Iran
Mehr als 20 000 Erdbebenopfer
Weltweite Hilfsaktionen für die Krisenregion um die historische Stadt Bam
B
ei dem verheerenden Erd- beben im Südosten Irans sind nach Angaben der Re- gierung in Teheran weit mehr als 20 000 Menschen ums Le- ben gekommen. Rund 2 000 Opfer des Bebens konnten in den ersten beiden Tagen nach der Katastrophe lebend aus den Trümmern geborgen wer- den, doch die Hoffnung auf weitere Überlebende ist ge- ring. Inzwischen sind Hilfs- teams aus mehr als 20 Län- dern im Erdbebengebiet um die historische Stadt Bam im Einsatz. In Bam sind die mei- sten Todesopfer zu beklagen.Aus Deutschland sind Mit- arbeiter des Technischen Hilfs- werks, des Deutschen Roten Kreuzes, des Arbeiter Samari- ter Bundes, des Malteser Hilfs-
dienstes und des Deutschen Rettungshundeverbandes an- gereist. Am Montag, dem 28.
Dezember, hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zudem zwei mobile Gesundheitssta- tionen in das Erdbebengebiet geflogen. Diese sollen über drei Monate lang Pflege, Imp- fungen und Geburtshilfe für bis zu 40 000 Patienten gewähr- leisten. Betreut werden die Gesundheitsstationen von zwei Teams mit je fünf Mitarbeitern.
Gegenüber Nachrichten- agenturen berichtete der Spre-
cher des Deutschen Roten Kreuzes, Lübbo Röhwer, von
„absolut chaotischen Zustän- den“ in der Katastrophenre- gion. Nach Einschätzung der Helfer trug die traditionelle Bauweise in der Region um Bam zu der hohen Opferzahl bei. Die aus Lehmziegeln ge- bauten Häuser sind offenbar zu kleinteiligen Schutthaufen zusammengefallen, in denen sich keine lufthaltigen Hohl- räume bilden konnten.
Temperaturen um den Ge- frierpunkt erschweren die Si-
tuation der Überlebenden.Vie- le mussten die ersten Tage nach dem Beben ohne Decken im Freien ausharren. Inzwischen stehen in Bam rund 15 000 Zel- te. Nach Angaben des ira- nischen Gesundheitsministeri- ums sind bis zu 30 000 Men- schen bei dem Erdbeben ver- letzt worden, 11 500 davon wurden aus der Katastrophen- region Kerman weggebracht, 6 300 Verletzte seien zur Be- handlung in Krankenhäuser in anderen Landesteilen ge- bracht worden. afp/JM A K T U E L L
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004 AA5
Arzneimitteltherapie
US-Negativliste zum Einsatz bei Senioren
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ine amerikanische Expertengruppe stellt in den Archives of Internal Medicine (2003; 163: 2716–2724) eine Negativliste von Medikamenten vor, die bei älteren Menschen insgesamt oder bei bestimmten Begleiterkran- kungen vermieden werden sollten. Es handelt sich um ein Update der „Beers- Kriterien“ aus dem Jahr 1997 (Arch Intern Med 157: 1531–1536), die sich weitgehend auf die Ansichten von Ex- perten stützen. Da heute noch ein Man- gel an evidenzbasierten Daten be- steht, stützen sich auch die aktualisier- ten Beers-Kriterien weitgehend auf die Meinung der befragten Experten.Herausgekommen ist eine Liste mit 48 Medikamenten oder Medikamenten- klassen, die bei Patienten älter als 65
Jahre generell nicht eingesetzt werden sollten. Die Einschätzung wird für je- des Medikament begründet und die Gefahr des Einsatzes als hoch oder niedrig bewertet. Prominentester „Neu- zugang“ bei den „potenziell unange- messenen Mitteln“ sind orale Östroge- ne, was sicherlich eine Konsequenz aus der Women’s-Health-Initiative-Studie war. Neu ist auch eine Warnung vor selektiven Serotonin-Wiederaufnahme- hemmern (SRRI), vor Amiodaron, Fluoxetin, Methyltestosteron, Amphet- aminen und Bupropion. Von der Liste gestrichen wurden unter anderem die Betablocker, da es neue Daten zum vorteilhaften Einsatz bei Senioren gibt.
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ine zweite Liste rät bei Begleiter- krankungen von bestimmten Medi- kamenten ab. Dazu gehören – wie er- wartet – nichtsteroidale Antirheuma- tika und ASS bei Patienten mit pepti- schen Ulzera. Weniger bekannt dürfte sein, dass auch kognitive Störungen, Depressionen, Morbus Parkinson, An-orexie, Mangelernährung und Adiposi- tas den Einsatz bestimmter Medika- mente zu einem Risiko machen.
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intergrund für die Beers-Kriterien ist das hohe Morbiditäts- und Mor- talitätsrisiko, das mit einer unkriti- schen Medikamentenverordnung ver- bunden ist. Studien haben gezeigt, dass 35 Prozent der ambulant behandelten älteren Patienten unter Medikamen- tennebenwirkungen leiden und dass 29 Prozent deshalb ärztlich behandelt werden müssen (J Am Geriatr Soc 1997; 45: 945–948). In einem Zeitraum von vier Jahren erleiden zwei Drittel aller Bewohner von Pflegeheimen eine Arzneimittelnebenwirkung (J Am Ger- iatr Soc 1996; 44: 194–197), von denen jede siebte zu einer Klinikeinweisung führt (South Med J 1999; 92: 485–490).Zuletzt hatte eine amerikanische Stu- die gezeigt, dass 27,6 Prozent aller Ne- benwirkungen bei älteren Menschen vermeidbar wären (JAMA 2003; 289:
1107–1116). Rüdiger Meyer Akut
Internationale Helfer suchen nach Überlebenden der Katastrophe. In den Trümmern der aus Lehm gebauten Häuser sind jedoch kaum lufthaltige Hohlräume.
Foto:afp