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Untersuchung zur Strahlenexposition von Tierbetreuungsperson und Haltepersonal bei der Radiographie von Hund und Katze

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Aus dem Fachgebiet Allgemeine Radiologie und Medizinische Physik der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Klinik für kleine Haustiere der

Tierärztlichen Hochschule Hannover

Untersuchung zur Strahlenexposition von Tierbetreuungsperson und Haltepersonal bei der Radiographie von Hund und Katze

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Heike Niehaus

aus Bocholt

Hannover 2006

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Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. H. Seifert

Univ.-Prof. Dr. A. Meyer-Lindenberg

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Seifert 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. M. Fehr

Tag der Mündlichen Prüfung: 21.11.2006

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F ür m eine F am ilie

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1 Einleitung ...1

2 Literaturübersicht...3

2.1 Strahlenphysikalische und –biologische Grundlagen _________________ 3 2.1.1 Der Strahlungsbegriff ... 3

2.1.2 Wechselwirkung von Röntgenstrahlung mit Materie ... 4

2.1.3 Wirkung von Röntgenstrahlung auf Zellen und Gewebe ... 6

2.1.4 Dosisgrößen zur Charakterisierung der Strahlenexposition ... 9

2.1.4.1 Physikalische Dosisgrößen... 9

2.1.4.2 Strahlenschutzrelevante Dosisgrößen... 10

2.2 Dosimetrische Messverfahren _________________________________ 14 2.2.1 Physikalische Grundlagen... 14

2.2.2 Ionisationskammerdosimetrie... 17

2.2.3 Filmdosimetrie... 17

2.2.4 Thermolumineszenzdosimetrie ... 18

2.3 Allgemeine Grundlagen des Strahlenschutzes_____________________ 22 2.3.1 Strahlenexposition und Strahlenrisiko ... 22

2.3.2 Prinzipien des Strahlenschutzes ... 25

2.3.3 Gesetze und Richtlinien ... 27

2.4 Radiographie in der Kleintiermedizin ____________________________ 29 2.4.1 Kurze Übersicht zu radiographischen Standardverfahren... 29

2.4.2 Fixierung, Sedation und Hilfsmittel... 30

2.5 Strahlenschutz bei der Radiographie von Kleintieren________________ 33 2.5.1 Baulicher und gerätetechnischer Strahlenschutz ... 33

2.5.2 Strahlenschutz des Personals... 36

2.5.3 Strahlenschutz der Tierbetreuungsperson ... 39

2.6 Studien zur Strahlenexposition im Bereich der Kleintiermedizin _______ 39 2.6.1 Untersuchungen nationaler Autoren... 39

2.6.2 Untersuchungen internationaler Autoren... 43

(6)

3 Material und Methode...46

3.1 Röntgentechnik ____________________________________________ 46 3.2 Radiographische Standardverfahren ____________________________ 47 3.3 Patientengut _______________________________________________ 49 3.4 Strahlenschutz von Haltepersonal und Tierbetreuungsperson_________ 49 3.5 Messungen zur Bestimmung der Strahlenexposition ________________ 51 3.5.1 Ortsdosismessungen ... 51

3.5.2 Dosismessungen an Haltepersonal und Tierbetreuungsperson... 54

3.5.2.1 Messungen der Äquivalentdosis an verschiedenen Messpunkten .. 54

3.5.2.2 Erfassung variabler dosisrelevanter Parameter... 55

3.5.2.3 Angewandte Methode der Thermolumineszenzdosimetrie... 55

3.5.2.3.1 Verwendete Messtechnik... 56

3.5.2.3.2 Vorbehandlung der Dosimeter ... 58

3.5.2.3.3 Durchführung der Dosismessungen ... 59

3.5.2.3.4 Auswertung der Dosismessungen ... 59

3.5.2.3.5 Untere Nachweisgrenze und Messfehler ... 63

3.5.2.4 Statistische Auswertung der Messergebnisse ... 64

4 Ergebnisse ...66

4.1 Dosismessungen ___________________________________________ 66 4.1.1 Ortsdosismessungen mit der Ionisationskammer... 66

4.1.2 Dosismessungen an Tierbetreuungsperson und Haltepersonal... 71

4.1.2.1 Übersicht zu den Dosismessungen ... 71

4.1.2.2 Dosismessungen an der Tierbetreuungsperson... 76

4.1.2.2.1 Dosismessungen bei Standardaufnahmen großlumiger Körperregionen... 76

4.1.2.2.2 Dosismessungen bei Standardaufnahmen der Extremitäten.... 78

4.1.2.2.3 Dosismessungen bei Standardaufnahmen der Katze... 80

4.1.2.2.4 Übersicht über die statistischen Ergebnisse ... 82

4.1.2.3 Dosismessungen am Haltepersonal ... 83

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4.1.2.3.1 Dosismessungen bei Standardaufnahmen großlumiger

Körperregionen... 83 4.1.2.3.2 Dosismessungen bei Standardaufnahmen der Extremitäten.... 87 4.1.2.3.3 Dosismessungen bei Standardaufnahmen der Katze... 89 4.1.2.3.4 Übersicht über die statistischen Ergebnisse ... 90 5 Diskussion ...91

5.1 Allgemeine Beurteilung der Dosismessungen _____________________ 91 5.2 Ergebnisse der Ortsdosismessungen____________________________ 92 5.3 Ergebnisse der Dosismessungen mittels Thermolumineszenzdosimetern 95 5.3.1 Ergebnisse für Tierbetreuungspersonen und Haltepersonal ... 95 5.3.2 Ergebnisse bei Standardaufnahmen großlumiger Körperregionen des Hundes ... 100 5.3.3 Ergebnisse bei Standardaufnahmen der Extremitäten des Hundes.. 102 5.3.4 Ergebnisse bei Standardaufnahmen der Katze... 104 5.4 Einfluss von Aufenthaltsort und Schutzkleidung___________________ 105 5.5 Schlussfolgerungen für die Tierbetreuungsperson im Sinne des

Strahlenschutzes _______________________________________________ 107 5.6 Schlussfolgerungen für das Haltepersonal im Sinne des Strahlenschutzes_

________________________________________________________ 109 6 Zusammenfassung...112 7 Summary...115 8 Anhang ...117

8.1 Ergebnisse für die Tierbetreuungsperson _______________________ 117 8.2 Ergebnisse für das Haltepersonal _____________________________ 132 9 Literaturverzeichnis ...148

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Abkürzungsverzeichnis

a Jahr

Abb. Abbildung

AtG Atomgesetz

BfS Bundesamt für Strahlenschutz DNS Desoxyribonukleinsäure

EU Europäische Union

EURATOM Europäische Atomgemeinschaft

eV Elektronenvolt

HD Hüftgelenksdysplasie

ICRP International Commission on Radiological Protection ICRU International Commission on Radiation Units

mAs Röhrenstrom-Zeit-Produk, Milliampersekunde

MK Massenklasse

NN Normalnull

PTB Physikalisch-Technische Bundesanstalt

R Röntgen

rd Rad (radiation absorbed dose) rem radiation equivalent men

RL Richtlinie

RöV Röntgenverordnung

StrlSchV Strahlenschutzverordnung

Sv Sievert

Tab. Tabelle

TiHo Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

TL Thermolumineszenz

TLD Thermolumineszenzdosimeter V Volt, Elektrische Spannung

WW Wechselwirkung

Z Ordnungszahl

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1 Einleitung

Kurz nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen von Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895 wurden die ersten Röntgenbilder von Menschen und Tieren angefertigt.

Mit der industriellen Entwicklung und dem allgemeinen technischen Aufschwung wurde die Röntgendiagnostik zu einem festen Bestandteil in der alltäglichen veteri- närmedizinischen Praxis (WILLIAMSON 1978). Fast gleichzeitig mit der Entdeckung wurden auch erste Fälle von deterministischen Effekten in Form von Hautschäden bekannt. Es folgten Berichte über Krankheitsbilder (z. B. Erytheme, Hautulzeratio- nen, Malignome und sogar Todesfälle), die durch Röntgenstrahlen verursacht wur- den (WUCHERER u. LOOSE 2005). Gerade auch die in den Anfangsjahren radiolo- gisch tätigen Tierärzte litten an strahleninduzierten Hauterkrankungen, wobei vor al- lem die Hände betroffen waren (JACOBSON u. VAN FAROWE 1964; RENDANO u.

WATROUS 1980; HOLBACH 1998). Um diese potenzielle Gefahr durch Anwendung von Röntgenstrahlen in der Medizin einzugrenzen, wurde der Umgang mit ionisie- render Strahlung und radioaktiven Stoffen durch den Gesetzgeber reglementiert. Die aktuelle Rechtsgrundlage basiert auf der 1990 verabschiedeten Publikation Nr. 60 der ICRP. Die darin enthaltenen grundlegenden Empfehlungen basieren im Wesent- lichen auf den Daten über die Atombombenopfer von Hiroshima und Nagasaki. Die drei wichtigsten Schlussfolgerungen dieser Publikation sind:

• eine Höherbewertung des Strahlenrisikos für stochastische Strahlenschäden

• die Bestimmung neuer Gewebewichtungsfaktoren für die Berechnung der ef- fektiven Dosis

• eine Empfehlung niedrigerer Dosisgrenzwerte für beruflich strahlenexponierte Personen und die Bevölkerung.

