• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Keine Kontrolle, keine Kongresse im Ausland" (31.05.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Keine Kontrolle, keine Kongresse im Ausland" (31.05.1990)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Keine Kontrolle,

keine Kongresse im Ausland

Punkt II der Tagesordnung:

„Ärztliche Fortbildung"

Die Entscheidungen zur Fortbil- dung können in zwei Sätzen zusam- mengefaßt werden:

Der Deutsche Ärztetag lehn- te jegliche Reglementierung der ärztlichen Fortbildung, insbesondere förmliche Nachweise, nachdrücklich ab.

Q Der Deutsche Ärztetag for- derte die Bundesärztekammer auf, ihre traditionellen internationalen Fortbildungskongresse baldmöglich aufzugeben und sich statt dessen um Fortbildungsveranstaltungen in der Bundesrepublik zu bemühen.

Die Entscheidung zu Punkt 2.

war überraschend, die zu Punkt 1.

erwartungsgemäß. Denn die Kon- zeption des Deutschen Senats für ärztliche Fortbildung und des Vor- standes der Bundesärztekammer für einen Fortbildungsnachweis, der in Heft 48/1989 des Deutschen Ärzte- blattes veröffentlicht und zur Dis- kussion gestellt worden war, stieß in der Ärzteschaft auf wenig Gegenlie- be.

Eine Reihe von Landesärzte- kammern, denen die Vorstandsvor- lage mit der Bitte um Stellungnahme und Alternativvorschläge zugesandt worden war, lehnte den vorgeschla- genen Fortbildungsnachweis katego- risch ab. Abänderungsvorschläge un- terblieben, sie hätten im Sturm der Entrüstung wohl auch keine Chance gehabt, gehört zu werden. So also war die Stimmungslage, als Punkt II

„Ärztliche Fortbildung" in Würzburg aufgerufen wurde.

Angesichts dessen zeugt der Wille des Vorstandes der Bundes- ärztekammer, an seiner Konzeption festzuhalten, von Mut — um nicht zu sagen: vom Mut der Verzweiflung.

Man wollte es einfach wissen: Wie steht der Deutsche Ärztetag zu dem seit Jahren umgewälzten Problem des Nachweises der Fortbildung? In

§ 7 der Berufsordnung ist zwar fest-

gelegt, daß der Arzt zur Fortbildung verpflichtet ist. Dort steht auch, daß er notfalls „in geeigneter Weise"

nachweisen muß, der Verpflichtung nachgekommen zu sein. Wie indes ein solcher Nachweis aussehen soll — darüber schweigt die Berufsordnung, dazu gibt es auch keinerlei Anleitun- gen, Richtlinien oder Empfehlun- gen.

Der Deutsche Senat für ärztli- che Fortbildung und auch der Vor- stand der Bundesärztekammer fühl- ten sich verpflichtet, diese Lücke zu füllen, zumal in Öffentlichkeit und Politik immer wieder an Effizienz und Erfolg der ärztlichen Fortbil- dung gezweifelt wird und der Vor- wurf nicht verstummt, ein Teil der Ärzte bilde sich überhaupt nicht oder nicht ausreichend fort. Bislang, so die Einsicht im Vorstand, war es nicht möglich, mit harten Fakten sol- chen Vorwürfen zu begegnen. Letzte Anstöße kamen vom Sachverständi- genrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, der sich in seinen Jahresgutachten 1988, 1989 und 1990 für förmliche Nachweise ausgesprochen hatte.

Schließlich wird auch im Aus- land über die Fortbildungsverpflich- tung und deren Nachweis rege disku- tiert; in einigen westlichen Ländern gibt es auch mehr oder weniger strin- gente Vorschriften, Fortbildung nachzuweisen, oder Anreizsysteme, der Fortbildungsverpflichtung nach- zukommen.

Solches trugen, gespickt mit De- tails, zwei Referenten dem Ärztetag vor: Sanitätsrat Prof. Dr. Franz Carl Loch, der Vorsitzende des Senats für ärztliche Fortbildung, sowie Dr. P.

Erwin Odenbach, der Schriftführer des Senats. Loch ist zugleich als Prä- sident der Ärztekammer des Saar- landes Mitglied des Bundesärzte- kammer-Vorstandes, Odenbach BÄK-Hauptgeschäftsführer und Lei-

ter des Fortbildungsressorts in der Geschäftsführung.

Dem Vorstand der Bundesärzte- kammer hatte schon beizeiten ge- schwant, daß seine Konzeption vor den Delegierten keine Gnade finden könnte, und er hatte deshalb wohl- weislich in seinen in Würzburg prä- sentierten Antrag eine Rückzugs- möglichkeit einkalkuliert: Der Fort- bildungsnachweis solle zunächst mo- dellhaft in einzelnen Landesärzte- kammern erprobt werden, schlug er vor. Dabei sei es den Landesärzte- kammern überlassen, wie und in wel- chem Umfang sie solche Erprobung vornähmen. Nach kritischem, ver- gleichendem Erfahrungsaustausch sollte dann dem Deutschen Ärztetag nach drei Jahren erneut berichtet werden.

