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Academic year: 2022

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en Jah reswechsel nutze ich immer für kleine präventivmedizinische Interventionen. Mit dem bodenständigen bis schwarzen Humor, den man als Hausarzt pflegt, sage ich zu den Rauchern:

«Und, gewöhnen Sie es sich im neuen Jahr ab?

Oder warten Sie erst auf den Herzinfarkt oder den Schlaganfall, bis Sie aufhören?» Selbst hartgesottene Marlboro-Kerle werden dann bleich. «Ja, ist das denn wahrscheinlich?», stammeln sie. Der Regel ein- gedenk, dass Angst eben doch sehr wirkungsvoll ist, rechne ich dann vor, wie hoch das Risiko dafür ist.

Vermutlich brauchen die armen Jungs auf diesen Schock hin sofort eine Zigarette ...

Der nächste Patient kommt ins Sprechzimmer.

Eigentlich will er nur Antibiotika für seine eitrige Sinusitis. «Na, und was tun wir gegen unser Über- gewicht?», posaune ich und trommle auf dem eige- nen Embonpoint herum. Das «wir» ist hier nämlich nicht leutselig, sondern auf uns beide gemünzt. Der Patient kann kaum noch schief lächeln. Ich rede von

«unserer Gewichtsklasse» und gestehe «uns» noch eine Schonfrist über die Festtage zu. Schliesslich wol- len wir beide nicht unsere Frauen vergrätzen durch ein Essensverweigern am reich gedeckten Festtags- tisch. Zumal ich charakterlich zu schwach wäre, wenn das Fondue Bourguignonne mit den unver- schämt guten Sössli aufgetischt wird ...

Dann sind da die, denen ich von Herzen gute Fest- tage wünsche, von denen ich aber weiss, dass sie sie vermutlich nicht haben werden. Die Familie A., deren Sohn wegen eines Tötungsdeliktes in Unter - suchungshaft sitzt. Das Ehepaar B., welches jeden Tag, jede Minute zusammen geniesst und für die es ein kleines Wunder ist, dass die Chemotherapie die Metastasen des Magenkarzinoms von Herrn B. ein wenig verkleinert hat.

Kind C., das mit stoischer Ruhe und Routine seine Expektorationsübungen ausführen wird wie jeden Tag, weil es sonst wegen seiner zystischen Fibrose

Erstickungsgefahr hat. Frau D., deren Hirntumor täglich mehr Symptome macht und die nur einen Wunsch hat: noch ein wenig länger zuhause zu sein.

Den erfüllt ihr ihr Mann gerne, aber wie lange er es noch mit vier Stunden Schlaf pro Nacht aushält, ist die andere Frage. Frau E., die merkt, dass mit 87 der Tod näher kommt. Insbesondere, wenn sie wie dieses Jahr zum ersten Mal allein in ihrer Villa den jähr - lichen Weihnachtspomp zelebriert, weil ihr Sohn gestorben ist und die Enkelin nach Thailand fliegt.

Ihre treue Haushälterin Maria, inzwischen auch schon flotte 71 Jahre alt, wird sie kein bisschen christlicher behandeln als in den 50 Jahren, in denen Maria ihr schon «dient».

Dieses Jahr habe ich mir den unverschämten Luxus geleistet, vom 24.12. mittags bis und mit 28.12.08 zuzumachen – und den 31.12. mittags bis zum 1.1.2009 nochmals. Mit Krankengeschichtenab- schliessen, Buchhaltungmachen, Fachliteraturlesen ging die Zeit schnell vorbei.

Jetzt sind wir schon im Neuen Jahr, und jeder zweite Patient sagt vorwurfsvoll: «Nie sind Sie da, wenn ich krank bin. Ich musste auf die Notfallstation!»

Der Fax streikt, das Telefon spinnt, der Computer spamt, und das Laborgerät liefert merkwürdige Werte – kurz, es ist wie immer. Eine MPH ist krank, die andere droht an, es zu werden, und meine Frau ist betupft, weil ich auf Diät gehe. Dabei habe ich die Patientengeschenke noch gar nicht alle gegessen und getrunken ...

Der nächste Patient kommt rein und strahlt. Er hat sich das Rauchen abgewöhnt. Mal wieder. Wie 1999 und in jedem Silvester danach. Ich gratuliere ihm herzlich, wie in all den Jahren zuvor. Aber wer weiss – vielleicht klappts ja dieses Jahr? Dass Ihnen alles gelingt, was Sie sich vorgenommen haben, wünsche ich Ihnen!

arsenicum

A u f ein Neue s

D

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ARS MEDICI 1 2009

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