Pneumonie 3 48 2,4 nein ja nein ja ja

Durchschnitt*1 – 2,8 ± 2,6 75,5 ± 42,0 1,9 ± 3,1 7//17 9//17 8//17 8//17 7//17

NO, Stickstoffoxid; CVVHP, Kontinuierliche veno-venöse Hämodialyse; PECLA, pumpenloser extrakorporaler Lungenersatz; *1Das durchschnittliche Alter lag bei 52,0 ± 17,0, Geschlecht 6 w//11m

(5)

Hz) oder durch konventionelle Beat- mung (Tidalvolumen um 8 mL/kg Kör- pergewicht) therapiert wurden. Vergli- chen wurde als primäre Zielgröße das Überleben nach 30 Tagen. Es zeigte sich ein Trend zugunsten einer höheren Überlebensrate unter HFOV, der je- doch nicht signifikant war. Dieser Un- terschied blieb auch nach sechs Mona- ten erhalten (Grafik 2). Unter HFOV, die im Durchschnitt 6 ± 6 Tage durchge- führt wurde, kam es nach 16 Stunden zu einer signifikanten Verbesserung des PaO2/FiO2-Quotienten im Vergleich zur konventionellen Beatmung; der Oxygenationsindex war in beiden Gruppen gleich. Nebenwirkungen wie Barotrauma oder hämodynamische Be- einträchtigung waren vergleichbar.

Nach dieser Studie kann als sicher gel- ten, dass HFOV zumindest genauso si- cher und effektiv ist wie eine konven- tionelle Beatmung mit einem modera- ten Tidalvolumen.

Erfahrungen der Autoren

Aufgrund der seit Jahren erfolgreichen Anwendung der HFOV in der Pädia- trie und der ermutigenden Studiener- gebnisse bei Erwachsenen wird die HFOV an der internistischen Intensiv- station der Autoren seit Mai 2001 bei Patienten mit ARDS eingesetzt (Ab- bildung 2). Die meisten der bisher 17 Patienten (mittleres Alter 52 ± 21 Jah- re), bei denen die HFOV angewendet wurde, kamen aus auswärtigen Kran- kenhäusern mit einem rasch progre- dienten Lungenversagen unterschied- licher Genese und waren mit konven- tioneller Beatmung nicht mehr suffizi- ent ventilierbar (Tabelle 2). Die Um- stellung von konventioneller, druck- kontrollierter Beatmung auf HFOV erfolgte durchschnittlich 2,8 ± 2,6 Tage nach Intubation. Zur optimierten Er- fassung der hämodynamischen Para- meter wurden fast alle Patienten mit einem Pulmonalarterienkatheter ver- sorgt.

Bei acht Fällen mit schwerster Gas- austauschstörung mit einem initialen PaO2/FiO2-Quotienten von 56,9 ± 20,1 mm Hg, einem Oxygenationsindex (OI) (OI = mPaw ⫻FiO2⫻100/PaO2) (mPaw, mittlerer Atemwegsdruck) von

57,8 ± 26,6 und einer schweren Hy- perkapnie von durchschnittlich 82,1 ± 35,8 mm Hg mit respiratorischer Azi- dose wurde in Kooperation mit der Klinik für Herz-Thorax-Chirurgie des Klinikums Regensburg eine pumpen- lose arterio-venöse Lungenunterstüt- zung (PECLA) eingesetzt (15). Dieses Lungenunterstützungsverfahren, das von einer dort ansässigen interdiszi- plinären Arbeitsgruppe weiterent- wickelt wurde (17), bedient sich des ar- terio-venösen Druckgradienten zwi- schen A. femoralis und V. femoralis.

Durch perkutan implantierte Kanülen kann über einen patientennahen Mem- branoxygenator mit geringem Strö- mungswiderstand eine Flussrate von mehr als 2 L/min erzielt werden.

Darüber hinaus erfolgte bei sieben Patienten mit ausgeprägtem intrapul- monalem Shunt die inhalative Gabe von Stickstoffmonoxid (iNO) (6, 11).

Sonstige Begleittherapien sind in der Tabelle 2 zusammengefasst.