Die beiden Referenten, die das zu vertreten hatten, waren sich von vornherein darüber im klaren, daß sie mit einem undankbaren Auftrag ins Feuer geschickt wurden, und bei- de ahnten, als sie ans Rednerpult traten und ins unruhige Plenum blickten, daß sie ein aussichtsloses Unternehmen vertraten. Folglich be- tonten sie immer wieder, daß sie, der Deutsche Senat für ärztliche Fortbil- dung und der Vorstand der Bundes- ärztekammer einem Auftrag des Deutschen Ärztetages nachkämen.

Tatsächlich hatte der im vorigen Jahr gefordert, „Vorschläge für Einzel- heiten des Nachweises ärztlicher Fortbildung dem nächsten Deut- schen Ärztetag vorzulegen". Mit die- sem Beschluß hatte 1989 eine ausgie- bige Debatte in Sachen Fortbildung geendet. Damit hatte der Ärztetag ein wenig Aufschub gewinnen wol- len, um die leidige Frage nicht schon 1989 entscheiden zu müssen.

Immerhin ist der Deutsche Ärz- tetag ihr 1990 nicht mehr ausgewi- chen, er hat sie klar entschieden:

Kein Nachweis — siehe oben. Er be- schränkte sich nicht darauf, den Vor- standsvorschlag abzulehnen (mit 141 zu 83 Stimmen). In mehreren Be- schlüssen — sie sind im Anschluß an diesen Bericht im Wortlaut doku- mentiert — hat er zudem bekräftigt, daß er Reglementierungen als Zwang empfindet, sie paßten nicht zu einem freien Beruf. Die Ärzte kä- men ihrer Fortbildungsverpflichtung A-1786 (54) Dt. Ärztebl. 87, Heft 22, 31. Mai 1990

(2)

ohnehin freiwillig und in großem Umfang nach, das Fortbildungsange- bot sei reich und attraktiv. Im übri- gen — und damit führte der Ärztetag einen neuen Gedanken ein — sei Fortbildung als Teil der Qualitätssi- cherung zu sehen. Der nächste Ärz- tetag solle sich folglich mit der „Qua- litätssicherung im Gesundheitswe- sen" beschäftigen, beschlossen die Delegierten.

Der neugierige Leser, der viel- leicht nicht mehr Heft 48 aus dem Jahre 1989 zur Hand hat, um die Konzeption nachzulesen, mag sich jetzt fragen, welch „schlimme" Re- glementierung der Bundesärztekam- mer-Vorstand da wohl vorgesehen hatte. Kurz zusammengefaßt: Der Vorstand schlug einen Punktekata- log vor. Innerhalb von drei Jahren sollte jeder Arzt mindestens 120

„Fortbildungspunkte" sammeln. Da- von sollten 80 Punkte durch Nach- weis der Teilnahme an Fortbildungs- veranstaltungen erworben werden, Literaturstudium und audiovisuelle Fortbildung sollten zusammen pau- schal mit 40 Punkten bewertet wer- den.

Und so sollten die Veranstal- tungstypen bewertet werden:

Abendveranstaltung 2

Halbtagsveranstaltung 3

Tagesveranstaltung 5

Wochenendveranstaltung 8 Halbwöchige Veranstaltung 15 Ganzwöchige Veranstaltung 30 Individuelle gebietsbezogene und durch Zeugnis belegbare Fort- bildung sollte „äquivalent" bewertet werden. Punkte sollten lediglich bei Veranstaltungen anerkannter Fort- bildungsträger erworben werden können. Grundsätzlich anerkannt werden sollten die von Ärztekam- mern und Fortbildungsakademien ausgewiesenen sowie gleichwertige Veranstaltungen, Kongresse und Se- minare wissenschaftlicher Gesell- schaften und die Kongresse der Bun- desärztekammer.

Soweit die nunmehr ad acta ge- legte Vorlage des Vorstandes. In der Diskussion traten vor allem Kritiker aus den Ärztekammern Nordrhein und Baden-Württemberg, die schon vor Beginn des Deutschen Ärzteta- ges die Vorstandskonzeption zurück- gewiesen hatten, hervor. Es gab frei-

lich auch vereinzelte Verteidiger des Vorstandsvorschlages, kaum aller- dings unter den Delegierten. Als Verfechter traten vielmehr einige (wenige) unverdrossene Vorstands- mitglieder auf, eingeschlossen der Präsident der Bundesärztekammer, der — beachtlich genug — aus seiner Position als Sitzungsleiter die Dele- gierten ernst auf ihre Verantwortung hinwies. Der Vollständigkeit halber sei ferner auf einen von den Vor- ständen der Ärztekammern Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein getragenen Antrag hingewiesen, der noch über die Vorlage des Vorstan- des der Bundesärztekammer hinaus- ging. Danach sollten die Ärzte ver- pflichtet werden, innerhalb von je- weils drei Jahren an fachgebunde- nen, seminaristischen Fortbildungs- veranstaltungen von insgesamt vier- zigstündiger Dauer teilzunehmen.

