Ludewig über die letztlich un- erkannte Todesursache Mo- zarts gelesen. Die tabellarisch aufgeführten Symptome in den letzten Tagen vor Mozarts Ableben lassen an eine finale ZNS-Beteiligung mit erhöh- tem intrakraniellen Druck denken. In der neurologischen Literatur existiert hierzu eine weitere Hypothese. Diese Hy- pothese basiert auf Untersu- chungen an einem Schädel, der über Josef Rothmayer, ei- nem der beiden Totengräber Mozarts, letztlich in die kurio- se Sammlung des Anatomen Josef Hyrtls gelangt ist. Erste- rer hatte im Rahmen der tur- nusmäßigen Leerung der Grä- ber weniger als zehn Jahre nach Mozarts Tod den Schädel an sich gebracht. Über den Umweg der Hyrtlschen Sammlung bekannter Kompo- nistenschädel, unter denen sich unter anderem auch Schu- berts und Beethovens Überre- ste befanden, kam besagter Schädel schließlich in den heu- tigen Besitz der städtischen Sammlung Salzburg. Die fo- rensische Rekonstruktion des Gesichts, bei der die Gesichts- züge durch Tonmodellierung nach morphometrischen Da- ten aus anthropologischen Studien nachgebildet werden, weist beträchtliche Ähnlich- keit mit den zeitgenössischen Porträts Mozarts auf. Auch die Berechnung der Nasendimen- sionen anhand der knöcher- nen Vorgaben am Schädel stimmt mit den zeitgenössi- schen Darstellungen des unge- wöhnlich konfigurierten Riechorgans verblüffend überein. Der Schädel aller- dings lässt bei genauerer Be- trachtung eine temporale Fraktur erkennen, die auf- grund der Heilungsspuren zu Lebzeiten entstanden sein muss. Diese Fraktur könnte sich Mozart im Rahmen meh- rerer verbriefter Stürze in den Jahren 1789 und 1790 zugezo- gen haben. Ein damit verbun- denes epidurales Hämatom hätte er wohl kaum überlebt.
Typischerweise können solche Stürze bei Risikopatienten mit einer chronischen Grunder- krankung oder anderen Risi- kofaktoren wie einem chroni-
schen Alkoholkonsum jedoch auch zur Ausbildung eines chronisch subduralen Häma- toms führen (CSH). Zu Leb- zeiten Mozarts handelte es sich bei dieser Erkrankung um eine postmortem Diagnose.
Die Erkrankung hatte zwar seit dem 16. Jahrhundert ver- einzelt in den Lehrbüchern Erwähnung gefunden, galt aber als nicht behandelbare entzündliche Erkrankung und war sicherlich nicht Teil des allgemeinen ärztlichen Kennt- nisstands. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts darben Pati- enten mit CSH in Armenhäu- sern und Irrenanstalten, bevor sie an den Folgen des Hirn- drucks verstarben. Das CSH gilt auch heute noch als ein Chamäleon unter den raum- fordernden Läsionen des ZNS, denn eine pathognomonische Symptomatik existiert nicht.
Ein häufiges Symptom sind chronische Kopfschmerzen.
Dank der modernen bildge- benden Diagnostik können die Patienten heute rasch ei- ner adäquaten neurochirurgi- schen Behandlung zugeführt werden. Früher war die neuro- logische Ausfallssymptomatik der Patienten oft wechselhaft und verlief über Monate oligo- symptomatisch, bevor andere Krankheiten, Dehydratation oder ein Aderlass zu einer aku- ten Dekompensation mit Her- niation führten, ähnlich wie auch bei Mozart beschrieben.
Literatur bei den Verfassern Priv.-Doz. Dr. med. Ralf Weigel, Seckbacher Landstraße 65, 60389 Frankfurt,
Prof. Dr. med. Joachim K. Krauss, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
Zweiklassenmedizin
Zu dem „Von schräg unten“-Beitrag
„Zweiklassenmedizin“ von Dr. med.
Thomas Böhmeke in Heft 9/2006:
Wasser statt Fruchtsaft
Einer meiner Schüler absol- vierte sein Praktikum auf ei- ner chirurgischen Station. In seinem Praktikumsbericht schreibt er wörtlich: „Und nach dem Frühstück muss ich
das Wasser austeilen. Dabei muss ich darauf achten, dass die Kassenpatienten nur eine und die Privatpatienten zwei Flaschen Wasser bekommen.“
Immerhin gibt’s dort auch für Privatpatienten keinen Frucht- saft.
Dr. med. Monika Wolf, Heidelberger Landstraße 26, 64297 Darmstadt
Rezepte
Zu der Meldung „Pflichtangaben er- weitert“ in Heft 9/2006:
Es lebe die Bürokratie
Heute früh gehe ich in die Apotheke, um meiner Frau wie üblich ein Medikament zu besorgen. Doch dieses Mal reicht mein Arztausweis nicht aus, und der Apotheker bittet mich um ein Privatrezept. Ei-
ne neue Regelung sagt er. Er hat ja durchaus Recht, aber als Klinikarzt habe ich keine Pri- vatrezepte, also darf ich mir nun jedes Mal auf einem weißen Blatt Papier ein eige- nes Rezept schreiben und schon mit Freude auf das er- staunte Gesicht des Apothe- kers warten. Draußen schmeiße ich dann das „Re- zept“ in den Müll. Früher konnte der Apotheker doch auch in seinem Rechner die Medikamente direkt als Pri- vatrezept buchen. Wieso muss man nun ein Rezept schrei- ben, welches man direkt wie- der verwirft, und der Apothe- ker bucht immer noch in sei- nem Rechner ein Privatrezept ab? Nach dem Sinn frage ich lieber nicht. Es lebe die Büro- kratie!
Thorsten Reith, Auf dem Rheindamm 31, 40223 Düsseldorf
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 15⏐⏐14. April 2006 AA999
B R I E F E