Die Europäische Union übernahm die Inhalte der Empfehlung in den Richtlinien 96/26/EURATOM (Grundnormen) und 97/43/EURATOM (Patientenschutz). Die Um- setzung in nationales Recht erfolgte anschließend durch die Novellierung der Strah- lenschutzverordnung (StrlSchV 2002) und der Röntgenverordnung (RöV 2003). Vor allem die Höherbewertung der Risiken für stochastische Strahlenwirkungen hat Ein- fluss auf die in der Veterinärmedizin gängige Röntgenpraxis (LUDEWIG 2002). Die

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Anforderungen an den radiologisch tätigen Tierarzt und dessen Fachkunde werden mit dieser Novellierung an die der Ärzte und Zahnärzte angepasst. Die Ansprüche an die Kenntnisse des Tierarztes wurden somit erhöht und sind seit 2005 in der Richtli- nie Strahlenschutz in der Tierheilkunde genau festgelegt. Die Anwesenheit des Tier- besitzers als so genannte Tierbetreuungsperson während der röntgenologischen Un- tersuchung seines Tieres, stellt eine Besonderheit dar, da diese Person nicht zur Ka- tegorie der Patienten oder beruflich strahlenexponierten Personen gehört. Als Vor- aussetzung für die Teilnahme muss die Tierbetreuungsperson unterwiesen und die Personendosis unverzüglich ermittelt werden (RL Strahlenschutz in der Tierheilkunde 2005).

Ziel dieser Untersuchung ist es, eine Datengrundlage zu schaffen, auf deren Basis die Strahlenexpositionen der Tierbetreuungsperson und des Haltepersonals unter praxisnahen Bedingungen bei Standardaufnahmen von Hund und Katze abgeschätzt werden können. Mit den hochempfindlichen Thermolumineszenzdosimetern des Typs TLD-100H stehen für diese Untersuchung kleine Dosimeter zur Verfügung, de- ren Messbereich auch niedrige Strahlendosen zwischen 0,5 µSv und 50 µSv ein- schließt. Durch die Anbringung einzelner Dosimeter an verschiedenen Körpermess- punkten soll die Strahlenexposition der einzelnen Körperregionen bestimmt und so- mit deren potenzielle Gefährdung eingeschätzt werden. Es soll gezeigt werden, bei welchen Standardaufnahmen mit einer Strahlenexposition in welcher Höhe zu rech- nen ist und in wie weit die Beachtung gängiger Strahlenschutzprinzipien Einfluss auf diese Strahlenexposition nehmen kann. Weiterhin ist zu klären, in welchem Ausmaß die Größe des Hundes die Höhe der Strahlenexposition beeinflusst, und ob es im Sinne des Minimierungsgebotes vertretbar ist, auf eine Narkose des Tieres während der Röntgenaufnahme zu verzichten. Zusammenfassend ist die Frage zu beantwor- ten, ob die Teilnahme der Tierbetreuungsperson bei radiologischen Untersuchungen unter Strahlenschutzaspekten zu rechtfertigen ist, und welche Maßnahmen zur wei- teren Reduzierung der Strahlenexposition geeignet sind. Ob die dosimetrische Ü- berwachung der Tierbetreuungsperson in der klinischen Routine mit den vorhande- nen Messverfahren sinnvoll ist, gilt es zu beurteilen.

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2 Literaturübersicht

2.1 Strahlenphysikalische und –biologische Grundlagen 2.1.1 Der Strahlungsbegriff

Unter dem Begriff „Strahlung“ versteht man in der Physik sich ausbreitende Teilchen oder Wellen. Im ersten Fall spricht man von Korpuskular- oder Teilchenstrahlung, im zweiten Fall von Wellenstrahlung. Strahlung transportiert immer Energie und Impuls.

Bei Teilchenstrahlung werden auch Masse, Ladung oder andere Eigenschaften transportiert.

Den Prinzipien der Quantentheorie entsprechend, erfolgt die Energieabgabe elekt- romagnetischer Strahlung an die Atome „portionsweise“. Diese Energieportionen werden als Quanten oder Photonen bezeichnet. Zu den elektromagnetischen Strah- lungsarten gehören Radio- und Mikrowellen sowie Infrarot-, Licht-, UV-, Röntgen- und Gammastrahlung.

Die Strahlungsarten werden weiterhin in ionisierende und nichtionisierende Strahlung unterschieden. Dabei ist wichtig, dass die Teilchen- bzw. Photonenenergie ausreicht, um beim Durchtritt durch Materie eine Ionisierung der Atome auslösen zu können.

Die ionisierenden Strahlungsarten treten als direkt oder indirekt ionisierend auf. Zu den direkt ionisierenden Strahlungen zählen alle elektrisch geladenen Teilchen wie z. B. Elektronen, Protonen oder Alphateilchen. Diese geben ihre Energie an die Ma- terie durch aufeinander folgende Ionisationsprozesse und Bremsstrahlung ab. Alle Strahlungsarten ohne elektrische Ladung gehören zu den indirekt ionisierenden Strahlungen. Hier wird die Energie zunächst auf einen Stoßpartner übertragen, der dann die umgebende Materie ionisieren kann. Vereinbarungsgemäß gehören zu die- ser Gruppe auch die Photonen, die zwar ihren primären Wechselwirkungspartner ionisieren, die bei den Wechselwirkungen entstehenden Sekundärelektronen aber den weitaus größeren Teil der Ionisierung innerhalb des bestrahlten Materials verur- sachen (KRIEGER 2002).

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2.1.2 Wechselwirkung von Röntgenstrahlung mit Materie

In Medizin und Technik findet man Photonenstrahlung, die im Bereich nieder- und hochenergetischer Röntgenstrahlung (10 keV – 50 MeV) liegt, sowie von radioaktiven Atomkernen ausgesendete Gammastrahlung, die Energien zwischen wenigen keV und mehreren MeV aufweist. Die Wechselwirkungen kommen als Absorptions- und Streuprozesse vor. Häufig entstehen dabei freie, elektrisch geladene Sekundärteil- chen, die ihrerseits Atome anregen und ionisieren können (KRIEGER 2002).

Treffen Photonen auf Materie, so wechselwirken sie mit der Atomhülle oder mit den Atomkernen dieser Materie. Zu den Hüllenwechselwirkungen gehören die klassische Streuung, der Photo- und der Comptoneffekt. Bei den Prozessen Paarbildung und Kernphotoeffekt kommt es zur Wechselwirkung mit dem Atomkern. Welche der im Folgenden dargestellten Wechselwirkungen abläuft, ist abhängig von der Photonen- energie und den Eigenschaften der Materie (KIEFER u. KIEFER 2003). Einen kurzen Überblick über Abhängigkeiten und Synonyme gibt Tabelle 1.

Bei der klassischen Streuung ändert das einfallende Quant nur seine Richtung. Es kommt dabei nicht zu einer Energieübertragung auf das Material. Für Materialien mit niedrigen Ordnungszahlen, wie menschliches Gewebe oder Wasser, hat die klassi- sche Streuung eine Bedeutung bei Photonenenergien kleiner als 20 keV (KRIEGER 2002). Sie spielt bei den Wechselwirkungsprozessen von Röntgenstrahlung mit Ma- terie eine untergeordnete Rolle, hat aber bei der diagnostischen Bildgebung ihre Be- deutung als Ursache für die Schwächung der Primärstrahlung und als Störeinfluss auf die Bildqualität (KIEFER u. KIEFER 2003).

Anders verhält es sich mit dem Photoeffekt. Hierbei setzt ein Photon ein Elektron aus einer der inneren Schalen der Atomhülle frei. Die gesamte Energie wird auf das Elektron übertragen. Die Bewegungsenergie des freigesetzten Elektrons ergibt sich aus der Differenz von Photonenenergie und Elektronenbindungsenergie. Also findet dieser Prozess nur statt, wenn die Photonenenergie größer als die Bindungsenergie der Elektronen ist. Diese Wechselwirkung dominiert, wenn beide Energien in ver- gleichbaren Größenordnungen vorliegen. Sie konkurriert mit dem Vorgang der inko- härenten Streuung (Comptoneffekt). Hier findet die Wechselwirkung des Photons mit einem äußeren, schwach gebundenen Hüllenelektron statt. Das eintreffende

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Quant überträgt nur einen Teil seiner Energie auf das Elektron und bleibt als Rest- quant niedrigerer Energie übrig. Dabei wird es aus seiner Bewegungsrichtung abge- lenkt (gestreut). Das aus der Schale gestoßene Elektron verlässt die Atomhülle, die dadurch ionisiert wird. Der Comptoneffekt ist der dominierende Wechselwirkungspro- zess für therapeutische und diagnostische Photonenstrahlung ab etwa 30 keV.

Tab. 1: Übersicht zu Photonenwechselwirkungsprozessen (WW: Wechselwirkung, E:

Energie, Z: Ordnungszahl) (vereinfacht nach KRIEGER 2002; KIEFER u. KIEFER 2003).

WW-Prozess Synonym WW-Ort

Abhängigkeit der WW-Intensität von E von Z

Klassische Streuung

Kohärente Streuung Thomsonstreuung Rayleigh-Streuung

Atomhülle ∼ 1/E2

ab 10 keV ~ Z

Photoeffekt

Photoionisation Photoelektrischer Effekt

Photoabsorption

Innere Atom-

hülle ~ 1 / E3 ~ Z4

Comptoneffekt Inkohärente Streuung Äußere Atom- hülle

~ E (für mittlere

Energien)

∼1/E (für hohe Energien)

~ Z

Paarbildung Coulomb-Feld

des Atomkerns ~ E ~ Z

Kernphotoreaktion Kernphotoeffekt Atomkern

Eine eher untergeordnete Rolle spielt die Paarbildung durch Photonen im Coulomb- feld des Kerns. Ein Elektron-Positron-Paar kann aus einem Photon entstehen, wenn die Photonenenergie das Energie-Massen-Äquivalent für zwei Elektronen

(14)

(2 × 511 keV) übersteigt. Das Photon wird dabei vollständig absorbiert und die Ener- gie des Photons auf die Ruhemasse der beiden Teilchen sowie ihre Bewegungs- energie verteilt. Dieser Prozess kann daher erst ab einer Schwellenenergie von 1,022 MeV stattfinden

Je nach Element kommt der Kernphotoeffekt erst ab einer Schwellenenergie von 6 bis 20 MeV zum Tragen. Für die diagnostisch genutzte Photonenstrahlung ist er ohne Bedeutung und soll hier nicht weiter ausgeführt werden (KRIEGER 2002).

