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Archiv "Ärztliche Verordnungen von potenziell inadäquater Medikation bei Älteren" (03.02.2012)

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(1)

ORIGINALARBEIT

Ärztliche Verordnungen von

potenziell inadäquater Medikation bei Älteren

Eine Analyse basierend auf der PRISCUS-Liste Ute Amann, Niklas Schmedt, Edeltraut Garbe

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Im Jahr 2010 wurde mit der PRISCUS-Liste erstmals eine syste- matische Zusammenstellung von potenziell inadäquater Medikation (PIM) für ältere Patienten in Deutschland festgelegt. Das Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz von PIM-Verordnungen für ältere Menschen in Deutschland abzu- schätzen.

Methoden: Auf Basis pseudonymisierter Abrechnungsdaten von drei gesetzli- chen Krankenkassen mit mehr als acht Millionen Versicherten wurden alters- und geschlechtsstandardisierte Ein-Jahres-Periodenprävalenzen von PIM so- wie die Häufigkeit von PIM-Verordnungen pro Person im Jahr 2007 berechnet.

Die Studienpopulation umfasste Personen, die mindestens 65 Jahre alt und im Jahr 2007 durchgängig versichert waren oder verstarben.

Ergebnisse: Die Studienpopulation umfasste 804 400 ältere Versicherte, von de- nen 201 472 Personen (25,0 %) mindestens eine PIM-Verordnung im Jahr 2007 erhielten. Die PIM-Prävalenz war bei Frauen (32,0 %) höher als bei Männern (23,3 %) und stieg mit zunehmendem Alter an. Wirkstoffe mit höchster Präva- lenz waren Amitriptylin (2,6 %), Acetyldigoxin (2,4 %), Tetrazepam (2,0 %) und Oxazepam (2,0 %). Insgesamt erhielten 8,8 % aller Versicherten vier oder mehr wirkstoffgleiche PIM-Verordnungen im Beobachtungszeitraum.

Schlussfolgerung: Die in der PRISCUS-Liste aufgeführten PIM wurden vor Publi- kation der Liste in beträchtlichem Ausmaß an ältere Menschen in Deutschland verordnet. Da es sich bei den Arzneimitteln der PRISCUS-Liste nicht um absolu- te Kontraindikationen handelt und Informationen zur individuellen Nutzen-Risi- ko-Abwägung bei Verschreibung dieser Arzneimittel nicht vorlagen, konnte kei- ne Aussage zu Fehlverordnungen vorgenommen werden. Weiterer Forschungs- bedarf besteht, der die expertenbasierten Erkenntnisse der PRISCUS-Liste als Grundlage für Behandlungsleitlinien in der Geriatrie validiert.

►Zitierweise

Amann U, Schmedt N, Garbe E: Prescribing of potentially inappropriate medications for the elderly: an analysis based on the PRISCUS list.

Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): 69–75. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0069

A

ngesichts demografischer Veränderungen in Deutschland mit einem prognostizierten Zuwachs der Personen über 64 Jahre um etwa die Hälfte bis Ende 2030 (1) rückt die Versorgung älterer Menschen zuneh- mend in den Blickpunkt. Mit fortschreitendem Alter ist ein deutlicher Anstieg der Gesundheitsprobleme zu be- obachten. Das somatische Krankheitsspektrum im Alter wird insbesondere von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krankheiten des Bewegungsapparates dominiert (2). Herzinsuffizienz, Hirninfarkt und Angina pectoris waren von 2005 bis 2009 die drei häufigsten Diagnosen für Krankenhausaufenthalte bei älteren Menschen in Deutschland (3), wohingegen bei den psychischen Er- krankungen Demenzen und Depressionen von beson- derer Bedeutung sind (2).

Mit zunehmendem Lebensalter kommt es zu einem Anstieg der Anzahl von Patienten mit Multimorbidi- tät und Polypharmazie, wie in der Berliner Altersstu- die und im Alterssurvey 2002 für Deutschland ge- zeigt wurde (2). Multimorbidität und Polypharmazie sind wichtige Prädiktoren für das Auftreten uner- wünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) und kön- nen zu einer verlängerten Hospitalisierung älterer Pa- tienten führen (4, 5). Aber auch die alleinige Gabe von bestimmten Arzneimitteln kann bei älteren Pa- tienten das Risiko für UAW erhöhen, weswegen Ex- perten sie als potenziell inadäquate Medikation (PIM) beurteilten. Im Jahr 1997 wurden in den USA die ersten, insgesamt 63 Kriterien für PIM bei älteren Menschen in der sogenannten Beers-Liste definiert (e1). Diese Liste wurde 2003 mit 66 Wirkstoffen, die von den Experten mit einem hohen, unerwünschten Risiko eingeschätzt wurden (e2), aktualisiert. Auf- grund unterschiedlicher Marktgegebenheiten und Verschreibungspraktiken entwickelten sich in ande- ren Ländern wie Kanada (e3) und Frankreich (e4) weitere PIM-Listen. Im August 2010 wurde basie- rend auf einer qualitativen Analyse internationaler PIM-Listen und einer strukturierten Expertenbefra- gung die erste deutsche PIM-Liste publiziert. Diese Liste, benannt nach dem Verbundprojekt PRISCUS (www.priscus.net), enthält 83 PIM-Wirkstoffe aus 18 Wirkstoffklassen mit Empfehlungen zu Therapieal- ternativen und weiteren Maßnahmen für die klinische Praxis (6). Bei der PRISCUS-Liste handelt es sich um keine „Verbotsliste“ im Sinne absoluter Kontrain-

