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Bemerkungen zu J. Roediger's Notiz Ueber eine
arabische Handschrift der K. Bibliothek zu BerHn
(Ztschr. d. D. M. G. XXIII. S. 302—306).
Von W. Ahiwardt.
Als ich vor einigen Jahren mit der Catalogisirung des poeti¬
schen Theils der arabischen Handschriften der K. Bibliothek zu
Berlin beschäftigt war, verzeichnete ich, während kurzer Zeit in
Berlin anwesend , nach den vorhandenen vorläufigen und sehr sum¬
marischen Handschriften-Verzeichnissen der verschiedenen Samm¬
lungen, diejenigen Nummern, die angeblich poetische Stücke enthal¬
ten sollten, und darunter auch Cod. Wetzst. II, 274. Nach einiger
Zeit wurde mir die Handschrift nebst anderen überschickt und einer
genauen Prüfung unterworfen. Das Resultat derselben weicht vou
dem des Hrn. J. Roediger einigermassen ab uud sehe ich mich, zur
Vermeidung von Irrthümern, veranlasst, dasselbe an dieser Stelle
mitzutheilen, obgleich ich es lieber für den Berliner Handschriften- Cataiog aufgespart hätte.
Der ursprüngliche Titel des Werkes ist verblasst, mehr noch
als durchschnittlich das ganze Werk, besonders am Ende-, er ist
jedoch von späterer Hand nacbgeschwärzt, und heisst jetzt s-iLäJ'
j«.i:.Jl , In Bezug auf den Nanien des Verfassers gilt dasselbe ;
ausserdem ist derselbe zu sehr ausradirt worden, um erkannt wer¬
den zu können. Die spätere Hand hat jetzt dafür hingesetzt:
^^UJi
Der Titel des Werkes ist entschieden falsch, gleichviel, wer
der Verfasser sei. In dem Werke wird nicht von der Poesie oder
Poetik oder Poeten gehandelt ; sein Inhalt ist rein grammatischer
Art, Formlehre und Syntax betreffend, und der Verfasser führt zum
Beleg für seine Auffassung sprachlicher Erscheinungen nicht Stellen
aus Prosaikern, sondern Verse bekannter und mustergültiger Dicbter
an , wie das ja überhanpt, und mit Recht, Sitte war; und nicht
bloss das, sondern er beginnt fast jeden Absclinitt mit Anführung
von Versen (so den ersten mit 8 Versen), um an dieselben seine
Bemerkungen zu knüpfen. ^Ein solches Werk heisst nicht Buch der
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648 Ahhvardt, Bemerkungen zu J. Roediger's Notiz
Poesie, sondern Bucli der Erklärung der Poesie (oder der Dunkel¬
heiten der Poesie etc.).
Der Name des Verfassers ist allerdings richtig: es ist der
Beiner sprachlichen Gelehrsamkeit wegen hochberühmte Philologe
j_j.*-jUJl^Ü*Ji ^ Jv^l ^\ (^Moi! J.C geb. 288 , f 377
[Essojüti in seinen Tabaqät Cod. Par. Suppl. 683; Ibn Kkallikän
ed. Wüstenf. No. 162 ; vgl. Flügel, Die gramm. Schulen p. 110 ff.]. Abu 'Ali Elfarisi wird an verschiedenen Stellen des Werkes (fol. 9b. 48b.
121b) genannt; fol. I40b wird auf die Schrift S.*Ai=^! JoL-^ti verwiesen,
die in den angeführten Werken als von ihm herrührend bezeichnet
sind; fol. 129» wird auf sein ^La^^! ^Ix^ Bezug genommen, und
auch die Unterschrift, in der er genannt wird, hat nichts Verdäch¬
tiges. Dass von ihm nun ein Werk, jMmj\ v-'L^i' betitelt, nirgend
erwähnt wird, hat nichts auffälliges: denn ein solches Werk hat er
eben nicht verfasst, und hätte er es, wofür jedoch nicht der gering¬
ste Anhalt vorhanden ist, so müsste es ein'anderes Werk als das
vorliegende sein. — Frägt sich nun, welche seiner Schriften
ist hier erhalten? Die Handschrift ist 8^0^ 15 Zeilen auf der Seite,
von mässigem Umfange. Ich selbst habe die in Unordnung befind¬
lichen Blätter und Lagen geordnet, und die einzelnen Blätter foliirt ;
es sind deren jetzt 170, es waren ehemals 195. Denn in der
ersten Hälfte der Hdschr. sind mehrere Lücken: es fehlt 1 Blatt
nach fol. 20, 9 Bl. nach f. 30, 3 Bl. nach f. 48, 11 Bl. nach f. 56,
1 Bl. nach f. 66. Ausserdem fehlt fol. 20 u. 29 die untere Ecke
des Textes u. fol. 168b oben u. 169b unten fehlt im Text dort ein
Vers, hier ein Paar Worte. — Ein verhältnissmässig so kleines
Werk kann weder des Verfassers umfangreiches ^i<aii)\
j->viJi in 196 Capp. sein, dessen erste vier Fünftel die Syntax, das
letzte Fünftel die Flexionslehre behandelt (H. Kh. I, No. 1564);
dagegen spricht auch ausdrücklich die Stelle f. 129a (^3 jS'ö i^^aJI
^Löi^i v'-*i ); noch kann es seine Bjil\*JI sein, die, abgesehen von
der Frage, ob deren Inhalt wirklich nur auf sprachliche Erläute¬
rungen sich erstreckt, mehrere Bände stark war (H. Kh. II. No.
