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Archiv "Die Virussicherheit von Blutplasmaprotein-Präparaten menschlichen Ursprungs" (02.10.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Virussicherheit von

Blutplasmaprotein-Präparaten menschlichen Ursprungs

Hans Wolf

rhebliches Aufsehen hat seinerzeit die Übertragung von HIV durch Gerin- nungspräparate erregt (1, 2). In letzter Zeit häufen sich Berich- te darüber, daß Viruskrankheiten durch Arzneimittel hämatogenen Ursprungs übertragen wurden, was bei Ärzten und den betroffenen Pa- tientengruppen große Besorgnis aus- gelöst hat. Die folgenden, mehr grundsätzlichen Anmerkungen über Nutzen und Risiko dieser in der Re- gel lebensnotwendigen Arzneimittel- gruppe werden ergänzt durch eine genaue Analyse der für die Betroffe- nen meist tragischen Ereignisse.

Das Kernproblem ist der Nach- weis der Virussicherheit dieser Prä- parate, unter denen die Gerinnungs- faktorenkonzentrate die eigentlichen Risikoträger im Gegensatz zu bei- spielsweise den Immunglobulinprä- paraten sind:

Selbst bei Anwendung eines hochempfindlichen Testsystems, mit dem (angenommener Fall) ein einzi- ges Molekül viraler Erbinformation nachgewiesen werden könnte, wäre ein negatives Resultat nur für die Stichprobe, also die untersuchte und verprüfte Teilmenge des Präparates repräsentativ, und der nicht unter- suchte, für die Behandlung der Pa- tienten bestimmte Rest der Präpara- temenge wäre immer noch potentiell infektiös, wenn er gerade dieses ein- zige Molekül noch enthielte. Das be- deutet mit anderen Worten, daß zum Beispiel die für die Hämophiliebe- handlung in besonders hohen Dosen verabreichten Faktorenkonzentra- te (Faktor IX wie Faktor VIII) ge- ringe Restverunreinigungen enthal- ten können, die mit den bisherigen produktionsbegleitenden Kontrollen auch bei höchster Sorgfalt in den fer- tigen Arzneimitteln nicht nachgewie- sen werden können. Da die meisten Ausgangsmaterialien für die Herstel-

A1-3246 (72) Dt. Ärztebl. 89, Heft 40,

lung von Arzneimitteln aus mensch- lichen oder tierischen Quellen allen- falls geringfügige Konzentrationen von Erregern enthalten und Nach- weisverfahren schnell an die biologi- schen und physikalischen Grenzen stoßen, wird in der Praxis durch Zu- gabe von Viruskonzentraten in ex- perimentellen Produktionsansätzen („spiking") das Verschwinden der Viren im Ablauf der Reinigung quantitativ überprüft. Durch diese Verfahrensvalidierung ist in Abhän- gigkeit von der aktuellen Methodik die bestmögliche Sicherheit gege- ben. Neuere, immer empfindlichere Nachweisverfahren machen aber ei- ne fortlaufende Neubewertung aller etablierten Herstellungsverfahren erforderlich.

Langfristig werden Katastrophen wie die der letzten Jahre, die auf sol- che nie voll charakterisierbare Präpa- rate biologischer Herkunft zurückzu- führen waren, nur durch konsequente Anwendung definierter synthetischer Produkte und im biologischen Be- reich zunehmend durch Präparate, die mit gentechnologischen Metho- den hergestellt werden, vermeidbar sein. Dennoch werden einige konven- tionell gewonnene Arzneimittel bio- logischen Ursprungs auch in der Zu- kunft für den therapeutischen Einsatz unverzichtbar bleiben, da sie nicht oder noch nicht gänzlich durch gen- technologisch hergestellte Produkte ersetzbar sind, wie erste Erfahrungen der experimentellen Medizin zeigen.

Gentechnisch hergestellte Präparate werden nicht schlagartig und für alle Indikationen zur Verfügung stehen, und es müssen hier auch noch Ver- besserungen der mittels rekombi- nanter Methoden hergestellten Prä- parate erfolgen.

Für den Einsatz dieser Arznei- mittel hat daher der behandelnde Arzt in jedem Falle eine Nutzen-Ri- siko-Abwägung durchzuführen, das 2. Oktober 1992

heißt das beschriebene Restrisiko ei- ner solchen Therapie der lebensret- tenden Maßnahme gegenüberzustel- len. Dieses Risiko kann nur auf- grund der zur jeweiligen Zeit der Entwicklung oder des Einsatzes des Präparates mit den vorhandenen best- möglichen Testverfahren beurteilt werden. Eine retrospektive Verurtei- lung dieser Präparate auf der Basis von später gewonnenen Erkenntnis- sen mit verfeinerten Untersuchungs- methoden, wie sie zum Zeitpunkt des Auftretens von übertragenen Infek- tionen nicht zur Verfügung standen (3), ist daher unzulässig.

Allerdings muß das Menschen- mögliche getan werden, um Fehler und dadurch bedingte Unfälle künftig weniger wahrscheinlich zu machen (wenn sie schon nie mit Sicherheit auszuschließen sind). Es müssen Me- chanismen diskutiert und gefunden werden, mit deren Hilfe sichergestellt werden kann, daß neu verfügbare Maßnahmen zur Erhöhung der Prä- paratesicherheit, sei es durch verfei- nerte Prüfungen von Ausgangsmate- rialien oder durch effizientere Reini- gungs- oder Inaktivierungsverfahren, ohne schuldhafte Verzögerung zur Anwendung kommen.

Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1-3246 [Heft 40]

Literatur

1. Kleim, J.-P.; Bailly, E.; Schneweis, K. E.;

Brackmann, H.-H.; Hammerstein, U.; Hanf- land, P.; van Loo, B.; Oldenburg, J.: Acute HIV-1 infection in patients with hemophilia B treated with ß-propiolactone-UV-treated clotting factor. Thromb. Haemost. 64 (1990) 336-337

2. Cichutek, K.; Norley, S.; Linde, R.; Kreuz, W.; Gahr, M.; Löwer, J.; von Wangenheim, G.; Kurth, R.: Lack of HIV-1 V3 region se- quence diversity in two hemophiliac patients infected with a putative biologic clone of HIV-1. AIDS 5 (1991) 1185-1187

3. Löwer, J.: Virological aspects of the quality control of biologicals: Quantative considera- tions. Develop. Biol. Standard. 75 (1991) 221-226

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.

Hans Wolf

Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der

Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11 W-8400 Regensburg

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