In der Röntgendiagnostik in Human- und Veterinärmedizin nehmen also die klassi- sche Streuung, der Photo- und der Comptoneffekt Einfluss auf den Patienten und die Bildqualität und tragen zum Entstehen der Streustrahlung bei. Die klassische Streu- ung ist wegen ihrer Ordnungszahl- und Energieabhängigkeit für biologisches Gewe- be nur für Photonenenergien unterhalb von 20 keV von Bedeutung (KRIEGER 2002).

Zunächst dominiert bei niedrigen Energien der Photoeffekt, bevor die Compton- Streuung an Bedeutung gewinnt und im Bereich zwischen 0,1 und 1 MeV fast aus- schließlich stattfindet. Bei den zwei letzten Wechselwirkungsprozessen treten als Produkt der Wechselwirkung Elektronen auf, die als Überträger von Energie für die Auslösung biologischen Effekte verantwortlich sind (KIEFER 1989).

2.1.3 Wirkung von Röntgenstrahlung auf Zellen und Gewebe

Röntgenstrahlung ist eine indirekt ionisierende Strahlungsart und verliert beim Durch- tritt durch Materie einen Teil ihrer Energie durch Absorption. Nur diese absorbierte Energie wird im biologischen Gewebe wirksam und kann zu Zellschäden führen (LAUBENBERGER u. LAUBENBERGER 1999).

Jede Strahlenwirkung nimmt ihren Ausgang von der einzelnen veränderten Zelle. Die Strahlenempfindlichkeit der einzelnen Zelle hängt stark von ihrem Organisationsgrad und dem zellulären DNS-Gehalt ab (KIEFER u. KIEFER 2003). Da die DNS als Zell- anteil in einfacher Ausprägung vorliegt, ist eine Schädigung derselben gerade auf Grund ihrer Steuerfunktion folgenschwer. Im Gegensatz dazu liegen die anderen Zellorganellen mehrfach vor, und eine auftretende Schädigung findet erst bei hohen Dosen statt. Der strahlensensibelste Bereich einer Zelle ist der Zellkern.

(15)

Der Vorgang der Energieabsorption lässt sich in vier Phasen unterteilen. Nach der primären physikalischen Wechselwirkung, der eigentlichen Energieabsorption, folgen in der Zelle eine physikalisch-chemische, eine biochemische und eine biologische Wechselwirkungsphase. Da die einzelne Zelle zu ungefähr 80 % aus Wasser be- steht, werden in der ersten (physikalischen) Phase vor allem Wasserradikale gebil- det. Nach Ausbildung und Diffusion dieser Radikale kommt es zu Wechselwirkungen mit Biomolekülen (u. a. Nukleinsäuren, Aminosäuren, Proteine, Enzyme), welche diese strukturell und funktionell verändern können (physikalisch-chemische Phase).

Während der biochemischen Phase laufen die zelleigenen Reparaturmechanismen ab. Abschließend umfasst die biologische Phase einen Zeitraum von wenigen hun- dertstel Sekunden bis zu mehreren Jahren und bezeichnet die Phase, in der die Ver- änderungen an den Biomolekülen zum Tragen kommen. In diese letzte Phase fallen auch der Zelltod und der eventuelle Tod des betroffenen Gesamtorganismus.

Schäden, die sich unmittelbar auf den betroffenen Organismus beziehen, zählen zu den somatischen Schäden. Darunter fallen Veränderungen, die den Zellstoffwechsel beeinflussen, Veränderungen in der Proteinsynthese und auch die strahlenbedingte Krebsentstehung. Durch Strahlenwirkung verursachte Mutationen am Erbgut, die sich auf die Nachkommenschaft auswirken können, werden unter dem Begriff genetische Schäden zusammengefasst.

Weiterhin wird zwischen direkter und indirekter Strahlenwirkung unterschieden. Bei der ersten wird eine unmittelbare einstufige Wechselwirkung der ionisierenden Strah- lung mit den organischen Molekülen in einer Zelle vorausgesetzt. Die Wahrschein- lichkeit für das Eintreten ist dabei unabhängig von der Konzentration des betroffenen Moleküls, ebenso von der Anwesenheit anderer Stoffe oder der vorliegenden Tempe- ratur. Direkte Wechselwirkungen mit der DNS sind auf Grund ihres geringen relativen Massen- und Volumenanteils daher vergleichsweise selten (KRIEGER 2002). Eine Schädigung der Organellen findet vielmehr auf dem Umweg über chemische Sekun- därprozesse mit dem Zellplasma und dem Zellwasser statt (indirekte Strahlenwir- kung). Dieser als Radiolyse des Zellwassers bezeichnete Prozess findet in der physi- kalischen Phase statt, wobei die Anzahl der gebildeten Radikale bei einem Energie- übertrag von 100 eV als G-Wert bezeichnet wird. Dieser ist vom LET (Lineare Ener-

(16)

gietransfer) der Strahlung abhängig. Der LET ist eine Eigenschaft geladener Teilchen in einem Medium. Er ist definiert als Quotient aus dem mittleren Energieverlust dE, den das Teilchen durch Stöße erleidet, bei denen der Energieverlust kleiner ist als eine vorgegebene Energie ∆, und dem dabei zurückgelegten Weg ds. Somit ergibt sich der LET entsprechend

 

=

= ds

L dE LET

. (1)

L hat die SI-Einheit (Joule/m), wird aber auch in der Einheit (keV / µm) angegeben.

Mittels der unbeschränkten LET erfolgt eine Einteilung direkt ionisierender Strahlung und der Sekundärteilchen indirekt ionisierender Strahlung in locker ionisierende (L < 3,5 keV / µm) und dicht ionisierende Strahlung (L > 3,5 keV / µm).

Die biologischen Wirkungen von Röntgenstrahlen können in Früh- und Spätschäden unterteilt werden. Akute oder frühe Wirkungen treten unmittelbar oder innerhalb we- niger Stunden nach der Strahlenexposition auf und klingen, wenn sie nicht zum Tode führen, wieder ab. Solche Schäden zeigen sich als Funktionsstörungen von Orga- nen, in der Ausprägung von Missbildungen sowie als Krankheitsbild des akuten Strahlensyndroms. Von akuten Strahlenschäden sind vor allem die teilungsaktiven Gewebe betroffen, da es dort zu einer Reduzierung der Zellerneuerung kommt. Be- schrieben wurde dies bereits im „Gesetz“ von BERGONIE‘ und TRIBONDEAU (1906), wonach ein Gewebe umso strahlenempfindlicher sei, je größer seine Tei- lungsaktivität ist. Daher sind die Erneuerungsgewebe als besonders strahlenempfind- lich anzusehen. Zu diesen Geweben gehören die Haut, das Auge, das blutbildende System und der Magen-Darm-Trakt (KIEFER 1989).

Bei Strahleneffekten, die sich mittelbar oder unmittelbar auf die Nachkommenschaft auswirken, kann es sich um Früh- oder Spätschäden handeln. Zu diesen Effekten zählen Veränderungen, die Auswirkungen auf die Fertilität, die embryonale Sterblich- keit und die Teratogenese haben oder die genetische Veränderungen verursachen.

Von Spätschäden spricht man, wenn sich die Strahlenwirkung auf den Organismus nicht als unmittelbare Folge der Strahlenexposition manifestiert. Darunter fallen die Entstehung strahlenbedingter Augenkatarakte und auch die strahleninduzierte Kreb- sentstehung (KIEFER 1989).

(17)

Die Gesamtheit der Strahlenwirkungen wird aus administrativen und strahlenbiologi- schen Gründen in deterministische und stochastische Wirkungen eingeteilt. Grund- sätzlich unterscheiden sie sich in der jeweiligen Dosiswirkungsbeziehung. Bei deter- ministischen Strahlenwirkungen ist die Schwere der Erkrankung von der Dosis ab- hängig. Der Schaden selbst beruht auf der Abtötung von Zellen. Es existiert eine Schwellendosis, unterhalb derer keine deterministische Wirkung zu verzeichnen ist.

Hierzu gehören die Frühschäden, nichtkanzeröse Spätschäden und bei in utero Be- strahlung entstandene Schäden teratogener Art. Nicht letale Schädigungen des Erb- gutes einzelner Zellen können stochastische Schäden verursachen. Eine Proportio- nalität besteht hier zwischen der Auftrittswahrscheinlichkeit und der Dosis. Dabei können Erbgutveränderungen zum Ausgangspunkt maligner Entartung bei Körper- zellen (Kanzerogenese) oder zu einer Mutation in der Keimbahn werden (genetische Schäden). Für das Auftreten solcher Strahleneffekte besteht nach heutiger Kenntnis keine Dosisschwelle (KRIEGER 2002).

2.1.4 Dosisgrößen zur Charakterisierung der Strahlenexposition 2.1.4.1 Physikalische Dosisgrößen

Zu den physikalischen Dosisgrößen gehören die Ionendosis J und die Energiedo- sis D. Die Ionendosis J ist der Betrag der elektrischen Ladung dQ der Ionen eines Vorzeichens, die in Luft in einem Volumenelement dV durch ionisierende Strahlung unmittelbar (z. B. bei Elektronenstrahlung) oder mittelbar (bei Photonenstrahlung ü- ber die Sekundärelektronen) gebildet werden, geteilt durch die Masse der Luft dma (a

= air) mit der Dichte ρa in diesem Volumenelement dV entsprechend

dV dQ 1 dm J dQ

a a

ρ ⋅

=

=

. (2)

Die SI-Einheit der Ionendosis ist der Quotient aus Coulomb und Kilogramm (C / kg).