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS), Universität Bremen:

Ute Amann, M.P.H. postgrad., Niklas Schmedt, B.A., Prof. Dr. med. Garbe

(2)

dikationen, sondern sie beinhaltet relevante Informa- tionen zum Risiko einzelner Wirkstoffe für ältere Menschen und schärft damit die Aufmerksamkeit für Probleme bei der Arzneimitteltherapie älterer Men- schen. Sie ersetzt nicht die auf den einzelnen Patien- ten bezogene Nutzen-Risiko-Abwägung, die eine Therapie mit PRISCUS-gelisteten Medikamenten im Einzelfall notwendig machen kann (e5).

Aus gesellschaftlicher Perspektive ist das Risi- ko von UAWs, das sich aufgrund einer Verordnung von PIM ergeben könnte, eng mit der Verordnungs- prävalenz dieser Arzneimittel verknüpft. Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK auf Basis aller erstattungsfähigen Arzneimittelverordnungen der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im Jahr 2009 zeigten, dass im Schnitt 5,6 % aller Ver- ordnungen für Patienten ab 65 Jahren auf ein Arznei- mittel der PRISCUS-Liste entfielen. Bei den über 90-Jährigen waren es sogar 6,6 % (7). Ebenso wurde berichtet, dass in einer Stichprobe von mehr als sechs Millionen anonymisierten Patientendaten na-

hezu jeder Dritte (29 %) der GKV-Versicherten ab 65 Jahren im Jahr 2009 mindestens ein Arzneimittel der PRISCUS-Liste verschrieben bekam (7). Wei - tere wissenschaftliche Publikationen zur Prävalenz von älteren Menschen mit PIM und insbesondere für einzelne Wirkstoffe und Wirkstoffklassen der PRISCUS-Liste liegen nach unserer Kenntnis bisher nicht vor.

Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz von PIM für ältere Menschen auf Grundlage einer großen Datenba- sis für Deutschland nach Alter, Geschlecht, Wirkstoff und Wirkstoffklasse abzuschätzen. Die Ergebnisse kön- nen damit als Status quo für spätere Untersuchungen nach Etablierung der PRISCUS-Liste dienen. Ebenso sollte die Häufigkeit von PIM-Verordnungen pro Pa- tient evaluiert werden.

Methode

Studiendesign und Datenbasis

Im Rahmen einer retrospektiven epidemiologischen Studie wurden zur Verfügung stehende, pseudonymi- sierte Daten von drei Krankenkassen (AOK Bremen/

Bremerhaven, Techniker Krankenkasse und hkk) mit mehr als acht Millionen Versicherten deutschlandweit aus der pharmakoepidemiologischen Forschungsda- tenbank des Bremer Instituts für Präventionsfor- schung und Sozialmedizin (BIPS) für den Zeitraum vom 1. 1. 2007 bis zum 31. 12. 2007 analysiert. Neue- re Daten standen zum Zeitpunkt der Analyse nicht für alle drei Krankenkassen zur Verfügung. Die For- schungsdatenbank des BIPS umfasst neben den Stammdaten alle Abrechnungsdaten der beteiligten Krankenkassen zur Krankenhausbehandlung, zur am- bulanten kassenärztlichen Versorgung und zu den am- bulanten Arzneimittelverordnungen. Diese Daten wer- den über ein Versichertenpseudonym verknüpft. Die Arzneimitteldaten enthalten alle Verordnungen, die von der Krankenversicherung erstattet und in den Apotheken eingelöst wurden, kodiert über eine ein- deutige Pharmazentralnummer (PZN) für jedes Arz- neimittel. Zur Identifizierung der verordneten Wirk- stoffe und Wirkstoffklassen aus der PZN wurde eine Referenzdatenbank des BIPS verwendet. Diese enthält Informationen zum Arzneimittelnamen, Wirkstoff, Wirkstoffstärke, Packungsgröße, der anatomisch-the- rapeutisch-chemischen Klassifikation (ATC-Code) und der Formulierung (zum Beispiel schnellfreiset- zend oder retardiert).

Die Nutzung von GKV-Daten für die wissenschaftli- che Forschung ist in Deutschland im § 75 des Sozialge- setzbuches (SGB X) geregelt. Das am BIPS für das Forschungsvorhaben entwickelte Datenschutzkonzept wurde von den beteiligten GKVen und den zuständigen Bundes- und Landesbehörden genehmigt.

Studienpopulation

Die Studienpopulation umfasste alle Versicherten, die zu Beginn des Analysezeitraums 65 Jahre oder älter waren und im Jahr 2007 durchgängig versichert waren oder verstarben.