2788). Es kann auch nicht ein Auszug aus jenem Werke sein,
deren es übrigens allerdings gab: es spricht die Anordnung des
Stoffes und die Stelle f. 129a dagegen, und rücksichtlich des ande¬
ren Werkes, dessen Inhalt unbekannt ist, lässt es sich nicht er¬
weisen, dass es eiu Auszug daraus sei. — Dass es ferner nicht das
von H. Kh. (II, 3514. 1, 1564) erwähnte Supplement zu dem ersteren
Werke, das ^[xa^'i^ Kl*^j', sei, bedarf kaum eines Beweises: wir
hahen hier ein selbständiges, in seiner Weise erschöpfendes Werk
vor uns, nicht aber eiu die Lücke und Unvollkommenbeiten einer
anderen Schrift ausfüllendes uud besserndes.
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ü/icr cine ärahische Handschrift der K. Bihliothek in BerUn. 649
Unter den dem Abu 'All beigelegten Schriften findet sich auch
das ^L^aj^iSI oUj! wLiJ^ Erklärung der im Elidäh vorkommen¬
den Verse. Bücher dieser Art sind häufig: ein solches ist das bei
H. Kh. IV. 7443 erwähnte, das aber, trotz ähnlichen Titels, von
diesera verschieden ist. Solche Werke scbliessen sich mehr oder
weniger eng an den Gang des Originals an. Entweder sie geben,
mit Beibehaltung der Eintheilung des Grundwerkes, eine Erklärung
der daselbst vorgebrachten einzelnen Verse, sei es in grammatischer, lexikalischer oder sachlicher Ausführung ; oder sie üben, in freierer
Auswahl und Zusammenstellung, diese Thätigkeit aus, obgleich dies
allerdings seltener der Fall sein wird.
Einen Eindruck dieser Art macht das in Rede stehende Werk.
Es ist ohne die übliche Vorrede, ohne die bei einem eigenen selbst¬
ständigen Werke zu erwartende längere Auseinandersetzung, was
der Verfasser beabsichtigte, auf welche Hülfsmittel er sich stütze
u. dgl.; es lehnt sich sofort an einige voraufgeschickte Verse mit
seiner grammatischen Erklärung an. Das heisst also, das Werk
und der Zusammenhang, in welchem dort die Verse vorkommen,
sind als dem Leser bekannt vorausgesetzt, zugleich aber, dass die¬
selben dort ihrer richtigen grammatischen Auffassung nach nicht
gehörig verstanden sind , dass sicb Einwände erhoben haben, die zu
beseitigen sind, u. s. w. Demgemäss dann auch die Einkleidung:
Wenn Jemand fragt, wie ist es da und da mit? wie kann das und
das der Fall sein, so ist die Antwort darauf so und so. — Es wird
dabei, wie ich glaube, eine Anzahl der in dem Grundwerke in ver¬
schiedene Kapitel vertheilten Stoffe und Fragen zusammengezogen
sein , und die gewöhnliche Ueberschrift q.i i_jLj bestärkt mich in
dieser Ansicht; daher kann es nicht auffällig sein, dass wir hier
statt 196 Capitel nur etwa den fünften Theil haben, und zwar in
wahrscheinlich veränderter Folge, in neuer Begründung der frag¬
lichen Puncte. Die Wahrscheinlichkeit, dass hier ein Werk dieser
Art erhalten sei, wird durch ein Paar zur Seite des Titels befind¬
liche, übergewischte und fast unleserliche Noten bestärkt. Rechts
steht nämlich:
y:<^\\ w^XJ' j. Jai ^y, J.C ^ ^ iji\'A\.i \Ss>
!s/Js.i;Ji Ul-^i ^^c J^JUl!
d. h. der Kundige sieht, dass der Titel dieses Werkes b^iÄäJI ist;
es ist aus dem Buch S^iÄäJI abgeschrieben.
