• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Wissenschaftliches Publizieren: Open access oder die Zukunft der Fachzeitschrift" (22.10.2004)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Wissenschaftliches Publizieren: Open access oder die Zukunft der Fachzeitschrift" (22.10.2004)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

R

ichard Smith (52), der scheidende Editor des British Medical Journal (BMJ), hielt sich nicht lange mit Rückblicken auf seine 25 Jahre bei der von ihm stark geprägten Zeitschrift auf.

In seinem Abschiedseditorial (BMJ, vol.

329, Seiten 242 ff.) beschäftigt er sich, nach vorn blickend, vorwiegend mit dem elektronischen Publizieren. Er er- weist sich als dezidierter Anhänger der Open-access-Bewegung: Öffentlich ge- förderte Forschung müsse im Internet frei verfügbar veröffentlicht

werden. Kürzlich ist er dem board of directors der Public Library of Science (San Fran- cisco und Cambridge) beige- treten. In der sind Wissen- schaftler, darunter auch Ärz- te, vertreten, die sich solch frei zugängliches Publizieren auf die Fahne geschrieben haben.

Open access geht vielfach, so auch bei Richard Smith oder soeben bei einer Tagung der den „Grünen“ nahe ste- henden Heinrich-Böll-Stif- tung in Berlin, einher mit hef-

tiger Kritik an den traditionellen Verla- gen und deren wissenschaftlichen Zeit- schriften. Sie seien langsam und teuer, sie gängelten die Wissenschaftler, ihre Hochpreispolitik mache es den Biblio- theken immer schwerer, Abonnements aufrechtzuerhalten, dadurch leide zu- nehmend der Wissensaustausch. Auch ein Hauch von Kapitalismus-Kritik schwingt mit. Die Informationen im In- ternet seien als öffentliches Gut („All- mende“) anzusehen, hieß es bei der Böll-Stiftung. Damit entstünden Kon- flikte mit den bisherigen Geschäfts- und Verwertungsmodellen. Theresa Velden von der Max-Planck-Gesellschaft sah in

open access ein Gegengewicht zur do- minanten Rolle der profitorientierten Verlage. Sie ermunterte diese freilich,

„sich als Dienstleister neu zu erfinden“.

Jenseits der Fundamentalkritik – das Internet hat bereits jetzt für das wissen- schaftliche Publizieren praktische Aus- wirkungen, siehe die umfangreichen In- ternet-Auftritte aller einschlägigen Ver- lage (dezent sei auch auf den des Deut- schen Ärzteblattes hingewiesen). Rela- tiv neu, vor allem für die Medizin, sind

Open-access-Zeitschriften. Die haben drei Probleme zu lösen: Qualitätssiche- rung (durch peer review), Archivierung und Bekanntwerden. Wer also organi- siert (und finanziert!) das Peer-review- Verfahren? Wer hält die im Web veröf- fentlichten Beiträge vor und macht sie recherchierbar? Wer sorgt dafür, dass die im Web stehende Zeitschrift stetig nachgefragt wird, denn das Internet ist ein flüchtiges Medium?

Dazu drei Beispiele, zwei davon brandaktuell:

Am 19. Oktober schaltet die Public Li- brary of Science ihre Open-access-Me- dizinzeitschrift frei, PLoS Medicine

(www.plosmedicine.org). Veröffentlicht werden, so der Anspruch, wissenschaft- lich hoch qualifizierte Originalarbeiten.

Dafür steht ein gut besetzter, aber gewiss noch ausbaufähiger editiorial board ge- rade, darunter auch drei deutsche Wis- senschaftler. Die eingereichten Arbeiten werden einem peer review unterzogen.

Dafür und für die übrigen redaktionellen Leistungen zahlt der Autor oder die Insti- tution, bei der er tätig ist, 1 500 Dollar.

Publikationskosten habe der Urheber zu tragen, denn sie seien Forschungskosten, begründete auch Velden bei der Tagung der Böll-Stiftung am 16. September in Berlin solches Inkasso. Die Public Li- brary of Science besorgt auch die Archi- vierung und damit den Zugriff auf zurückliegende Veröffentlichungen. Und das Bekanntwerden und -bleiben? Letzt- lich hängt das vor allem davon ab, dass solche Artikel erscheinen, die „man“ ge- lesen haben „muss“ und zitiert werden.

Am 30. September präsentierte das nordrhein-westfälische Wissenschafts- ministerium seine Initiative „Digital Peer Publishing NRW“ (www.dipp.nrw.

de). Das Land schiebt mit 600 000 Euro den Start von acht elektronischen Fach- zeitschriften an. Sie sind sämtlich bei Universitäten beheimatet, darunter ei- ne neurobiologisch orientierte bei der Universität Bielefeld. Den elektroni- schen Journalen liegt eine Digital-Peer- Publishing-Lizenz zugrunde. Danach sind die Texte frei verfügbar, falls sie digital weitergegeben werden. Bei den Autoren verbleibt das Recht auf Nutzung in Druckform.