Die historische Einheit war das Röntgen (R), wobei die Beziehung 1 R = 2,56 × 10-4 C / kg gilt.

(18)

Zur Umrechnung der Ionendosis in die Photonen-Äquivalentdosis wird ein Umrech- nungsfaktor C1 zur Hilfe genommen. Es gilt entsprechend

01 , C 0

kg 76 Sv

, 38

C1 =

 

 ⋅

= Sv / R (KRIEGER 2002). (3)

Die Energiedosis D ist die fundamentale physikalische Dosisgröße. Sie beschreibt die pro Massenelement absorbierte Energie. D ist die mittlere Energie dE, die durch ionisierende Strahlung auf das Material in einem Volumenelement dV übertragen wird, dividiert durch die Masse des Massenelemtents dm mit der Dichte ρ in diesem Volumenelement entsprechend

dV dE 1 dm

D dE ⋅

= ρ

=

. (4)

Die SI-Einheit der Energiedosis ist das Gray als Quotient aus Joule und Kilogramm (1 J / kg = 1 Gy). Die alte Einheit der Energiedosis war das Rad (radiation absorbed dose). Es gilt die Beziehung 100 rd = 1 Gy bzw. 1 rd = 0,01 Gy (REICH 1990).

2.1.4.2 Strahlenschutzrelevante Dosisgrößen

In diesem Kapitel werden Dosisbegriffe vorgestellt, die für den Strahlenschutz benö- tigt werden. Sie basieren auf der Energiedosis, sind aber im strengen Sinn keine physikalischen Dosisgrößen. Im Strahlenschutz müssen Dosisgrößen die verschie- denen Wirkungen ionisierender Strahlung beschreiben. In diesen Dosisgrößen muss die Strahlungsart, die Strahlungsenergie sowie die Strahlenempfindlichkeit der betrof- fenen Organe oder Körperteile berücksichtigt werden.

Im praktischen Strahlenschutz werden zwei Kategorien von Dosisgrößen unterschie- den. Die operativen Dosisgrößen, die so genannten Dosismessgrößen, sind für die Orts- und Personendosimetrie geeignet und gehören zur ersten Kategorie. Die Kör- perdosisgrößen stellen den Zusammenhang mit den biologischen Strahlenwirkungen her und gehören zur zweiten Kategorie. Alle Dosisgrößen haben die SI-Einheit „Joule pro Kilogramm“, wobei zwecks Abgrenzung zur rein physikalischen Dosisgröße E- nergiedosis die biologisch bewerteten Dosisgrößen in der Einheit Sievert (Sv) ange- geben werden. Zur besseren Übersicht sind die nachfolgend beschriebenen Dosis- größen in der Tabelle 2 zusammengefasst.

(19)

Tab. 2: Dosisgrößen im Strahlenschutz (nach KRIEGER 2002).

Kategorie Bezeichnung Kurzzeichen Bemerkung Dosismess-

größen

Äquivalentdosis

Ortsdosis

Personendosis H

H*(d) H‘(d,Ω) Hp(10)

Hp(0,07)

mit Qualitätsfaktor Q multiplizierte Energiedosis

Umgebungs-Äquivalentdosis Richtungs-Äquivalentdosis

Personendosis für durchdringende Strahlung

Personendosis für Strahlung geringer Eindringtiefe

Körper- dosisgrößen

Organdosis

Effektive Dosis

HT

E

Berechnete Größe mit

Strahlungswichtungsfaktoren wR

Berechnete Größe mit Organwichtungsfaktoren wT

Die grundlegende biologisch bewertete Dosisgröße ist die Äquivalentdosis H, die als Produkt aus der Weichteilenergiedosis D und einem Wichtungsfaktor für die Strahlenqualität berechnet wird. Der Gesetzgeber definiert die Äquivalentdosis als Produkt aus Energiedosis (absorbierte Dosis) im ICRU-Weichteilgewebe und dem Qualitätsfaktor Q des Berichts Nr. 51 der International Commission on Radiation U- nits and Measurements (ICRU report 51). Beim Vorliegen mehrerer Strahlungsarten und –energien ist die gesamte Äquivalentdosis die Summe ihrer Einzelbeiträge (RöV 2003). Für Röntgen- und Gammastrahlung gilt definitionsgemäß Q = 1. Die histori- sche Einheit der Äquivalentdosis war das rem (radiation equivalent men), wobei die Umrechnung 1 Sv = 1 J / kg = 100 rem gilt.

Nach RöV (2003) versteht man unter der Ortsdosis die Äquivalentdosis, gemessen an einem bestimmten Ort. Zur Messung der Ortsdosis dienen zwei Dosisgrößen, die Umgebungs-Äquivalentdosis H*(d) und die Richtungs-Äquivalentdosis H’(d, Ω

r

). Der Parameter d steht dabei für die Messtiefe im Phantom in Millimetern, und der Para- meter Ω

r

steht für den Richtungsvektor des Strahlungseinfalls. Als Phantom kommt

(20)

die gewebeäquivalente ICRU-Kugel zum Einsatz. Ihre Zusammensetzung ist nähe- rungsweise muskeläquivalent (76,2 % Sauerstoff, 11,1 % Kohlenstoff, 10,1 % Was- serstoff und 2,6 % Stickstoff). Für durchdringende Strahlung, wie z. B. hochenergeti- sche Photonen, wird die Messung der Umgebungs-Äquivalentdosis H*(10) empfoh- len. Die Umgebungs-Äquivalentdosis H*(10) am interessierenden Punkt im tatsächli- chen Strahlungsfeld ist die Äquivalentdosis, die im zugehörigen ausgerichteten und aufgeweiteten Strahlungsfeld in 10 Millimeter Tiefe in der ICRU-Kugel auf dem der Einfallsrichtung der Strahlung entgegengesetzt orientierten Radius erzeugt würde (RöV 2003). Sie ist die für hochenergetische Photonen-, Neutronen oder Elektronen- strahlung anzugebende Ortsdosisgröße. Bei den Strahlungsarten mit geringer Ein- dringtiefe wie Beta-, Alpha- und niederenergetischer Röntgenstrahlung soll die Rich- tungs-Äquivalentdosis H’(0,07, Ω

r

) angegeben werden. Diese Dosisgröße ist laut RöV (2003) die Äquivalentdosis am interessierenden Punkt im tatsächlichen Strah- lungsfeld, die im zugehörigen aufgeweiteten Strahlungsfeld in 0,07 mm Tiefe auf ei- nem in festgelegter Richtung Ω

r

orientierter Radius der ICRU-Kugel erzeugt würde.

Ein aufgeweitetes Strahlungsfeld ist ein idealisiertes Strahlungsfeld, in dem die Teil- chenflussdichte und die Energie- und Richtungsverteilung der Strahlung an allen Punkten eines ausreichend großen Volumens die gleichen Werte aufweist wie das tatsächliche Strahlungsfeld am interessierenden Punkt (RöV 2003). Weist das Strah- lungsfeld zusätzlich eine einheitliche Richtung auf, handelt es sich um ein ausgerich- tetes und aufgeweitetes Strahlungsfeld.

Die dritte Dosismessgröße ist die Personendosis. Bei durchdringender Strahlung gibt die Personendosis Hp(10) die Äquivalentdosis in ICRU-Weichteilgewebe in 10 mm Tiefe im Körper an der Tragestelle des Personendosimeters an. Im Fall von Strahlung geringer Eindringtiefe entspricht die Personendosis Hp(0,07) der Äquiva- lentdosis in ICRU-Weichteilgewebe in 0,07 mm Tiefe im Körper an der Tragestelle des Personendosimeters. Die Hp(10) dient der Abschätzung von effektiver Dosis und Organdosen. Die Hp(0,07) dient zur Abschätzung der Hautdosis auf der Trageseite des Dosimeters. Im Gegensatz zu den Ortsdosisgrößen sind die Personendosisgrö- ßen im tatsächlichen Strahlenfeld definiert. Die Messung findet am Körper der strah- lenexponierten Person statt. Zur Kalibrierung der Dosimeter kommen hier drei Phan-

(21)

tome zum Einsatz: Quaderphantom (Rumpf), Säulenphantom (Unterarm, Unter- schenkel) und Stabphantom (Finger) (KRIEGER 2002).

Die Körperdosis ist ein Sammelbegriff für die Organdosis und die effektive Dosis (RöV 2003). Die Organdosis HT ist als Produkt aus der mittleren Energiedosis DT

der jeweils bestrahlten Körperpartie und einem Strahlungs-Wichtungsfaktor wR für die vorliegende Strahlungsqualität R entsprechend

T R

T w D

H = ⋅ (5)

definiert. Der Index T steht für ein bestimmtes Organ, Gewebe oder Körperteil. Die Strahlungs-Wichtungsfaktoren werden von der ICRP vorgeschlagen. Dieser Faktor ordnet der jeweiligen Strahlungsart einen Zahlenwert zu, abhängig von der Art und Qualität des durch die Strahlungsart entstehenden Strahlungsfeldes. Für Röntgen- und Elektronenstrahlung entspricht dieser Faktor wR = 1.

Die am schwierigsten fassbare Dosisgröße ist die effektive Dosis E. Diese Dosis- größe bezieht sich auf den ganzen Körper und dient als Maß für das mit einer Strah- lenexposition verbundene stochastische Strahlenrisiko. Sie ist als Summe der mit den zugehörigen Gewebe-Wichtungsfaktoren wT multiplizierten Organdosen HT in zwölf relevanten Organen und Geweben und in fünf weiteren Geweben entspre- chend

=

T

T

T H

w E

(6) definiert. Nach den Empfehlungen der ICRP werden im deutschen Strahlenschutz- recht seit dem Jahr 2001 die in Tabelle 3 zusammengestellten Gewebe- Wichtungsfaktoren verwendet.

