Prüfung der elektrischen Ausrüstung von Maschinen
nach VDE 0113-1 / DIN EN 60204-1 TEIL 6 / 8
Einleitung
Im Kapitel 3 dieser Fachbeitragsreihe wurden die Kriterien zur Auswahl der Ausrüstung der elektrischen Ausrüstung einer Maschine erörtert. Zudem wurde aufgezeigt, dass die herr- schenden Umgebungs- und Betriebsbedingungen wesentlichen Einfluss auf die Auswahl und das Zusammenspiel der Komponenten besitzen.
Im vorliegenden Teil 6 sollen nun einige Lösungsvorschläge zum optimalen Schutz der elektrischen Ausrüstung erläutert werden.
6. Schutz der Ausrüstung
Der Schutz der Ausrüstung ist ein zentrales Thema dieser Norm, da ein Versagen der Aus- rüstung zu Fehlfunktionen, Störung oder zum Ausfall der Maschine führen kann.
Letztendlich kann es dadurch auch zu einer direkten oder indirekten Gefährdung für den Bediener kommen. Die folgende Grafik zeigt die wichtigsten Einflussgrößen.
Einflüsse auf die elektrische Ausrüstung einer
Maschine
Blitzschlag
Kurz- schluss
Über- drehzahl
Unter- spannung
Erdschluss Fehler-
strom Über-
hitzung falsches
Drehfeld vermin-
derte Kühlung mechan- ische Überlast-
ung
Überspan- nungen
Einige wichtige Einflüsse werden im Folgenden kurz erläutert.
6.1 Der Überstromschutz
Ein Überstromschutz muss vorgesehen werden, wenn der Strom in einem Maschinenstrom- kreis entweder den Bemessungsstrom des Bauteils oder des Leiters überschreiten kann.
Für Hauptstromkreise sind Einrichtungen zur Erfassung und Unterbrechung von Überstrom nach Abschnitte 7.2.10 der VDE 0113-1 in allen aktiven Leitern vorzusehen. Dabei darf in Wechselstromkreisen der Neutralleiter und in Gleichstromkreisen der geerdete Leiter nicht allein abgeschaltet werden.
Für die Auswahl und die Dimensionierung von Überstromschutzeinrichtungen sind folgende Punkte zu beachten:
- erfolgt der Überstromschutz für eine Leitung/Kabel oder ein Gerät - welche Anlauf- oder Einschaltströme sind zu erwarten
- welche Kurzschlussströme treten auf (Schaltvermögen der Schutzeinrichtungen)
Der Überlastschutz von Kabel und Leitungen orientiert sich an den entsprechenden Installa- tionsnormen. Grundsätzlich gilt, dass sie die Leiter entsprechend ihrem Querschnitt, der Ver- legeart, der Umgebungstemperatur und der Betriebsart bei der vorgesehenen Belastung schützt. Die Anforderungen Leitungen und Kabel und deren Belastung werden im Kapitel 9 vorgestellt.
6.2 Schutz von Motoren gegen Überhitzung
Für jeden Motor mit einer Bemessungsleistung von mehr als 0,5kW ist ein Schutz gegen unzulässig hohe Erwärmung vorzusehen. Dabei muss der automatische Anlauf nach An- sprechen des Schutzes verhindert werden, wo dies zu einer gefahrbringenden Situation oder Schaden an der Maschine führen kann.
Es werden drei Möglichkeiten zum Schutz des Motors genannt.
- Überlastschutz durch Erfassung der Stromaufnahme, z.B. thermischer Überstromauslöser oder Motorschutzschalter
- Übertemperaturschutz, z.B. Thermistor Motorschutz, Bimetalle in Motorwicklungen - Strombegrenzung, z.B. Leistungselektronik wie Frequenzumrichter oder
elektronische Motorstarter
6.3 Drehfeldüberwachung
Ein falsches Drehfeld kann zu Fehlfunktionen oder Zerstörung von Maschinen führen.
Im Regelfall gilt ein Rechtsdrehfeld. Davon abweichend können zwischen Betreiber und Konstrukteur andere Vereinbarungen getroffen werden. Rechtsdrehsinn liegt vor, wenn die Außenleiter in der Reihenfolge L1-L2-L3 einen Motor rechts drehen lassen. Das bedeutet, dass sich bei Draufsicht auf die Hauptwelle des Motors diese im Uhrzeigersinn dreht.
6.4 Der Potentialausgleich
Der Potentialausgleich erfüllt vielfältige Aufgaben in der elektrischen Ausrüstung der Maschi- nen. Diese sind in der folgenden Grafik dargestellt.
