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Stellungnahme Konferenz ADHS zur Festbetragsregelung von Methylphenidat

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Academic year: 2022

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Lange Fuhr 29 D-53332 Bornheiim Tel. 02227-909195 Fax 02227-909189 E-Mail konferenz-adhs@online.de http://www.adhs-konferenz.de

Stellungnahme zur Festbetragsregelung von Methylphenidat unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse

Konferenz ADHS ist ein freier Zusammenschluss deutscher Fachleute, die in Sorge sind wegen der stark zunehmenden Medikation unserer Kinder mit hochwirksamen Psychopharmaka im Zusammenhang mit der wissenschaftlich umstrittenen Diagnose ADHS.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat die Bildung einer Festbetragsgruppe für kurzwirksarne und retardiert freisetzende Darreichungsformen von Methylphenidat beschlossen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben ein entsprechendes Anhörungsverfahren zur Festbetragsfestsetzung angesetzt. Hierzu nimmt Konferenz ADHS Stellung.

Der Verbrauch von Methylphenidat, das zumeist sogenannten hyperaktiven Grundschülern (überwiegend Jungen) verabreicht wird, hat sich dramatisch erhöht. Das geht aus der aktuellen Statistik des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hervor: Wurden 1993 noch 34 Kilogramm verbraucht, waren es im Jahr 2006 1221 Kilogramm - eine Steigerung um 3591 Prozent (2).

Methylphenidat ist ein Psychopharmakon und in Produkten wie Ritalin, Medikinet oder Concerta enthalten. Es wird zunehmend Kindern verschrieben, denen Ärzte die umstrittene Diagnose "Aufmerksamkeits-Defizitsyndrom" (ADS und auch ADHS) bescheinigen. Annette Streeck-Fischer, Chefärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Tiefenbrunn, warnt: "Etliche Kinder werden sechs bis acht Jahre lang mit Methylphenidat behandelt und erhalten niemals eine psychotherapeutische Begleittherapie" (7).

Studien haben gezeigt, dass mehr als die Hälfte der mit Methylphenidat medikamentierten Kinder falsch diagnostiziert sind und deshalb gar kein Methylphenidat verschrieben bekommen dürften (1). Auch von den korrekt diagnostizierten sog. ADHS-Kindern braucht nur jedes dritte Kind Medikamente (3). In aktuellen Studien zeigte sich, dass nicht- medikamentöse Behandlungsmethoden, wie Psychotherapie und psychoedukativ- systemische Maßnahmen, mittelfristig die gleichen Heilerfolge aufweisen. wie eine jahrelange Medikamentierung – allerdings natürlich ohne die teils besorgniserregenden Nebenwirkungen der Medikamente (4, 8). So bestätigte sich auch eine bleibende Größen- und Gewichtsretardierung der Kinder nach dreijähriger Medikamentierung (9). Auch die bislang propagierte Reduzierung des Drogenmissbrauchs- und Kriminalitätsrisikos medikamentierter Kinder ließ sich längerfristig nicht bestätigen (5). Der "Arzneiverordnungs- Report" warnt denn auch "vor der Verordnung überhöhter Dosen sowie laxer lndikationsstellung". Aufklärungsbedürftig seien "häufiger aufgetretene optische Halluzinationen, plötzliche Todesfälle und nicht-tödliche kardiovaskuläre Ereignisse" (6).

Konferenz ADHS begrüsst Maßnahmen wie die beabsichtigte Festbetragsregelung, die zu einer Reduktion und verantwortungsvolleren Methylphenidatverschreibung bei Kindern beitragen können. Darüber hinaus sind aber sorgfältigere Diagnosen (soweit sie angesichts der wissenschaftlichen Zweifelhaftigkeit des medizinischen Konstrukts ADHS überhaupt möglich sind ) sowie in erster Linie die verbindliche Realisierung multimodaler Behandlungen mit der unbedingten Priorität psychotherapeutisch-psychoedukativer Heilmaßnahmen dringend zu fordern.

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Die neuen Forschungsergebnisse untermauern eindrucksvoll:

Psychopharmaka für Kinder müssen endlich Mittel der letzten, nicht länger der ersten Wahl sein. Psychotherapie und Psychoedukation müssen unbedingten Vorrang haben.

