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Da w ar doch noch w as

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Academic year: 2022

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Richtig zufrieden lasse ich mich am Abend in den Fernsehsessel fallen. Heute habe ich alles geschafft.

Und bin geschafft. Von ehrlicher Arbeit. Denn nicht nur die lästigen SUVA-, IV- und Krankenversicherer- Berichte habe ich geschrieben, sondern sogar die Festrede fürs Pflegeheim, dessen Ehrenstiftungsrats- vorsitzende ich bin. In Reimform. Die Rede. Nicht die Versicherungsberichte. Wobei das vielleicht mal etwas anderes wäre und einen grimmigen Leistungs- prüfer milde stimmen könnte. Aber was reimt sich auf Aaa-Uuu-Eff? Alkitreff? Pfui Teufel, diese Gedanken sind unethisch und eines Hausarztes nicht würdig. Ja, es ist schön, tugendhaft zu sein.

Monatelang hatte ich meine Schreibtischplatte nicht mehr gesehen. Jetzt liegt sie in ganzer resopaliger Schönheit vor mir. Keine Dossierberge mehr.

Plötzlich kommt er wieder, der nagende Gedanke. Da war doch noch was. Irgendwas wollte ich noch machen. Aber was? Die geistige To-do-Liste wird abgehakt. Schullagerdispens für den kleinen Raggenbass geschrieben. Tabelle für Gabriellas Lehrbuch entworfen. Professor Y. gedankt, dass er den flegelhaften, querulatorischen Patienten X.

sofort für den Eingriff aufgeboten und jenen sogar zur vollen Zufriedenheit von X. durchgeführt hat.

Für Kradolfers Mutter habe ich den Antrag auf Ergänzungsleistungen ausgefüllt und für meine Mutter den Muttertagsstrauss bestellt. Einen bösen Leserbrief an unsere Lokalzeitung geschrieben, wo der Redaktor mal wieder über «Sozialschmarotzer»

geiferte. Alles ist doch erledigt. Wirklich? Irgendwas war da noch. Aber was? Galliker habe ich im Spital angemeldet. Der Stadtbildkommission geschrieben, dass der architekturfreie Koloss, den sie gegenüber meiner Praxis hinklotzen, eine Kulturschande ist. Die SANZ über den Tinnitus informiert, den Frau Z. nach Medikament Avalosan bekam. Sogar an Spichi habe ich gedacht und ihm alles gemailt, nachdem er mich nur zweimal per SMS gemahnt hat. Mit halbwegs gutem Gewissen gehe ich ins Bett. In den nächsten

Tagen geniesse ich, dass die «Eingang»-Kiste nicht mehr voll ist und alles Neues diszipliniert von mir abgearbeitet wird. Die Unterstädter Plauschbrüder e.V. bedanken sich für meine Spende für ihren Bunten Abend – klar, die Tuba ist mein ältester, treuester Patient und nötigt mich immer. Jetzt noch ein Kondolenzbriefchen an die Trauerfamilie S. und dann Feierabend. Und wieder ist da das Gefühl.

«Dummes Zeug!», rufe ich mich selbst zur Ordnung.

«Du hast alles erledigt. Hör auf, dich selbst zu ner- ven.» Ein paar Tage später ruft Bruno an. Wie immer erzählt er mit seinem sexy Bariton lustige und infor- mative Sachen aus der Ärztewelt. Ganz am Schluss lässt er noch einfliessen, dass Regina und er sich erlaubt haben, den Projektbeschrieb für die Fortbildung nichtärztlichen Personals zu entwerfen und einzureichen. Und da fällt es mir siedendheiss ein: der Projektbeschrieb! Abgabeschluss war vor drei Wochen und ich hatte grossmäulig angeboten, alles zu erledigen. Peinlich, peinlich. Es geht nichts über gute Freunde, die dann einspringen. Kaum habe ich Regina angerufen und ihr gedankt, ruft Patient X.

an. Die Operationswunde süderet. Der alltägliche Praxiswahnsinn nimmt seinen Lauf. Erschöpft trotz Koffeinabusus wanke ich abends nach Hause. «Hast du den Öltankrevisor angerufen?», fragt meine Frau.

Ich nicke: «Und dem Installateur abgesagt.»Grübelnd setze ich mich an den Abendbrottisch. Frau P. muss ich noch an den Plastiker überweisen. Und bei Takeda anfragen, wann sie das 24-Stunden-Blut- druckmessgerät schicken. Aber irgendwas war da noch. «Bruno Wein und Regina Blumen schicken!», souffliert meine Frau. Es geht nichts über gute Freunde und Ehefrauen. Das ist doch noch was!

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ARS MEDICI 11 2007

arsenicum

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