Alle der einer HFOV zugeführten Patienten erfüllten bei einem durch- schnittlichen PaO2/FiO2-Quotienten von 85,1 ± 48,9 mm Hg die Kriterien eines ARDS. Unter Berücksichtigung des mittleren positiven Beatmungs- drucks ergab sich ein Oxygenationsin- dex von 38,7 ± 26. Weiterhin bestand eine Hyperkapnie von durchschnitt- lich 64,2 ± 29,0 mm Hg und meist ein katecholaminpflichtiges septisches Krankheitsbild. Tabelle 3 zeigt die re- spiratorischen und hämodynamischen Parameter der Patienten vor HFOV, die mit den bislang publizierten Studi- en (7, 9, 13) vergleichbar waren.

Wie in der Grafik 3 dargestellt, war nach Einleitung der HFOV eine deut- liche Verbesserung der respiratori- schen Situation mit Zunahme des PaO2/FiO2-Quotienten, Abnahme des Oxygenationsindex und des PaCO2in- nerhalb weniger Stunden zu verzeich- nen. Klinisch relevante Nebenwirkun- gen, insbesondere eine hämodynami- sche Verschlechterung, wurden nicht beobachtet; bei den Patienten der Au- toren trat unter HFOV kein Barotrau- ma und einmalig eine Tubusverlegung, die bronchoskopisch behoben werden konnte, auf.

Die mittlere HFOV-Beatmungs- dauer der Patienten betrug 74,3 ± 43,1 Stunden, wobei die in die prospektive Studie eingeschlossenen Patienten, dem Studienprotokoll entsprechend, 48 Stunden hochfrequent beatmet wurden. Insgesamt überlebten acht von 17 Patienten (47 Prozent) 30 Tage nach HFOV, davon konnten sieben Patienten die Klinik in gutem Allge- meinzustand verlassen. Von acht Pati- enten, bei denen die HFOV als Ret- tungsverfahren zusammen mit der PECLA eingesetzt wurde, überlebten drei Probanden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die HFOV am Klini- kum Regensburg unter der Vorstel- lung einer optimierten lungenprotek- tiven Beatmung zur Behandlung des ARDS fest etabliert hat. Während der neue Beatmungsmodus anfangs über- wiegend als Rettungsverfahren einge- setzt wurde, sehen die Autoren mitt- lerweile die Indikation zur frühzeiti- gen Anwendung der HFOV bei schwe- rem ARDS als gegeben.

´ Tabelle 3 ´

Durchschnittliche Beatmungs- und Kreislaufparameter vor HFOV (n = 17)

Parameter Ermittelter Wert

PIP (cm H2O) 32,4 ⫾5,4 mPaw (cm H2O) 23,8 ⫾5,7 PEEP (cm H2O) 13,0 ⫾4,5 PaO2/FiO2(mm Hg) 85,1 ⫾49,9 Oxygenationsindex 38,7 ⫾26,0 PaCO2(mm Hg) 64,2 ⫾29,0

HF (1/min) 111,4 ⫾28,7

RR systolisch (mm Hg) 119,0 ⫾19,0 RR diastolisch (mm Hg) 56,5 ⫾11,5 ZVD (cm H2O) 12,4 ⫾4,2 PCWP (cm H2O) 14,9 ⫾3,3

HZV (l/min) 7,5 ⫾2,5

SVR (dyn ⫻s ⫻cm–5) 665,3 ⫾266,8 PVR (dyn ⫻s ⫻cm–5) 256,0 ⫾180,2 PIP, positiver inspiratorischer Druck; mPaw, mittlerer Atemwegsdruck; PEEP, positiver endexpiratorischer Druck; PaO2, arterieller Sauerstoffpartialdruck; FiO2, in- spiratorische Sauerstoffkonzentration; PaC02,arterieller Kohlendioxidpartialdruck; HF, Herzfrequenz; ZVD, zen- tralvenöser Druck; PCWP, pulmonalkapillärer Verschlus- sdruck; HZV, Herzzeitvolumen; SVR, systemvaskulärer Widerstand; PVR, pulmonalvaskulärer Widerstand

(6)

Offene Fragen und Probleme

Da die Erfahrungen zum Ein- satz der HFOV in der Erwach- senenintensivmedizin bei wei- tem nicht so umfangreich sind wie in der Neonatologie, bleibt eine Reihe von Fra- gen offen. Die Einstellung der Beatmungsparameter orien- tiert sich derzeit an publizier- ten Studien, der optimale lun- genprotektive Modus ist je- doch nicht gesichert. Manche Autoren empfehlen ein Re- cruitmentmanöver zu Beginn der HFOV, um Lungenareale, die eröffnet werden können, für den Gasaustausch zur Ver- fügung zu stellen (8). Art und Ausmaß dieses Vorgehens wurden bislang nicht standar- disiert.

