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Etablierung der Isolierung, selektiven Anreicherung und Transfektion adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen zur Überexpression von FGF-2-Isoformen

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Academic year: 2022

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Aus dem Institut für Tierökologie & Zellbiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover

und

der Abteilung Neuroanatomie der Medizinischen Hochschule Hannover

________________________________________________________________________

Etablierung der Isolierung, selektiven Anreicherung und Transfektion adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen

zur Überexpression von FGF-2-Isoformen

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Christina Mauritz

aus Oldenburg

Hannover 2005

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Gerd Bicker

Prof. Dr. Claudia Grothe

1. Gutachter: Prof. Dr. Gerd Bicker

2. Gutachter: Prof. Dr. Stephan Steinlechner

Tag der mündlichen Prüfung: 2. Juni 2005

Die vorliegende Arbeit wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Gr 857/15-3, Prof. Dr. C. Grothe), die Kogge-Stiftung für veterinärmedizinische Forschung Gießen (Dr. K. Haastert) und durch ein Promotionsstipendium des Evangelischen Studienwerks e.V. Villigst (C. Mauritz).

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Meiner Familie und meinen Freunden gewidmet

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Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung... 1

II. Literaturübersicht... 4

1. Nervensystem und Nervengewebe... 4

1.1 Schwann-Zellen... 4

2. Verletzungen peripherer Nerven... 6

3. Waller-Degeneration, axonale Regeneration und Neurombildung... 9

4. Herkömmliche Therapien und „Tissue Engineering" ... 12

5. Fibroblastenwachstumsfaktor-2 (FGF-2)... 16

6. Konzeptioneller Hintergrund der vorliegenden Arbeit ... 18

7. Ziel der vorliegenden Arbeit... 18

III. Material und Methoden... 20

1. Versuchstiere... 20

2. Isolierung von Schwann-Zellen aus adulten Ratten... 20

2.1 In vivo-Prädegeneration des Nervus (N.) ischiadicus adulter Ratten ... 20

2.2 Entnahme des N. ischiadicus bzw. des distalen N. ischiadicus-Stumpfes adulter Ratten... 22

2.3 In vitro-Prädegeneration des N. ischiadicus adulter Ratten... 23

2.4 Dissoziation des peripheren Nervenmaterials adulter Ratten... 23

3. Isolierung von adulten Schwann-Zellen aus humanem Nervengewebe ... 25

3.1 Humanes Nervengewebe ... 25

3.2 Isolierung von Nervenfaszikeln aus humanem Nervengewebe... 25

3.3 In vitro-Prädegeneration humaner Nervenfaszikel ... 26

3.4 Dissoziation humaner Nervenfaszikel ... 26

4. Kultivierung adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen... 26

4.1 Kulturplatten und -medium... 26

4.2 Zellaussaat/Zelldichte ... 28

5. Selektive Anreicherung adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen ... 29

5.1 Methode 1: Dynabeads®Pan Mouse IgG ... 29

5.2 Methode 2: Cold jet ... 30

(6)

6. Immunzytochemie... 31

6.1 Reinheit adulter Schwann-Zell-Kulturen... 32

6.1.1 Markierung adulter Ratten-Schwann-Zellen ... 32

6.1.2 Markierung adulter humaner Schwann-Zellen ... 33

6.2 Proliferationsraten adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen ... 34

7. Transfektion adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen... 35

7.1 Methode 1: Kalziumphosphat-vermittelte Transfektion... 35

7.2 Methode 2: Lipid-vermittelte Transfektion ... 36

7.3 Methode 3: Elektroporation... 37

7.3.1 Transfektion adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen zur Überexpression von FGF-2-Isoformen ... 40

8. Quantifizierung der Kulturreinheit, der Proliferations- und Transfektionsraten adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen... 41

9. Statistische Auswertung... 42

IV. Ergebnisse... 43

Ergebnisse A: adulte Schwann-Zellen der Ratte... 43

1. Zellausbeute nach unterschiedlicher Vorbehandlung des Nervenmaterials adulter Ratten... 43

2. Zellvitalität nach Dissoziation ... 44

3. Zellaussaat... 45

4. Selektive Anreicherung adulter Ratten-Schwann-Zellen... 46

5. Reinheit adulter Ratten-Schwann-Zell-Kulturen ... 47

6. Proliferationsraten adulter Ratten-Schwann-Zellen... 49

7. Transfektionsraten neonataler und adulter Ratten-Schwann-Zellen... 50

7.1 Transfektion adulter Ratten-Schwann-Zellen zur Überexpression von FGF-2-Isoformen... 52

Ergebnisse B: adulte Schwann-Zellen des Menschen... 53

1. Zellausbeute nach unterschiedlicher Vorbehandlung des humanen Nervenmaterials... 53

2. Qualität der Dissoziation in Abhängigkeit von der Vorbehandlung... 54

3. Zellvitalität nach Dissoziation ... 55

4. Zellaussaat... 55

5. Reinheit adulter humaner Schwann-Zell-Kulturen... 56

6. Proliferationsraten adulter humaner Schwann-Zellen... 57

(7)

7. Transfektionsraten adulter humaner Schwann-Zellen ... 59

7.1 Transfektion adulter humaner Schwann-Zellen zur Überexpression von FGF-2-Isoformen... 60

V. Diskussion... 62

1. Optimierung der Methoden zur Isolierung adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen aus peripherem Nervenmaterial ... 62

1.1 Direkte Dissoziation und in vitro-Prädegeneration des adulten peripheren Nervenmaterials... 62

1.2 In vivo-Prädegeneration des peripheren Nervenmaterials adulter Ratten... 64

1.3 Prädegeneration des peripheren Nervenmaterials als effiziente Isolierungs- methode... 65

1.4 Auswirkung der unterschiedlichen Vorbehandlung von adultem peripheren Nervengewebe ... 66

2. Kultivierung adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen... 68

2.1 Beschichtung der Kulturplatten ... 68

2.2 Optimale Aussaatdichte ... 69

2.3 Selektive Kulturbedingungen unter Verwendung eines definierten serumfreien Kulturmediums ... 70

3. Reinheit adulter Schwann-Zell-Kulturen der Ratte und des Menschen... 72

3.1 Charakterisierung adulter Schwann-Zellen anhand spezifischer Markerproteine... 72

3.2 Strategien zur selektiven Anreicherung adulter Schwann-Zellen... 74

4. Proliferationsraten adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen ... 78

4.1 Verfahren zur Bestimmung der Proliferationsrate adulter Schwann-Zellen ... 78

4.2 Proliferationsraten adulter Schwann-Zellen in Abhängigkeit von der Vorbehandlung des adulten peripheren Nervenmaterials und von den verwendeten Medienzusätzen ... 79

5. Transfektion adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen... 83

5.1 Etablierung der Elektroporation als effiziente Transfektionsmethode für adulte Schwann-Zellen ... 83

5.2 Produktion FGF-2-überexprimierender adulter Schwann-Zellen... 85

6. Schlussbetrachtung ... 86

VI. Zusammenfassung... 93

VII. Summary... 96

VIII. Literaturverzeichnis... 98

Anhang... 111

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Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

Aqua dest. destilliertes Wasser

Ara-C cytosine arabinoside

BPE bovines Hypophysenextrakt BrdU 5-Bromo-2'-deoxy-uridine

BSA bovines Serumalbumin

cAMP zyklisches Adenosinmonophosphat

CO2 Kohlendioxid

CT Choleratoxin

CyTM-2 Cyanin

CyTM-3 Indocarbocyanin

DAPI 4', 6'-Diamidino-2-Phenylindole

DH Dunkelheit

DMEM Dulbecco's modified eagle medium DsRed Discosoma Red Fluorescent Protein EGF epidermal growth factor EGFP Enhanced Green Fluorescent Protein

F Farad

Fc kristalline Fragmente

FCS fetales Kälberserum

FGF-2 Fibroblastenwachstumsfaktor-2

FGFR hochaffine Tyrosinkinase-Fibroblastenwachstumsfaktor-Rezeptoren

FK Forskolin

g Erdbeschleunigung

GGF glial growth factor

GZZ Gesamtzellzahl

HMW höhermolekulare (21 und 23 kDa) Isoformen des FGF-2

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[r]HRG [rekombinantes] Heregulin

IgG Immunglobulin G

kDa KiloDalton

MEZ Mitteleuropäische Zeit

MHH Medizinische Hochschule Hannover

N. Nervus

N-CAM neural cell adhesion molecule

Nn. Nervi

p75LNGFR niedrig affiner Nervenwachstumsfaktorrezeptor PBS Phosphat gepufferte Salzlösung

Pen/Strep Penicillin/Streptomycin

PFA Paraformaldehyd

PLL Poly-L-Lysin

PNS peripheres Nervensystem

PORN Poly-L-Ornithin

RT Raumtemperatur

s. siehe

SE seeding efficiency

s.u. siehe unten

Tab. Tabelle

U Unit

vgl. vergleiche

ZNS zentrales Nervensystem

ZTL Zentrales Tierlabor

Statistische Größen

n Anzahl der Versuche

p Irrtumswahrscheinlichkeit (Signifikanzniveau)

SD Standardabweichung

x Mittelwert

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I. Einleitung

Verletzungen peripherer Nerven, verursacht unter anderem durch Verkehrsunfälle, die mit einer vollständigen Durchtrennung nervaler Strukturen und dem Funktionsausfall der entsprechenden Endorgane (Motorik, Hautsensibilität) einhergehen, zeigen normalerweise keine spontane Heilung. Die körpereigenen Regenerationskapazitäten reichen meistens nicht aus, die Distanz zwischen den entstandenen Nervenstümpfen zu überbrücken, so dass ohne einen operativen Eingriff die strukturelle und funktionelle Wiederherstellung ausbleibt. Nach Verletzungen, die zu keinem oder nur zu einem geringen Substanzverlust geführt haben, wird eine direkte Anastomose der beiden Stümpfe über eine Nervennaht angestrebt. Größere Verluste an Nervengewebe machen eine solche, möglichst spannungsfreie Adaptation der Nervenstümpfe zunichte. In diesen Fällen wird autologes (körpereigenes) Nervenmaterial zur Überbrückung der Defektstrecken eingesetzt. Dieser Methode als Mittel der Wahl sind Grenzen gesetzt. Zum einen können Qualitätsunterschiede zwischen Spender- und Empfängernerv (motorisch/sensibel) bestehen und zum anderen führt die Autotransplantation zu einem Funktionsausfall des Spendernervens. Autologes Nervengewebe steht also nicht unbegrenzt zur Verfügung.

