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Archiv "Großbritannien: Finanzspritze für den National Health Service" (07.04.2000)

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A-886 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 14, 7. April 2000

P O L I T I K

ehr Krankenhausbetten“,

„10 000 zusätzliche Kran- kenschwestern und -pfle- ger“ sowie „zwei Milliarden Pfund“

(rund 6,4 Milliarden DM) – mit diesen Versprechen sollen die britischen Ärzte und Patienten davon überzeugt werden, dass die Labour-Regierung der beste Garant für ein funktionie- rendes Gesundheitswesen ist.

Vom 1. April an sollen nach An- gaben von Schatzkanzler Gordon Brown zwei Milliarden Pfund zusätz- lich für die Krankenhäuser und Allgemeinarztpraxen des National Health Service (NHS) zur Verfügung gestellt werden. Damit stehen für das britische Gesundheitswesen, das zu 90 Prozent aus Steuermitteln finan- ziert wird, im kommenden Haushalts- jahr 158 Milliarden DM bereit. Bis zum Jahr 2002/03 sollen die Ausga- ben auf jährlich mindestens 221 Milli- arden DM erhöht werden.

Chronisch unterfinanziert

Großbritannien gibt deutlich we- niger für sein Gesundheitswesen aus als vergleichbare Länder der Europäi- schen Union (EU). Derzeit sind es nach Angaben der OECD 6,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Innerhalb der nächsten vier Jahre soll der Anteil nach Aussage von Premierminister Tony Blair „auf mindestens 7,6 Pro- zent“ steigen. Das wäre nur geringfü- gig weniger als der EU-Durchschnitt von rund acht Prozent. Aber: Jahr- zehntelange Unterfinanzierung ha- ben den NHS marode gemacht. Politi- sche Beobachter schätzen, dass es mindestens zehn Jahre dauern wird, bis der NHS, der mehr als eine Million

Menschen beschäftigt, auf das Niveau des deutschen Systems gebracht wer- den kann.

Die unerwartete Finanzspritze kommt zu einer Zeit wachsender Un- zufriedenheit der britischen Wähler mit der Regierung Blair, die seit Mai 1997 amtiert. Damals hatte sie die Wahlen mit dem Versprechen ge- wonnen, den NHS „zum besten Ge- sundheitswesen der Welt“ auszubau- en. Gespräche mit Ärzten, Pflegeper- sonal und Patien-

ten zeigen je- doch, dass bisher nicht viel gesche- hen ist. Die staat- lichen Primär- arztpraxen kla- gen nach wie vor über eklatante Geldknappheit, vor allem bei der Verordnung in- novativer Arz- neimittel. Um die Verschreibungs- kosten zu sen- ken, gründete die Regierung Blair kürzlich das Na- tional Institute of

Clinical Excellence, das darüber ent- scheidet, ob neue Arzneimittel zu La- sten der staatlichen Einheitsversiche- rung verordnet werden können.

Gesundheitsminister Alan Mil- burn versprach den rund 800 staatli- chen Krankenhäusern, in den kom- menden zwölf Monaten mindestens 10 000 Krankenschwestern und -pfle- ger einzustellen. Der Mangel an Pfle- gekräften ist zu einem ernsten Pro- blem geworden. Die Krankenpflege- gewerkschaft schätzt, dass „minde-

stens 50 000 Pflegekräfte“ fehlen. Da es auch an Operationspersonal fehlt, werden täglich Hunderte Operationen abgesagt. Die NHS-Wartelisten – der- zeit warten rund eine Million Patien- ten auf eine nicht dringliche Operati- on – sind zum innenpolitischen Streit- thema Nummer eins avanciert. Die Opposition wirft Labour vor, Krebs- kranke, Herzpatienten und andere unnötigerweise sterben zu lassen, statt mehr Pflegepersonal zu rekrutieren.

Vermutlich wird im kommenden Jahr ein neues Unterhaus gewählt. Be- reits jetzt kristalliert sich die Dauerkri- se des NHS als Hauptthema des Wahl- kampfs heraus. Daher überrascht es nicht, dass die Regierung Blair die Ge- sundheitspolitik zum Topthema macht und auch die entsprechenden Haus- haltsmittel bereitstellt. Schatzkanzler Brown will die Ausgaben für Gesund- heit in den kommenden vier Jahren

„um 6,1 Prozent über der Inflationsra- te“ erhöhen. Bisher waren es 3,3 Pro- zent. Regierungschef Blair kümmert sich künftig persönlich um die Reform des NHS. „Das ist ab sofort Chefsa- che“, sagte er in London. Die Re- formen zielen dar- auf ab, die NHS- Verwaltung effizi- enter zu gestalten und den Primär- ärzten mehr Eigen- verantwortung ein- zuräumen.

Die British Medical Associati- on (BMA) bleibt skeptisch. „Wir be- grüßen die Bereit- stellung zusätzli- cher Mittel“, sagte eine Sprecherin ge- genüber dem Deutschen Ärzteblatt in London. „Aber es ist fraglich, ob sich rasch etwas ändern wird.“ Die Regie- rung hatte bereits vor eineinhalb Jah- ren dem NHS einen Sonderetat von rund 60 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Laut BMA ist der Großteil dieses Geldes bisher aber nicht in den Kliniken und Arztpraxen angekom- men. Das Londoner Gesundheitsmi- nisterium war auf Anfrage nicht in der Lage zu sagen, was genau damit ge- schehen ist. Kurt Thomas AKTUELL

Großbritannien

Finanzspritze für den

National Health Service

Die britische Regierung will mit einer Geldspritze in

Milliardenhöhe das marode staatliche Gesundheitswesen wieder auf Trab bringen.

M

Der rote Koffer von Schatzkanzler Gordon Brown ent- hält den Etat. Brown versprach dem National Health Service zusätzliche zwei Milliarden Pfund. Foto: ap

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