Abbildung 24 - Aufgaben des Potentialausgleichs
6.4 Das Schutzleitersystem
Die Funktion der Schutzmaßnahme Schutz durch Abschaltung hängt von einem zuverlässi- gen niederohmigen Schutzleitersystem ab. Daher stellt das Schutzleitersystem eine zentrale Rolle bei der elektrischen Ausrüstung einer Maschine dar.
Das Schutzleitersystem besteht aus:
- PE- Klemmen;
- den Schutzleitern in der Ausrüstung der Maschine;
- den Körpern und den leitfähigen Konstruktionsteilen der elektrischen Ausrüstung;
- fremden leitfähigen Teilen, die Bestandteil der Maschinenstruktur sind
Alle Teile des Schutzleitersystems müssen so beschaffen sein, dass sie in der Lage sind, den höchsten thermischen und mechanischen Beanspruchungen durch Erdschlussströme standzuhalten, die in dem jeweiligen Teil des Schutzleitersystems fließen können.
Die Kennzeichnung des Schutzleiters erfolgt ausnahmslos mit durchgehender grün-gelber Farbgebung.
Der Querschnitt des Schutzleiters richtet sich nach dem Außenleiter.
Potentialausgleich
Schutz gegen
elektrischen Schlag Funktionszwecke
Automatische Abschaltung
Verminderung der Berührungs-
spannung
Erhöhung der EMV
Verminderung der Schirmbe-
lastung
Material Außenleiter Querschnitt des Schutzleiters
Kupfer ≤ 16mm² 100% Außenleiter
Kupfer 16mm² bis 35mm² ≥16mm²
Kupfer >35mm² ≥50% Außenleiter
Aluminium oder Stahl - der Widerstand höchstens entsprechend dem Widerstand für Kupfer jedoch min-
destens ≥ 16mm² Abbildung 25 - Querschnitte des Schutzleiters
Alle leitfähigen Teile, fremden leitfähigen Teile der Maschine und aller Körper der elektri- schen Betriebsmittel bilden das Schutzleitersystem. Es handelt sich im Wesentlichen um Teile, die mit der Hand nicht umschlossen oder anderweitig großflächig berührt werden kön- nen.
Üblicherweise werden die Schutzleiter an entsprechende Klemmstellen der Gehäuse, Türen oder Abdeckungen angeschlossen.
Symbol: oder Kennzeichnung: PE
Gleitverbindungen, wie Türscharniere sind als Verbindung meist ungeeignet, da ihre Nieder- ohmigkeit nicht dauerhaft gewährleistet werden kann. Die Türen von Schaltschränken sollten daher immer separat über eine flexible Schutzleiterbrücke mit dem Gehäuse des Schrankes verbunden werden.
Eine Unterbrechung des Schutzleiters durch Schaltgeräte oder Überstromschutz- einrichtungen ist grundsätzlich nicht erlaubt.
Leitfähige Teile, deren Abmessungen kleiner 50mm x 50mm sind brauchen nicht mit dem Schutzleitersystem verbunden werden, da man davon ausgeht, dass eine Umfassung mit der Hand oder ein großflächiger Kontakt mit einem Teil des menschlichen Körpers nicht möglich ist, sodass ein Loslassen im Fehlerfall nicht verhindert wird.
Entbehrlich ist der Schutzleiteranschluss an solche Gehäuseteile, die selbst keine elektri- schen Bauteile beinhalten oder die nur schutzisolierte Betriebsmittel enthalten.
7. Versorgung von Steuerstromkreisen
Wo Steuerstromkreise von einer Wechselstromquelle gespeist werden, müssen Steuertrans- formatoren für die Versorgung der Steuerkreise verwendet werden.
Auf Transformatoren kann verzichtet werden, wenn die Maschine nur mit einem einzigen Motoranlasser und maximal zwei Steuergeräten (z.B. Verriegelungsgerät, Start/Stopp- Bedienstationen) betrieben wird.
Steuertransformatoren
Übliche Kleintransformatoren sind hierfür ungeeignet, weil der Spannungsfall bei der stark induktiven Last (cos ~ 0,3....0,4) von Schützspulen unzulässig hoch würde.
Steuertransformatoren sollen nach IEC 204-1 bzw. DIN VDE 0113 Teil 1 vorzugsweise zwi- schen 2 Außenleitern angeschlossen werden. Diese Regelung wurde getroffen im Interesse einer Normalisierung der Maschinenausrüstungen in aller Welt. Neben dem nicht unbedingt notwendigen Neutralleiter bietet der Anschluss an zwei Außenleiter auch den Vorteil, dass eine unsymmetrische Belastung des elektrischen Netzes, zu geringeren Unter- oder Über- spannungen führt. Die Ausgangsspannung des Steuertransformators ist somit stabiler.
