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Archiv "Zahnärzte formieren sich neu: Nach der Teilung jetzt wieder unter einem gemeinsamen Dach" (12.02.1993)

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AKTUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Nach zweieinhalb Jahren der Teilung haben sich die Zahnärzte wieder in einer gemeinsamen Bundeszahnärztekammer zusammengeschlossen.

Auf deren neuen Präsidenten, Dr. Fritz-Josef Willmes, wartet eine Fülle von Aufgaben. Unterdessen dauert in Bayern der Streit zwischen den dortigen Zahnärzten und dem Gesundheitsminister des Freistaates an.

Es geht um den Boykottaufruf der Zahnärzte. Über die Einigung auf Bun- desebene berichtet Dr. Ekkhard Häussermann, stellvertretender Chefre- dakteur der Zahnärztlichen Mitteilungen. Die Situation in Bayern be- schreibt DÄ-Mitarbeiter Kurt Gelsner.

Zahnärzte formieren sich neu

Nach der Teilung jetzt wieder unter einem gemeinsamen Dach

Seit Ende Januar hat die Bun- deszahnärztekammer wieder eine gemeinsame oberste Bundesvertre- tung. Damit wurde eine fast zweiein- halbjährige Spaltung der Kammer überwunden. Auf der Delegierten- versammlung in Münster/Westfalen wurde Dr. Fritz-Josef Willmes, nie- dergelassener Zahnarzt in Ulm/Do- nau, zum Präsidenten gewählt. Mit großer Mehrheit ernannten die De- legierten Dr. Wolfgang Sprekels, Kammerpräsident von Hamburg, Dr.

Jobst-Wilken Carl, Osnabrück, und Dr. Joachim Lüddecke, Kammerprä- sident von Sachsen, zu seinen Stell- vertretern. Bereits am Vortag hatte der neu konstituierte Vorstand Dr.

Dr. Joseph Kastenbauer, Präsident der bayerischen Kammer, zum Vor- standsvorsitzenden, und Dr. Peter Boehme, Präsident der Kammer Bremen, zu seinem Stellvertreter er- nannt. Der Verband führt den Na- men „Bundeszahnärztekammer — Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V."

Im früheren Bundesverband Deutscher Zahnärzte (BDZ) hatte es aufgrund von Generationsunter- schieden und wegen des Drucks der verschiedenen Kostendämpfungs- Gesetze gekriselt. Dies führte 1989/90 zum Austritt der drei großen Kammern Nordrhein, Niedersachsen und Bayern, die sich daraufhin zur

„Arbeitsgemeinschaft Deutscher Zahnärztekammern" (ADZ) zusam- menschlossen. Neben personellen Differenzen spielten aber auch wis- senschaftspolitische Gründe eine wesentliche Rolle beim Bruch inner-

halb der BDZ: Die drei ADZ-Kam- mern vertraten eine wissenschaft- lich-elitäre Zahnmedizin, während die Vertreter der BDZ-Organisatio- nen die sozial verpflichtete, auf gründlicher Breitenwirkung basie- rende Zahnheilkunde betonten. Zu- dem wurde bei den Vertretern der Seehofer-Opposition auf ADZ-Seite vehement für einen „Ausstieg" aus der Gesetzlichen Krankenversiche- rung argumentiert, während der BDZ in seiner Kritik am Gesund- heitsstrukturgesetz flexibler vorging.

Die Spaltung kostete die Zahn- ärzte viel Kraft. Dieser Zustand führte letztlich auch zu der Einsicht, daß sich beide Seiten wieder einan- der annähern müßten. In zähen Ver- handlungen entstand eine Satzung

Bayern: Streit um den Boykottaufruf

Ebenfalls Ende Januar hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) einen neuen Vor- stand gewählt. Damit entsprach sie einer aufsichtsrechtlichen Anord- nung des bayerischen Gesundheits- und Sozialministers Dr. Gebhard Glück. Dennoch sind die Streitigkei- ten zwischen den bayerischen Zahn- ärzten und dem Gesundheitsminister keineswegs ausgeräumt.

Mit Blick auf das Gesundheits- strukturgesetz war von der Ge- schäftsführung der KZVB an die rund 6700 bayerischen Zahnärzte die Aufforderung ergangen, Kranken-

mit kompliziert ausbalancierten Machtverhältnissen.