(22)

Tab. 3: Gewebe-Wichtungsfaktoren wT nach ICRP 60 (1991).

Gewebeart, Organ wT-Faktor

Keimdrüsen 0,20

Brust 0,05

Rotes Knochenmark 0,12

Lunge 0,12

Schilddrüse 0,05

Knochenoberfläche 0,01

Kolon 0,12

Magen 0,12

Blase 0,05

Leber 0,05

Oesophagus 0,05

Haut 0,01

Rest total: 0,05

2.2 Dosimetrische Messverfahren 2.2.1 Physikalische Grundlagen

Unter Dosimetrie versteht man die Messung der Dosis bzw. der Dosisleistung in Luft oder in bestrahlten Objekten unter Anwendung von Strahlendosismessgeräten (De- tektoren). Das Ziel der Dosimetrie ist es, die durch ionisierende Strahlung auf Materie übertragene Energie zu bestimmen, wobei physikalische, chemische und biologische Verfahren angewendet werden (PSCHYREMBEL 1994). Die in der Strahlentherapie, in der Röntgendiagnostik und im Strahlenschutz verwendeten Dosimeter müssen bestimmten technischen Anforderungen genügen. Dabei sollen eine ausreichende Messsicherheit und Zuverlässigkeit gewährleistet sein, damit Personen vor Schäden durch ionisierende Strahlung bewahrt werden. Die Anforderungen an Dosimeter für Photonenstrahlung sind in Deutschland gesetzlich festgelegt und finden sich in den von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig herausgegebenen PTB-Anforderungen an Dosimeter für die Zulassung zur Eichung (REICH 1990).

(23)

Alle Materialien oder technischen Geräte, in denen ein Signal durch die Strahlenex- position entsteht, können als Detektoren für ionisierende Strahlungen zum Einsatz kommen. Je nach ausgenutztem physikalischen, chemischen oder biologischen Pro- zess können die heute verwendeten Detektoren in Gruppen eingeteilt werden (s.

Tab. 4).

Tab. 4: Wichtige Detektoren zur Messung ionisierender Strahlung (KRIEGER 2002).

Strahlungseffekt Nachweis von Bezeichnung der

Detektoren Ionisation in Gasen Elektrische Ladung

und / oder elektrischer Strom

Elektrometer, Ionisations- kammer,

Proportionalzählrohr, Geiger-Müller-Zählrohr Ionisation in Festkörpern Elektrische Ladung

und / oder elektrischer Strom

Halbleiterdetektor, Leitfähigkeitsdetektor Lumineszenz in Festkör-

pern

Spontane Lichtemission

UV-Lichtemission bei Licht- exposition (Laser)

Lichtemission bei Zuführung thermischer Energie

Szintillationsdetektor, Leuchtschirm

Speicherfolie

Thermolumineszenz- detektor

Photographische Wirkung Schwärzung (opt. Dichte), Spuren

Filmdetektor

Chromosomenaberration (z. B. in Blutproben)

Zahl der Chromosomen- aberrationen

Biologischer Detektor

Es gibt zwei Verfahren, um die Dosis von Photonenstrahlung in einem Medium (z.B.

Gewebe) zu bestimmen. Zum einen kann man eine Dosisgröße an einem bestimm- ten Punkt des Strahlungsfeldes in Abwesenheit des Mediums messen, was als Frei- Luft-Messung bezeichnet wird. Die Dosis, die in dem Medium entstehen würde, wird aus dem Ergebnis der Frei-Luft-Messung mit Hilfe von material- und detektorspezifi- schen Umrechnungsfaktoren berechnet. Zum anderen kann man den Detektor als

(24)

Sonde in das zu untersuchende Medium bringen, in deren Material dann ersatzweise für das umgebende Medium eine Sondendosis erzeugt wird. Dieses Verfahren wird als Sondenmethode bezeichnet. Auch bei dieser Methode muss die Anzeige des Dosimeters mit Hilfe von Korrektionen in die Dosis des umgebenden Materials umge- rechnet werden. Dabei ist wichtig, dass die Sonde das zu untersuchende Strahlen- feld so wenig wie möglich verändert (REICH 1990; KRIEGER 2002).

Bei der Sondenmethode werden drei Arten von Sonden unterschieden. Die ideale Sonde ist klein genug, um das Strahlungsfeld nicht merklich zu stören und erlaubt die Erfüllung spezieller Strahlungsfeldbedingungen (Sekundärelektronengleichge- wicht, Bragg-Gray-Bedingungen). Das Sekundärteilchengleichgewicht für Primär- strahlungsfelder indirekt ionisierender Teilchen besteht, wenn die Summe der kineti- schen Energien aller in ein Volumenelement eintretenden geladenen Sekundärteil- chen gleich derjenigen ist, die das betreffende Volumenelement wieder verlassen.

Die Bragg-Gray-Bedingungen erfüllt eine Sonde, wenn sie das Strahlungsfeld im Ma- terial nicht beeinflusst und die in ihr gebildeten Sekundärteilchen keinen Dosisbeitrag verursachen. Unter diesen Voraussetzungen kann die von der Sonde registrierte Do- sis unter Benutzung von Materialdaten in die Gewebedosis umgerechnet werden.

Sonden zur Absolutbestimmung der Dosis sind reale Abbilder der idealen Sonden.

Hier werden mit Hilfe von Umrechnungen die Abweichungen des Messwertes vom wahren Wert der Gewebedosis korrigiert. Bei kalibrierten Sonden berücksichtigt ein Kalibrierfaktor die in Bezug auf die tatsächlichen Strahlungsfeldbedingungen erfor- derlichen Korrektionen.

Im Allgemeinen gilt, dass die in einem Medium des Materials m am Ort der Sonde (bei deren Abwesenheit) erzeugte Energiedosis Dm mit der Sondendosis Ds durch die Beziehung

S D

m f D

D = ⋅ (7)

verbunden ist. Dabei ist fD der Dosisumrechnungsfaktor, der die unterschiedlichen Wechselwirkungen des Strahlungsfeldes mit dem Medium und dem Sondenmaterial berücksichtigt (REICH 1990).

(25)

2.2.2 Ionisationskammerdosimetrie

Das Messprinzip der Ionisationskammer beruht auf der Wechselwirkung von Strah- lung mit den Gasmolekülen im Kammervolumen, so dass negativ und positiv gelade- ne Ionen entstehen. Als Detektor dient eine mit einem Füllgas (z. B. Luft) gefüllte Kammer, die zwei Elektroden entgegengesetzter Polarität enthält. Entsprechend ihrer Ladung bewegen sich die bei Bestrahlung entstehenden Elektronen und positiven Ionen unter dem Einfluss des elektrischen Feldes zu den Elektroden. Die Folge ist ein elektrischer Stromfluss. Die Kammerspannung in einer Ionisationskammer wird so eingestellt, dass alle entstehenden Ionen an den Elektroden gesammelt werden („Sättigungsbereich“). Die Empfindlichkeit von Ionisationskammern ist sowohl abhän- gig vom Messvolumen der Kammer als auch vom Druck des Füllgases. Auf Grund der variablen Kammervolumina, Gasdrücke und Kammerspannungen sind Ionisati- onskammern für fast jede Messaufgabe im Rahmen der Dosimetrie ionisierender Strahlung geeignet.

Eine spezielle Bauart der Ionisationskammer ist das zur Personendosimetrie einge- setzte Stabdosimeter oder Füllhalterdosimeter. Dabei handelt es sich um eine klein- volumige Kondensatorkammer, die ohne Kabelanschluss betrieben wird. Dieses Do- simeter besteht aus einer mit Luft gefüllten Ionisationskammer und einem miniaturi- siertem Elektrometer, das die Dosisanzeige mit Hilfe eines integrierten Mikroskops ermöglicht. Als Elektroden dienen der zylinderförmige Mantel und ein Drahtbügel im Inneren des Dosimeters. Vor der Messung wird der Kondensator auf eine Spannung von 100 bis 150 V aufgeladen. Dadurch wird ein an der Innenelektrode befestigter Quarzfaden wegen der elektrostatischen Abstoßung weggespreizt und bei zuneh- mender Entladung durch die ionisierende Strahlung zurückbewegt. Der Quarzfaden dient als Messanzeiger für die erhaltene Äquivalentdosis bis zu einer Größe von 2 mSv (KRIEGER 2001).

2.2.3 Filmdosimetrie

Photonenstrahlung kann auch mit empfindlichen Photoemulsionen nachgewiesen werden. Diese bestehen aus Bromsilberkristallen (Durchmesser 0,2 - 2 µm), die fein- verteilt in einem Bindemittel (Gelatine, Kunststoffe) eingebettet und auf einer Träger-

(26)

schicht fixiert sind. Durch Photo- oder Comptoneffekt freigesetzte primäre Elektronen können in den Kristallen Silberatome aktiviert werden. Während der Entwicklung werden diese chemisch zu elementarem Silber reduziert. Dadurch entsteht die Schwärzung bzw. optische Dichte des Films, die als Maß für die Strahlendosis dient und mit Hilfe eines Densitometers gemessen werden kann. Wichtige Anwendungsbe- reiche der Filmdosimetrie sind die Bestimmung von Dosisverteilungen im Nutzstrah- lenfeld von Strahlentherapieanlagen und die Messung der Personendosis beruflich strahlenexponierter Personen nach der Strahlenschutz- und Röntgenverordnung (StrlSchV 2002; RöV 2003). Die in Deutschland für die amtliche Personendosimetrie eingesetzten Filmdosimeter messen die Tiefen-Personendosis HP(10) in Photonen- strahlungsfeldern. Als Detektoren dienen zwei spezielle Röntgenfilme in einer licht- dichten Messfilmpackung und einer Kunststoffkassette. Die beiden Filme unterschei- den sich in ihrer Empfindlichkeit und ermöglichen den Nachweis von Äquivalentdo- sen im Bereich zwischen 0,1 mSv und 1,0 Sv (REICH 1990; KRIEGER 2001).