NRW-Wissenschaftsministerin Han- nelore Kraft unterschrieb zudem die

„Berliner Erklärung“, in der große deutsche Wissenschaftsorganisationen den offenen Zugang zur Veröffentli- chung von Forschungsergebnissen im Internet postulieren. Initiator ist die Max-Planck-Gesellschaft. Die betreibt seit 2001 ein Zentrum für Informati- onsmanagement (ZIM), befristet auf fünf Jahre, finanziert von der Heinz Nixdorf Stiftung und geleitet von der bereits zitierten Theresa Velden, einer Physikerin (www.zim.mpg.de).

Aus der Physik stammt eins der bis- her bekanntesten Open-access-Projek- te, das Journal „Atmospheric Chemis- try and Physics“, kurz ACP, das ein wis- senschaftliches Diskussionsforum ein- P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4322. Oktober 2004 AA2853

Wissenschaftliches Publizieren

Open access oder die

Zukunft der Fachzeitschrift

Das Internet erlaubt schnelleren Wissensaustausch. Das führt zu neuen, frei zugänglichen Formen des Publizierens.

Richard Smith: Vision der medizinischen Fachzeitschrift für das 21. Jahrhundert

Foto:Mark Thomas/BMJ

(2)

schließt. Gemeint ist damit eine unge- wöhnliche Form des peer review. ACP offeriert zwei Qualifikationsstufen.

Wenn ein Manuskript von der Redakti- on für veröffentlichenswert gehalten wird, kommt es für begrenzte Zeit als discussion paper ins Internet und kann dort offen kritisiert und diskutiert wer- den. Danach kommentieren die Auto- ren (oder der Autor) die Diskussion und schreiben ihr Manuskript um. Die Redaktion beurteilt das Endergebnis und stellt den Artikel schließlich end- gültig auf die Website oder verwirft ihn.

Kombination von Online und Print

Open-acces-Publikation ist, wie die Bei- spiele zeigen, aus den Kinderschuhen heraus. Doch ist sie weit davon entfernt, den Markt der wissenschaftlichen Fach- zeitschriften aufzurollen. Auf der Tagung der Böll-Stiftung wurde geschätzt, dass etwa fünf Prozent aller Fachzeitschriften auf open access entfallen. Die NRW-In- itiative, das ZIM der Max-Planck-Gesell- schaft und schließlich auch das neue Journal PLoS Medicine leben von öffent- lichen Mitteln oder von Sponsorengel- dern. Beide Finanzquellen sind begrenzt.

Geschäftsmodelle stehen noch aus. Doch die Szene ist in Bewegung. Die Online- Publikation von wissenschaftlichen Arti- keln – ob mit oder ohne open access – wird im Übrigen die gedruckte Form nicht ablösen. PLoS Medicine gibt es zu- sätzlich als gedruckte Zeitschrift. Das entspricht den Lesegewohnheiten, wie schon längst die herkömmlichen Verlage erfahren haben, die Online-Zeitschriften aufgelegt hatten und von ihren Nut- zern/Lesern gedrängt wurden, zusätzlich eine Print-Version anzubieten.

Richard Smith, der sich beim BMJ auch als findiger Verleger erwiesen hat, hofft, mit dem Online-Journal die medizi- nische Fachzeitschrift für das 21. Jahrhun- dert zu entwickeln. Ihm schwebt vor, die Originalarbeiten, die ohnehin nur ein Pro- zent der Leser der traditionellen Fachzeit- schriften interessierten, online zu stellen und die zukünftige Fachzeitschrift auszu- richten auf Fortbildung, Übersichten, ak- tuelle Entwicklungen und deren Diskussi- on – „also den Stoff,den die Ärzte tatsäch- lich lesen“. Norbert Jachertz

P O L I T I K

A

A2854 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4322. Oktober 2004

V

iele Hürden musste das Vorhaben

„Präventionsgesetz“ auf seinem langen Entstehungsweg bisher nehmen. Obwohl einige Male ins Strau- cheln gekommen, scheint es dem Ziel jetzt aber greifbar nahe. Über die im Juni auf der Gesundheitsministerkonfe- renz eingesetzte Bund-Länder-Arbeits- gruppe gelang es der Bundesregierung und den Bundesländern nun, sich auf gemeinsame Eckpunkte für ein Präven- tionsgesetz zu einigen. Auch die an den Gesprächen nicht beteiligte Unions- fraktion des Bundestages befand das Ergebnis auf einem Strategietreffen in Hamburg als geeignete Basis für einen Gesetzentwurf, der noch in diesem Herbst in den Bundestag eingebracht werden soll. Während damit zumindest der parlamentarische Weg frei ist, gibt es bei den Krankenkassen noch einige Bedenken. Dort befürchtet man, dass aufgrund des Gesetzes Aufgaben aus Kassenbeiträgen finanziert werden könnten, die eigentlich vom Staat getra- gen werden müssten.