Diese Bemerkung ist, nach dem oben Beigebrachten, unrichtig;
es kann nicht die grosse byiÄÄJi sein, es kann keine Abschrift des
Werkes hier vorliegen. Dies erkennt eine zweite gleichfalls ver¬
wischte Note links vom Titel an ; sie heisst : ^k'ii cjLaj"?! ^^.ä
^*„jUJt J.C Buch der Erklärung der Verse, von Abu 'Ali Alfarisi.
Dazu stimmt denn auch der Schluss des Werks fol. 170», und mit
650 Ahboardt, Bemerhungen zu J. Roediger's Notiz
den oLAj"i'\ sind die ^Loj'iJi vl-*3' ^^La^I gemeint. Nun finden auch
die zwei Noten auf fol. 129a ihre Erklärung. Am Ende des Ab¬
schnittes »l^'Jilj oil^aJ! .Jli Steht dasclbst:
,31 Jai> ».'Aii KS'j J.C ^Jjl Aj>-\ j.i;L»J! ^! J.*.o"lil ^5
_}.clöJi u< ujIj IlXJ ^^•''■^äj L?"-^ (;^?'
d. h. im Original ist dies das Ende des 10. Theils von den Theilen
des Werkes des Abu 'All . . . daran schliesst sich nun noch das
Kapitel so und so.
Unmittelbar darauf, oberhalb des Titels des neuen Abschnittes,
welcher eben J.cLäJi q.» ist, steht: ^^.«jIäJ! J.c y] ^.aio iXi^
!Ä* >3 jUil s^Jlj _j.<^xJt ^ ^li^^l ^l'jif ^AiAoj' J<i:^i\ \j^s>
'^jlüia] vIj-j! jS'T'^l^Jj <>cLäj! j^.. vl-^ i v'-^'^l
d. h. dies vorliegende Werk ist verfasst nach dem Kitäb elTdäh, auf
das es auch verweist ; und nun folgt der Rest der Kapitel des Buches.
Hält man beide Stellen zusammen, so kann man nicht verkennen,
dass sie auf ein und dasselbe Buch gehen; dies ist das mehr als
10, vielleichl nur 11, Theile enthaltende Werk, auf das hier auch
verwiesen wird, nämlich das Kitäb elTdäh, welcbes also offenbar
vor diesem Werke verfasst worden ist.
Ich zweifle demnach nicht, dass unsere Hdschr. das wiLäS"
^L^aj'JJI oLj! sei. Wenn es allerdings fol. 140'' heisst, dass ein
grammatischer Pnnct späterhin in dem Werke erörtert werden solle,
und wenn diese Erörterung denn doch nicht stattfindet, auch keine
Lücke vorhanden ist, wo sie etwa gestanden haben könnte, so ist
dieser Hinweis allerdings nicht ausser Acht zu lassen, aber doch
auch nicbt von zwingender Nothwendigkeit, darum das Buch für
nicht vollendet, für nicht veröffentlicbt und desbalb für fast unbe¬
kannt zu erklären. Es ist nicht der erste und letzte Fall, dass
ein Verfasser eine Frage noch besonders eingehend zu bebandeln
vorhat und dann doch aus Vergesslichkeit oder anderen Gründen
stillschweigend darüber hinweggeht.
Denn veröffentlicht wurde das Buch ; nach dem Vortrage seines
Lehrers hatte Abulfath Otmän Ibn (Hnnl das Werk niedergeschrie¬
ben (s. die Stelle oben) und aus seiner Abschrift floss entweder
das Ganze oder ein Theil unserer Handschrift vom J. 578, und —
vielleicht aus derselben Quelle — noch andere Handschriften. Die
Berliner Hdschr. ist nämlich nicht ein unicum. Ich habe auf der
Oxforder Bibliothek ein zweites Exemplar entdeckt, und bei ge¬
nauerer Nachforschung mögen sich in Paris oder Madrid oder sonst
wo andere auffinden lassen. Die in Nicoll's Catalogus Cod. mss.