Quellen:

(1) Angold A, Erkanli A, Egger HL, Costello EJ.: Stimulant treatment for children: a community perspective. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry Aug; 39(8): 2000.

(2) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), 2007:

http://www.bfarm.de/nn_424276/DE/Bundesopiumstelle/BtM/btm-node.html__nnn=true (3) Döpfner, M.: Nur jedes 3. Kind mit ADHS braucht Medikamente. Ärzte Zeitung 2002.

http://www.aerztezeitung.de/docs/2002/09/09/160a1002.asp

(4) Döpfner, M., Schürmann, S. & Frölich, J. (2007). Therapieprogramm für Kinder mit

hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). 4. Aufl.. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union.

(5) Molina, 8. S., Flory, K., Hinshaw, S. P., Greiner, A. R., Arnold, L. E., Swanson, J. M., Hechtman, L, Jensen, P. S., Vitiello, 8., Hoza, B., Pelham, W. i., blliott, G. R., Wells, K.

0., Abikoft, 14. 8., Gibbons, R. 13., Marcus, S., Conners, C. K., Epstein, J. N., Greenhill, L.

L., March, J. S., Newcorn, J. H., Severe, J. 8. & Wigal, T. (2007). Delinquent Behavior and Ernerging Substance Use in the MTA at 36 Months: Prevalence, Course, and Treatment Effects. J Am Acad Child Adolesc Rsychiatry, 46(8), 1028-1040.

(6) Schwabe/Paffrath (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2006: Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. Springer-Verlag 2007.

(7) Streeck-Fischer, A.: ADHS aus psychodynamischer Perspektive. Prax. Kinderpsychol.

Kinderpsychiat. 56. Vandenhoeck & Ruprecht 2007.

(8) Swanson, J. M., Hinshaw, S. P., Arnold, L. E., Gibbons, R. D., Marcus, S., Hur, K., Jensen, P. S., VitieIlo, B., Abikoff, H. B., Greenhill, L. L., Hechtman, L., Pelham, W. E., Wells, K.

0., Conners, 0. K., March, J. S., Elliott, G. R., Epsteiri, J. N., Hoagwood, K., Hoza, B., Molina, B. S., Newcorn, J. l, Severe, J. B. & Wigal, I. (2007a). Secondary Evaluations of MTA 36-Month Outcomes: Propensity Score and Growth Mixture Model Analyses. J Am Acad ChildAdolesc Psychiatry, 46(8), 1003-1014.

(9) Swanson, J. M., Eliiott, G. R., Greenhill, L. L., Wigal, I., Arnold, L. E., Vitieflo, 8., Hechtman, L., Epstein, J. N., Pelham, W. E., Abikoff, H. 8., Newcorn, J. H., Molina, 8. S., Hinshaw, S.

P., Wells, K. C., Hoza, B., Jensen, P. S., Gibbons, R. 13., Hur, K, Stehli, A., Davies, M., March, J. S., Conners, 0. K., Caron, M. & Volkow, N. D. (2007b): Effects of Stimulant Medication on Growth Rates Across 3 Years in the MTA Foiiow-up. J Am Acad ChiId Adolesc Psychiatry, 46(8), 1015-1027.

Oktober 2007

Dipl.-Psych. Hans-Reinhard Schmidt (Sprecher) Prof. Dr. Dieter Mattner

Prof. Dr. Reinhard Voß KJP Günther Molitor Prof. Dr. Manfred Gerspach Dipl.-Sozialpädagogin Nicola Raschendorfer Dr. rer. biol. hum. Hans Hopf Dipl.-Sozialpädagoge Hubert Geue

Dipl.-Biologe Peter Boehm Dipl.-Pädagoge Rolf Robischon

Dipl.-Psych. Helga Rühling Dr. med. Hans von Lüpke Dipl.-Psych. Frank Müller Dipl.-Heilpädagoge Henning Köhler M.Phil. Werner Gottschall Dr.med. Annette Streeck-Fischer Dr. phil. Dipl.-Psych. Jirina Prekop

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