TABELLE 1

Charakteristika der Studienpopulation (N = 804 400)

*1 siebenstelliger ATC-Code Anzahl Versicherte (%)

Alter, Mittelwert (SD), Jahre

Altersgruppe (Jahre) (%) 65–69

70–74 75–79 80–84 85–89 90–94

≥ 95

Anzahl Versicherte mit Hospitalisierung in 2007 (%)

Morbidität

essenzielle Hypertonie chron. ischämische Herzkrankheit Gonarthrose Koxarthrose Herzinsuffizienz

Anzahl Wirkstoffe*1 in 2007, Mittelwert (SD) Männer 447 592 (55,6) 71,1 (5,5)

219 295 (49,0) 123 107 (27,5) 65 800 (14,7) 27 807 (6,2) 8 903 (2,0) 2 198 (0,5) 482 (0,1)

116 145 (26,0)

280 433 (62,7) 114 550 (25,6)

63 041 (14,1) 44 490 (9,9) 43 998 (9,8)

5,6 (4,7)

Frauen 356 808 (44,4) 72,3 (6,7)

160 796 (45,1) 86 391 (24,2) 53 194 (14,9) 34 049 (9,5) 14 938 (4,2) 5 749 (1,6) 1 691 (0,5)

86 978 (24,4)

222 466 (62,3) 51 577 (14,5)

72 545 (20,3) 44 679 (12,5) 39 526 (11,1)

6,2 (4,8)

Alle 804 400 71,6 (6,1)

380 091 (47,3) 209 498 (26,0) 118 994 (14,8) 61 856 (7,7) 23 841 (3,0) 7 947 (1,0) 2 173 (0,3)

203 123 (25,3)

502 899 (62,5) 166 127 (20,7)

135 586 (16,7) 89 169 (11,1) 83 524 (10,1)

5,9 (4,8)

(3)

Potenziell inadäquate Medikation (PIM)

Entsprechend der PIM-Liste des Forschungsver- bunds PRISCUS wurden die PIM-Wirkstoffe in den Arzneimitteldaten über den ATC-Code identifiziert.

Eine Einteilung in Wirkstoffklassen erfolgte auf Ba- sis des drei- oder vierstelligen ATC-Codes. Bei den Wirkstoffen Nifedipin und Tolterodin wurden nur die schnellfreisetzenden Arzneimittel berücksichtigt, da nur diese in der PRISCUS-Liste aufgeführt sind.

Statistische Auswertungen

Es erfolgte eine deskriptive statistische Analyse der Studienpopulation nach Alter, Geschlecht, Morbidi- tät und Medikation. Die Morbidität wurde anhand der ambulanten und stationären Diagnosedaten (ICD-10-Codes) ermittelt, die nach der Kranken- hausstatistik am häufigsten eine Hospitalisierung bei Frauen und Männern ab 65 Jahren bedingen (eTabel- le 1) (3). Das Vorliegen mindestens einer gesicherten ambulanten Diagnose oder einer stationären Primär- oder Sekundärdiagnose wurde als Erkrankung ge- zählt.

Kategoriale Variablen wurden mit ihrer absoluten und relativen Häufigkeit, numerische Variablen mit ihrem Mittelwert und ihrer Standardabweichung (SD) beschrieben. Für die Schätzung der Ein-Jahres- Perioden-Prävalenz von PIM (PIM-Prävalenz), wur- de das Verhältnis der Versicherten, die im Jahr 2007 mindestens eine PIM verschrieben bekommen hat- ten, zur Gesamtstudienpopulation bestimmt. Die Prävalenzberechnung erfolgte einmal für alle PIM, sowie getrennt für jede Wirkstoffklasse und Wirkstoff, jeweils stratifiziert nach Alter und Ge- schlecht. Um repräsentative Aussagen nach Alter und Geschlecht treffen zu können, wurden die Er- gebnisse entsprechend der Alters- und Geschlechts- verteilung der deutschen Bevölkerung mit Stand vom 31. 12. 2007 standardisiert (8).

Zur Evaluation der Häufigkeit von PIM-Verord- nungen wurde die Anzahl von PIM-Verordnungen mit gleichen und unterschiedlichen PIM-Wirkstoffen pro Person bestimmt. Alle Analysen wurden in SAS (Version 9.2 Institute Inc., Cary, NC) durchgeführt.

Ergebnisse

Charakteristika der Studienpopulation

Es wurden 804 400 Versicherte, davon 447 592 (55,6 %) Männer und 356 808 (44,4 %) Frauen im Alter von 65 und mehr Jahren in die Analyse einbe- zogen. Von diesen verstarben 20 340 Personen im Jahr 2007. Das mittlere Alter der Studienpopulation betrug 71,6 Jahre (SD: 6,1). Die Tabelle 1 zeigt die Verteilung der Versicherten nach Geschlecht, Alters- gruppen und klinischen Charakteristika wie Kran- kenhausaufenthalte, Morbidität (fünf häufigsten Di- agnosen) und Medikation. Die durchschnittliche An- zahl verschiedener Wirkstoffe betrug für Frauen 6,2 (SD: 4,8) und für Männer 5,6 (SD: 4,7) Wirkstoffe.

Ein Viertel (25,3 %) dieser älteren Menschen wurde stationär im Krankenhaus behandelt.