Gerade bei großem Substanzverlust bzw. der gleichzeitigen Verletzung mehrerer Nerven wie z.B. bei Läsionen des Armnervengeflechtes (Plexus brachialis) ist diese Methode nicht umfassend anwendbar. Ein alternatives therapeutisches Konzept bildet die Implantation von Schwann-Zellen, welche eine große Rolle bei der körpereigenen Nervenregeneration spielen. Diese Zellen konnten experimentell aus Bioptaten peripherer Nerven gewonnen, in Kultur expandiert und innerhalb artifiziell hergestellter Nerveninterponate zwischen die Stümpfe verletzter Nerven implantiert werden. Im Rahmen dieses so genannten „Tissue engineering“ führten im Tiermodell eingesetzte Schwann-Zellen zur erfolgreichen Regeneration großer, nicht spontan heilbarer Defektstrecken peripherer Nerven (ANSSELIN et al., 1997). Ähnliche Erfolge wurden durch die Freisetzung von Fibroblastenwachstumsfaktor-2 (FGF-2), einer neurotrophen Substanz, aus synthetischen Nerveninterponaten erzielt (AEBISCHER et al., 1989).

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Die Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. Claudia Grothe befasst sich neben Untersuchungen zu den spezifischen biologischen Funktionen der kommerziell erhältlichen 18 kDa- Isoform und der im eigenen Labor hergestellten höhermolekularen 21 und 23 kDa (HMW)-Isoformen des FGF-2 auch mit therapeutischen Konzepten zur Wiederherstellung peripherer Nerven. Hierzu wurde ein Regenerationsmodell bei der adulten Ratte etabliert, in dem die Effekte der Überexpression von FGF-2-Isoformen durch transplantierte neonatale Schwann-Zellen der Ratte auf die periphere Nervenregeneration bei einer großen Nervenunterbrechung von 15 mm untersucht werden.

So sollen die regenerationsfördernden Eigenschaften von Schwann-Zellen mit denen eines neurotrophen Faktors (FGF-2-Isoformen) kombiniert werden. Die hierfür benötigten Schwann-Zellen werden aus dem Nervus ischiadicus neugeborener Ratten gewonnen, hoch aufgereinigt und im nächsten Schritt genetisch so verändert (transfiziert), dass sie die FGF-2-Isoformen überexprimieren. Der regenerationsfördernde Effekt der HMW-FGF-2- Isoformen auf die periphere Nervenregeneration konnte so gezeigt werden (TIMMER et al., 2003; LIPOKATIC et al., 2004).

Für eine spätere klinische Anwendung dieses Regenerationsmodells sollten die verwendeten Schwann-Zellen optimalerweise autolog (körpereigen) sein, das heißt, sie sollten aus einem peripheren Nervenbioptat des betroffenen Patienten (häufig junge Erwachsene nach Motorradunfällen) gewonnen und nach Vermehrung und Transfektion in Kultur reimplantiert werden. Die Verwendung autologer Schwann-Zellen würde keine Abstoßungsreaktionen nach sich ziehen, zudem stehen neonatale humane Schwann-Zellen in der Regel nicht zur Verfügung. Aus diesem Grund ist es von großer Relevanz, auch Schwann-Zellen von Erwachsenen (adulte Schwann-Zellen) in ausreichender Menge kultivieren und transfizieren zu können.

Die Schwierigkeiten bei der Kultivierung adulter Schwann-Zellen liegen zum einen in der Kontamination der Kulturen durch stark proliferierende Bindegewebszellen, den Fibroblasten, und zum anderen in der fehlenden Teilungsaktivität der postmitotischen Schwann-Zellen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden erste Versuche an Schwann-Zellen der adulten Ratte durchgeführt und die gewonnenen Erfahrungen auf adulte humane Schwann-Zellen übertragen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die

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Etablierung der Isolierung, selektiven Anreicherung und Transfektion adulter Schwann- Zellen der Ratte und des Menschen zur Überexpression von FGF-2-Isoformen.

Berücksichtigt wurde dabei vor allem die klinische Anwendbarkeit der Methoden. Zudem lag der Fokus auf einer möglichen Verkürzung der Kultivierungsphase, um durch eine frühe Reimplantation der Schwann-Zellen die Regenerationsdauer nach peripherer Nervenverletzung zu verkürzen und dadurch irreversible Degenerationsprozesse (Zerfall intramuskulärer Nervenscheiden, Muskelatrophie) verhindern zu können.

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II. Literaturübersicht

1. Nervensystem und Nervengewebe

Das Zentralnervensystem (ZNS) besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark. Die Summe aller animaler und vegetativer Nerven einschließlich der peripheren Nervenzellansammlungen (sensible und vegetative Ganglien) außerhalb des ZNS bildet das periphere Nervensystem (PNS) (LEONHARDT, 1990).

Nervengewebe besteht aus Nervenzellen (Neuronen) und Gliazellen. Neurone besitzen Fortsätze (Axone und Dendriten), die durch spezifische Zellkontakte (Synapsen) mit anderen Neuronen, mit Rezeptoren (Sensoren) oder mit Effektoren („Befehlsempfängern", z.B. Muskelfasern) verbunden sind. Ein besonderes Merkmal des Neurons besteht darin, dass eine durch physikalische oder chemische Reize induzierte elektrische Erregung der Plasmamembran entlang eines Fortsatzes rasch über lange Strecken fortgeleitet und mittels Synapsen auf andere Neurone übertragen werden kann (LÜLLMANN-RAUCH, 2003).

Es gibt etwa zehnmal mehr Gliazellen als Neurone. Die Gliazellen sind für den Erhalt und die Funktion der Nervenzellen zuständig. Die unterschiedlichen Typen von Gliazellen besitzen, je nach Lokalisation im zentralen oder peripheren Nervensystem, spezifische Aufgaben (LÜLLMANN-RAUCH, 2003).

1.1 Schwann-Zellen

Schwann-Zellen sind Gliazellen des PNS. Sie umhüllen innerhalb der peripheren Nerven somato- und viszeromotorische und somato- und viszerosensible Axone. Die Axone sind periphere Fortsätze der Neurone des ZNS bzw. der Ganglien und innervieren die Gewebe und Organe. Die Einheit aus Axon und zugehöriger Gliahülle wird als Nervenfaser bezeichnet. Die einzelnen Nervenfasern werden von einem Kollagenfasern führenden Bindegewebe, dem Endoneurium umhüllt. Bündel von Nervenfasern werden durch das straffe Bindegewebe des Perineuriums zu Faszikeln zusammengefasst. Außen verbindet

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das aus lockerem Bindegewebe bestehende Epineurium die Faszikel zu einem einheitlichen Nerven (LEONHARDT, 1990; LÜLLMANN-RAUCH, 2003).

Die Schwann-Zellen existieren in zwei verschiedenen Formen: myelinisierend oder nicht- myelinisierend. Nicht-myelinisierende Schwann-Zellen umhüllen gleichzeitig mehrere dünne Axone (marklose Nervenfasern). Ab einem bestimmten Durchmesser werden einzelne Axone von einer Myelin- oder Markscheide umhüllt (markhaltige Nervenfasern).

Die Myelinscheide ist aus zahlreichen konzentrischen Lipid-Protein-Lamellen aufgebaut und entsteht dadurch, dass myelinisierende Schwann-Zellen das Axon mit einem breitflächigen Ausläufer spiralig umwickeln. Dabei umhüllt jede Schwann-Zelle jeweils nur ein Axon entlang einer bestimmten Strecke, dem Internodium. Die Myelinsegmente sind in regelmäßigen Abständen durch kurze myelinfreie Zonen, den Ranvier- Schnürringen, unterbrochen. Die internodale Plasmamembran des Axons ist gegenüber der Umgebung isoliert, im Bereich der Schnürringe fehlt die Isolierung. Die Myelinscheide liefert die physikalische Voraussetzung für die rasche Erregungsleitung entlang eines Axons. Die elektrische Erregungsleitung springt von einem Schnürring zum nächsten (saltatorische Erregungsleitung) und pflanzt sich dadurch auf myelinisierten Axonen mit viel höherer Geschwindigkeit fort als auf marklosen Axonen (LEONHARDT, 1990;

LÜLLMANN-RAUCH, 2003).

Die axonalen Signale bestimmen, zu welchem Phänotyp (myelinisierend oder nicht- myelinisierend) sich die unreife Schwann-Zelle postnatal entwickelt (MIRSKY u.

JESSEN, 1999; MIRSKY et al., 2002). Die Ausprägung eines bestimmten Phänotyps ist reversibel. Durch den Verlust des axonalen Kontaktes, z.B. nach einer Nervenverletzung, dedifferenzieren die Schwann-Zellen, um dann Kontakt zu den wieder auswachsenden Axonen aufzunehmen. Sie besitzen die Kapazität, erneut entweder den myelinisierenden oder den nicht-myelinisierenden Phänotyp auszubilden. Letzteres wird wiederum über Signale des assoziierten Axons vermittelt (BUNGE, 1993).

Der Nervus (N.) ischiadicus von männlichen Wistar Ratten besteht aus ca. 27.000 Axonen, davon sind 6 % myelinisierte motorische Axone, 23 % myelinisierte und 48 % nicht- myelinisierte sensible Axone und 23 % unmyelinisierte sympathische Fasern (SCHMALBRUCH, 1986).

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Die Axone der präganglionären Neurone des vegetativen Nervensystems sind von Markscheiden umhüllt, während die der postganglionären Neurone marklos sind (ZILLES u. REHKÄMPER, 1994).

2. Verletzungen peripherer Nerven

Läsionen peripherer Nerven können durch mechanische Einwirkungen verursacht werden.