Zudem wirken Steuertransformatoren aufgrund ihres Aufbaus im Kurzschlussfall und Erd- schlussfall strombegrenzend. Sie zeigen für diesen Fehlerfall ein „weiches“ Betriebsverhal-
Natürlich bietet der Einsatz eines Steuertransformators auch die Möglichkeit Steuerspan- nungen bereitzustellen, die sich in der Höhe und der Art von der Netzspannung unterschei- den.
Steuertransformatoren nach DIN EN 61 558-2-2 verfügen über elektrisch getrennte Wicklun- gen und ermöglichen damit ausgangsseitig die Errichtung eines eigenständigen Stromver- sorgungssystems zur Anwendung von Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag, die vom speisenden Netz unabhängig sind, z.B. ein IT-System mit Isolationsüberwachung der aktiven Teile gegen Erde.
Überlast- und Kurzschlussschutz des Steuertransformators und der Steuerung
Steuerstromkreise müssen mit einem Überstromschutz und einem Kurzschlussschutz ausgerüstet werden. Dabei sollten laut VDE 0113-1 die direkt an die Versorgungsspannung angeschlossenen Zuleitungen zu Steuertransformatoren gegen Überstrom gesichert werden, wobei in Steuerstromkreisen, die über den Transformator gespeist werden nur der unge- erdete Leiter gegen Überstrom abgesichert wird. Die Art und die Einstellung sollten in Übe r- einstimmung mit den Empfehlungen der Transformatorlieferanten erfolgen.
Ein defekter Steuertransformator kann nur mit Mühe kurzfristig wieder beschafft werden.
Neben dem vorgeschriebenen Kurzschlussschutz empfiehlt sich daher auch ein Schutz gegen Überlastung. Dieser komplette Schutz wird optimal durch Verwendung von Schutzschaltern PKZM mit Bimetall- und Schnellauslösern erzielt.
Kombinierter Primär- und Sekundärschutz Primär: Kurzschlussschutz
Sekundär: Überlast- und Kurzschlussschutz Einstellung auf Sekundärnennstrom
Verhältnis: Upr zu Usek = 1 zu 1,73 I I
2 1
I 4 6 3 5 L2
L3
N PE
Q1
T1
LT1
LT0
L1
Abbildung 26 - Anschlussbeispiel Steuertransformator
Steuerspannung
Der Wert der Steuerspannung sollte die richtige Arbeitsweise des Steuerstromkreises
sicherstellen. Die Nennspannung darf 277 V nicht übersteigen, wenn sie von einem Trans- formator gespeist wird. Höhere Spannungen als 230 V, z.B. 400V sind aus sicherheitstechni- schen Gründen nicht erlaubt und kleinere Spannungen sollten nur in notwendigen Fällen angewendet werden. Große Übergangswiderstände an Klemmen, Verbindungsstellen und Hilfskontakten verursachen einen Spannungsfall, welcher wiederum die Schaltsicherheit der Steuergeräte verringert.
Transformatorleistung
Die Größe des Steuertransformators hängt von den zur gleichen Zeit eingeschalteten Ver- brauchern ab. Die notwendige Leistung kann wie folgt berechnet werden:
Gl Ha EinmaxTr
f S S
S
STr –Transformatorleistung
fGl – Gleichzeitigkeitsfaktor der Verbraucher (Herstellerempfehlung 0,8) SHa – Halteleistung der Verbraucher
SEin max – Einschaltleistung des größten Verbrauchers
Die sich daraus ergebende Leistung wird der Auswahl für den nächst größeren Transforma- tor zugrunde gelegt.
Anschluss von Steuergeräten
In Steuerstromkreisen, bei denen eine Seite mit dem Schutzleitersystem verbunden ist (oder für den Anschluss hieran vorgesehen ist), muss ein Anschluss der Betätigungsspule (vor- zugsweise immer mit der gleichen Kennzeichnung, z.B. Spulenanschluss A2) jedes elektro- magnetisch betätigten Gerätes oder ein Anschluss irgendeines anderen elektrischen Gerätes direkt mit der Seite des Steuerstromkreise verbunden sein.
Alle Schaltglieder (z.B. Kontakte) der Steuergeräte, die auf die Spule oder das Betriebsmittel wirken, müssen zwischen dem anderen Anschluss der Spule oder des Betriebsmittels und der anderen Seite des Steuerstromkreises angeschlossen werden (d.h. der Seite, die nicht mit dem Schutzleitersystem verbunden ist).