PIM-Prävalenz

Die Autoren identifizierten 201 472 (25,0 %) ältere Menschen, die mindestens eine PIM-Verordnung im Jahr 2007 erhielten, davon 96 552 (21,6 %) Männer und 104 920 (29,4 %) Frauen. Nach Standardisierung für Alter und Geschlecht betrug die PIM-Prävalenz 28,3 %. Die altersstandardisierte Prävalenz war bei Frauen (32,0 %) größer als bei Männern (23,3 %). Psy- choleptika (Neuroleptika, Benzodiazepine, Z-Substan- zen wie Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon und andere Sedativa) hatten mit 10,9 % die höchste Prävalenz, ge- folgt von den Psychoanaleptika (Antidepressiva und Piracetam) mit 6,6 %, Antiphlogistika/Antirheumatika (3,4 %) und der Herztherapie mit 3,3 % (Tabelle 2). Ei- ne höhere Prävalenz bei Frauen als bei Männern zeigte sich auch für die meisten der 18 Wirkstoffklassen, au- ßer für Urologika (2,8 % Männer, 1,7 % Frauen), Anti- hypertonika (2,6 % Männer, 1,6% Frauen), Beta-Adre- norezeptor-Antagonisten (1,2 % Männer, 1,1 % Frau- en) und Antithrombotika (0,13 % Männer, 0,08 % Frauen) (Tabelle 2). Die PIM-Prävalenz nahm mit dem Alter von 20,3 % in der Gruppe der 65- bis 69-Jährigen auf ein Maximum von 42,0 % bei den 90- bis 94-Jähri- gen zu (Grafik).

TABELLE 2

PIM-Prävalenz nach Wirkstoffklasse und Geschlecht

*1 standardisierte Prävalenz nach Alter und Geschlecht

*2 standardisierte Prävalenz nach Alter Wirkstoffklasse (ATC-Code)

Psycholeptika (N05) Psychoanaleptika (N06)

Antiphlogistika/Antirheumatika (M01) Herztherapie (C01)

Muskelrelaxantien (M03) Urologika (G04) Antihypertonika (C02) Periphere Vasodilatoren (C04) Beta-Adrenorezeptor-Antagonisten (C07) Calciumkanalblocker (C08)

Antibiotika (J01) Antihistaminika (R06) Ergotamin-Derivate (N02C, N04) Antiemetika (A04)

Antithrombotika (B01) Antiepileptika (N03) Opioide (N02A) Laxanzien (A06)

Prävalenz in % (pro 100 Versicherte) alle*1

10,92 6,56 3,40 3,33 2,28 2,16 2,05 1,61 1,12 1,17 1,00 0,28 0,13 0,12 0,10 0,02 0,01 0,01

Männer*2 7,14 3,88 2,75 2,84 1,95 2,80 2,62 1,66 1,19 0,97 0,55 0,25 0,10 0,09 0,13 0,02 0,01 0,01

Frauen*2 13,66 8,51 3,87 3,70 2,52 1,70 1,63 1,58 1,07 1,31 1,32 0,30 0,15 0,14 0,08 0,02 0,01 0,01

(4)

Mit Ausnahme von drei Wirkstoffen (Prasugrel, Tri- prolidin und Chlorphenamin) wurden alle Wirkstoffe der PRISCUS-Liste im Jahr 2007 für ältere Menschen verschrieben. Wirkstoffe mit einer Prävalenz von ei- nem Prozent und größer sind in der Tabelle 3 aufge- führt. Die vollständige Liste aller PIM-Wirkstoff-Prä- valenzen ist online verfügbar (eTabelle 2).

Evaluation der Häufigkeit von PIM pro Patient

74 % aller Versicherten mit PIM bekamen nur einen PIM-Wirkstoff, 19 % zwei unterschiedliche PIM-Wirk- stoffe und 5,1 % beziehungsweise 1,4 % erhielten drei beziehungsweise vier unterschiedliche PIM-Wirkstoffe im Laufe des Jahres 2007.

70 550 Versicherte (35,0 % der Versicherten mit PIM beziehungsweise 8,8 % aller Versicherten) erhielten vier oder mehr wirkstoffgleiche PIM-Verordnungen im Jahr 2007. Insgesamt wurden dabei 78 Wirkstoffe (94 % aller PIM-Wirkstoffe) identifiziert, die vierzig häufigsten sind in Tabelle 4 dargestellt.

Diskussion

Die vorliegende Studie liefert umfangreiche Infor- mationen zum Status quo der Verschreibung von po- tenziell risikobehafteten Medikamenten bei älteren

Menschen in Deutschland. Bis auf drei Wirkstoffe – Prasugrel, Triprolidin und Chlorphenamin – wurden alle Wirkstoffe der PRISCUS-Liste in der vorliegen- den Studie im Jahr 2007 verschrieben. Der Thrombo- zytenaggregationshemmer Prasugrel ist seit April 2009 in Deutschland im Handel und konnte aus die- sem Grunde in dieser Analyse nicht berücksichtigt werden. Triprolidin und Chlorphenamin sind Anti- histaminika der ersten Generation, die vorwiegend in Kombinationspräparaten zur Linderung von Be- schwerden bei Erkältungskrankheiten und Grippe als Selbstmedikations-OTC („over-the counter“)-Präpa- rat freiverkäuflich sind.