Dr. Willmes, ehemaliger Vize- Bundesvorsitzender des Freien Ver- bandes Deutscher Zahnärzte, ist be- kannt für sein ausgleichendes Natu- rell. In seinem neuen Amt wird er dies sicherlich gut gebrauchen kön- nen. Zum einen muß er eine über- zeugende Antwort auf die heikle Frage der zukünftigen Rolle der Zahnärzte in der Gesetzlichen Kran- kenversicherung finden. Darüber hinaus muß Willmes zahnmedizini- sche Spitzen- und Breitenleistung kombinieren und das von allen zahn- ärztlichen Verbänden gemeinsam beschlossene Vorschlagspaket der Regel- und Wahlleistungen wieder in die Reformdiskussion bringen.

Dr. Willmes deutete in seiner Rede vor den Delegierten die Schwierigkeiten an, die vor ihm und den Zahnärzten liegen: „Der Präsi- dent der Bundeszahnärztekammer muß in erster Linie der ‚Gralshüter' der Einheit der deutschen Zahnärzte sein ... Wir Zahnärzte sind in frühe- ren Jahren wegen unserer Einigkeit oft beneidet worden, gerade aus ärztlichem Lager. Deshalb sollten wir uns in Zukunft wieder gemein- sam und schlagkräftig den Heraus- forderungen im Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik stellen." Wi- derstandspolitik, so Willmes, sei gleichbedeutend mit Kampf für eine bessere Gesundheitspolitik. 111

scheine abzuweisen und nur noch auf Privatrechnung zu behandeln. In einer landesweiten Anzeigenkampa- gne hatte man erklärt, das Gesetz beschneide den Zahnärzten willkür- lich grundgesetzlich garantierte Rechte und leiste der Einführung von Defensiv- und Billigmedizin be- wußt Vorschub.

Um ein Signal zu setzen, trat der gesamte Vorstand der KZVB noch vor der Jahreswende mit der Begrün- dung zurück, „er sehe keine Mög- lichkeit, an der Umsetzung des Ge- setzes mitzuwirken".

Unter den bayerischen Zahnärz- ten herrscht die Meinung vor, daß die KZVB-Spitze mit dieser Aktion zu hoch gepokert habe. Die baye- rische Zahnärzteschaft steht zwar Dt. Ärztebl. 90, Heft 6, 12. Februar 1993 (15) A1-323

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

ER KOMMENTAR

weiterhin hinter dem Vorwurf, See- hofers Gesetz „entrechte" die Zahn- ärzte, „degradiere" sie zu Befehls- empfängern und „bestrafe die Fleißi- gen" durch das neue Punktesystem.

Doch sie verübelt der Körperschaft, nicht bedacht zu haben, daß zwi- schen dem Rücktritt des alten und der Wahl des neuen Vorstands der bayerische Gesundheitsminister ge- nügend Zeit finden würde, wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Glück führte dann auch prompt nicht nur das „Interregnum", son- dern ebenso die eigene Botschaft der KZVB ins Feld, vorübergehend

„nicht handlungsfähig" zu sein. Der Minister betonte, es sei ein einmali- ger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, daß eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zum offenen Widerstand ge- gen die rechtsstaatliche Ordnung aufrufe. Dies könne nur als Auffor- derung zum kollektiven Widerstand verstanden werden.

Dieser Ansicht ist auch die Ar- beitsgemeinschaft der bayerischen Krankenkassenverbände. Ihr Spre- cher Hans Sitzmann wertete die Auf- forderung der KZVB zum Boykott als eine „grobe Mißachtung des so- zialen Rechtsstaats, die nicht hinge- nommen werden kann". Ein Zahn- arzt, der die Zahnbehandlung auf Krankenschein verweigert, riskiere den Entzug seiner Kassenzulassung.

Jeder Patient müsse wissen, daß es bei Privatvereinbarungen mit dem Zahnarzt keine Kostenerstattung durch die Kasse gibt.

Der bayerische Gesundheitsmi- nister und Kassensprecher Hans Sitzmann forderten die amtierende Geschäftsführung der KZVB auf, nachweislich falsche Behauptungen über schädliche Auswirkungen des Gesundheitsstrukturgesetzes zu kor- rigieren. Nach anfänglicher Zustim- mung nahm die Geschäftsführung der KZVB von diesem Vorhaben Abstand und rief mit dem Argument der „Handlungsunfähigkeit" das So- zialgericht München an. Dieses wies den Antrag allerdings zurück und bestand auf der pflichtgemäßen, so- fortigen Aussendung der Patienten- Information. Damit stärkte das Ge- richt die Position des Gesundheits- ministers und der Kassen. ❑