Es wird dabei zwischen scharfen und stumpfen Gewalteinwirkungen unterschieden.

Erstere führen zu Stich-, Schnitt- und Sägeverletzungen, letztere zu Druck- und Dehnungsschäden verursacht durch Unfall, Operation oder Lagerung (STÖHR u.

KRAUS, 2002). Daneben können Schädigungen peripherer Nerven auch durch Tumorbildung, virale Infektionen oder Entzündungen hervorgerufen werden (STOLL u.

MULLER, 1999; SCHLOSSHAUER et al., 2003).

Neben der Verletzung einzelner peripherer Nerven können auch ganze Nervengeflechte betroffen sein. Als Beispiel seien Traumata des Armnervengeflechtes (Plexus brachialis) genannt, die am häufigsten durch Verkehrsunfälle entstehen. Zu ca. 80-90 % handelt es sich dabei um Motorradunfälle. Unfälle bei der Arbeit, beim Fahrradfahren und als Fußgänger sind weniger häufig. Die betroffenen Patienten sind überwiegend jung, zwischen 16-25 Jahre (CARVALHO et al., 1997; MILLESI, 1997).

Bei Plexus brachialis-Läsionen können Kontinuitätsunterbrechungen von Nerven- strukturen im Bereich der Nervenwurzeln, der Spinalnerven, der Trunci und Fasciculi des Plexus und der aus dem Plexus entspringenden Nerven auftreten (NIKKHAH et al., 1997b; SAMII et al., 1997). Meistens sind Plexus brachialis-Läsionen Teil eines polytraumatischen Geschehens mit Knochenbrüchen, Gefäßverletzungen, Weich- teilverletzungen im Bereich der oberen Extremität und Verletzungen am Schädel, Thorax und den unteren Extremitäten (MILLESI, 1997; NIKKHAH et al., 1997b). Als erstes ist die Versorgung der lebensbedrohlichen Verletzungen angezeigt. Eine chirurgische Exploration von Plexus brachialis-Läsionen ist innerhalb der ersten Tage nach dem Unfall am einfachsten durchzuführen, aber etwa nur die Hälfte der Patienten kommt aufgrund der multiplen Verletzungen für eine frühe rekonstruktive Operation in Betracht (VAN DER

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WERKEN u. DE VRIES, 1993). Die Plexus brachialis-Verletzung wird also in der Regel zunächst konservativ behandelt und erst nach Besserung des Allgemeinbefindens kann eine genaue Diagnose über Ausmaß und Lokalisation der Läsion gestellt und über weitere Behandlungsmaßnahmen (konservativ oder operativ) entschieden werden (MILLESI, 1997).

Die Zeitspanne zwischen der Entstehung der Läsion und dem chirurgischen Eingriff spielt dabei eine große Rolle im Hinblick auf das operative Endergebnis. SAMII et al. (1997) haben gezeigt, dass Patienten, die sich einer Operation 12 Monate nach der Verletzung unterzogen, ein schlechteres Ergebnis bezogen auf die Wiederherstellung der Armfunktionen zeigten als Patienten, die früher (1-6 Monate) behandelt wurden.

Nicht nur bei den meist jungen Erwachsenen, sondern auch bei Neugeborenen kann es zu Verletzungen des Plexus brachialis kommen. Eine solche geburtstraumatische Läsion tritt in 0,05-0,3 % der Geburten auf. Als Prädisposition kommen ein Geburtsgewicht des Kindes von über 4000 g, eine Steißlage, anatomische Varianten im Bereich des Geburtsweges der Frau und Notfallsituationen während der Geburt mit Bedrohung für Kind und/oder Mutter in Frage (BERGER et al., 1997).

Bei Kleintieren treten Verletzungen peripherer Nerven u.a. nach Autounfällen, Frakturen, Schussverletzungen, Bisswunden oder iatrogen bedingt auf. Berichtet wird von Plexus brachialis-Läsionen, Verletzungen des N. ischiadicus und der Nerven des Sakrozygealbereiches (WELCH, 1996).

Nervenschädigungen wurden nach SEDDON (1943) in drei verschiedene Schweregrade eingeteilt: unter Neurapraxie wird eine funktionelle Blockade der Axonleitfähigkeit verstanden, die Axonotmesis beschreibt eine Kontinuitätsunterbrechung der Axone unter Erhalt der äußeren Nervenhülle und bei der Neurotmesis ist die Kontinuität des gesamten Nervens unterbrochen. Die Neurapraxie hat eine günstige Prognose, es kommt in der Regel innerhalb von Stunden bis Wochen zu einer kompletten funktionellen Wiederherstellung, Restitutio ad integrum. Auch bei einer Axonotmesis kann eine spontane Regeneration stattfinden, welche aber wesentlich langsamer verläuft als bei einer Neurapraxie. Führt eine Verletzung zu einer vollständigen Durchtrennung eines Nervens (Neurotmesis) ist normalerweise keine spontane Regeneration mehr möglich. Eine

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Erweiterung der Klassifizierung nach SEDDON (1943) wurde von SUNDERLAND (1951) vorgenommen. Er bezeichnete Neurapraxia und Axonotmesis als Grad I bzw.

Grad II, Neurotmesis als Grad V und fügte einen Grad III und IV hinzu. Beim Grad III werden Axon und Endoneurium zerstört, während das Perineurium erhalten bleibt. Es kommt zu spontaner Reinnervation, die mit möglichen Fehlaussprossungen aufgrund einer fehlenden Leitstruktur (Endoneurium) einhergehen kann. Grad IV umfasst eine Läsion des Axons, des Endo- und des Perineuriums mit Aufhebung der Faszikelstruktur. Die spontane Regeneration und die Funktionsrückkehr sind deutlich eingeschränkt oder können ganz ausbleiben (NIKKHAH et al., 1997b; MUMENTHALER et al., 1998).

Nach Läsionen, die zu einer vollständigen Nervendurchtrennung geführt haben, ist die Fähigkeit der Axone funktionelle Kontakte wiederherzustellen von der Distanz abhängig, über die hinweg sie auswachsen müssen, um den Nervendefekt zu überbrücken (NAVARRO et al., 2003).

LUNDBORG et al. (1982) zeigten als erste, dass Axone durch ein leeres Silikonröhrchen, implantiert zwischen die Stümpfe des durchtrennten N. ischiadicus der adulten Ratte, regenerieren konnten, wenn der Abstand zwischen dem proximalen und dem distalen Stumpf 10 mm betrug. Wurde die Nervenlücke auf 15 mm erhöht, fand keine spontane Regeneration mehr statt. Der distale Stumpf beeinflusste dabei die proximale Regeneration nur über eine begrenzte Distanz hinweg.

Bei adulten Mäusen wurde die beste Regenerationsrate des N. ischiadicus nach der Implantation von Silikonröhrchen bei einem Abstand der Nervenstümpfe von 4 mm beobachtet, war der Abstand 8 mm oder größer, fand keine erfolgreiche Regeneration mehr statt (BUTI et al., 1996). MACKINNON u. DELLON (1990) berichteten von der Regeneration eines 30 mm großen Defektes des N. ulnaris von adulten Primaten, wenn leere synthetische Nerveninterponate eingesetzt wurden. Wurde die Größe der Nervenlücke auf 50 mm erhöht, war die Regeneration stark reduziert.

Verletzungen peripherer Nerven resultieren je nach Ausmaß in partieller oder totaler Beeinträchtigung motorischer und sensibler Funktionen des animalen und vegetativen Nervensystems (NAVARRO et al., 2003). Die Durchtrennung von motorischen Axonen führt zur Denervierung und anschließender Atrophie der betroffenen Muskulatur. Für die

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proximalen Muskelgruppen des Menschen liegt die maximal tolerierbare Zeitspanne zwischen Nervendurchtrennung und Wiederherstellung der neuromuskulären Kontakte zwischen 12 und 18 Monaten. Das Risiko, dass vor der Reinnervation Muskelatrophie und Sehnenkontrakturen auftreten, ist umso höher, je größer die Distanz zwischen dem Ort der Nervenverletzung und dem Endorgan (Muskel) ist (WELCH, 1996). Weit proximal gelegene Nervenverletzungen gehen zudem mit einer erhöhten Neuronensterblichkeit einher (IJKEMA-PAASSEN et al., 2002).

Die Regeneration von verletzten peripheren Nerven mit anschließender Funktionswiederherstellung ist also abhängig vom Zeitpunkt der Diagnose und des Therapiebeginns (SAMII et al., 1997) und vom Ort und der Art der Verletzung (NAVARRO et al., 2003).

3. Waller-Degeneration, axonale Regeneration und Neurombildung

Durchtrennungen einzelner Nervenfasern oder ganzer Nerven lösen einen Prozess aus, den man als Waller-Degeneration bezeichnet und der mit einer anterograden Degeneration des distalen Axonabschnittes einhergeht. Die Fragmentation der Axone beginnt am Ort der Faserdurchtrennung und verläuft nach distal mit einer Geschwindigkeit, die der Dicke und der Internodallänge der betroffenen Faser umgekehrt proportional ist. Mit der Auflösung der Axone kommt es auch zum Zerfall der Markscheiden. Der Abbau der Markscheiden erfolgt durch die Schwann-Zellen selbst, in zunehmendem Maße aber auch durch einwandernde Makrophagen. Bereits 10 bis 21 Tage nach der Durchtrennung erstreckt sich die Waller-Degeneration bis zum Endorgan, z.B. der motorischen Endplatte, und die Muskelfasern im Zielgebiet werden infolge der Denervierung atrophisch (MUMENTHALER et al., 1998). Durch den Verlust des axonalen Kontaktes dedifferenzieren myelinisierende Schwann-Zellen zu einem nicht-myelinisierenden Phänotyp, welches sich in der differentiellen Regulation bestimmter Faktoren, z.B. der Runterregulierung von protein zero (Bestandteil des Myelins) oder der Hochregulierung des niedrig affinen Nervenwachstumsfaktorrezeptors (p75LNGFR), äußert (STOLL u.

MULLER, 1999).

