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Archiv "Infektiöse Proben: Was beim Transport zu beachten ist" (16.06.2006)

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ei der Bekämpfung von neuen – und wieder an Bedeutung gewinnenden – Infektionserregern gehören die Entnahme, der Transport und die Unter- suchung von Proben zu den wichtigen an- tiepidemischen Maßnahmen. Das gilt so- wohl für das Vogelgrippevirus A/H5N1 als Tierseuche als auch für einen eventu- ellen Übergang der Zoonose auf den Menschen. In beiden Fällen muss der Probentransport dem jeweiligen Risiko entsprechend angemessen sicher,mit den geltenden Vorschriften konform und praktikabel gestaltet werden.

Überzogene Sicherheitsanforderun- gen an den Probentransport nützen nichts, wenn sie die notwendige Dia- gnostik und den epidemiologischen Erkenntnisgewinn so behindern, dass erforderliche antiepidemische Maß- nahmen zu spät eingeleitet werden.

Ebenso besteht keine Veranlassung, je- de akute respiratorische Erkrankung (ARE) eines Patienten als „Verdacht auf Vogelgrippe“ einzustufen und auf In- fluenza A/H5N1 untersuchen zu lassen.

Zur Erinnerung: Der Verdachtsfall

„aviäre Influenza“ beim Menschen er- gibt sich durch die Kombination klini- scher und epidemiologischer Kriterien:

Klinisches Bild

Vorliegen aller drei Kriterien:

> akuter Krankheitsbeginn mit Fie- ber (> 38,0 °C)

> Husten oder Dyspnoe oder

> Tod durch unklare respiratorische Erkrankung

Epidemiologische Exposition Eine epidemiologische Exposition liegt vor, wenn mindestens eines der fol- genden Kriterien erfüllt ist:

> Aufenthalt in einem Gebiet (ge- mäß Vorgaben der Welttiergesundheits- organisation oder in Deutschland des

Friedrich Löffler-Instituts) mit aktuel- lem Vorkommen aviärer Influenza bei Geflügel oder Wildvögeln und

a) bei direktem Kontakt mit kran- kem oder totem Geflügel beziehungs- weise Wildvögeln oder

> bei Tätigkeiten auf einer betroffe- nen Geflügelfarm oder

> bei direktem Kontakt mit einem menschlichen wahrscheinlichen oder bestätigten Erkrankungsfall oder

> Laborexposition (Untersuchungen auf Influenza-Virus A/H5).

Das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin veröffentlicht auf seiner Websei- te unter www.rki.de die jeweils aktuell geltende Falldefinition. Ein „Verdachts- fall aviäre Influenza“ im Sinne der Fall- definition liegt vor, wenn sowohl das klinische Bild erfüllt als auch die epide- miologische Exposition gegeben ist.

Zur weiteren Abklärung sind respirato- rische Proben (Rachen- und Nasen-

abstrich) zu entnehmen, die auf Influ- enza A/H5N1 untersucht werden.

Hinweise zu Schnelltests gibt das RKI auf seiner Homepage unter www.rki.de/cln_006/nn_527010/DE/Con tent/InfAZ/A/AviaereInfluenza/Emp fehlungen.html_nnn=true. Bei positi- vem Schnelltest-Ergebnis sollte ent- sprechendes Probenmaterial zur weite- ren Differenzierung und Bestätigung dann an das Nationale Referenzzen- trum für Influenza am Robert Koch-In- stitut gesandt werden.

Infektiöse Proben fallen unter das Gefahrengutrecht

Der Transport von infektiösem medi- zinischem oder veterinärmedizinischem Untersuchungsmaterial über öffentli- che Verkehrswege – zum Beispiel von der Arztpraxis ins Labor – fällt un- M E D I Z I N R E P O R T

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006 AA1649

Infektiöse Proben

Was beim Transport zu beachten ist

Das Untersuchungsmaterial auf das Vogelgrippevirus A/H5N1 muss zahlreichen Vorschriften entsprechen, um eine Gefährdung des Personals und der Allgemeinheit auszuschließen.

Bis zum Oktober 2005 war in der Internatio- nalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) die Diagnose „Grippe durch nachgewiesene Vogelgrippe-Viren“ nicht vorgesehen. Damit eine mögliche Übertragung des Vogelgrippe- virus auf einen Menschen früh erkannt wird und möglichst zeitnah Maßnahmen ergriffen werden können, hat die WHO auf der Jah- restagung der Kooperationszentren für die Medizinische Klassifikation 2005 in Tokio die Einführung des Kodes J 09 veranlasst. Der Kode trat im Oktober 2005 mit sofortiger Wirkung in Kraft und wurde in die deutsche Fassung übernommen (ICD-10-GM-2006).

Mit Gültigkeit vom 6. März 2006 wurde die- se Diagnose J 09 zur Präzisierung um den zu-

sätzlichen Satz „Grippe durch Influenza-Vi- ren, die normalerweise nur Vögel infizieren, und weniger häufig, sonstige Tiere“ ergänzt.

Die WHO kommentiert den erläuternden Hin- weistext sinngemäß auf diese Weise: „Die Einstufung, ob Viren normalerweise eine spezielle Spezies infizieren, legen die dafür zuständigen Behörden für Epidemiologie fest. Zurzeit ist H5N1 ein Virus, das die Kriterien des Codes J 09 erfüllt.“ Die zustän- dige Kodierungsstelle in Deutschland, das Deutsche Institut für Medizinische Doku- mentation und Information (DIMDI), Köln, hat den Kode im Rahmen des Revisionspro- zesses für die Version 2007 der ICD-10-GM aufgenommen.

