• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Vergiftung und Suizid - Wo und wie sollten Suizidpatienten behandelt werden? Psychotherapie auch nach Krisenintervention" (13.04.2001)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Vergiftung und Suizid - Wo und wie sollten Suizidpatienten behandelt werden? Psychotherapie auch nach Krisenintervention" (13.04.2001)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Psychotherapie auch nach Krisenintervention

Der Beitrag bietet in Kürze eine gute Übersicht über die Krisenintervention bei Patienten nach Suizidversuch. Er hebt zu Recht die massive Vernachlässi- gung einer adäquaten Behandlung dieser Patienten hervor. Obwohl eine hohe Re- zidivquote besonders im ersten Jahr nach Suizidversuch mit hoher Mortalität be- steht, werden die Patienten oftmals un- zureichend behandelt, da Patienten und Ärzte in gemeinsamer Abwehr der uner- träglichen Gefühle und intrapsychischen Konflikte, die einem Suizidversuch vor- ausgingen, zur Tagesordnung übergehen.

Zudem beschreibt Bron die Folgen einer unreflektierten negativen Gegenüber- tragung bei den Behandlern, da die Pati- enten als unangenehm und ärgerlich empfunden und demzufolge möglichst schnell entlassen werden. Die Bedeu- tung der Beziehung zu den Ärzten und Schwestern klingt im Beitrag zwar an, wird aber in ihren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten nicht ausreichend dargestellt.

Suizidalität findet in Beziehungen statt. Suizidversuche sind meist Folge in- terpersoneller Konflikte (wie Trennun- gen, Kränkungen). Der Patient „insze- niert“ unbewusst bereits auf der zuerst versorgenden Station das zentrale Bezie- hungsproblem, welches mit dem Suizid- versuch unmittelbar zusammenhängt.

Lässt sich das vielfach bizarre Verhalten von Patienten nach Suizidversuch vor diesem Hintergrund verstehen, ergibt sich oft bereits in dieser Situation die Möglichkeit einer Entlastung und ange-

messeneren Behandlung. Bron lässt al- lerdings den Eindruck aufkommen, dass die Behandlung eines Patienten nach Suizidversuch mit einer erfolgreichen Krisenintervention als lege artis abge- schlossen zu gelten hat, wenn nicht schwerwiegende psychiatrische Erkran- kungen vorliegen. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass Krisenintervention al- lein nicht zu einer Reduktion nachfol- gender Suizide und Suizidversuche führt.

Zudem ist ein Suizidversuch immer Aus- druck einer schwerwiegenden psychi- schen Problematik, die in der Mehrzahl der Fälle eine Indikation zu einer psy- chotherapeutischen Behandlung dar- stellt. Im Therapiezentrum für Suizidge- fährdete (TZS) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf werden seit zehn Jahren akut und chronisch suizidale Pati- enten behandelt. Nach unserer Erfah- rung begeben sich Patienten nach einem Suizidversuch oftmals nicht sofort in Psy- chotherapie, sondern kommen erst eini- ge Wochen und Monate später, wenn nämlich die verleugnende Abwehr durch neue Ereignisse und Erlebnisse wieder zusammenbricht. In dieser Situation ist eine der akuten Suizidalität angepasste psychotherapeutische Behandlung indi- ziert. In Beantwortung der Frage „Wo und wie sollten Suizidpatienten behan- delt werden?“ muss deshalb die Forde- rung nach ausreichenden psychothera- peutischen Behandlungsressourcen und einer Weiterentwicklung der psychothe- rapeutischen Behandlungsmöglichkei- ten auch nach der akuten Krisen- intervention erhoben werden.

Dr. med. Reinhard Lindner Therapie-Zentrum für Suizidgefährdete, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg

Schlusswort

Es ist richtig, nachdrücklich darauf hin- zuweisen, dass die Beziehung des Suizid- patienten zum betreuenden ärztlichen und pflegerischen Personal eine oft ent- scheidende Bedeutung hat und wichtige diagnostische und therapeutische Per- spektiven eröffnet. Die adäquate Inter- pretation des häufig auffälligen Verhal- tens auf dem Hintergrund der spezifi- schen Beziehungskonflikte des Suizidpa- tienten führt oft zur Entspannung der Si-

tuation und stellt einen wichtigen Schritt zur weiteren Behandlung dar (1, 2, 4).