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Parallel zum Axon- und Markscheidenzerfall proliferieren die Schwann-Zellen, ordnen sich innerhalb des verbliebenen Neurilemms (bindegewebige Nervenfaserhülle) linear an und bilden die so genannten Büngner-Bänder. Diese dienen als eine Art Leitschiene für die regenerierenden Axone in Richtung des zu reinnervierenden Erfolgsorgans. Die Regeneration geht von intakt gebliebenen Axonen im proximalen Stumpf aus. Letzterer ist im Gegensatz zum distalen Stumpf mit den Perikaryen der Nervenzellen weiterhin verbunden und bleibt somit erhalten. Die Geschwindigkeit der axonalen Regeneration ist dabei abhängig von der Art der Nervenverletzung, vom Typ der verletzten Nervenfasern, vom Alter und der Spezies des betroffenen Individuums. Die Aus- sprossungsgeschwindigkeit der Axone ist nach einer Verletzung mit intakt gebliebener Nervenhülle größer im Vergleich zu der nach einer vollständigen Nervendurchtrennung.

Außerdem werden schnellere Regenerationsgeschwindigkeiten in proximalen Nervenabschnitten festgestellt, die mit zunehmender Distanz vom neuronalen Zellkörper progressiv langsamer werden. Zudem ist die Regenerationsgeschwindigkeit in jungen Individuen höher. In der Literatur gemachte Angaben über die Geschwindigkeit der axonalen Regeneration schwanken zwischen 1-5 mm/Tag. Sobald die Axonsprossen den distalen Stumpf erreicht haben, dringen sie in die Büngner-Bänder ein (FU u. GORDON, 1997; MUMENTHALER et al., 1998).

Die Schwann-Zellen stellen ein neurotrophes, d.h. die axonale Regeneration förderndes, Milieu bereit, indem sie einen Cocktail aus Wachstumsfaktoren wie z.B. nerve growth factor, brain derived neurotrophic factor (FU u. GORDON, 1997; EVANS, 2001) oder auch Fibroblastenwachstumsfaktor-2 (FGF-2) produzieren (GROTHE et al., 2001). Der Kontakt zu den wieder auswachsenden Axonen wird über Adhäsionsmoleküle wie z.B.

L1, N-cadherin und neural cell adhesion molecule (N-CAM) hergestellt, welche auf der Oberfläche der Schwann-Zellen exprimiert werden (FANSA et al., 1999a; STOLL u.

MULLER, 1999; EVANS, 2001).

Die axonale Regeneration führt zur Redifferenzierung der Schwann-Zellen, welche in einer proximo-distalen Richtung von der Stelle der Nervenverletzung aus fortschreitet. In den Schwann-Zellen werden dabei die Dedifferenzierungsmarker wie z.B. L1, N-CAM und p75LNGFR wieder herunterreguliert (STOLL u. MULLER, 1999). Die

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Remyelinisierung der regenerierenden Axone wird durch den Kontakt zwischen Axolemm (Plasmamembran des Axons) und Schwann-Zelle ausgelöst. Diese Interaktion induziert die Bildung von myelin-assoziierten Proteinen in den Schwann-Zellen und die Spiralisierung der Myelinscheide (FU u. GORDON, 1997).

Regenerierte Nervenfasern zeigen meist einen Funktionsverlust. So erreicht die Erregungsleitung in den regenerierten Axonen nicht mehr die Geschwindigkeit wie in unverletzten Axonen. Dies kann durch die abnormal kurze internodale Distanz zwischen den Myelinscheiden erklärt werden, die auf die 3fache Erhöhung der Schwann-Zell-Zahl im distalen Stumpf nach Nervenverletzung zurückzuführen ist (FU u. GORDON, 1997).

Zusätzlich spielt der zeitliche Abstand zwischen der Durchtrennung eines peripheren Nervens und der Reinnervation des Erfolgsorgans eine große Rolle im Hinblick auf eine vollständige Funktionswiederherstellung. Nach einer Langzeitdenervierung ist die Anzahl der motorischen Axone, welche Muskelfasern reinnervieren, hochgradig reduziert. Dies wird auf den Verfall der intramuskulären Nervenscheiden zurückgeführt. Zudem bleibt eine vollständige Regeneration der atrophierten Muskelfasern aus, so dass die volle Muskelkraft nach der Reinnervation nicht wiedererlangt wird (FU u. GORDON, 1995).

Eine Regeneration mit zielgerichteter Reinnervation ist außerdem nur dann gegeben, wenn die Axone ihre originalen Schwann-Zell-Säulen in den Büngner-Bändern antreffen.

Gelangen die regenerierenden Axone nicht in die zugehörige „Leitschiene", erreichen sie ein falsches Zielgebiet, wodurch paradoxe Innervationsmuster entstehen.

(MUMENTHALER et al., 1998).

Infolge einer vollständigen Durchtrennung eines Nervens kommt es häufig, aufgrund der längselastischen Eigenschaften des Epi- und Perineuriums, zu einer beträchtlichen Distanz zwischen den entstandenen Stümpfen. Erfolgt kein operativer Eingriff, gelingt es den proximal auswachsenden Axonen beim Menschen meistens nicht, den distalen Stumpf zu erreichen. Die regenerierenden Fasern verlieren dann bei Fehlen einer

„Leitschienenstruktur" ihre proximodistale Ausrichtung, verirren sich im Narbenbindegewebe, wachsen knäuelartig durcheinander und bilden mit dem Narbengewebe einen kleinen derben Tumor, das Narbenneurom (MUMENTHALER et al., 1998).

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4. Herkömmliche Therapien und „Tissue Engineering"

Nach Verletzungen peripherer Nerven, die zu einer glatten Durchtrennung bzw. zu geringem Substanzverlust des Nervengewebes geführt haben, ist die direkte spannungslose Anastomose der Nervenstümpfe über eine Epineuralnaht oder die Verbindung einzelner Faszikel (Perineuralnaht) das Mittel der Wahl. Dieser Methode sind Grenzen gesetzt, wenn durch große Substanzverluste oder durch Nervenretraktion eine spannungsfreie direkte End-zu-End-Naht nicht mehr möglich ist. In diesen Fällen müssen Transplantate zur Überbrückung des Nervendefektes eingesetzt werden (FLORES et al., 2000; IJKEMA- PAASSEN et al., 2002; NAVARRO et al., 2003).

Es ist bekannt, dass Kontinuitätsunterbrechungen peripherer Nerven bisher am erfolgreichsten durch autologes (körpereigenes) Nervenmaterial überbrückt werden können, da dieses immunkompatibel ist und sich auf ähnliche Weise wie der distale Stumpf eines verletzten Nervens, also regenerationsfördernd verhält. Die Problematik besteht hierbei, neben der Notwendigkeit eines zweiten chirurgischen Eingriffs, in dem verursachten Funktionsausfall des Spendernervens, den Qualitätsunterschieden zwischen Spender- und Empfängernerv und der dadurch insgesamt begrenzten Verfügbarkeit autologen Materials. Gerade bei ausgeprägtem Substanzverlust bzw. der gleichzeitigen Verletzung mehrerer Nerven wie z.B. bei Plexus brachialis-Läsionen ist diese Methode nicht ausreichend anwendbar (FLORES et al., 2000; IJKEMA-PAASSEN et al., 2002;

NAVARRO et al., 2003).

Ein anderer Ansatz ist die Verwendung allogenen Nervenmaterials (aus einem genetisch differenten Spender derselben Spezies). Der Nachteil liegt hierbei in dem indizierten Einsatz von Immunsuppressiva, um Abwehrreaktionen des Empfängerorganismus zu unterdrücken. Sekundäre Begleiterscheinungen können den Erfolg einer solchen Transplantation zunichte machen (FLORES et al., 2000; EVANS, 2001; NAVARRO et al., 2003).

Eine weitere mögliche Behandlungsmethode stellt die Verlagerung eines peripheren (insbesondere motorischen) Nervens in ein neues Zielgebiet (Muskel) dar. Dieser Nerventransfer kommt zur funktionellen Wiederherstellung von Armfunktionen bei

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zervikalen Wurzelausrissen als Folge von posttraumatischen Armplexusläsionen zum Einsatz. In diesen Fällen werden gesunde Spendernerven (am häufigsten die Interkostalnerven) peripher durchtrennt und mit den distalen Nervenstämmen des Plexus brachialis anastomosiert. Diese so genannte Neurotisation ist ein Verfahren der zweiten Wahl, da nach einer erfolgreichen Reinnervation eine Verknüpfung von nicht synergistischen Nervenbahnen entsteht und die Patienten mit den neurotisierten Nerven neue Funktionen übernehmen müssen, was eines intensiven Trainings bedarf (NIKKHAH et al., 1997a).

Trotz des Fortschrittes auf dem Gebiet der Neurochirurgie ist die Heilung peripherer Nervenverletzungen nicht immer zufrieden stellend. Besonders nach komplexen Plexus brachialis-Läsionen bleibt die funktionelle Wiederherstellung auf die Hauptarmfunktionen beschränkt (SAMII et al., 1997). Die Verwendung von autologem Nervenmaterial zur spannungslosen Überbrückung der Defekte hat bei einer Vielzahl der Patienten zu einer nützlichen und andauernden Wiederherstellung der proximalen Schulterbewegungen und einer gewissen Schutzsensibilität für die distal gelegenen Armbereiche geführt. Hand- und Fingerbewegungen lassen sich hingegen mit den derzeitigen operativen Möglichkeiten funktionell nicht wiederherstellen (NIKKHAH et al., 1997b). Dies hat weitreichende Konsequenzen für die meist jungen Erwachsenen sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben.

Die Prognose für Verletzungen des Plexus brachialis bei kleinen Haustieren ist ebenfalls eher schlecht, und da die Wiederherstellung der Funktion nur in wenigen Fällen gelingt, wird binnen vier bis sechs Monaten zur Amputation des betroffenen Vorderbeines geraten (WELCH, 1996).