Internationale Klassifizierung und Kodierung der Influenza durch Vogelgrippeviren

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ter das Gefahrgutrecht.

Abstriche, Blut- und Ge- webeproben oder Aus- scheidungen, beispielswei- se Sputum, gelten dabei als „Diagnostische Pro- ben“. Bei ihrer Einsendung mit dem allgemeinen Un- tersuchungsziel „Influenza“

(Risikogruppe 2 laut Bio- stoffverordnung) – also von „normalen“ ARE-Pa- tienten – ist eine gefahr- gutrechtliche Klassifizie- rung nach ADR 2, 12005 als Kategorie B, UN 3373, un- strittig.

Proben von Menschen mit Verdacht auf aviäre In- fluenza A/H5N1 („Vogel- grippe“) können nach ei- ner unter Berücksichtigung infektiologischer, sicher- heitsrelevanter und gefahr- gutrechtlicher Aspekte ge- troffenen Klassifizierungs- empfehlung des RKI gleich-

falls als Kategorie B, UN 3373, klassifi- ziert werden. Damit sind erleichterte Bedingungen für den Transport mög- lich. Das ADR 2005 bietet darüber hin- aus die rechtliche Voraussetzung, auch Kulturen für diagnostische Zwecke, das heißt aus diagnostischen Proben ge- wonnene Virusisolate, in geringer Men- ge zur weiteren Diagnostik in glei- cher Weise einzustufen. Entsprechend einer Abstimmung zwischen dem RKI, dem Friedrich Löffler-Institut und dem Bundesinstitut für Risikobewertung vom 23. März 2006 werden auch diagno- stische Proben von Vögeln und ande- ren Tieren als Kategorie B, UN 3373, klassifiziert.

Regelungen für Verpackung

Bei einer Einsendung diagnostischer Patientenproben vom Menschen – zum Beispiel an das Nationale Referenz- zentrum für Influenza am RKI – ist

Folgendes zu beachten: Untersuchungs- materialien der UN-Nr. 3373 sind ord- nungsgemäß in Sicherheitsverpackun- gen der Norm P 650, im einschlägi- gen Handel erhältlich, zu verpacken und als „Diagnostische Probe“, mit der UN-Nr. 3373 sowie der Angabe von Absender und Empfänger zu kenn- zeichnen.

Die Anwendung der Verpackungsan- weisung P 650 befreit den Absender – eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus – von den sonstigen Anforderungen der Gefahrgutbestimmungen des ADR beim Straßentransport oder der IATA beim Lufttransport. Das betrifft zum Beispiel die Befreiung von speziellen Anforderungen an den Kurierfahrer, an die Ausrüstung der Fahrzeuge oder den Verzicht auf ein spezielles Beförde- rungspapier.

Beim Postversand als Maxibrief wer- den nach den „Regelungen für die Be- förderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief NATIONAL –“ der Deutschen Post AG jedoch aus Si- cherheitsgründen bauartgeprüfte Ver- packungen und als Umverpackung eine starre Außenverpackung (formstabile Faltschachtel) gefordert, die gleichfalls im Fachhandel erhältlich sind.

Sicherheit und Verantwortung

Zu beachten ist, dass die Ver- wendung der Sicherheitsver- packungen der Norm P 650 nicht von den Anforderun- gen der §§ 1a und 6 der Gefahrgutbeauftragten-Ver- ordnung befreit. Die Absen- der diagnostischer Proben der UN-Nr. 3373, wie Arzt- praxen oder Krankenhäu- ser, sind zwar nicht ver- pflichtet, dafür einen Ge- fahrgutbeauftragten zu be- stellen, müssen jedoch die mit dem Versand und der Beförderung beauftragten Mitarbeiter als „beauftragte und sonstige verantwortli- che Personen“ aktenkundig über ihre Sorgfaltspflichten und die ihnen übertragene Verantwortung belehren.

Zu den Sorgfaltspflich- ten beim Versand infektiö- ser Materialien gehören zum Beispiel das ordnungsgemäße Verschließen der Primär-, Sekundär- und Umverpackung der P 650 und die Vermeidung jegli- cher äußerer Kontamination der drei Verpackungsteile durch das Proben- material. Diese vom verantwortlichen Arzt, der beauftragten Schwester, dem Laborleiter oder -mitarbeiter wahrzu- nehmende Sorgfalt und Verantwortung ist im Interesse des Infektionsschutzes umso bedeutungsvoller, je kontagiöser die in den Proben enthaltenen Erre- ger sind.

Insbesondere, wenn es zu einer Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit des H5N1-Virus kommen sollte und es darum geht, eine epidemische oder gar pandemische Ausbreitung zu ver- hindern und durch entsprechende La- boruntersuchungen epidemiologisch zu überwachen, wird deutlich, dass in keinem Fall vom beförderten Proben- material eine Infektionsgefahr für die Betroffenen und die Allgemeinheit aus- gehen darf.

Priv.-Doz. Dr. med. Volker Thurm Robert Koch-Institut, Wernigerode Dr. med. Annegret E. Schoeller Bundesärztekammer, Berlin M E D I Z I N R E P O R T

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A1650 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006

1Thurm V, Just H-M, Mauff G, Schoeller A, Tschäpe H:

Versand von medizinischem Untersuchungsmaterial – sicher und vorschriftenkonform (Dtsch Arztebl 2003; 100 [47]: A 3124–7)

2Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)

Das A/H5N1-Virus kann seine Oberflächenstruktur immer wieder neu an den Wirt anpassen und damit sein Überleben sichern.

Foto:PASIEKA/SCIENCE PHOTO LIBRARY

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