Insgesamt sollen jährlich rund 250 Millionen Euro in den Bereich der Prävention investiert werden. Dazu, so sehen es zumindest die Eckpunkte vor, sollen allein die Kassen 180 Millionen Euro beisteuern. Den Rest müssen die Renten-, Unfall- und Pflegeversi- cherungsträger in den gemeinsamen Präventionstopf einzahlen. Lediglich 100 Millionen Euro würden davon im Hoheitsbereich der Krankenkassen verbleiben – für individuelle und für betriebliche Präventionsprogramme. In Abstimmung mit den Bundesländern sollen weitere 40 Prozent der Gelder für so genannte Setting-Ansätze einge- setzt werden, mit denen die Präventi- onsmaßnahmen direkt im Lebensum- feld der Zielgruppen gefördert werden.

Nutzt eine Kasse die ihr eigens für Prävention zur Verfügung stehenden

Mittel nicht in vollem Umfang, werden diese automatisch auf die Landesebene übertragen.

Neben Krankenkassen und Bundes- ländern wird auch die neue Stiftung aus dem „Gemeinschaftsfonds“ finanziert.

Zu ihren Aufgaben gehört die Qua- litätssicherung, die Bestimmung von Präventionszielen und die Entwicklung und Umsetzung von Modellprojekten und bundesweiten Kampagnen. Dafür wird sie mit einem jährlichen Etat von 50 Millionen Euro ausgestattet.

Nach Meinung des Verhandlungsfüh- rers der Krankenkassen und Vorsitzen- den des Bundesverbandes der Innungs- krankenkassen (IKK), Rolf Stuppardt, ist das viel zu viel. Denn ein Großteil der Aufgaben, die zunächst von der Stiftung übernommen werden sollten, lägen jetzt in der Verantwortung der Länder, erklärt Stuppardt. Da Präventionsprogramme und Kampagnen zudem eines enormen zeitlichen Vorlaufs bedürften, sei es zunächst ausreichend, die Stiftung mit fünf Prozent und die Setting-Programme mit 15 Prozent der Mittel auszustatten.

Erst wenn nach einer Aufbau- und Anlaufphase die notwendigen Strukturen stehen, könne man „bedarfsorientiert“

die Etats aufstocken, so der IKK-Chef.

Verschiebebahnhöfe zulasten der Kassen

Tatsächlich wäre die Stiftung mit 50 Millionen Euro mehr als gut ausgestat- tet. Zum Vergleich: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die bisher auf Bundesebene Präventions- projekte und Kampagnen organisiert, hat nur einen jährlichen Etat von etwa 30 Millionen Euro.

Die Kassen befürchten aber auch, dass mit den neuen Strukturen ein riesiger Verwaltungsapparat entstehen könnte. Ähnlich sieht man das bei der FDP im Bundestag. „Mit der Bundes- stiftung und der auf drei Ebenen verteilten Organisation der Prävention wird ein bürokratisches Monster ge- schaffen“, warnt etwa der FDP-Abge- ordnete Detlef Parr. Mit der Vorgabe der Ziele und Programme vonseiten der Stiftung gehe darüber hinaus der „not- wendige Raum für Kreativität und Wettbewerb verloren“. Timo Blöß

Präventionsgesetz

Auf der

Zielgeraden

Noch im Herbst will Ulla Schmidt

einen Gesetzentwurf vorlegen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Open Access ist also nicht ein einziger eindeutiger Begriff, sondern meint ein Bündel möglicher Strategien zur Verbreitung von wissenschaftlichen Informationen für alle zugänglich

ren eine Reihe von Gesetzen und Regelungen zu Transparenz öffentlicher Institutionen und zum freien Zugang zu Informationen sowie auch Vorhaben für Gesetze zur

Kann die Umstrukturierung dem Verlag nicht aus seiner Krise helfen, so hat der Herausgeber zu einem späteren Zeitpunkt immer noch die Option, die Zeitschrift ohne Printausgabe über

6 Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg (LHG BaWü) in der Fassung vom 01.04.2014 lautet: „Die Hochschulen sollen die Angehörigen ihres wissenschaftlichen Personals durch

Die HTA-Berichte sind in der DAHTA- Datenbank beim DIMDI unter www.dimdi.de kostenfrei als Voll- texte verfügbar.. Welche Wirkstoffgruppen die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes

Die Gewährung einer Ehren- autorenschaft kann der Dank eines Wissenschaftlers an seinen Lehrer, Insti- tutsleiter oder auch einen Kollegen sein, ohne dessen Hilfe und Unterstützung

Weil die hohe Zahl wissenschaftli- cher Artikel in einem Meer von Zeit- schriften nicht mehr überschaubar sind, hat sich der Impact Factor als Merkmal für die Qualität einer

Wegen des zu erwartenden Andrangs ist für Anfang 1987 eine Parallelveranstal- tung im Frankfurter Raum geplant.. Eröffnet wird das Se- minar durch den KBV-Vor-