Seitdem LUNDBORG et al. (1982) tierexperimentell zeigen konnten, dass bereits der Einsatz eines leeren Silikonröhrchens erfolgreich die periphere Nervenregeneration unterstützt, scheint die Verwendung artifizieller Nerventransplantate bei Läsionen peripherer Nerven mit größeren Substanzverlusten vielversprechend zu sein. In den letzten Jahren haben sich viele Arbeitsgruppen mit dem so genannten „Tissue engineering"

beschäftigt und die verschiedensten artifiziellen Nerventransplantate hergestellt mit dem Ziel, diese als Alternative zu den begrenzt zur Verfügung stehenden autologen

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Nerventransplantaten in der Nervenregeneration einzusetzen (SCHACHNER, 2000).

Solche „tissue engineered products" sollten dem Aufbau natürlicher Nerventransplantate möglichst nahe kommen und aus vier wichtigen Komponenten bestehen: dem Gerüst (schlauch- oder röhrenförmiges Interponat) für gerichtetes axonales Wachstum, regenerationsunterstützenden Zellen (z.B. Schwann-Zellen), Wachstumsfaktoren und einer extrazellulären Matrix (EVANS, 2001).

Das Gerüst für ein solches Transplantat kann aus natürlichen oder synthetischen Materialien hergestellt werden. Die verschiedensten natürlichen Materialien wie z.B.

Kollagen (MACKINNON u. DELLON, 1990; ANSSELIN et al., 1997; UDINA et al., 2004), Venen oder azelluläre Muskulatur (FANSA et al., 1999a; FANSA et al., 2001) wurden bisher experimentell untersucht. Der Vorteil von natürlichen Materialien liegt u.a.

in der erhöhten Biokompatibilität und in der Reduzierung toxischer Effekte, handelt es sich dabei aber um nicht-autologes Gewebe, muss mit einer unerwünschten Immunantwort gerechnet werden (EVANS, 2001). Die Verwendung von Interponaten aus synthetischen Materialien bietet die Möglichkeit, diese in Bezug auf ihre Form und Größe, ihre Durchlässigkeit und ihre Degradation zu gestalten (EVANS, 2001). Man unterscheidet nicht-resorbierbare Materialien wie z.B. Silikon (LUNDBORG et al., 1982; CHEN et al., 2000) von resorbierbaren wie z.B. poly(DL-lactide-є-caprolactone) (MEEK et al., 1997).

Nicht-resorbierbare Materialien bringen ein höheres Risiko für Infektionen mit sich, rufen leichter eine chronische Entzündung hervor und haben das Potential, den regenerierenden Nerv zu komprimieren (SCHMIDT u. LEACH, 2003). Aus diesem Grund werden für klinische Ansätze resorbierbare Materialien bevorzugt, die zusätzlich den Vorteil bieten, dass keine weitere Operation zur Entfernung des Interponats nötig ist (RUTKOWSKI u.

HEATH, 2002).

Ein häufig herangezogenes Modell zur Untersuchung der regenerationsunterstützenden Wirkung artifizieller Nerventransplantate ist die Durchtrennung des N. ischiadicus der erwachsenen Ratte oder der Maus und die Implantation von Interponaten zwischen die Nervenstümpfe für einen bestimmten Zeitraum mit anschließender Kontrolle der morphologischen und funktionellen Regeneration.

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Es hat sich gezeigt, dass artifizielle Nerventransplantate, die mit regenerationsfördernden Substanzen (Bestandteilen der extrazellulären Matrix, neurotrophen Faktoren) und/oder Zellen befüllt waren, bessere Resultate in der peripheren Nervenregeneration erbrachten als leere Nerventransplantate (LUNDBORG et al., 1982; ANSSELIN et al., 1997; CHEN et al., 2000; FINE et al., 2002). Bestandteile der extrazellulären Matrix wie Kollagen, Laminin und Fibronektin wurden von CHEN et al. (2000) erfolgreich als Füllmaterial eingesetzt. Die Verwendung neurotropher Faktoren wie z.B. glial cell line-derived neurotrophic factor (FINE et al., 2002) oder FGF-2 (AEBISCHER et al., 1989) erwiesen sich sogar bei einem großen Nervendefekt von 15 mm Abstand zwischen den Nervenstümpfen adulter Ratten als regenerationsfördernd, während in den als Kontrolle herangezogenen leeren Röhrchen keine Nervenregeneration beobachtet werden konnte.

Die Verwendung von Schwann-Zellen als zelluläre Komponente eines artifiziellen Nerventransplantates stellt einen vielversprechenden Ansatz dar. Nicht zuletzt basieren die Methoden der direkten Anastomose und der autologen Nerventransplantation ebenfalls auf der Anwesenheit von Schwann-Zellen und deren regenerationsfördernden Eigenschaften (GUENARD et al., 1992).

Verschiedene Arbeitsgruppen konnten in ihren tierexperimentellen Studien zeigen, dass der Einsatz von Schwann-Zellen in artifiziellen Interponaten die Regeneration peripherer Nerven unterstützt. Man muss hierbei zwischen der autologen, der syngenen und der allogenen Transplantation differenzieren. Bei der autologen Transplantation werden Schwann-Zellen aus dem Gewebe eines Tieres entnommen, in Kultur vermehrt und anschließend reimplantiert. Unter der syngenen Transplantation versteht man die Verwendung von genetisch identischen (desselben Inzuchtstammes) Spender- und Empfängertieren. Die allogene Transplantation beschreibt die Übertragung von Schwann- Zellen aus einem Spender- auf ein genetisch unterschiedliches Empfängertier derselben Spezies (JANEWAY u. TRAVERS, 1995).

GUENARD et al. (1992) fanden so heraus, dass syngene adulte Schwann-Zellen die periphere Nervenregeneration verbessern. Demgegenüber war der Erfolg der axonalen Regeneration bei der Transplantation allogener adulter Schwann-Zellen aufgrund einer starken Immunantwort vermindert. Daraus ergab sich die Schlussfolgerung, dass eine

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erfolgreiche Regeneration von der immunologischen Kompatibilität zwischen Spender und Empfänger abhängig ist. Eine Arbeit von ANSSELIN et al. (1997) zeigte, dass der Einsatz syngener adulter Schwann-Zellen im N. ischiadicus-Modell der Ratte auch die Regeneration einer großen Nervenlücke (18 mm) bewirken kann.

Letztendlich wurden die besten Ergebnisse mit der Transplantation von autologen adulten Schwann-Zellen gefolgt von isogenen (Transplantation zwischen Geschwistertieren) und syngenen Schwann-Zellen im Modell zur Regeneration des N. ischiadicus der Maus nach großen Substanzverlusten (6 mm) erzielt, vergleichbar mit denen nach der Transplantation von autologem Nervenmaterial (NAVARRO et al., 2003).

Aufgrund dieser Erkenntnisse ergibt sich für eine klinische Anwendung die Notwendigkeit, genügend autologe adulte humane Schwann-Zellen zu gewinnen. Es wurde bereits beschrieben, dass aus adulten humanen peripheren Nerven isolierte Schwann-Zellen, die in immundefiziente Ratten oder Mäuse transplantiert wurden, die axonale Regeneration im peripheren Nervensystem verstärkten und zudem weiterhin die Kapazität besaßen, regenerierte Axone zu myelinisieren (LEVI u. BUNGE, 1994; LEVI et al., 1994).

5. Fibroblastenwachstumsfaktor-2 (FGF-2)

Der Fibroblastenwachstumsfaktor-2 (FGF-2) gehört zur FGF-Familie, welcher derzeit 23 verschiedene Polypeptide zugeordnet werden. Die FGFs haben während der embryonalen Entwicklung unterschiedlichen Einfluss auf die Proliferation, Migration und Differenzierung von Zellen. Im erwachsenen Organismus spielen sie eine Rolle in der Aufrechterhaltung und der Regeneration der Gewebe. (GROTHE u. NIKKHAH, 2001;

ORNITZ u. ITOH, 2001; MALECKI et al., 2004).

Bei der Ratte sind drei Isoformen von FGF-2 beschrieben: eine kommerziell erhältliche mit niedrigem Molekulargewicht (18 kDa-Isoform) und zwei mit hohem Molekulargewicht (21 und 23 kDa [HMW]-Isoformen). Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Translationsprodukte derselben messangerRNA (CLAUS et al., 2003).

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FGF-2 und seine hochaffinen Tyrosinkinase-Rezeptoren (FGFR) zeigen eine spezifische Verteilung im PNS vor und nach Nervenverletzung. FGF-2 und FGFR werden in gesunden Dorsalwurzelganglien (FGFR 1-4) und in peripheren Nerven (FGFR 1-3) auf niedrigem Level exprimiert und nach Nervenverletzung hochreguliert. In den Dorsalwurzelganglien werden FGF-2 und seine Rezeptoren außer in sensorischen Neuronen auch von Satelittenzellen (Gliazellen) exprimiert. In peripheren Nerven werden FGF-2 und FGFR 1-3 überwiegend von Schwann-Zellen, aber auch von einwandernden Makrophagen gebildet. Es wird ein auto- und parakriner Wirkungsmechansimus des FGF- 2-Systems angenommen. Als mögliche Funktionen des FGF-2-Systems im PNS wurden die Stimulation der Schwann-Zell-Proliferation nach einer peripheren Nervenverletzung und die Inhibierung der Myelinisierung während der axonalen Regeneration postuliert (GROTHE u. NIKKHAH, 2001). Außerdem verhinderte die Applikation von exogenem FGF-2 am proximalen Stumpf eines axotomierten (durchtrennten) N. ischiadicus von Ratten den läsionsbedingten Tod sensorischer Neurone (OTTO et al., 1987) und unterstützte das Wachstum und die Vaskularisierung der regenerierenden Nervenfasern (DANIELSEN et al., 1988; AEBISCHER et al., 1989).

Die Isoformen von FGF-2 werden nach Nervenverletzung in der adulten Ratte unterschiedlich reguliert. Die 18 kDa-Isoform wird bereits 5 h nach einer Nervenverletzung im proximalen und distalen Nervenstumpf vermehrt exprimiert, während die HMW-Isoformen eine verstärkte Hochregulierung erst 7 Tage nach der Läsion erfahren (MEISINGER u. GROTHE, 1997; GROTHE et al., 2000). Da die Isoformen von FGF-2 in vitro unterschiedliche Effekte auf die Proliferation und die Morphologie von neuronal differenzierten Zellen (PC12-Zellen) und auch von immortalisierten Schwann-Zellen zeigten (MULLER-OSTERMEYER et al., 2001), und sie zudem distinkte intrazelluläre Verteilungsmuster aufwiesen (CLAUS et al., 2003), kann davon ausgegangen werden, dass sie spezifische biologische Funktionen besitzen.