Nach Standardisierung für die Alters- und Ge- schlechtsverteilung in Deutschland erhielt über ein Viertel (28,3 %) der älteren Menschen mindestens eine PIM-Verordnung in 2007. Dieses Ergebnis deckt sich mit Resultaten ähnlich konzipierter Ana- lysen aus Deutschland sowohl basierend auf der PRISCUS-Liste (7, 9, 10) als auch basierend auf ei- ner internationalen PIM-Liste (11). In Übersichtsar- tikeln aus Studien in Europa und den USA wird eine PIM-Prävalenz von 12 % und mehr im ambulanten Bereich und bis zu 40 % in Pflegeheimen angegeben (12, 13). Die Wirkstoffklasse der Psycholeptika, die mit insgesamt 31 Wirkstoffen die umfangreichste Wirkstoffklasse der PRISCUS-Liste darstellt, zeigte die höchste Prävalenz. Häufig verordnete Wirkstoffe aus dieser Klasse waren die langwirksamen Ben- zodiazepine Bromazepam und Diazepam, die kurz- und mittellang wirksamen Benzodiazepine Oxaze- pam und Lorazepam und die Z-Substanzen Zopiclon und Zolpidem. Ein erhöhtes Risiko für Stürze, Hüft- frakturen, Verletzungen, psychiatrische und parado- xe Reaktionen bei älteren Menschen wird im Zusam- menhang mit ihrer Einnahme beschrieben (6). Sie wurden in der vorliegenden Studie auch als mehrfach verordnete Wirkstoffe für einen Patienten identifi- ziert. Die Behandlungsdauer wird laut Produktinfor- mationen, unabhängig vom Alter, mit maximal vier Wochen angegeben, da die Anwendung von Ben- zodiazepinen oder Benzodiazepin-ähnlichen Wirk- stoffen zur Entwicklung von psychischer und physi- scher Abhängigkeit führen kann. In verschiedenen Studien wurde berichtet, dass ältere Menschen diese Wirkstoffe häufig länger als die empfohlene Behand- lungsdauer einnahmen (12, 14), was auch die vorlie- gende Untersuchung vermuten lässt.

Die hohe Verordnungsprävalenz von Benzodiazepi- nen und trizyklischen Antidepressiva wie Amitripty- lin, Doxepin und Trimipramin wurde bereits in ande- ren nationalen Studien, insbesondere bei älteren Pa- tienten mit generalisierter Angststörung (15), bei Heimbewohnern (11) und Homecare-Patienten (16) sowie in internationalen Studien (13, 17, 18) beschrie- ben. Ähnliches gilt auch für die Ergebnisse unserer Studie zu den Wirkstoffen Nifedipin, Acetyldigoxin und anderen Digitalisglykosiden (mit Ausnahme von Digitoxin, das in der PRISCUS-Liste nicht als PIM gekennzeichnet ist), Doxazosin, Etoricoxib, Sotalol, TABELLE 3

PIM-Prävalenz nach Wirkstoffklasse und Geschlecht

*1 standardisierte Prävalenz nach Alter und Geschlecht

*2 standardisierte Prävalenz nach Alter

*3 ausschließlich nicht retardierte Arzneiformen Wirkstoff

Amitriptylin Acetyldigoxin Tetrazepam Oxazepam Zopiclon Bromazepam Doxepin Diazepam Lorazepam Zolpidem Doxazosin Nifedipin*3 Etoricoxib Sotalol Trimipramin Pentoxifyllin Nitrofurantoin

Prävalenz pro 1 000 Versicherte alle*1

25,95 24,29 20,21 19,70 17,18 16,64 16,01 13,30 13,28 12,94 12,78 11,40 11,33 11,22 10,94 10,73 9,95

Männer*2 13,07 20,72 16,92 10,81 12,09 9,58 8,13 9,64 8,57 9,17 21,39 9,22 8,91 11,92 5,68 11,58 5,51

Frauen*2 35,30 26,88 22,60 26,15 20,87 21,76 21,73 15,96 16,70 15,67 6,54 12,98 13,08 10,70 14,75 10,11 13,17

(5)

Pentoxifyllin, Nitrofurantoin und Clonidin (7, 9, 19–21). Anzumerken ist, dass die Bewertung der Anti- depressiva in der PRISCUS-Liste auf die Indikation Depression fokussierte (e5), Amitriptylin wird jedoch in niedriger Dosierung bei neuropathischen Schmer- zen auch im Alter als geeignet betrachtet (22, e6). Re- serpin, eines der ältesten Antihypertonika, dessen Stellenwert vor dem Hintergrund der Nebenwirkun- gen wie Depression und Sedierung weiterhin disku- tiert wird (23), zeigte eine Prävalenz von 0,4 %.

Die beschriebene Prävalenz von Nifedipin und Tolterodin bezieht sich ausschließlich auf die schnellfreisetzenden Arzneimittel, da auch nur diese in der PRISCUS-Liste als PIM klassifiziert wurden.

Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass mehr als die Hälfte aller Verordnungen von Nifedipin und Tolterodin retardierte Präparate betrifft, welche aufgrund der verzögerten Wirkstofffreisetzung nicht mit einem erhöhten Myokardinfarktrisiko bezie- hungsweise mit einer erhöhten Sterblichkeit bei älteren Menschen assoziiert zu sein scheinen. Für Digitalisglykoside, die mit erhöhtem Risiko für Into- xikation und Stürze assoziiert sind (6), erscheint eine detaillierte Analyse unter Berücksichtigung von In- dikation, Komedikation und Tagesdosis wünschens- wert, um dem Stellenwert der aktuellen Therapieleit- linien gerecht zu werden. Beispielsweise wird Digoxin in der Therapie des Vorhofflimmerns mit Frequenz- kontrolle (24) empfohlen, jedoch bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz und Sinusrhythmus (25) als Reservemittel beschrieben.

Nach unserer Kenntnis wurde die mehrmalige Verordnung der gleichen PIM bisher nicht unter- sucht. Unsere Studie zeigt, dass ein Großteil der Wirkstoffe auf der PRISCUS-Liste bei 8,8 % aller Älteren vier oder mehr Mal verordnet wurde und gibt somit einen Hinweis auf eine Dauerbehandlung.

Gleichzeitig könnte dies auch als Hinweis darauf ge- wertet werden, dass diese Patienten diese PIM-The- rapie vertrugen.

Limitationen

Es handelt sich um eine deskriptive Analyse. Eine Un- tersuchung der Faktoren, die möglicherweise einen signifikanten Einfluss auf eine PIM-Verordnung ha- ben, wie beispielsweise Geschlecht, Alter, Aufenthalt in einem Pflegeheim, verschreibende Facharztgruppe, ökonomische Situation oder die Pflegestufe der Pa- tienten wurde nicht vorgenommen, da Information zu verschiedenen dieser Faktoren (ökonomische Situati- on, Pflegeheim und Pflegestufe) nicht vorlagen.

Für neun Wirkstoffe aus den Subgruppen der Ben- zodiazepine, Neuroleptika und Z-Substanzen gelten in der PRISCUS-Liste Dosis-Obergrenzen für die Bewertung als PIM. Da in den Sekundärdaten keine Information zur individuell verschriebenen Tagesdo- sis vorliegt, kann es somit bei diesen zu einer Über- schätzung der PIM-Prävalenz gekommen sein. Eine Sensitivitätsanalyse ohne Berücksichtigung dieser dosisabhängigen Wirkstoffe ergab eine um die Hälfte

TABELLE 4

PIM-Wirkstoffe mit vier oder mehr Verordnungen pro Person Wirkstoff

Acetyldigoxin Amitriptylin Sotalol Doxazosin Zopiclon Oxazepam Doxepin Zolpidem Lorazepam Bromazepam Terazosin Piracetam Flecainid Pentoxifyllin Trimipramin Clonidin Naftidrofuryl Diazepam Nifedipin Lormetazepam

Anzahl Versicherte (N) 5 868 4 777 4 688 4 216 4 010 3 737 3 641 3 459 2 874 2 747 2 115 2 056 1 921 1 831 1 815 1 756 1 738 1 533 1 522 1 380

Wirkstoff

Oxybutynin Baclofen Metildigoxin Reserpin Tetrazepam Temazepam Olanzapin Solifenacin Indometacin Etoricoxib Flunitrazepam Acemetacin Nitrofurantoin Piroxicam Haloperidol Flurazepam Fluoxetin Meloxicam Nitrazepam Tolterodin

Anzahl Versicherte (N) 1 332 1 247 1 242 1 096 1 019 932 847 790 756 746 698 672 636 563 558 549 523 510 493 492

50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

65– 69 70–74 75 –79 80 – 84 85 – 89 90 – 94 95 Prävalenz pro 100 Versicherte (%)

Altersgruppe (Jahre) alle Frauen Männer GRAFIK

Ein-Jahres-Periodenprävalenz von PIM nach Altersgruppe und Geschlecht im Jahr 2007

(6)

reduzierte PIM-Prävalenz der Psycholeptika (5,1 %), die PIM-Gesamtprävalenz fiel jedoch nur von 28,3 auf 24,6 %.

Die Studie ermöglichte es nicht, den Anteil an Fehlverordnungen abzuschätzen, da es sich bei den in der PRISCUS-Liste genannten Medikamenten nur um relative Kontraindikationen handelt und den Au- toren Informationen zur individuellen Nutzen-Risi- ko-Abwägung bei der Verschreibung dieser Medika- mente nicht vorlagen.

Die Studienpopulation war insgesamt jünger als die Gesamtbevölkerung in Deutschland im Jahr 2007 und hatte einen höheren Anteil an Männern über 65 Jahre (55,6 % in der Studienpopulation versus 42 % in der Gesamtbevölkerung). Um dennoch repräsenta- tive Prävalenzen nach Alter und Geschlecht zu ermit- teln, wurde eine Standardisierung für die deutsche Bevölkerung in 2007 vorgenommen. Die Studie ba- siert auf Verordnungen von in der Apotheke eingelös- ten Medikamenten. Die Daten enthalten keine Infor- mation über die tatsächliche Einnahme der verordne- ten Medikamente. Eine schlechte Patienten-Compli- ance würde zu einer Überschätzung der PIM-Präva- lenz und des damit verbundenen potenziellen Risikos führen. Um zumindest näherungsweise den wichtigen Aspekt der Compliance und Persistenz der dispen- sierten Medikation berücksichtigen zu können, wurde die Häufigkeit von PIM pro Patient analysiert.