2.2.4 Thermolumineszenzdosimetrie

Die Thermolumineszenzdosimetrie ist ein spezielles Verfahren der Festkörperdosi- metrie. Die Vorgänge, die beim Auftreffen ionisierender Strahlung innerhalb dieser Festkörper stattfinden, können mit Hilfe des so genannten Bändermodells beschrie- ben werden (s. Abb. 1). Atome in anorganischen Kristallen liegen in regelmäßiger, periodischer Anordnung in Form von Kristallgittern vor. Die Elektronen der inneren Schalen sind den Atomen eindeutig zugeordnet, während die Energieniveaus der äußeren Elektronen durch die gegenseitigen Wechselwirkungen der Kristallatome energetisch so verbreitert sind, dass man von Energiebändern spricht. Die Elektro- nen in diesen Energiebändern sind nicht mehr einzelnen Atomen zugeordnet, son- dern liegen als Elektronen des „ganzen Kristalls“ vor.

Zwischen den einzelnen Energiebändern liegen so genannte Bandlücken (engl.:

gaps), in denen sich keine Elektronen aufhalten können. In den Bändern mit den höchsten Energien befinden sich die äußersten Elektronen der einzelnen Atome, die Valenzelektronen. Darauf bezogen, wird das letzte vollständig gefüllte Energieband des Kristalls als Valenzband bezeichnet.

(27)

Abb. 1: Energiebändermodell zur Beschreibung der Vorgänge im Kristall bei Energie- zufuhr z. B. in Form von ionisierender Strahlung, vereinfacht nach KRIEGER (2001) (LB: Leitungsband, VB: Valenzband, EL: Elektronenlöcher, T: Traps, LZ: Leuchtzent- rum).

Das nächste, energetisch höher liegende Energieband, wird von angeregten Elektro- nen besetzt, die sich in diesem Band frei im Kristall bewegen können. Der Kristall ist dann elektrisch leitend und das dazugehörige Energieband wird als Leitungsband bezeichnet. Die Differenzenergie zwischen Valenz- und Leitungsband muss als An- regungsenergie zur Verfügung stehen, damit Elektronen von einem Band in das an- dere überwechseln können. Diese Energie kann in Form von Wärme, Licht oder ioni- sierender Strahlung zugeführt werden. Bei der Entfernung von Elektronen aus dem Valenzband entstehen gleichzeitig immer auch Elektronenlöcher (Defektelektronen).

Formal verhalten sich Elektronenlöcher wie positive Ladungen, d.h. die Elektronenlö- cher bewegen sich innerhalb des Valenzbandes. Werden also kristalline Festkörper ionisierender Strahlung ausgesetzt, so entstehen in ihnen freie Ladungsträgerpaare aus Elektronen und Elektronenlöchern.

Veränderungen in der Periodizität des Kristalls, z.B. durch Einbau fremder Atome, führen zu Abweichungen von der idealen periodischen Kristallstruktur und haben Be- deutung für die Fähigkeit der Kristalle, Energie zu speichern. Durch Kristallfehlstellen werden zusätzliche Energieniveaus in der verbotenen Zone zwischen Valenz- und Leitungsband geschaffen, die nun frei bewegliche Elektronen aus dem Leitungsband

Licht

Ionisierende Strahlung

T

LZ VB

LB

(28)

einfangen. Deshalb werden diese Energieniveaus, die sich dicht unter dem Leitungs- band befinden, als Elektronenfallen (engl.: traps) bezeichnet. Um Elektronen wieder aus diesen Traps zu befreien, muss die Energiedifferenz vom Trap zum Leitungs- band aufgebracht werden. Diese Energie kann über thermische Energie, Lichtener- gie oder ionisierende Strahlung zugeführt werden (s. Abb. 2).

Abb. 2: Vorgänge im Kristall bei thermischer Erwärmung nach vorangegangener Be- strahlung, vereinfacht nach KRIEGER (2001) (LB: Leitungsband, VB: Valenzband, T:

Traps, aLZ: aktiviertes Leuchtzentrum, EL: Elektronenloch).

Zur künstlichen Erzeugung von Fehlstellen können Kristalle mit anderen Atomarten dotiert werden. Mit geeigneten Metallatomen können so genannte Leuchtzentren in Kristallen entstehen. Diese zeichnen sich durch besetzte Energieniveaus in der Bandlücke aus, die sich dicht über dem Valenzband befinden. Bewegt sich nun ein Elektronenloch im Valenzband an einem Leuchtzentrum vorbei, so kann das Elektron aus diesem besetzten Zustand in das Elektronenloch "springen" und es entsteht ein unbesetzter Zustand dicht über dem Valenzband. Man kann auch sagen, dass das Elektronenloch durch das Leuchtzentrum eingefangen wurde. Da der nun unbesetzte Zustand von einem Elektron aus dem Leitungsband gefüllt werden kann, spricht man

Licht

T

aLZ VB

LB

Wärme

EL

(29)

von einer Anregung oder Aktivierung des Leuchtzentrums. Elektronen, die beim Rücksprung aus dem Leitungsband in solchen Zentren eingefangen werden, deakti- vieren diese und führen zur Abgabe von Licht, das den Kristall verlässt. Im Gegen- satz dazu wird Licht, das beim Übergang vom Leitungsband in das Valenzband ent- steht, mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder vom Kristall absorbiert, da seine Energie ja genau dem Abstand zwischen Valenz- und Leitungsband entspricht. Bei den häu- fig verwendeten LiF-Thermolumineszenzdosimetern übernehmen Mg2+-Ionen die Rolle der Leuchtzentren.

Als Thermolumineszenz bezeichnet man den Vorgang, bei dem durch Erhitzen die in den besetzten Traps gespeicherte Energie in Form von Lichtquanten wieder freige- setzt wird. Als Leuchtstoffe für Thermolumineszenzdosimeter (TLD) werden natürlich oder künstlich erzeugte kristalline Substanzen verwendet, welche die bei einer Expo- sition mit ionisierender Strahlung übertragene Energie in langlebigen Zuständen (me- tastabilen Energieniveaus) speichern. Das über thermische Energiezufuhr freigesetz- te Licht wird mit Hilfe eines Photomultipliers nachgewiesen, wobei der über die Zeit integrierte Lichtstrom als Maß für die im Kristall gespeicherte Dosis dient. Bei der Thermolumineszenzdosimetrie werden verschiedene Leuchtstoffe angewendet wie z. B. LiF und CaF2. Die verschiedenen Detektormaterialien zeigen Unterschiede be- züglich ihrer Speicherfähigkeit und z. T. erhebliche Abhängigkeiten der Nachweis- wahrscheinlichkeit von der Strahlenqualität. Anwendungsbereiche der Thermolumi- neszenzdosimeter sind u. a. die in-vivo Dosimetrie am Menschen, die Untersuchung von Dosisverteilungen bei der Strahlentherapie und die Personendosimetrie im Strahlenschutz. Reale thermolumineszierende Materialien weisen mehrere metasta- bile Elektronenniveaus auf, die sich in ihrer energetischen Lage zum Valenzband unterscheiden. Sie unterscheiden sich also in der zur „Befreiung“ der Elektronen aus den Traps erforderlichen Energie. Die beim Aufheizen emittierte Lichtintensität wird als Strom in Abhängigkeit von der Temperatur in Form der so genannten Glühkurve gemessen und graphisch dargestellt. Verschiedene temperaturabhängige Intensi- tätsmaxima entstehen durch die verschiedenen Traps innerhalb des Materials. Die Flächen der Glühkurvenpeaks sind proportional zu der Anzahl der während der Be-

(30)

strahlung besetzten metastabilen Energieniveaus. Die Lage der Peaks auf der Tem- peraturachse korreliert mit der energetischen Tiefe der Traps (s. Abb. 3).

Das unerwünschte Löschen von Dosisinformationen wird als Fading bezeichnet und betrifft vor allem die dicht unter dem Leitungsband eingefangenen Elektronen. Diese können schon bei niedrigen Temperaturen angeregt werden und dann zurück ins Leitungsband gelangen (KRIEGER 2001).

Abb. 3: Korrelation zwischen der energetischen Tiefe der Traps und der Lage der Glühkurvenpeaks auf der Temperaturskala nach KRIEGER (2001) (LB: Leitungs- band, VB: Valenzband, 1 – 3: Elektronentraps).

2.3 Allgemeine Grundlagen des Strahlenschutzes 2.3.1 Strahlenexposition und Strahlenrisiko

Unter dem Begriff „Strahlenrisiko“ versteht man die Wahrscheinlichkeit für das Eintre- ten einer durch eine Strahlenexposition hervorgerufenen nachteiligen Wirkung bei einem Individuum innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Strahlenschäden umfassen alle krankhaften Reaktionen des menschlichen Körpers sowie genetische Verände- rungen nach Einwirkung ionisierender Strahlung. Als Strahlenexposition wird jeder Vorgang bezeichnet, bei dem eine Person eine Körperdosis erhält. Dabei wird zwi- schen natürlicher und zivilisatorischer Strahlenexposition unterschieden. Die natürli- che Strahlenexposition des Menschen setzt sich aus einem äußeren und einem inne-

Temperatur

Lichtintensität

1 2 3

1

2

3

VB LB

(31)

ren Anteil zusammen. Von außen wirken auf das Individuum die kosmische und ter- restrische Strahlung ein. Setzt man eine homogene Ganzkörperbestrahlung durch die kosmische Strahlung voraus, so kann man rechnerisch eine mittlere Dosis von etwa 0,3 mSv / a (Parlamentsbericht BfS 2004) für die Bundesrepublik Deutschland ermitteln. Zu beachten ist, dass die Strahlenexposition, verursacht durch die kosmi- sche Strahlung, von der Höhe über NN und der geographischen Breite abhängt. Die terrestrische Strahlenexposition wird durch die kosmogenen und primordialen Radio- nuklide verursacht, wobei der Dosisbeitrag infolge primordialer Radionuklide (z. B.

