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Georg Anton Urlaub, 20.6.1713 Thüngersheim-Würzburg 20.2.1759, Der Engelsturz

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20 GEORG ANTON URLAUB

20.6.1713Thüngersheim - Würzburg 20.2.1759

Der Engelsturz

Feder undPinsel in Sepiabraunund Grau, schwarze Kreide auf blauem,vergilbtem Tonpapier

246/250 x 196 mm

Beschriftetlinks unterhalbderDarstellung:

»Certuos:«;rechts oben: »17« (Federin Braun);

auf der Rückseite von fremderHand:»Sind 80 StückHandzeichnungen vonMalerAnton Urlaub bekommen vonRath Hefner am i7tenOctober 1878 Franz Urlaub.«(Bleistift)

PROVENIENZ: Gerd Rosen, Berlin, Auktion XXIX, 18. /19.11.1957, Los 510 - Richard Tüngel (1893-1970), Ahrensburg - erworben 1972 von Beatrice Tüngel-Disclez (1918-2008), Niederweiler/Baden

LITERATUR: Ausst.-Kat. Hamburg 1965, S. 24, Nr. 91, Abb. 43 - Sieveking 1976, S. 755, Farbabb. - Knott 1978, S. 254, Nr. Z 258 - Ausst.-Kat. Würzburg 1996, S. 142 f., Nr. 69, Farbabb.

GIOVANNIBATTISTATIEPOLO, ENGELSTURZ, 1751/52, 700 x 250cm, WÜRZBURG, HOFKIRCHE DER RESIDENZ

Die Zeichnung von Georg Anton Urlaub gehört mit den beiden folgenden Blättern zu den Entwürfen für die Deckenfresken der Kirche des Würzburger Kartäuserklos­

ters Engelgarten. Da das Kloster bereits 1853 abgerissen wurde, sind auch die Fres­

ken nicht erhalten. Alle drei Zeichnungen tragen eine Aufschrift, die die Zuordnung eindeutig macht: »Certuos:«, resp. »Cer- tuosini«, in heutiger italienischer Schreib­

weise: »certosini«, also Kartäuser im Plu­

ral. Die Blätter sind beschnitten, zwei jedoch tragen oben rechts Nummerierun­

gen mit einer helleren Feder: »17.«, resp.

»28.«. Das mag auf Skizzenbuchseiten ver­

weisen, es ist aber auch möglich, wenn man die oben angeführte rückseitige Be­

schriftung des Engelsturzes in Anschlag bringt, dass die Gruppe der 80 Zeichnun­

gen, die offenbar spät wieder in den Besitz der Nachkommen des Künstler gekom­

men ist, durchnummeriert wurde.

So rasant die Figuration des Engelsturzes erscheint, sie stellt sich schnell als eine Paraphrase verschiedener Figuren und Einzelmotive vor allem von Giovanni Battista Tiepolo dar. Das erklärt sich aus Urlaubs künstlerischem Werdegang.

Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn schickte ihn von 1737-41 zur Ausbildung nach Wien. Sein Wunsch, nach Italien zu gehen, wurde abschlägig beschieden, so dass er 1741 nach Würzburg zurückkehren musste, um in fürstbischöfliche Dienste zu treten. Dem entzog er sich 1744 durch die Flucht nach Italien. Längere Zeit studierte er an der Accademia Clementina in Bolog­

na, gewann dort 1745 und 1747 Preise im Figurenzeichnen. Am Ende seines Italien­

aufenthaltes muss er für einige Zeit in Venedig geweilt haben, wie relativ wört­

liche Kopien nach venezianischen Tafel­

bildern und Fresken von Tiepolo belegen.

1750/51 ist er wieder in Würzburg. Es spricht Vieles dafür, dass dies im Sog der Familie Tiepolo geschah, die ab 1750 an den Fresken der Würzburger Residenz arbeitete. Offenbar hatte er Zugang zum Atelier der Familie Tiepolo, aus deren reichem Fundus er sich bedienen konnte.

Nach seiner Flucht 1744 hatte er vorerst keine Chancen am fürstbischöflichen Hof und suchte Arbeit in den Kirchen im Um­

kreis von Würzburg. Im Falle des Engel­

sturzes ist der unmittelbare Einfluss von Tiepolos Engelsturz-Darstellung, dem riesigen nördlichen Seitenaltarbild der Hofkirche der Würzburger Residenz aus dem Winter 1751/52 unabweisbar (Abb.).

Dort treibt der Erzengel Michael Luzifer und seine Brut gefallener Engel in den Höllenabgrund. Tiepolos Hauptfigur, der hellhäutige Luzifer, bildet die entscheiden­

de Anregung für Urlaubs zentrale Figur mit der geballten Faust. Urlaubs genaues Studium des Altarbildes von Tiepolo lässt einzelne Motive wandern: Der angewin­

kelte erhobene Arm, mit dem Luzifer sein Gesicht bedeckt, findet sich nun bei der unteren gelagerten Figur von Urlaub. Dass dies tatsächlich der Fall ist, macht eine kleine Beobachtung deutlich. Tiepolo zielt nicht auf anatomische Richtigkeit, es reicht ein überzeugender Eindruck - um dies zu erreichen, entwickelt er eine Fülle von Formeln und Kürzeln, die ihm permanent bei seinen Entwürfen zur Verfügung ste­

hen. So hier die strikte, anatomisch kaum überzeugende Trennungslinie zwischen Schultergelenk und Oberarmmuskel - und exakt diese Trennungslinie übernimmt Urlaub für seinen Lagernden. Ähnliches ließe sich zur Rückenfigur sagen, auch sie folgt einem Grundtypus der Familie Tiepolo, der sich dutzendfach in ihrem CEuvre findet. Dass es sich auch hier um eine direkte Übernahme eines Typus han­

delt, macht der wieder anatomisch kaum mögliche Rückenmuskelkontur in drei Federschwüngen deutlich. Er erweckt sofort den Eindruck schwellender athle­

tischer Muskeln, so dass sich die Frage nach anatomischer Richtigkeit gar nicht erst stellt. So könnte man Figur auf Figur verfolgen. Urlaubs Klagender unten links etwa ist eine Variante auf den in Tiepolos Altarbild hinter Michael auftauchenden Engel. Man könnte auch feststellen, dass die Fledermausflügel, die die gefallenen Engel und Luzifer bei Tiepolo kennzeich­

nen, bei Urlaub zwar Tiepolo-Zitat sind, jedoch keiner Figur logisch zuzuordnen sind. Ist man streng, so überzeugen die Rückenfigur, der Lagernde, aber auch das Motiv der aufgelegten Hand der Haupt­

figur bei Urlaub im Kontext einer Sturz­

darstellung nicht wirklich: Die Motive stammen aus anderen Kontexten. Der Lagernde etwa in seiner Verkürzung ge­

hört zu Deckenfresken, die Rückenfigur dagegen zu einem fest am Boden Sitzen­

den eines nicht in Untersicht gegebenen Tafelbildes etc. Dennoch ist der höchst lebendige Federstil der Zeichnung von Urlaub verantwortlich dafür, dass der Eindruck des Blattes unmittelbar über­

zeugt.

Werner Busch

68 Originalveröffentlichung in: Prange, Peter ; Stolzenburg, Andreas (Hrsgg.): Spurenlese : Zeichnungen und Aquarelle aus drei Jahrhunderten, München 2016, S. 68-69

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