Anhaltszahlen

Das Bundesgesundheitsministe- rium und zum Teil auch die Spitzen- organisationen der Krankenhausträ- ger, so die Deutsche Krankenhaus- gesellschaft, haben die neue „Perso- nalregelung Krankenpflege", die am 1. Januar 1993 im Zuge des „Ge- sundheitsstrukturgesetzes" in Kraft getreten ist, als einen längst überfäl- ligen Fortschritt und einen Licht- blick apostrophiert. In der Tat: Es ist ein (theoretischer) Fortschritt und bedeutet eine Kehrtwende, wenn die steinalten pauschalen Anhaltszahlen aus dem Jahr 1969 außer Kraft ge- setzt werden und zu einem mehr lei- stungsbezogenen Konzept für die Personalbemessung im Pflegebe- reich übergegangen wird. Dafür ha- ben sich die Ärzteschaft und die Krankenhausgesellschaft schon An- fang der achtziger Jahre eingesetzt.

Allerdings scheiterten die Verhand- lungen auf der Ebene der Selbstver- waltung, so daß jetzt der Bundesver- ordnungsgeber am Zuge war.

Auch im Bereich der Anhalts- zahlen der am Krankenhaus beschäf- tigten Hebammen gibt es einen Lichtblick. Danach stehen ab sofort 25 Millionen DM Mehraufwendun- gen für neue Hebammen- und Ent- bindungspflegerstellen zur Verfü- gung. Mit diesem Geld könnten knapp 400 Hebammen zusätzlich eingestellt werden. Das Konzept be- darf allerdings noch der formalen Beschlußfassung seitens der Kran- kenkassen. So weit, so gut!

Die neue Pflege-Personalrege- lung, die zudem erst in einer Über- gangszeit von vier Jahren — bis zum 31. Dezember 1986 — stufenweise in Kraft tritt (um auch hier Kosten zu sparen), wird das Fachpersonal-Di- lemma im stationären Sektor nicht schlagartig lösen können. Die Kran- kenhauspraxis zeigt nämlich, daß viele bewilligte und von den Kosten- trägern akzeptierte Planstellen im Bereich der Krankenpflege nicht durch qualifizierte Pflegekräfte be- setzt werden können. Infolgedessen wird der Mangel an Pflegepersonal

auch nach den ab 1. Januar 1993 for- mal verbesserten Stellenplänen für eine absehbare Zeit weiterbestehen.

Zudem sind neue Berechnungen und Anhaltszahlen für den Sektor der Klinikärzte kaum vor Ende 1994 in den dann anstehenden Budgetver- handlungen zu erwarten — mithin ein weiteres Indiz für die seit Jahren be- klagte Misere im Personalbereich.

Die „Not der Pflegenden und Ge- pflegten" — so der Titel eines Sympo- siums der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege in Frankfurt

— wird also noch eine Weile andau- ern. Jedenfalls ist sie nicht mit blo- ßen Imagekampagnen, Appellen, ge- setzgeberischen Vorgaben und noch so gut gemeinten Anstrengungen schlagartig zu beheben.

Im ärztlichen Bereich besteht ein vordringlicher Bedarf an „Funk- tionsstellen", ebenfalls im pflegeri- schen Sektor, ganz überwiegend je- doch in der stationären Krankenpfle- ge. Im klinikärztlichen Dienst be- steht eine hohe Nachfrage, aber auch ein ausreichendes Angebot an weiterbildungswilligen, aber noch berufsunerfahrenen Ärzten. Dage- gen mangelt es in den meisten der 3450 deutschen Krankenhäuser an einem ausreichenden Stellenreser- voir an erfahrenen, weitergebildeten Klinikärzten, die den Arbeitsplatz Krankenhaus als Lebensstellung be- greifen und innebehalten wollen.

Die Krankenhäuser bieten nur für 20 bis 25 Prozent der Stelleninhaber ausreichend dotierte und attraktive Lebenspositionen. Im pflegerischen Sektor dagegen herrscht zur Zeit ein spürbarer Bewerbermangel. Deswe- gen blieben ja schon vorhandene Stellen unbesetzt, und ganze Statio- nen mußten geschlossen werden.

Bleibt zu wünschen, daß die vom Bundesgesundheitsministerium er- rechneten rund 26 000 neuen Stellen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern tatsächlich qualifizierte Fachkräfte „in Fleisch und Blut" am Arbeitsplatz Krankenhaus anzutref- fen sind! HC

Ein Lichtblick - mit Schatten

A1-324 (16) Dt. Ärztebl. 90, Heft 6, 12. Februar 1993

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