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6. Konzeptioneller Hintergrund der vorliegenden Arbeit

Die Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. Claudia Grothe befasst sich zum einen mit der Aufdeckung der spezifischen Funktionen der FGF-2-Isoformen im PNS und zum anderen mit der experimentellen Weiterentwicklung therapeutischer Konzepte zur Wiederherstellung peripherer Nervenfunktionen.

Hierzu wurde ein Regenerationsmodell bei der adulten Ratte etabliert, in dem die Effekte der Überexpression von FGF-2-Isoformen durch transplantierte neonatale Schwann-Zellen der Ratte auf die periphere Nervenregeneration bei einem großen Nervendefekt von 15 mm untersucht werden. So sollen die regenerationsfördernden Eigenschaften von Schwann-Zellen mit denen eines neurotrophen Faktors (FGF-2-Isoformen) kombiniert werden. Die hierfür benötigten Schwann-Zellen werden aus dem N. ischiadicus neugeborener Ratten gewonnen, hoch aufgereinigt und im nächsten Schritt genetisch so verändert, dass sie die FGF-2-Isoformen überexprimieren. In ersten Untersuchungen steigerten Schwann-Zellen, welche die HMW-FGF-2-Isoformen überexprimierten, 4 Wochen nach Transplantation die Anzahl und Länge regenerierter myelinisierter Axone im Vergleich zu den Kontrollgruppen (TIMMER et al., 2003). Neuere Untersuchungen bestätigen in diesem Modell den positiven Effekt von HMW-FGF-2-Isoformen auf die periphere Nervenregeneration auch nach längeren Beobachtungszeiträumen (LIPOKATIC et al., 2004).

7. Ziel der vorliegenden Arbeit

Die Gewinnung, Aufreinigung und Transfektion neonataler Ratten-Schwann-Zellen für ihren weiteren Einsatz in vivo (TIMMER et al., 2003) oder in vitro (HAASTERT et al., 2005) ist in der Arbeitsgruppe etabliert.

Für einen späteren Einsatz neuartiger Transplantationsstrategien in der rekonstruktiven Nervenchirurgie ist es von großer Relevanz, auch (autologe) adulte Schwann-Zellen in ausreichender Menge kultivieren und transfizieren zu können. Nicht zuletzt, weil neonatale humane Schwann-Zellen nur begrenzt zur Verfügung stehen (u.a. aus ethischen

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Gründen) und die Verwendung autologer Schwann-Zellen bei den meist erwachsenen Patienten keine Abstoßungsreaktionen nach sich ziehen würde. Dabei gilt es als schwieriger, ausreichend viele proliferierende Schwann-Zellen aus adulten Nerven als aus embryonalen oder perinatalen Nerven zu gewinnen. Der Grund hierfür ist, dass adulte periphere Nerven ein gut entwickeltes umhüllendes Bindegewebe besitzen, das reich an Fibroblasten ist. Die Ausbeute an Schwann-Zellen ist gering und zudem sind die Kulturen mit proliferierenden Fibroblasten kontaminiert, welche eliminiert werden müssen (MORRISSEY et al., 1991). Des Weiteren befinden sich die adulten Schwann-Zellen im Gegensatz zu embryonalen oder perinatalen Schwann-Zellen in einem differenzierten postmitotischen Zustand, so dass sie erneut zur Teilung angeregt werden müssen (ANSSELIN et al., 1995).

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Etablierung von Methoden, mit denen proliferierende adulte Schwann-Zellen der Ratte in ausreichender Menge gewonnen, angereichert und genetisch verändert werden können. In einer zweiten Phase sollten die aus den Versuchen mit den Schwann-Zellen der Ratte gewonnenen Erfahrungen auf adulte menschliche Schwann-Zellen übertragen werden. Endziel war die Transfektion ausreichender Mengen gut proliferierender adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen zur Überexpression von FGF-2-Isoformen. Dabei sollte für die verwendeten Methoden unbedingt ihre spätere klinische Anwendbarkeit berücksichtigt werden und außerdem eine möglichst kurze Gesamtkultivierungsdauer angestrebt werden, um autologe Schwann-Zellen in einer späteren klinischen Anwendung frühestmöglich reimplantieren zu können.

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III. Material und Methoden

1. Versuchstiere

70 weibliche und 10 männliche Sprague-Dawley-Ratten wurden im Rahmen des unter dem Aktenzeichen 509i-42502-991221 von der Bezirksregierung Hannover genehmigten Tierversuchsvorhabens „Studien zur Läsion und Rekonstruktion peripherer Nerven und von Nervenwurzeln des Plexus brachialis bei der Ratte" vom Zentralen Tierlabor (ZTL) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) oder von Charles River (Wiga) Deutschland GmbH bezogen. Zu Beginn des Versuches waren die Tiere im Schnitt 58 ± 6,8 Tage alt und hatten ein durchschnittliches Gewicht von 211 ± 24,1 g. Die Ratten wurden im ZTL in Gruppen von 2-3 Tieren bei einer Raumtemperatur von 22 ± 2ºC, einer Luftfeuchtigkeit von 55 ± 5 % und einem Belichtungszeitraum von 6.00–18.00 h MEZ in Makrolon-Käfigen (Typ III) auf Standardeinstreu für Labortiere (Altromin, Altrogge, Lage, BRD) gehalten. Die Tiere erhielten Altromin-Haltungsfutter (Altrogge, Lage, BRD) und Wasser ad libitum.

2. Isolierung von Schwann-Zellen aus adulten Ratten

In der Literatur werden verschiedene Verfahren zur Isolierung adulter Schwann-Zellen aus peripheren Nerven beschrieben. In der vorliegenden Arbeit kamen die direkte Dissoziation nicht-prädegenerierter Nerven (SCARPINI et al., 1988), die in vivo-Prädegeneration (ANSSELIN et al., 1995; KEILHOFF et al., 1999) und die in vitro-Prädegeneration zur Anwendung (MORRISSEY et al., 1991).

2.1 In vivo-Prädegeneration des Nervus (N.) ischiadicus adulter Ratten

Am Operationstag wurden die linken Nervi (Nn.) ischiadici von 2-3 der unter III.1.

genannten Ratten zur Einleitung der in vivo-Prädegeneration durchtrennt. Die jeweils zu operierende Ratte wurde durch eine einminütige Zufuhr von Kohlendioxid (CO2) in den

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Tierkäfig kurzzeitig betäubt und 370 mg Chloralhydrat (Fluka Chemie AG, Neu-Ulm, BRD)/kg Körpergewicht wurden intraperitoneal injiziert. Nach dem Eintritt der Narkosewirkung wurde der linke Oberschenkel der Ratte mit einem Einmalrasierer gründlich rasiert. Danach wurde das Tier auf einem beheizten Operationsplatz gelagert.

Die rasierte Stelle wurde mit 70%igem Alkohol gereinigt und anschließend mit Rivanol® (Chinosolfabrik, Seelze, BRD) desinfiziert. Dann wurde das Tier in Bauchlage fixiert und der linke Oberschenkel leicht hochgelagert. Das Operationsbesteck wurde zur Keimabtötung vor der Operation für ca. 10 min in 70%igem Alkohol aufbewahrt. Die Durchtrennung der Haut fand auf 2-3 cm Länge kaudal und parallel des Femurs mittels eines Skalpells (No. 21, Medizin AG, Köln, BRD) statt. Nach dem Trennen der Muskelbäuche unter Einsatz einer gebogenen Metzenbaum-Schere (Fine Science Tools GmbH, Heidelberg, BRD) und einer chirurgischen Pinzette (No. 08-231-130, Allgaier Instrumente GmbH, Frittlingen, BRD) wurde der N. ischiadicus in der Tiefe freigelegt.

Die weitere Operation wurde unter Zuhilfenahme eines Operationsmikroskopes (OPMI 9, Carl Zeiss AG, Oberkochen, BRD) durchgeführt. Nachdem der N. ischiadicus mittels zweier Uhrmacher-Pinzetten (Dumont No. 5, Fine Science Tools GmbH, Heidelberg, BRD) von seiner bindegewebigen Hülle befreit wurde, wurde er möglichst weit proximal mit einer Vannas-Mikroschere (No. 15003-08, Fine Science Tools GmbH, Heidelberg, BRD) durchtrennt. Anschließend wurde ein ca. 2 mm großes Stück vom distalen Stumpf entfernt, um ein Wiederzusammenwachsen der beiden N. ischiadicus-Stümpfe zu verhindern. Der distale Stumpf wurde in seiner ursprünglichen Lage belassen und die Muskulatur der Hintergliedmaße über Einzelhefte mit resorbierbarem Faden (3/0, Dexon®, B. Braun-Dexon GmbH, Spangenberg, BRD) adaptiert. Der Verschluss der Haut fand über Einzelhefte modifiziert nach Donati mit nicht-resorbierbarem Faden (4/0, Ethilon®II, Ethicon GmbH, Norderstedt, BRD) statt.

Die Ratte wurde während der Aufwachphase warm gehalten. Nahrungsaufnahme und Kotabsatz wurden postoperativ kontrolliert.

In den folgenden 10-12 Tagen wurde die Waller-Degeneration (s. II.3.) im durchtrennten N. ischiadicus abgewartet (ANSSELIN et al., 1995).

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2.2 Entnahme des N. ischiadicus bzw. des distalen N. ischiadicus-Stumpfes adulter Ratten

Für die Entnahme des N. ischiadicus bzw. des distalen N. ischiadicus-Stumpfes wurden die Ratten einzeln durch Einleitung von CO2 in den Tierkäfig getötet und zur Nervenentnahme auf dem Operationsplatz in Seitenlage verbracht. Es erfolgte die Entnahme des distalen Stumpfes des prädegenerierten N. ischiadicus von der linken Körperhälfte und gegebenenfalls die Entnahme des unbehandelten N. ischiadicus von der rechten Seite. Der jeweilige Oberschenkel wurde großzügig mit Alkohol gereinigt. Das Operationsbesteck wurde zur Keimabtötung vor der Nervenentnahme für ca. 10 min in 70%igem Alkohol aufbewahrt. Distal vom Knie wurde die Haut mit einer chirurgischen Schere (No. 04-124-145, Allgaier Instrumente GmbH, Frittlingen, BRD) eröffnet und nach proximal in Richtung Wirbelsäule vom Oberschenkel abpräpariert. Mittels einer gebogenen Metzenbaum-Schere wurde zunächst die Muskelnaht durchtrennt.