Ebenso wird der Zeit- punkt, an dem die HFOV be- endet und konventionell wei- terbeatmet wird, unterschied- lich gewählt. Die Autoren stellen bei einem FiO2von 40 Prozent und einem Disten- sionsdruck von 20 cm H20 auf konventionelle druckunter- stützte protektive Ventilation um. Die hämodynamischen Auswirkungen des kontinu- ierlich erhöhten intrathora- kalen Drucks unter HFOV scheinen nach eigenen Mes- sungen sowie nach den publi-

zierten Erfahrungen gering zu sein. Bei suffizienter Füllung des Gefäßsystems und ausreichender Vorlast für den rechten Ventrikel haben die Autoren keine Beeinträchtigung des systemi- schen oder pulmonalen Kreislaufs be- obachtet.

Beim Einsatz des derzeit einzigen für Erwachsene geeigneten HFO-Beat- mungsgerätes (SensorMedics 3100 B) ist zu beachten, dass dieses Gerät akute Beatmungsnotfälle wie Tubusverlegung oder Pneumothorax nicht erkennen kann. Daher ist ein hohes Maß an Auf- merksamkeit und Patientenbeobachtung notwendig. Daneben besteht die Gefahr eines Sekretverhaltes im Bronchialsy- stem, der gegebenenfalls bronchosko-

pisch unter fortgesetzter HFOV beho- ben werden muss. Eine Diskonnektion des Beatmungssystems vom Patienten kann zu unerwünschtem Kollaps instabi- ler Lungenareale führen. Nicht zuletzt ist die Lärmbelästigung, die durch das Beat- mungsgerät für Patienten und Personal entsteht, nicht zu unterschätzen.

Wenngleich sich aus tierexperimen- tellen Arbeiten keine Hinweise ergeben haben, dass die längerfristige Fixierung der Lunge in Inflationsstellung negati- ve histologische Folgen haben könnte, sind doch die Langzeitauswirkungen der HFOV auf das Lungengerüst beim Er- wachsenen nicht bekannt.Weiterführen- de Studien zu den genannten Fragen sind wünschenswert.

Schlussfolgerung

Die HFOV ist ein zukunftsweisender und Erfolg versprechender Beatmungs- modus beim akuten Lungenversagen des Erwachsenen. Durch kontinuierli- ches Offenhalten vorher kollabierter Lungenareale werden schädigende Aus- wirkungen einer mechanischen Ventila- tion („ventilator induced lung injury“, VILI) möglicherweise verringert, indem Volutrauma und Atelektrauma mini- miert werden. So kann die HFOV, von theoretischen Überlegungen ausge- hend, die tierexperimentell verifiziert sind, möglicherweise als Maximalvari- ante einer lungenprotektiven Beatmung angesehen werden.Wesentlich erscheint den Autoren die frühzeitige Anwen- dung der HFOV beim ARDS, bevor es zu einer ventilatorassoziierten Lungen- schädigung kommt. Aufgrund der gerin- gen Anzahl an kontrollierten Studien kann derzeit noch keine eindeutige Aus- sage zum Stellenwert der HFOV in der Behandlung des akuten Lungenversa- gens des Erwachsenen getroffen wer- den. Ein Einsatz sollte bei Patienten er- wogen werden, die unter konventionel- ler Beatmung einen hohen Beatmungs- mitteldruck (> 20 cm H2O) und einen höheren Sauerstoffbedarf (FiO2 > 0,6) benötigen. Bei konventionell nicht mehr ausreichend oxygenierbaren Patienten kann die HFOV als Rettungsmaßnah- me eingesetzt werden. Hierbei sind ad- ditive Effekte durch die Kombination mit inhaliertem Stickstoffmonoxid (iNO) und/oder extrakorporaler pum- penloser arteriovenöser Membranoxy- genierung zu erwarten.

Manuskript eingereicht: 13. 8. 2003, revidierte Fassung angenommen: 12. 1. 2004

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 928–934 [Heft 14]

PaO2/FiO2, Oxygenationsindex und PaCO2 vor, während und nach 48-stündiger Hochfrequenzoszillationsventilati- on, Daten der Autoren, Mittelwerte bei n = 13 (*p < 0,05)

Grafik 3

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit1404 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Thomas Müller Intensivstation der

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II Klinikum der Universität

Franz-Josef-Strauß-Allee 11 93053 Regensburg

E-Mail: thomas.mueller@klinik.uni-regensburg.de

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