Überflüssig zu sagen, daß auch die- ser Antrag abgelehnt wurde.

Ein Kapitelchen für sich betrifft die Auslandskongresse der Bundes- ärztekammer. Im Pack der 17 Be- schlußanträge lag versteckt ein erst gegen Ende der Debatte verteilter Antrag eines bayerischen Delegier- ten, der zugleich als ständiger Refe- rent bei (Fortbildungs-)Veranstal- tungen von Arzneimittelherstellern einen gewissen Ruf besitzt. Sein An- trag zielte darauf, jene seit rund drei- ßig Jahren eingeführten Kongresse einzustellen und statt dessen solche im Bundesgebiet zu installieren.

Kein Wort der Begründung, der An-

trag wurde schlicht zur Abstimmung aufgerufen und genauso unauffällig angenommen. Erst dann kamen Zweifel auf, ob jeder der abstimmen- den Delegierten die Konsequenz der Entscheidung habe bedenken kön- nen. Über jenen Antrag wurde des- halb in einer zweiten Lesung noch einmal beraten. Der Ärztetag blieb indes bei seiner Meinung — allenfalls mit dem kleinen Unterschied, daß je- ne zweite Abstimmung im Unter- schied zur ersten mit 100:97 sehr knapp ausfiel.

Bemerkenswert an den Beratun- gen zum Tagesordnungspunkt II

„Ärztliche Fortbildung" waren nicht allein die Beschlüsse, sondern auch die Stimmung im Plenum. Die Refe- rate und andere Wortbeiträge waren im Stimmengemurmel des Plenums, das mit Vielerlei beschäftigt war, oft kaum zu vernehmen. Rechtfertigun- gen der Referenten oder seitens des Vorstandes wurden nicht selten mit Lachen oder ironischem Klatschen bedacht. Die Delegierten probten das Aufständle. Und bei diesem The- ma glaubten sie offensichtlich, sich das leisten zu können. NJ Resümierend:

Zu Würzburg muckten die Dele- gierten auf gegen die Etablierten.

Auf der Walstatt blieben der Kongresse sieben.

Und zwei Referenten — die eigentlich Angeschmierten.

Die Beschlußvorlage zur ärztlichen Fortbildung vertraten auf verlorenem Posten die Referen- ten Sanitätsrat Prof. Dr. Franz Carl Loch (Saarbrücken), der Vorsitzende des Deutschen Se- nats für ärztliche Fortbildung, und Dr. P. Erwin Odenbach (Köln), der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer und Schriftführer des Fortbildungssenats

A-1788 (56) Dt. Ärztebl. 87, Heft 22, 31. Mai 1990

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Chefärzte der Inneren Abteilung besitzen eine weitreichende Weiterbildungsermächtigung. Eine Weiterbildung zum Facharzt Innere Medizin wird derzeit im Rahmen einer

Filialpraxen sucht FÄ/FA (auch in Teilzeit) und WB-ASS. Unsere Schwerpunkte konzentrieren sich auf VAA-, NH-, Lid- und refraktive Chirurgie. Sie erhalten die Möglichkeit in

WB-Assistent/-in Allgemeinmedizin/Innere ab 01.05.2011 (oder später) für Praxis in Dingolfing (auch Teilzeit) gesucht.. Weiterbildungsbefugnis für

Große Praxis Nähe Augsburg sucht Ärztin für Allgemeinmedizin/Innere Medizin in Voll-, oder Teilzeit.

Die Klinik verfügt in der Hauptabteilung Innere Medizin über die Schwerpunkte Kardiologie, Gastroenterologie und Pneumologie/Allergologie, des weiteren eine Hauptabteilung Chirurgie

FÄ/FA für Allgemein- und/oder Innere Medizin gesucht, welche/-r Interesse hätte, in eine größere.. hausärztliche Praxis in Nürnberg (3 KV-Zulassungen) einzusteigen mit dem Ziel

Große, fachübergreifende internistische Gemeinschaftspraxis im Münchner Westen sucht Facharzt/Fachärztin Allgemeinmedizin / Innere Medizin für langfristige Mitarbeit /

Wenn Sie sich für eine Anzeige in unserem Magazin entscheiden, werden wir Ihnen natürlich Ihren ganz individuellen Text absetzen.. Füllen Sie einfach den Coupon unten aus und