Anschließend konnten die Muskelbäuche am Oberschenkel stumpf getrennt und in der Tiefe der N. ischiadicus kaudal des Femurs freigelegt werden. Die weitere Gewebeentnahme wurde mit Hilfe des Operationsmikroskopes durchgeführt. Unter Einsatz einer Vannas-Mikroschere und einer Uhrmacher-Pinzette wurde der N. ischiadicus (wenn unbehandelt) bzw. der distale Stumpf des in vivo-prädegenerierten N. ischiadicus von seiner bindegewebigen Hülle befreit, durch einen Schnitt weit distal (und zusätzlich proximal beim unbehandelten N. ischiadicus) entnommen und in eine Falcon®-Petrischale (Becton Dickinson, Heidelberg, BRD) mit Dulbecco's modified eagle medium (DMEM, PAA Laboratories GmbH, Cölbe, BRD) und 1 % Penicillin/Streptomycin (Pen/Strep, PAA Laboratories GmbH, Cölbe, BRD) überführt. Anschließend wurde unter einem Stereomikroskop (Stemi SV 6, Carl Zeiss AG, Oberkochen, BRD) mittels der Vannas- Mikroschere und der Uhrmacher-Pinzette das Epineurium entfernt, modifiziert nach KEILHOFF et al. (1999).

Jedes Nervenexplantat wurde vor der Weiterverarbeitung einzeln auf einer Feinwaage (Sartorius, Göttingen, BRD) gewogen. Die distalen Nervenstümpfe aus der in vivo- Prädegeneration wurden direkt dissoziiert. Die unbehandelten Nn. ischiadici wurden

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entweder direkt der Dissoziation zugeführt oder für die in vitro-Prädegeneration inkubiert (s. III.2.3).

2.3 In vitro-Prädegeneration des N. ischiadicus adulter Ratten

Für die in vitro-Prädegeneration wurden unbehandelte (nicht in vivo-prädegenerierte) Nn.

ischiadici verwendet. Dazu wurden die frisch explantierten Nerven nach dem Entfernen des Epineuriums unter eine sterile Werkbank (Microflow, Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden, BRD) verbracht, mit DMEM gespült und auf einer 6-well-Platte (NunclonTM Surface, Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden, BRD) für 14 Tage in Prädegenerations- medium (s.u.) inkubiert, modifiziert nach CASELLA et al. (1996) und HANEMANN et al. (1998). Es wurden zwei verschiedene Prädegenerationsmedien miteinander verglichen:

Medium I: DMEM mit 10 % fetalem Kälberserum (FCS, PAA Laboratories GmbH, Cölbe, BRD), 1 % Pen/Strep und 2 µM Forskolin (FK, Merck Biosciences, Nottingham, UK);

Medium II: Kulturmedium der adulten Schwann-Zellen (s. III.4.1) mit 10 % FCS und 1 % Pen/Strep.

Zweimal pro Woche fand ein Mediumwechsel statt.

2.4 Dissoziation des peripheren Nervenmaterials adulter Ratten

Die Dissoziation erfolgte, unabhängig von der Vorbehandlung des Nervenmaterials (nicht- prädegeneriert, in vivo- und in vitro-prädegeneriert) einheitlich. Pro Ansatz wurden meistens 2-3 Nerven von verschiedenen Ratten zusammen, nur selten 1 Nerv alleine, dissoziiert, um aus diesen eine Primärkultur zu gewinnen.

Zunächst wurde das Gewebe mit enzymatischer Dissoziationslösung, bestehend aus DMEM mit 10 % FCS, 1 % Pen/Strep, 0,125 % Kollagenase (Typ IV, PAA Laboratories GmbH, Cölbe, BRD) und 1,25 U/ml Dispase (Roche Diagnostics GmbH, Mannheim, BRD), für 20 h inkubiert (37ºC und 5 % CO2 [CO2-Inkubator, Sanyo, Bad Nenndorf, BRD], modifiziert nach KEILHOFF et al. (1999). Danach wurde die Dissoziationslösung, in der neben den Zellen auch noch Nervenfragmente enthalten waren, in ein 15 ml- Falcon®-Röhrchen (Becton Dickinson GmbH, Heidelberg, BRD) überführt. Durch die

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Verdünnung mit Hank's balanced salt solution (Magnesium und Kalzium frei, PAA Laboratories GmbH, Cölbe, BRD) konnte die enzymatische Dissoziation verlangsamt und die Zell-Zell-Kontakte weiter aufgelöst werden. Im Anschluss erfolgte eine mechanische Dissoziation, bei der die verbliebenen Gewebeverbände mit einer eng geschmolzenen Glas-Pasteur-Pipette (230 mm, Brand, Wertheim, BRD) bis zur Entstehung einer optisch homogenen Suspension trituriert wurden. Die Zellsuspension wurde bei 235 x g (Varifuge 3.0R, Heraeus Sepatech, Hanau, BRD) und 21ºC für 5 min zentrifugiert und das dabei entstandene Pellet in einem definierten Volumen an Kulturmedium (s. III.4.1) resuspendiert.

Mittels einer 1:1-Verdünnung der Zellsuspension mit Trypan Blau (Gibco, Invitrogen GmbH, Karlsruhe, BRD) konnte in einer Neubauer-Zählkammer die Gesamtzellzahl und gleichzeitig der Anteil an lebenden bzw. toten Zellen ermittelt werden. Dazu wurden 10 µl Zellsuspension mit 10 µl 0,4%iger Trypan Blau-Lösung vermischt. 10 µl dieser Mischung wurden in eine Neubauer-Zählkammer verbracht. In 4 Großquadraten wurden die Zellen im mikroskopischen Phasenkontrast (Mikroskop Olympus CK30-F200, Olympus Optical Co. GmbH, Hamburg, BRD) gezählt. Zur Ermittlung der vorhandenen Gesamtzellzahl wurde die gezählte Zellzahl mit 2 multipliziert (Ausgleich der 1:1- Verdünnung) und anschließend durch 4 dividiert (Reduktion auf Zellzahl/Großquadrat).

Zum Erhalt der Gesamtzellzahl musste die so errechnete Zahl noch mit 104 und dem Gesamtvolumen der Zellsuspension in ml multipliziert werden. Trypan Blau kann nur Membranen toter Zellen passieren, lebende Zellen stellten sich im Phasenkontrast klein, rund und leuchtend-weiß (Trypan Blau-negativ) dar, tote Zellen schwollen an und wurden dunkelblau (Trypan Blau-positiv). Im Anschluss wurden die Zellen ausgesät (s. III.4.2), wobei in die Berechnung der gewünschten Zelldichte nur die Zahl der vitalen Zellen einfloss.

Diese Methode der Zellzählung wurde auch beim weiteren Passagieren der Ratten- Schwann-Zellen und ebenfalls bei jeder Zählung der humanen Schwann-Zellen verwendet.

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3. Isolierung von adulten Schwann-Zellen aus humanem Nervengewebe

3.1 Humanes Nervengewebe

Die Arbeit mit adulten humanen Schwann-Zellen wurde unter der Nr. 3072 und dem Titel

„Funktionelle Untersuchungen zur Rolle des FGF-2-Systems bei der Regeneration peripherer Nerven" von der Ethik-Kommission der MHH genehmigt.

Dank der Kooperation mit Frau Prof. Dr. Cordula Matthies aus der Klinik für Neurochirurgie des Klinikums Hannover Nordstadt wurde humanes Nervengewebe von Patienten, die sich einer rekonstruktiven Chirurgie des Plexus brachialis unterziehen mussten, für diese Arbeit zur Verfügung gestellt. Hierbei handelte es sich zum größten Teil um N. suralis- (n = 22), aber auch um N. supraclavicularis- (n = 3) und N. ulnaris- (n = 1) Gewebestücke von weiblichen (n = 5) und männlichen (n = 21) Patienten im Alter von 13-60 Jahren (durchschnittliches Alter: 32 Jahre). Das Nervengewebe kam sofort nach der Gewinnung in DMEM und wurde darin bei 4ºC für mehrere h aufbewahrt.

Anschließend wurden die Nervenstücke aus organisatorischen Gründen bei -80ºC in DMEM, versetzt mit 10 % Dimethylsulfoxid (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Taufkirchen, BRD) und 1 % bovinem Serumalbumin (BSA, Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Taufkirchen, BRD) eingefroren oder direkt für weitere Untersuchungen verwendet.

3.2 Isolierung von Nervenfaszikeln aus humanem Nervengewebe

Eingefrorenes humanes Nervengewebe wurde vor der weiteren Behandlung im Wasserbad möglichst schnell aufgetaut. Sowohl aufgetautes als auch frisches Nervengewebe wurde unter einer sterilen Werkbank mit DMEM gespült und in eine Petrischale mit DMEM und 1 % Pen/Strep überführt. Unter dem Stereomikroskop wurden zunächst die größeren Gewebestücke mit einem Skalpell zerkleinert und anschließend konnten die einzelnen Nervenfaszikel mit Hilfe zweier Uhrmacher-Pinzetten (No. 5) vom interfaszikulären Epineurium, in Anlehnung an HANEMANN et al. (1998), isoliert und in eine neue Petrischale mit DMEM und 1 % Pen/Strep verbracht werden. Nach dem Wiegen auf einer

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Feinwaage wurden die so gewonnenen Faszikel entweder sofort der Dissoziation zugeführt oder 14 bzw. 7 Tage in vitro-prädegeneriert.

3.3 In vitro-Prädegeneration humaner Nervenfaszikel

Die Nervenfaszikel wurden unter einer sterilen Werkbank mit DMEM gespült und vor der Dissoziation 14 bzw. 7 Tage auf einer 6-well-Platte in Prädegenerationsmedium inkubiert.

