Terminologie
Von Heilgöttern bis Münchhausen
Axel Karenberg: Amor, Äskulap
& Co. Klassische Mythologie in der Sprache der modernen Medi- zin. Schattauer GmbH, Stuttgart, New York, 2005, IX, 204 Seiten, 55 Abbildungen, 4 Tabellen, gebun- den, 29,95 A
Wer kennt sie nicht, die klas- sischen und oft benutzten Ei- gennamen-Konstrukte medi- zinischer Alltagssprache wie Achillessehne oder Medusen- haupt? Doch wer von denen, die häufig mit diesen Begrif- fen unreflektiert hantieren, kennt die wirklichen Ge- schichten um die illustren und oft auch tragischen Figuren der Vergangenheit, von denen sich diese Begriffe ableiten?
Der Autor entführt den Le- ser nach einem Prolog über
„Medizin, Mythos und das Medium einer Terminologie“
in eine 24 separate Kapitel umfassende Welt voller bun- ter und humoresk-arabesker Sprach-Geschichten medizin- mythologischer Persönlich- keiten von der Antike bis zur Neuzeit, abgerundet durch ein Glossar der diversen Pro- tagonisten.
Wussten Sie schon, wie die Parze Atropos zu ihrem „bel- ladonna“ kam? Wo ein echter Venushügel steht oder was Onan wirklich so trieb?
Wenn nicht, dann kann man sich mit diesem spannend ge- schriebenen und intellektuell hochkarätigen Buch einen für das eigene Wohl und zur endlichen Entledigung diffu- sen Halbwissens nützlichen
Ausflug in vom Staub der Zeit befreite etymologische Gefilde gönnen – beginnend bei den Heilgöttern der Hel- lenen, vorbei am Antonius- feuer und veitstanzenden Fi- guren, hinweg über die Fel- der des Schweinehirten Si- phylus bis hin nach Liliput und in das Land des Lügen- barons Münchhausen. Medi- zinische Terminologie im Ballkleid. Michael Feld
Bioethik
„Menschlichere“
Medizin
Monika Wogrolly-Domej: Ab- bilder Gottes. Demente, Komatö- se, Hirntote. Bibliothek der Unru- he und des Bewahrens, Band 8.
Verlag Styria in der Styria Pichler Verlag GmbH & Co KG, Wien, 2004, 296 Seiten, Klappenbro- schur, 19,90 A
Die Problematik der Organ- spende zu Transplantations- zwecken und die damit ver- bundene Debatte um den Hirntod sind kein deutsches Phänomen. So gibt es zum Beispiel in Österreich im Un- terschied zu Deutschland seit 1995 die Widerspruchsrege- lung. Was das in der Praxis be- deutet, kann man jetzt in ei- nem ungewöhnlichen Buch nachlesen, geschrieben von ei- ner Germanistin, die sich auch schon erfolgreich als Roman- autorin versucht hat. Über lange Zeit hat sie in einer transplantationsmedizinischen Abteilung, einer geriatrischen Station mit Langzeit-Patien- ten sowie einer neurochirur- gischen Intensivstation Ge- spräche mit Angehörigen, Pa- tienten und Ärzten geführt.
Die Ergebnisse dieser teilneh- menden Beobachtung sind ein wichtiger Beitrag zur bioethi- schen Debatte, gewinnen hier doch abstrakte Kategorien wie „Autonomie“, „Fremdbe- stimmung“ oder „Paternalis- mus“ eine menschliche Di- mension. Es sollte auch eine breitere Öffentlichkeit inter- essieren, wie mit hilflosen, schwer hirngeschädigten Pati- enten umgegangen wird und welche Belastung diese Situa-
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 12⏐⏐25. März 2005 AA825
B Ü C H E R
Medizin-Irrtümer
Amüsant geschrieben
Werner Bartens: Lexikon der Medizin-Irrtümer. Vorurteile, Halbwahrheiten, fragwürdige Behandlungen. 4. Auflage. Eich- born Verlag, Frankfurt am Main, 2004, 350 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag, 22,90 C Der Autor, Arzt, Historiker und Journalist,hat eine reiche Auswahl von Vorurteilen, Halbwahrheiten und frag- würdigen Behandlungen zu- sammengetragen, die sich hartnäckig in den Köpfen von Ärzten,Apothekern und Lai- en etabliert haben. Er ver- sucht, Mythen und Fehlurtei- len in der Medizin und rund um das Thema Gesundheit auf den Grund zu gehen. So- mit ist das Buch ein Beitrag zur Begrenzung von Irrtü- mern und Trugschlüssen.
In augenfreundlichem Großdruck liest sich das in- formative, faktenreiche und amüsant geschriebene Buch mühelos, sodass man es auch noch nach einem anstren- genden Arbeitstag gern zur Hand nehmen wird.
Auf dem Schreibtisch des Arztes unterstützt das Buch das aufklärende Gespräch mit dem Patienten, dem man es als Lektüre empfeh- len kann. Manfred Wolf
tion für die Angehörigen, aber auch für die behandelnden Ärzte und vor allem für das Pflegepersonal bedeutet. Das hier vorliegende Plädoyer für eine „menschlichere“ Medi- zin wird bei Transplantations- chirurgen, die immer auf das
Leid hinweisen, das durch ei- ne Organspende behoben werden kann, vielleicht zu Kopfschütteln führen, vielen Lesern aber nachdrücklich klar machen, dass eine Wider- spruchslösung keine einfache Lösung ist. Robert Jütte
Märchen
Zum Hören, Vor- und Selberlesen
Christian Willy: Richard von Volkmann. Künstler & Chirurg.
Seine Märchen „Träumereien an französischen Kaminen“. Sein Le- ben und ärztliches Wirken. Anna Lindqvist, Blaustein, 2004, 204 Sei- ten, 21 × 21 cm, 13 Abbildungen, 2 Audio-CDs (71 und 73 Min. Spiel- dauer) mit 14 ausgewählten Mär- chen. Bezug: Buchhandel (ISBN:
3-00-014694-6) oder Anna Lind- qvist Grafik Design, Lindenstraße 34, 89134 Blaustein. Preis: 39,95 A zzgl. 3,50 AVersandkosten Ein Arzt, der Märchen schreibt: Unter dem Pseud- onym Richard Leander veröf- fentlichte der bekannte Chir- urg Richard von Volkmann (1830–1889) zahlreiche Ge- dichte und Märchen, die er
während des Kriegsdienstes verfasst und an seine Kinder geschickt hatte.
Der Herausgeber kombi- niert Richard von Volkmanns Texte mit Angaben zu seiner Biografie und seinem Wirken als bedeutender Arzt und Wis- senschaftler. Man erhält einen Einblick in das Leben des Au- tors, Mitbegründers der Deut- schen Gesellschaft für Chirur- gie, einer selbstbewussten, be- stimmenden Persönlichkeit, ei- nes liebevollen Familienvaters und kreativen Schriftstellers.
Seine Märchen sind eine le- senswerte Mischung aus Volks- und Kunstmärchen, grausame und heitere Geschichten.
Das Buch ist eine gelunge- ne Kombination aus Biografie, Medizingeschichte und Mär- chen zum Hören,Vor- und Sel- berlesen. Anna Hilsmann