40K, Nuklide der Uran-Radiumreihe) überwiegt. Die daraus resultierende mittlere Ef- fektive Dosis beträgt etwa 0,4 mSv / a (Parlamentsbericht BfS 2004).

Der innere Anteil der Strahlenexposition entstammt den durch Ingestion und Inhalati- on in den menschlichen Körper aufgenommenen natürlichen Radionukliden. Es han- delt sich dabei um die gleichen Radionuklide, die auch für die terrestrische Strahlen- exposition verantwortlich sind. Die größte Relevanz hat auch hier das 40K. Die Be- rechnung des Anteils dieser internen Strahlenexposition wird für die einzelnen Ra- dionuklide in komplexen Inkorporations- und Inhalationsberechnungen durchgeführt.

Durch die Aufnahme natürlich radioaktiver Stoffe mit der Nahrung werden zur Ge- samtexposition 0,3 mSv / a beigetragen, zuzüglich eines Anteils von etwa 0,2 mSv / a durch die radioaktiven Edelgase Radon und Thoron einschließlich ihrer kurzlebigen Folgeprodukte (Parlamentsbericht BfS 2004). Den Hauptbeitrag zum zivi- lisatorisch erhöhten Teil der natürlichen Strahlenexposition liefern Radon- und Tho- ronzerfallsprodukte in Wohnungen mit einer durchschnittlichen effektiven Dosis von etwa 0,9 mSv / a (Parlamentsbericht BfS 2004).

Die zivilisatorische Strahlenexposition wird durch vom Menschen künstlich erzeugte oder verbreitete Strahlung hervorgerufen und wirkt sich auf Individuum und Populati- on unterschiedlich aus. Verursacht wird diese vor allem durch die Anwendung medi- zinisch-radiologischer Maßnahmen, der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen und Kernbrennstoffen sowie früheren Kernwaffentests. Für die Personen, die wäh- rend ihrer Berufsausübung ionisierender Strahlung ausgesetzt sind, kommt noch die berufliche Strahlenexposition hinzu. Im Jahr 2004 gehörten etwa 313 400 Personen zu dieser Gruppe, von denen etwa 16 % eine von Null verschiedene Jahresdosis

(32)

aufwiesen. Dieser Wert lag im Mittel bei 0,82 mSv / a. Als effektive Dosis aus zivilisa- torisch bedingter Strahlenexposition kommen etwa 1,9 mSv / a zusammen, wobei fast der gesamte Betrag aus der Anwendung ionisierender Strahlen in der Medizin resultiert. Nur ein kleiner Teil kommt durch die Anwendung radioaktiver Stoffe hinzu (Parlamentsbericht BfS 2004).

Die aus den einzelnen Dosen berechnete Strahlenexposition beträgt in der BRD ca.

4,0 mSv / a. Die typische Zusammensetzung der effektiven Dosis aus den verschie- denen Quellen für die BRD zeigt die graphische Darstellung in Abbildung 4.

Mittlere jährliche Effektive Dosis in mSv (nach BfS, 2004)

terrestrisch 0,4

kosmisch 0,3

Intern 1,4

zivilisa- torisch 1,9

Abb. 4: Beiträge zur mittleren jährlichen effektiven Dosis in der BRD.

Auf die oben beschriebenen Strahlenexpositionen wird zurückgegriffen, um daraus akzeptable Dosisgrenzwerte abzuleiten. Risikoabschätzungen erfolgen in Relation zu den jährlichen Strahlenexpositionen. Die Abschätzung des Strahlenrisikos erfolgt für die stochastischen Strahlenschäden, also für die Karzinogenese und genetische Veränderungen. Bei stochastischen Strahlenschäden nimmt die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts mit der Dosis zu. Nach heutiger Lehrmeinung führen auch schon sehr geringe Dosen zu Schäden und es existiert keine Schwellendosis. Die Dosisschwellen für deterministische Strahlenschäden sind hingegen so hoch, dass

(33)

sie bei Einhaltung der Grenzwerte der Strahlenschutzgesetze (s. Kap. 2.3.3, Tab. 3) nicht erreicht werden sollten (KRIEGER 2002).

Als Grundlage für die Abschätzung des Risikos strahlenbedingter Krebs- und Leu- kämieerkrankungen werden zahlreiche epidemiologische Studien bei Personengrup- pen herangezogen, die einer erhöhten Exposition durch ionisierende Strahlung aus- gesetzt waren, wie z. B. die Überlebenden der Atombombenexplosionen in Hiroshi- ma und Nagasaki. Die Ergebnisse dieser Studien aus dem Hochdosisbereich werden u. a. auf den Niedrigdosisbereich extrapoliert. Dabei wird überwiegend eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung ohne Schwellendosis für die Häufigkeit strahlenbedingter Krebs- und Leukämieerkrankungen, sowie das Auftreten genetischer Schäden vor- ausgesetzt.

Zwei Risikomodelle werden zu solchen Berechnungen herangezogen, das absolute und das relative Risikomodell. Das absolute Risikomodell beschreibt eine zusätzliche Zahl strahleninduzierter Krebsfälle in Abhängigkeit von der Dosis ausgelöst durch die Strahlung. Dagegen wird beim relativen Risikomodell angenommen, dass der Strah- lungseffekt darin besteht, dass sich die natürliche Krebshäufigkeit bei allen Alters- gruppen um einen dosisabhängigen Faktor erhöht. Bei Risikoabschätzungen wird auf Grund der Krankheitshäufigkeit das entsprechende Modell gewählt.

Grundsätzlich wird eher das Risiko überschätzt, da eine solche Überschätzung im Interesse des internationalen Strahlenschutzes liegt. Verantwortlich für solche Ab- schätzungen sind u. a. die japanische Radiation Effects Research Foundation (RERF), das wissenschaftliche Komitee über die Effekte der atomaren Strahlung der Vereinten Nationen (UNSCEAR) und die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK).

2.3.2 Prinzipien des Strahlenschutzes

Der Begriff „Strahlenschutz“ kann in zweifacher Hinsicht verstanden werden. Zum einen soll er Grundlage für die Erarbeitung und gesetzliche Durchführung von Be- stimmungen sein, die dazu dienen ein potentielles Strahlenrisiko zu begrenzen und zu minimieren. Zum anderen sind darunter verschiedene Maßnahmen (z. B. bauli- cher Art) zu verstehen, die eine mögliche Strahlenexposition reduzieren sollen.

(34)

Die internationale Strahlenschutzkommission (International Commission on Radiolo- gical Protection, ICRP) erarbeitet die Empfehlungen, die die Grundlage für die ge- setzlichen Regelungen, u. a. auch in der EU, bilden. Drei Kernsätze der ICRP- Empfehlung Nr. 26 (1977) sind von grundsätzlicher Bedeutung und wurden sinnge- mäß auch in das deutsche Recht (StrlSchV §6 2002; RöV §2a 2003) umgesetzt:

• Es darf keine Tätigkeit gestattet werden, deren Einführung nicht zu einem po- sitiven Nettonutzen führt (Rechtfertigungsprinzip).

• Alle Strahlenexpositionen müssen so niedrig gehalten werden, wie es unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und sozialer Faktoren vernünftigerweise er- reichbar ist (Optimierungsgebot / Minimierungsgebot).

• Die Äquivalentdosis von Einzelpersonen darf die von der Kommission für die jeweiligen Bedingungen empfohlenen Grenzwerte nicht überschreiten.

Konkrete Maßnahmen zur Minimierung der Strahlenexposition lassen sich aus dem folgenden Zusammenhang ableiten:

Die Ortsdosisleistungen D& und die Expositionszeiten (t) bei allen Expositionen (i) ergeben die Personendosis Dpers entsprechend

=

i i

pers D t

D & . (8)

Je geringer also die Dosisleistungen bzw. Expositionszeiten sind, desto geringer ist auch die Personendosis. Um die Personendosen beruflich strahlenexponierter Per- sonen und der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig nach dem ALARA – Prinzip (as low as reasonably achievable) zu handeln, basiert der praktische Strahlenschutz auf drei Leitlinien:

• Verminderung der Aufenthaltsdauer (Expositionszeit) im Strahlenfeld.

• Verminderung der Ortsdosisleistung durch Vergrößerung des Abstandes zwi- schen Strahlenquelle und exponierter Person.

• Verminderung der Ortsdosisleistung durch Abschirmung des Strahlenfeldes.

Zusammenfassend werden diese drei Maßnahmen als die „drei A’s“ (Aufenthalts- dauer, Abstand, Abschirmung) des praktischen Strahlenschutzes bezeichnet.

(35)

2.3.3 Gesetze und Richtlinien

Die Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin ist in Deutschland gesetzlich durch das Atomgesetz (AtG 2005), die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV 2002) und die Röntgenverordnung (RöV 2003) geregelt. Als inhaltliche Vorlagen dienten dabei vor allem zwei Richtlinien der Europäischen Union, die 96/29/EURATOM (Grundnormen) und die 97/43/EURATOM (Patientenschutz). In diesen wurden die Empfehlungen der ICRP (International Commission on Radiological Protection), vor allem die Empfehlungen der Publikation 60 (1991), übernommen. Wesentliche Neue- rungen in dieser Publikation waren eine Höherbewertung des Strahlenrisikos, neue Gewebe-Wichtungsfaktoren für die Berechnung der effektiven Dosis und die Empfeh- lung niedrigerer Dosisgrenzwerte für beruflich strahlenexponierte Personen und die Bevölkerung.

