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Archiv "Was ist ein „beratender Psychologe“?" (21.08.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DIE GLOSSE

Was ist ein

„beratender Psychologe"?

Wer weiß — vielleicht werden die Psychologen, insbesondere die klinischen Psychologen, dem- nächst entdecken, daß es doch besser sein könnte, das gegen die Ärzte gezückte Kriegsbeil wieder einzumotten. Denn inzwischen geraten sie selbst in eine Situa- tion, die den Ärzten seit langem vertraut ist: Sie haben sich gegen die unqualifizierte Konkurrenz der Heilpraktiker zu wehren.

Verschiedene Heilpraktikerschu- len bieten ein „Studium" an, das zum Erwerb der Bezeichnung

„Beratender Psychologe (VDH)"

führt. Es dauert drei Semester, einmal wöchentlich drei Abend- stunden, also insgesamt etwa 200 Stunden, steht Heilpraktikern,

„Heilpraktikeranwärtern" und

„Berufsfremden" offen und kostet zum Beispiel in Hamburg 3750 DM.

Daß eine solche Schnellsiederei in Psychologie für immerhin aka- demisch ausgebildete und berufs- praktisch weitergebildete, mit staatlichem Diplom versehene Psychologen ebenso eine Zumu- tung ist wie das Heilpraktikerwe- sen für die Ärzte, wird man auch ärztlicherseits mitfühlend sehen.

Grotesk ist dabei, daß die Gerich- te den klinischen Psychologen auch noch Salz in die Wunden ge- rieben haben: Weil es den Psy- chologen wegen ihrer eigenen Zerstrittenheit und des zeitweili- gen Gewichtes einiger Ideologen bisher nicht gelungen ist, eine be- rufsgesetzliche Regelung zu be- kommen, müssen sie nach einem höchstrichterlichen Urteil zur Zeit eine Zulassung als Heilpraktiker beantragen, wenn sie selbständig psychotherapeutisch tätig werden wollen (und ein Arzt, der bei- spielsweise im Rahmen vertrag- licher Regelungen mit den ge- setzlichen Krankenkassen eine

tiefenpsychologische Behand- lung an einen niedergelassenen klinischen Psychologen delegiert, arbeitet seitdem mit einem Heil- praktiker zusammen, was die ärzt- liche Berufsordnung eigentlich verbietet...)

Was von einem „Beratenden Psy- chologen (VDH)" zu erwarten ist, mag man aus dem Werbetext der Hamburger Heilpraktikerschule sehen, abgedruckt im HP-Journal 15, 98, des „Verbandes Deutscher Heilpraktiker" (daher „VDH"):

„ .. Auf keinen Fall wollen wir ...

mit dieser Ausbildung mit den Universitäten in Wettstreit treten bzw. Schulneuro-Psychologen ausbilden.

Darüber hinaus glauben wir auch, daß es das nicht ist, was unsere Absolventen suchen. Wir wollen vielmehr praktisch anwendbare Psychologie für jedermann. Statt Theorien und Dogmen schulen wir die natürliche Sensibilität; da- her betrachten wir die Psycholo- gie auch nicht als Natur — sondern als Geisteswissenschaft." (Fehler- hafter Gedankenstrich wie im Ori- ginal!).

Interessant ist auch, was in den zweihundert Stunden gelehrt wer- den soll. Im ersten Semester: All- gemeine und angewandte Psy- chologie, Persönlichkeitspsycho- logie, Autogenes Training, Ent- wicklungs- und Sozialpsycholo- gie, Denk- und Lernpsychologie;

im zweiten Semester: Theorie und Praxis der Gesprächspsycholo- gie, Direktiver versus nondirekti- ver Ansatz, Tiefenspychologi- scher Ansatz, Verhaltenspsycho- logischer Ansatz, Praxis der ratio- nal-emotiven Therapie; im dritten Semester: Logotherapeutischer Überbau, Einstellungsmodulation, Paradoxe Intension und Derefle- xion in der Praxis.

Was immer das auch sein mag = auf jedes „Fach" entfallen höch- stens 16 Stunden. Dann gibt es ei- ne Abschlußprüfung, und der

„Kandidat" hat „nachzuweisen, daß er die für die Berufsausübung

FRAGEN SIE DR. BIERSNYDER!

Die Schlange deutet auf ein tiefes Trauma

Sehr geehrter Herr Doktor, meine Cousine ist seit Jahren in ihrem Nachtschlaf erheblich be- einträchtigt, traut sich aber nicht, einen Arzt aufzusuchen. Sie wacht nachts auf und fühlt sich von einer Schlange umschlungen, etwa so wie auf der klassischen Darstellung des Laokoon. Hat die Sache eine tiefere Bedeutung?

Dr. Biersnyder antwortet: Die Stö- rung ist wissenschaftlich hoch in- teressant und erst in letzter Zeit untersucht worden. Sie ist auf ein Trauma in der sogenannten umbi- likalen oder vorgeburtlichen Pha- se zurückzuführen. Man weiß heu- te — was Freud noch nicht ahnte — aus vertieften Traumanalysen, daß das Erlebnis, von der mütterlichen Nabelschnur so umschlungen zu sein, daß bestimmte Hautpartien beeinträchtigt werden, zu späte- ren Schäden, besonders eben zu Schlafstörungen, führen kann. Ei- ne Behandlung ist nur durch ver- tiefte, kostspielige Traumanaly- sen möglich, da — wie man sich leicht denken kann — die aufdek- kende Analyse und das Nacherle- ben dieser Situation mit fort- schreitendem Lebensalter sehr erschwert ist. Ihre Cousine sollte sich also, ehe sie noch älter wird, klar darüber werden, was ihr die Nachtruhe wert ist. ❑

als Beratender Psychologe not- wendigen Fachkenntnisse besitzt und in der Lage ist, auf wissen- schaftlicher Basis individuelle An- passungsprobleme in Partner- schaft, Erziehung und Gruppen analysieren und grundlegende Handlungsarten psychologischer Beratung einsetzen kann."

Die Beherrschung der deutschen Sprache ist also offensichtlich nicht erforderlich. bt 2392 (20) Heft 34 vom 21. August 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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