Mit der Krisenintervention beginnt die sich oft als notwendig erweisende psychiatrisch-psychotherapeutische Wei- terbehandlung. Der Erstkontakt mit ei- nem Suizidpatienten hat eine entschei- dende bahnende Funktion für die Inan- spruchnahme weiterer Hilfsmöglichkei- ten. Das war die Intention des Artikels

„Vergiftung und Suizid“: „Wichtig ist, den Patienten zur Nachsorge und zu ei- ner möglicherweise notwendig erschei- nenden weiteren Behandlung zu moti- vieren und schon Terminabsprachen zu vereinbaren.“

Untersuchungen zur Wirksamkeit suizidprophylaktischer Versorgungspro- gramme zeigen, dass die Inanspruchnah- me beim Übergang von der stationären zur ambulanten Behandlung durch die Kontinuität der therapeutischen Betreu- ung verbessert werden kann. Die Com- pliance wird durch eine verstärkte Moti- vationsarbeit gefördert. Die Intensität und Qualität der stationären psychia- trisch-therapeutischen Behandlung von Suizidpatienten haben oft einen wesent- lichen Einfluss auf die Inanspruchnahme von Nachsorgeangeboten (3).

Die Forderung nach adäquaten psy- chotherapeutischen Behandlungsmög- lichkeiten und deren Weiterentwicklung bei Suizidpatienten kann nur unterstri- chen werden. Wünschenwert wäre, diffe- renzierte Untersuchungen zu dieser The- matik vorzulegen, wichtige Perspektiven für den Umgang mit den unterschiedli- chen Gruppen von Suizidpatienten nach einer Krisenintervention zu entwickeln und konkrete Hilfen anzubieten.

Literatur

1. Bron B: Therapeutische Probleme bei chronisch suizi- dalen Patienten. Zeitschrift Psychosomatische Medizin und Psychoanalyse 1985; 31: 32–47.

2. Kind J: Suizid. Die Psychoökonomie einer Suche. Göt- tingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1996.

3. Kurz A, Möller HJ: Zur Wirksamkeit suizidprophylakti- scher Versorgungssysteme. In: Faust V, Wolfersdorf M:

Suizidgefahr. Stuttgart: Hippokrates 1984: 110–122.

4. Wurst FM, Vogel R, Wolfersdorf M: Beiträge zum Stand der klinischen Suizidprävention. Regensburg: S Rode- rer 1999.

Prof. Dr. med. Dr. theol. Bernhard Bron Kreiskrankenhaus Siegen

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haus Hüttental

Weidenauer Straße 76 57076 Siegen M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001 AA997

zu dem Beitrag

Vergiftung und Suizid

Wo und wie sollten Suizid- patienten behandelt werden?

von

Prof. Dr. med. Dr. theol.

Bernhard Bron in Heft 45/2000

DISKUSSION

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Handelt es sich um einen trockenen, akuten Reizhusten, so kann Dextrome- thorphan für bis zu sieben Tage durch den Arzt eingesetzt werden.. In der Selbstmedikation sollte die

Ungünstig wirkt sich aus, dass sich das auf der Intensivstation tätige Personal durch die Delegation an den Psychiater nicht mehr in ausreichen- dem Maße verantwortlich fühlt

Ich halte diese Kampagne, die sich die Ärzteschaft offen- sichtlich widerspruchslos ge- fallen läßt, für den Versuch, die deutsche Ärzteschaft zu verunglimpfen, damit diese nicht in

In einer retrospektiven Kohorten- studie wurde untersucht, welcher Anteil der Patienten mit rheumato - ider Arthritis innert sechs Monaten eine Therapie mit DMARD erhält, und

Diagnostische Anzeichen einer Plantarfasziitis – wie ein Fersensporn im Röntgenbild oder eine verdickte Plantarfaszie im Ultraschall – kommen zwar sehr viel häufiger bei Personen

Auch hier zeigte sich die Kombination aus Peginterferon alfa-2a und Ribavirin im Vergleich mit Interferon alfa-2a plus Riba- virin deutlich überlegen.. Eine anhaltende

Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin des LWL-Universitätsklinikums Bochum und die Unfallkasse NRW haben gemeinsam ein Konzept erstellt, das Menschen, die

Christa Roth-Sacken- heim, Berufsverband Deutscher Psychiater, für den ambulanten Be- reich an: „Viele Ärzte wissen nicht, was Psychosomatiker und Psychiater machen und