Dieses Prädegenerationsmedium bestand aus dem Kulturmedium für adulte Schwann- Zellen (s. III.4.1), versetzt mit 10 % FCS und 1 % Pen/Strep. Zweimal pro Woche fand ein Mediumwechsel statt.

3.4 Dissoziation humaner Nervenfaszikel

Das Vorgehen entsprach weitestgehend dem unter III.2.4 beschriebenen. Zu Beginn der enzymatischen Dissoziation aber wurden die humanen Nervenfaszikel mit einem Skalpell in ca. 2-4 mm große Gewebestücke zerkleinert, modifiziert nach HANEMANN et al.

(1998).

In den darauf folgenden 20 h fand die Dissoziation in DMEM mit 10 % FCS, 1 % Pen/Strep, 0,125 % Kollagenase und 1,25 U/ml Dispase bei 37ºC und 5 % CO2 statt, modifiziert nach KEILHOFF et al. (1999). Außerdem wurden die dissoziierten Zellen, nachdem sie durch Zentrifugation gesammelt worden waren, in DMEM gewaschen und danach nochmals zentrifugiert. Der Überstand wurde abgesaugt und das Zellpellet in Kulturmedium (s. III.4.1) resuspendiert. Nach der Zellzählung (s. III.2.4) wurden die Zellen in Kultur genommen (s. III.4.).

4. Kultivierung adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen

4.1 Kulturplatten und -medium

Suspensionen der Ratten- und Menschen-Schwann-Zellen wurden jeweils auf sterilen 6- well, 12-well oder 24-well-Platten (NunclonTM Surface, Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden, BRD) kultiviert. Vor der Aussaat der Zellen wurden die Platten unter sterilen Kautelen mit Poly-L-Ornithin (PORN, Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Taufkirchen, BRD)

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und Laminin (Becton Dickinson GmbH, Heidelberg, BRD) doppelbeschichtet. Dazu wurde die Stocklösung (1 mg PORN/ml destilliertes Wasser [Aqua dest., Ampuwa® Fresenius Kabi Deutschland GmbH, Bad Homburg, BRD]) 1:10 mit Aqua dest. weiter verdünnt und diese Lösung auf Eis gestellt. Das bei -80ºC gelagerte Laminin wurde auf Eis langsam aufgetaut und als nächstes mit der eiskalten PORN-Wasser-Lösung verdünnt (Endkonzentration des Laminins: 6 µg/ml). Im Anschluss wurden die wells mit dem PORN-Laminin-Gemisch soweit befüllt, dass der gesamte Boden der wells ausreichend mit Flüssigkeit bedeckt war. Die Beschichtung erfolgte bei Raumtemperatur (RT) für ca.

24 h. Um einer Verdunstung des PORN-Laminin-Gemisches und damit einer unzureichenden Benetzung/Beschichtung vorzubeugen, wurden die Platten in Aluminiumfolie verpackt.

Als definiertes serumfreies Kulturmedium wurde für die Kultivierung der adulten Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen Melanozyten-Wachstumsmedium (PromoCell GmbH, Heidelberg, BRD), versetzt mit 2 µM FK, 10 ng/ml Fibroblastenwachstumsfaktor-2 (FGF-2, 18 kDa-Isoform; aus dem hiesigen Labor, MULLER-OSTERMEYER et al., 2001), und 5 µg/ml bovinem Hypophysenextrakt (BPE- 26, PromoCell GmbH, Heidelberg, BRD), verwendet, Applikation der Zusätze angelehnt an das Protokoll von GUENARD et al. (1992). Das Melanozyten-Wachstumsmedium selbst enthielt folgende Wachstumsfaktoren und Antibiotika: 0,4 % BPE, 1 ng/ml FGF-2, 5 µg/ml Insulin, 0,5 µg/ml Hydrocortison, 10 ng/ml Phorbol-Myristate-Acetate, 50 ng/ml Amphotericin B und 50 µg/ml Gentamicin.

Dem Kulturmedium wurde bei der primären Aussaat 1 % BSA zur Verbesserung der Zelladhäsion an die Kulturplattenoberfläche hinzugefügt. Die humanen Zellkulturen erhielten zudem bei der Primäraussaat und bei jedem Mediumwechsel 2,5 ng/ml frisch zugesetztes Insulin (vom Rind, Gibco, Invitrogen GmbH, Karlsruhe, BRD), modifiziert nach HANEMANN et al. (1998). Humane Schwann-Zell-Kulturen, die Medium mit und ohne 10 nM rekombinantem humanen Neuregulin1-β1/Heregulin-β1 epidermal growth factor (EGF) domain (eine die EGF-ähnliche Domaine enthaltendene DNA-Sequenz des Heregulin-β1 mit den Aminosäureresten 176-246 [rHRG-β1176-246], exprimiert durch

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E. coli; R & D Systems, Wiesbaden, BRD) erhielten, wurden miteinander verglichen, modifiziert nach CASELLA et al. (1996) und HANEMANN et al. (1998).

4.2 Zellaussaat/Zelldichte

Die optimale Zelldichte und damit die Anzahl der auszusäenden vitalen Zellen auf der jeweiligen Kulturplatte wurde vor allem durch Beobachtungen im mikroskopischen Phasenkontrast ermittelt. Geachtet wurde auf die Verteilung und die Morphologie der Schwann-Zellen (Aussaat der optimalen Zellzahl auf der jeweiligen Kulturplatte s. Ergebnisteil).

Bei der primären Aussaat (d.h. die Aussaat direkt nach der Dissoziation) wurde zusätzlich der Anteil adhäsiver Zellen an der ausgesäten Gesamtzellzahl (engl.: seeding efficiency, SE) ermittelt. Anhand der adulten Ratten-Schwann-Zellen wurde untersucht, ob sich die SE je nach Anzahl der ausgesäten Zellen verändert. Dazu wurden in einem Versuch jeweils 1 x 106, 0,75 x 106 und 0,5 x 106 Zellen in einem 6-well ausgesät. 24 h nach der primären Aussaat wurden die Zellen, die sich tatsächlich abgesetzt hatten, mit Hilfe eines Zählgitters im mikroskopischen Phasenkontrast ausgezählt. Der Durchmesser (d) und die Kulturoberfläche (O) des 6-wells waren bekannt (Herstellerangaben). Als nächstes musste die Fläche des Zählgitters (A) in der jeweils verwendeten mikroskopischen Vergrößerung ermittelt werden. Hierzu wurde zunächst ausgezählt, wie oft das Zählgitter bei der eingestellten Vergrößerung quer in das well passte (Q). Mittels der Formel d/Q = x und x × x = A konnte die Fläche des Zählgitters (A) berechnet werden. Mit der Formel O/A = M erhielt man danach den Multiplikationsfaktor (M). Die absolute Anzahl der adhäsiven Zellen (a) ergab sich nach der Formel M × b/c = a aus dem Multiplikationsfaktor, der Anzahl gezählter Zellen (b) und der Anzahl verwendeter Zählgitter (c). Die SE wurde dann aus dem Verhältnis der Anzahl adhäsiver Zellen zur ausgesäten Zellzahl berechnet.

Die optimale Zellmenge, die pro cm2 Kulturoberfläche ausgesät werden musste, wurde durch die SE und das morphologische Bild der kultivierten adhäsiven Zellen bestimmt.

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5. Selektive Anreicherung adulter Schwann-Zellen der Ratte und des Menschen

Aufgrund der Kontamination der adulten Schwann-Zell-Kulturen mit Fibroblasten musste eine Aufreinigung der Kulturen bzw. eine selektive Anreicherung der Schwann-Zellen durchgeführt werden. Für die Eliminierung der Fibroblasten aus den Schwann-Zell- Kulturen zunächst nur der adulten Ratte wurden zwei verschiedene Verfahren miteinander verglichen. Die beste Methode im Hinblick auf Effizienz und Durchführbarkeit wurde anschließend für alle weiteren Aufreinigungen (auch von humanen Schwann-Zell- Kulturen) verwendet.

5.1 Methode 1: Dynabeads®Pan Mouse IgG

Dynabeads®Pan Mouse IgG (Deutsche Dynal GmbH, Hamburg, BRD) sind kleine Magnetkügelchen gekoppelt an monoklonale Antikörper, die spezifisch an die kristallinen Fragmente (Fc-Fragmente) aller Maus-Immunglobuline G (IgG) binden.

Vor ihrem Einsatz mussten die Dynabeads® gewaschen werden. Dazu wurden jeweils 10 µl der Dynabeads®Pan Mouse IgG-Lösung in ein 1,5 ml Eppendorf-Gefäß (Sarstedt AG & Co., Nümbrecht, BRD) mit 1000 µl Phosphat gepufferter Salzlösung (PBS, Biochrom AG, Berlin, BRD) und 0,1 % BSA überführt und mehrmals trituriert.

Anschließend wurde ein Magnet von außen an das Eppendorf-Gefäß gehalten, wodurch die Dynabeads® angezogen vom Magneten zur Wand des Gefäßes wanderten und der Überstand abgenommmen und verworfen werden konnte. Noch zweimal wurde diese Waschprozedur wiederholt. Danach wurden die gewaschenen Dynabeads® in 300 µl anti- Thy1-Antikörper-Lösung (monoklonal, Maus, 20 µg/ml, gerichtet gegen das Oberflächenantigen Thy1 auf Ratten-Fibroblasten, von Herrn PD Dr. K. Wewetzer zur Verfügung gestellt) resuspendiert. Die Eppendorf-Gefäße wurden fest verschlossen, mit Parafilm umwickelt und in ein mit Eis befülltes 50 ml-Falcon®-Röhrchen (Becton Dickinson GmbH, Heidelberg, BRD) überführt. Dieses Röhrchen wurde dann für 30 min in einem Multifunktionsmischer Roto-Shake Genie® (Scientific Industries, über Carl Roth GmbH + Co. KG, Karlsruhe, BRD) rotiert, um die Bindung der Dynabeads®Pan Mouse IgG an die anti-Thy1-Antikörper zu unterstützen.

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