orient. Bibl. Bodleianae P. II. unter No. 242 bescbriebene namen-
über eine arabisclie Handschrift der K. Bibliothek in Berlin. 651
lose Hdschr. ist völlig dieseihe. Die daselbst mitgetheilte Stelle in
der Note findet sich in der Berliner Hdschr. fol. 105b, und eine
Menge anderer Stellen sind von mir verglichen. Auch die Oxforder
Hdschr. ist defekt; vorhanden sind 164 Blätter, während sie ur¬
spriinglicb 177 zählte. Es fehlen also 13 Blätter, glücklicher Weise
aber, wenn mich mein Gedäcbtniss nicht täuscht, gegen das Ende
hin, so dass ich mit Bestimmtheit glaube sagen zu dürfen, dass die
Berliner Hdschr. sich aus der übrigens gut geschriebenen Oxforder
vom J. 622 völlig ergänzen lässt. Der Anfang (1 Bl.) fehlt übri¬
gens, und damit denn auch der Titel; fol. 17 ist als 2tes Blatt der
Hdschr. anzusehen. Denn leider ist die Folge der Blätter in völlig
verkehrter Ordnung. Anch bei dieser Hdschr. fehlt also der Titel
des Werkes; aber an der Seite steht:
!i.*U! ,5 oLxjl ^^.ü
was wenigstens einigermassen zu dem oben Ermittelten passt.
Die von Herrn J. Roediger (nach der vor der Handschrift be¬
findlichen Inhaltsangabe) mitgetheilte Kapitelüberschrift ist richtig,
nur dass Kap. 6 sich nicht so mit eigener Ueberschrift in der
Hdschr. findet. Ob übrigens nicht in den oben angeführten grösse¬
ren Lücken noch einige andere Kapitel gestanden, die hier nicht
aufgeführt sind, ist wenigstens fraglich.
Ueber den Werth der Ansichten und Forschungen der arabi¬
schen Grammatiker kann man recht verschiedener Meinung sein ;
aber wenigstens das lässt sich nicht leugnen, dass neben viel ver¬
kehrter und oberflächlicher Auffassung sprachlicher Vorgänge auch
mancher Tielblick sich wahrnehmen lässt und dass namentlich eine
Fülle von Thatsachen und schätzbaren Beobachtungen mitgetheilt
wird, für die man dankbar zu sein allen Grund hat. Darum wäre
auch die Veröffentlichung dieses alten grammatischen Werkes ein
nützliches Ding und man könnte Hrn. J. Roediger nur Dank wissen,
wenn er seine Vertrautheit mit dem Werke auch einem grösseren
Publikum zu Gute kommen lassen wollte.
LI.*
652
Zu der nabathäischen Inschrift von Puteoli,
Von
Prof. Dr. M. A. Levy.
Die Leser dieser Zeitsclirift werden es dem Herrn Prof. Gilde¬
meister Dank wissen, dass er die in der Ueberschrift erwähnte In¬
schrift aus dem Dunkel hervorgezogen und so erst ihren Inhalt für
die semitische Epigr.iphik verwerthet hat Seine Erklärung hat
in einigen Punkten gewiss das Richtige getroffen, uud seine Remer¬
kungen, „da eine vollständige Erklärung nicht gelingen will", ent¬
halten wohl die Aufforderung: eine weitere Losung zu versuchen.
Wir wagen es nun folgende Lesung vozuschlagen , mit der Bitte,
dass Andere die noch bleibenden Scbwierigkeiten zu beseitigen unter¬
nähmen :
IT Nib72A lin n[n]
NjbN-ias'T IT'T r] ■ ■ ■ in N-naiib i73in isa
(?i)Nbma nb 30 [n:ia]
(?i<iüa: "jb?: nn'i)
Um dieselbe zu rechtfertigen , müssen wir vor Allem die Zeichen
der Inschrift sicher stellen. Uns scheint es, dass die Charaktere,
die Herrn Gildemeister viele Schwierigkeiten verursacht haben, nach¬
dem wir die nabatbäiscben Inschrifteu vom Haurän (s. de Vogüe:
inseriptions semitiques pl. 13—15), so wie die von Sayda 2) be¬
sitzen, leicbt zu deuten wären; wir meinen das 4te, Zeile 1 und
das dem ähnliche 3te, Zeile 3. Beide siud unzweilelhaft Formen
für Jod, sowie das ganz monströs aussehende drittletzte Z. 1 nicbts
anderes als ein n ist. Das letzte ist fast ganz so in der Inschr.
von Sayda; während das Jod in dieser Form uns hier zum ersten
Mal begegnet; diese ist jedoch leicht aus der gewöhnlichen Gestalt
herzuleiten. Man denke sich nur den oberen Theil des ^ etwas
mehr nach rechts gezogen = ^ und man hat die unserige
1) S. diese Zeitsclir. XXIII. S. 1,50 (g.
2) Vgl. Musee Parent p. 11 u. diese Zeitschr. a. a. O. S. 435.
3) Vgl. auch die Gestalt des Jod in den sinait. Inschr. auf unserer Taf. 2, no. XVI, A. Z. 1 (Ztschr. d. DMG. XIV).
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