Für den praktischen Tierarzt ist vor allem die Verordnung über den Schutz vor Schä- den durch Röntgenstrahlen (RöV 2003) vom 8. Januar 1987 (BGBl. I. S. 114), in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003, ausschlaggebend. Ihr Anwen- dungsbereich bezieht sich auf alle Anlagen, die Röntgenstrahlen mit einer Energie zwischen 5 keV und 1000 keV erzeugen können. In allen anderen Bereichen greift die Strahlenschutzverordnung. Strahlenschutzrelevante Bestimmungen sind in bei- den Verordnungen nahezu identisch. In der neuen Fassung der RöV (2003) finden sich strahlenschutzrelevante Bestimmungen, die gerade den Tierhalter betreffen. So wird in §25 (5) der Tierhalter mit den helfenden Personen gleichgesetzt und be- stimmt, dass dieser vor dem Betreten des Kontrollbereiches über mögliche Gefahren der Strahlenexposition zu unterrichten ist. Weiterhin sind Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Strahlenexposition zu beschränken. In den §§ 31-36 finden sich die Vor- schriften über die Strahlenexposition. Dabei werden die beruflich strahlenexponierten Personen nach ihrer jährlichen effektiven Dosis in zwei Kategorien unterteilt und von der Einzelperson abgegrenzt. Für den Tierhalter gelten die Grenzwerte der Einzel- person. Neben der Jahresdosis werden auch Grenzwerte für Organdosen fast aller Organe angegeben (s. Tab. 5).

(36)

Tab. 5: Jährliche Dosisgrenzwerte für strahlenexponierte Personen der Kategorie A und B, sowie Einzelpersonen (§§ 31a, 32 RöV 2003).

Personen der Kategorie Einzelperson

A B

1 Effektive Dosis 20 mSv 6 mSv 1 mSv

2 Organdosis: Keimdrüsen,

Uterus, rotes Knochenmark 50 mSv - -

3 Organdosis: Augenlinse 150 mSv 45 mSv 15 mSv 4 Organdosis: alle nicht expli-

zit aufgeführten Organe 150 mSv - -

5 Organdosis: Haut, Hände,

Unterarme, Füße, Knöchel 500 mSv 150 mSv 50 mSv*

*Organdosis: Haut

In § 35 der RöV (2003) wird festgestellt, wer zu dem zu überwachenden Personen- kreis gehört und wie die Körperdosis zu ermitteln ist. Die Körperdosis ist als Sam- melbegriff für die effektive Dosis und die Organdosis definiert, welche durch Messung der Personendosis zu ermitteln ist. Diese ist mit einem amtlichen Personendosimeter zu messen, welches an einer für die Strahlenexposition als repräsentativ geltenden Stelle der Körperoberfläche getragen werden muss. Betroffen von dieser Maßnahme sind all jene Personen, die sich nicht als Patienten im Kontrollbereich aufhalten, also auch Tierhalter bzw. helfende Personen. In Ausnahmefällen kann auf die Messung der Körperdosis verzichtet werden, wenn sichergestellt ist, dass im Kalenderjahr eine effektive Dosis von 1 mSv oder höhere Organdosen als ein Zehntel der Organdosis- grenzwerte der Personen der Kategorie A nicht erreicht werden. Die Behörde muss einer solchen Ausnahmeregelung zustimmen.

Zum Schutz aller Personen, die den Kontrollbereich betreten, wird eine Unterweisung vom Gesetz gefordert, um auf mögliche Risiken hinzuweisen. Diese Unterweisungen sind zu dokumentieren und von den unterwiesenen Personen zu unterzeichnen. Die Aufbewahrungspflicht für die Unterweisung der Tierhalter beträgt ein Jahr.

Im Zuge der gesetzlichen Neuerungen ist im Jahr 2005 die RL Strahlenschutz in der Tierheilkunde erschienen. Die Strahlenschutzverordnung und die Röntgenverord-

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nung bilden die Grundlage dieser Richtlinie, die ausführt, wie die Strahlenschutzrege- lungen im Bereich der Tierheilkunde vollzogen werden sollen. Unter anderem werden die zur Erhaltung und Aktualisierung der Fachkunde notwendigen Kenntnisse festge- legt. Ein ganzes Kapitel (Kap. 4 der RL Strahlenschutz in der Tierheilkunde 2005) ist allein dem Schutz der Tierbetreuungsperson gewidmet. Als Tierbetreuungsperson im Sinne der Richtlinie gelten Personen, die außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeiten freiwillig oder mit Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters Tiere betreuen, an denen in Ausübung der Tierheilkunde radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung ange- wendet werden. Bevor eine Tierbetreuungsperson den Kontrollbereich betritt, müs- sen Hinweise auf Gefahren, deren Vermeidung sowie sonstige Erfordernisse des Strahlenschutzes erfolgen und über diese Unterweisung Aufzeichnungen geführt werden. Die Körperdosis der Tierbetreuungspersonen ist auf Grundlage der Festle- gung der zuständigen Behörde gemäß der Richtlinie für die physikalische Strahlen- schutzkontrolle zur Ermittlung der Körperdosen zu ermitteln (Kap. 4.1 RL Strahlen- schutz in der Tierheilkunde 2005). Die Ergebnisse sind aufzuzeichnen und der Tier- betreuungsperson auf Verlangen mitzuteilen. Die Gesamtstrahlenexposition darf da- bei den Grenzwert für Einzelpersonen (s. Tab. 5) nicht überschreiten. In Kapitel 4.1 der Richtlinie wird besonders darauf hingewiesen, dass der Zutritt zu Kontrollberei- chen der Tierbetreuungsperson nur gestattet wird, wenn ihr Aufenthalt erforderlich ist und der zuständige Tierarzt, Arzt oder Zahnarzt zugestimmt hat. Schwangeren Frau- en ist der Zutritt zu Kontrollbereichen als Tierbetreuungsperson nicht gestattet.

2.4 Radiographie in der Kleintiermedizin

2.4.1 Kurze Übersicht zu radiographischen Standardverfahren

Die Bedeutung der Radiographie in der Kleintiermedizin hat seit der Entdeckung der Röntgenstrahlen 1896 stetig zugenommen (WILLIAMSON 1978; WEBBON 1981).

Als diagnostisches Verfahren ist sie nicht mehr aus dem Praxisalltag wegzudenken.

In den letzten 40 Jahren sind die Röntgengeräte erschwinglicher und zugleich leis- tungsstärker geworden und gehören seither in fast jeder Praxis zur Grundausstat- tung. Vor allem bei den so genannten Luxustieren (Pferd, Hund, Katze) werden rou- tinemäßig Röntgenbilder zur Beurteilung von Erkrankungen und für Kontrolluntersu-

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chungen angefertigt. Wichtige Hinweise erhält man bei Lungen- und Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Kontraststudien geben pathologische Veränderungen u. a. vom Ma- gen-Darm-Trakt wieder. Ausmaß und Umfang von Traumata des Skeletts sind dar- stellbar und deren Heilungsverläufe können über die Radiographie dokumentiert werden. Genetisch verursachte Veränderungen, u. a. die Hüftgelenksdysplasie, sind mit Hilfe der Röntgendiagnostik schon im vorklinischen Stadium nachweisbar und betroffene Tiere können von der Zucht ausgeschlossen werden (GIBBS 1978;

WEBBON 1981). Weitere diagnostische Verfahren, wie die digitale Radiographie und Computertomographie, spielen zunehmend eine Rolle, sind aber auf Grund der rela- tiv hohen Betriebskosten eher den größeren Kliniken und Universitätskliniken vorbe- halten (ROBERTS u. GRAHAM 2001; KOERT 2004).

Im Sinne des Strahlenschutzes soll durch eine an die jeweilige Klinik bzw. Praxis an- gepasste Standardisierung des Aufnahmeprozesses die Möglichkeit gegeben sein, schon bei Erstaufnahmen verwertbare Röntgenbilder herzustellen. Grundlage dafür ist eine einwandfreie Aufnahmetechnik, bei der die Lagerung des Tieres, die Auswahl der Belichtungsparameter und Hilfsmittel sowie die Filmentwicklung unter reprodu- zierbaren Bedingungen ablaufen (TICER 1984; MORGAN 1993; LAVIN 1999).

Routinemäßig werden in der Kleintiermedizin Aufnahmen vom Körperstamm (Thorax, Abdomen), vom Skelett (Gliedmaßen, Wirbelsäule, Becken) und vom Kopf angefer- tigt. Kopfaufnahmen sind auf Grund ihrer komplexen Morphologie die am schwierigs- ten zu beurteilenden Röntgenaufnahmen, wobei zahlreiche Spezialansichten existie- ren. In der Regel wird für die aussagekräftige Diagnostik die Darstellung in zwei Ebe- nen empfohlen, um eine dreidimensionale Vorstellung der untersuchten Region zu ermöglichen. Die Fachliteratur gibt zahlreiche Hinweise zur korrekten Einstellung und Lagerung bei der Darstellung einzelner Körperabschnitte (TICER 1984; DOUGLAS et al. 1991; MORGAN 1993; LAVIN 1999).

2.4.2 Fixierung, Sedation und Hilfsmittel

Der röntgenologisch tätige Tierarzt und sein Personal sind bei der Erstellung von Röntgenbildern von Tieren besonders gefordert. Im Gegensatz zur Radiographie in der Humanmedizin hat es der Tierarzt mit einem unkooperativen Patienten zu tun.

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