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die in der PRISCUS-Liste genannten potenziell inadäqua- ten Wirkstoffe vor Publikation dieser Liste in einem beträchtlichen Ausmaß an ältere Menschen ver- schrieben werden. Weiterer Forschungsbedarf ist notwendig, der die klinische Relevanz der in der Lis- te genannten Wirkstoffe im Hinblick auf das Risiko von Therapiekomplikationen im Vergleich zu alter- nativen Therapien analysiert.

Interessenkonflikt

Ute Amann ist Beiratsmitglied bei Vetter Pharma-Fertigung GmbH & Co.Kg.

Prof. Garbe erhielt Honorare für NYCOMED, ist als Beraterin für Bayer-Schering und Novartis tätig, erhielt Honorare für Gutachten von Bayer AG, erhielt Kos- tenerstattung von Sanofi Pasteur, Bayer-Schering, Boehringer Ingelheim und Pfizer und erhielt Gelder auf ein Drittmittelkonto von Bayer-Schering AG.

Niklas Schmedt erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Manuskriptdaten

eingereicht: 7. 7. 2011, revidierte Fassung angenommen: 18. 8. 2011

Danksagung

Die Autoren danken den folgenden Krankenkassen für die Überlassung ihrer Daten für diese Studie: AOK Bremen/Bremerhaven, Techniker Krankenkasse und hkk.

Die Autoren danken ferner Prof. Dr. med. Petra A. Thürmann und ihren Mitarbeitern für die Überlassung der PRISCUS-Liste mit der Definition der ATC-Codes pro Wirkstoff.

Ebenfalls geht ein großer Dank der Autoren an Ulrich Dittmann und Inga Schaffer, Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS), für die Programmierung der Analysen.

LITERATUR

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KERNAUSSAGEN

Die Verordnungsprävalenz von potenziell inadäqua- ter Medikation (PIM) der PRISCUS-Liste ist bei älte- ren Menschen mit 28,3 % beträchtlich.

Frauen erhalten häufiger PIM-Verordnungen als Männer.

PIM-Wirkstoffe der Benzodiazepine, Neuroleptika, Sedativa, Antidepressiva und Digitalisglykoside zei- gen die höchste Verordnungsprävalenz.

8,8 % der Älteren bekamen im Jahr 2007 die gleiche PIM vier Mal oder häufiger verordnet.

Weiterer Forschungsbedarf betrifft insbesondere die klinische Relevanz der in der PRISCUS-Liste ge- nannten Wirkstoffe im Hinblick auf das Risiko von Therapiekomplikationen im Vergleich zu alternativen Therapien.

(7)

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Edeltraut Garbe, MD, PhD

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) Universität Bremen

Achterstraße 30 28359 Bremen garbe@bips.uni-bremen.de

SUMMARY

Prescribing of Potentially Inappropriate Medications for the Elderly:

an Analysis Based on the PRISCUS List

Background: The PRISCUS list of potentially inappropriate medications (PIM) for the elderly was published in 2010 and is the first systemati- cally constructed list of this type in Germany. The aim of the present study is to estimate the baseline prevalence of the prescribing of PIM, as defined by the PRISCUS list.

Methods: Pseudonymized claims data from three statutory health insu- rances in Germany, which together covered more than 8 million insu- rants, for the year 2007 were used to determine the age- and sex-stan- dardized one-year period prevalence of PIM among the elderly, as well as the frequency of PIM prescribing per person. The study population included all insurants who were at least 65 years old and were continu- ously insured throughout the year 2007 or died during that year.

Results: Of the 804400 elderly persons in the study population, 201472 (25.0%) received at least one PIM prescription in 2007. The PIM prevalence was higher in women than in men (32.0% vs. 23.3%) and increased with age. The most commonly prescribed PIM were amitriptyline (2.6%), acetyldigoxin (2.4%), tetrazepam (2.0%), and oxa- zepam (2.0%). 8.8% of all elderly persons received the same PIM drug four or more times in 2007.

Conclusion: These data show that PIM were frequently prescribed to el- derly persons in Germany before the PRISCUS list was published. Medi- cations on the PRISCUS list are not necessarily absolutely contraindica- ted, and this study contained no information about the individual risk/

benefit analyses that may have been carried out before these drugs were prescribed; thus, no conclusion can be drawn about the preva- lence of inappropriate prescribing. Further research is needed to vali - date the PRISCUS list, which was generated by expert consensus, as a basis for therapeutic guidelines in geriatric medicine.

Zitierweise

Amann U, Schmedt N, Garbe E: Prescribing of potentially inappropriate medications for the elderly: an analysis based on the PRISCUS list.

Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): 69–75. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0069

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit0512 eTabellen:

www.aerzteblatt.de/12m0069

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

(8)

ORIGINALARBEIT

Ärztliche Verordnungen von

potenziell inadäquater Medikation bei Älteren

Eine Analyse basierend auf der PRISCUS-Liste Ute Amann, Niklas Schmedt, Edeltraut Garbe

eLITERATUR

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(9)

eTABELLE 1

Häufigste Diagnosen aus dem Krankenhaus entlassener Frauen und Männer ab 65 Jahren (Quelle: Krankenhaus- statistik Basisjahr 2009 [3])

Diagnose Herzinsuffizienz Hirninfarkt Angina pectoris

Vorhofflattern und Vorhofflimmern Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet

akuter Myokardinfarkt Gonarthrose

sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit

Fraktur des Femurs

essentielle (primäre) Hypertonie chronische ischämische Herzkrankheit bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge

Atherosklerose Koxarthrose

bösartige Neubildung der Brustdrüse

ICD-10-Code I50 I63 I20 I48 J18

I21 M17 J44

S72 I10 I25 C34

I70 M16 C50

(10)

eTABELLE 2

PIM-Prävalenz nach Wirkstoff und Geschlecht pro 1 000 Versicherte

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

PIM-Wirkstoff Amitriptylin Acetyldigoxin Tetrazepam Oxazepam Zopiclon Bromazepam Doxepin Diazepam Lorazepam Zolpidem Doxazosin Nifedipin*3 Etoricoxib Sotalol Trimipramin Pentoxifyllin Nitrofurantoin Oxybutynin*4 Piracetam Piroxicam Meloxicam Naftidrofuryl Terazosin Indometacin Lormetazepam Metildigoxin Haloperidol Solifenacin Acemetacin Clonidin Reserpin Flecainid Temazepam Baclofen Fluoxetin Hydroxyzin Flunitrazepam Tolterodin*3 Ergotamin Flurazepam Nitrazepam Alprazolam Dikalium- clorazepat

alle*1 25,95 24,29 20,21 19,70 17,18 16,64 16,01 13,30 13,28 12,94 12,78 11,40 11,33 11,22 10,94 10,73 9,95 7,90 7,88 7,01 6,04 5,80 5,55 5,20 5,10 4,89 4,86 4,82 4,33 4,06 3,93 3,70 3,59 2,75 2,48 2,38 2,34 2,28 2,06 2,06 2,01 1,85 1,82

Männer*2 13,07 20,72 16,92 10,81 12,09 9,58 8,13 9,64 8,57 9,17 21,39 9,22 8,91 11,92 5,68 11,58 5,51 6,49 8,46 5,49 4,23 5,41 12,92 5,28 3,26 3,18 3,64 3,68 3,22 3,65 2,31 4,05 2,35 2,77 1,44 1,76 1,69 1,46 1,41 1,28 1,32 1,17 1,26

Frauen*2 35,30 26,88 22,60 26,15 20,87 21,76 21,73 15,96 16,70 15,67 6,54 12,98 13,08 10,70 14,75 10,11 13,17 8,92 7,46 8,12 7,35 6,09 0,20 5,15 6,43 6,12 5,75 5,64 5,14 4,36 5,11 3,44 4,50 2,74 3,24 2,82 2,82 2,88 2,53 2,63 2,51 2,35 2,24

*1 standardisierte Prävalenz nach Alter und Geschlecht

*2 standardisierte Prävalenz nach Alter

*3 ausschließlich nicht retardierte Arzneiformen

*4 Oxybutynin (retardiert und nicht retardiert) wurden zusammengefasst (in PRISCUS-Liste als getrennte PIM-Wirkstoffe geführt) 44

45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70

71 72 73 74 75 76 77

78 79

Maprotilin Olanzapin Chloralhydrat Dimetinden Clomipramin Brotizolam Levomepromazin Nicergolin Dimenhydrinat Dihydroergotoxin Medazepam Clemastin Ticlopidin Ketoprofen Digoxin Clobazam Clozapin Triazolam Prazepam Phenylbutazon Imipramin Chlordiazepoxid Thioridazin Prazosin Chinidin Perphenazin Dihydroergo- cryptinmesilat Methyldopa Fluphenazin Phenobarbital Tranylcypromin Zaleplon Pethidin Dickflüssiges Paraffin Diphenhydramin Doxylamin

1,80 1,78 1,62 1,56 1,54 1,49 1,45 1,28 1,16 1,12 1,09 1,04 0,99 0,95 0,90 0,84 0,84 0,72 0,67 0,64 0,57 0,56 0,47 0,42 0,32 0,30 0,26

0,24 0,22 0,22 0,18 0,17 0,13 0,10

0,03 0,02

0,67 1,17 1,22 1,40 0,82 1,08 1,11 1,22 0,84 0,78 0,77 0,95 1,30 0,77 0,81 0,67 0,91 0,51 0,45 0,68 0,40 0,29 0,23 0,48 0,49 0,10 0,33

0,17 0,12 0,23 0,10 0,14 0,13 0,10

0,03 0,00

2,62 2,22 1,91 1,67 2,06 1,79 1,70 1,33 1,39 1,37 1,32 1,10 0,76 1,09 0,96 0,96 0,79 0,87 0,84 0,60 0,69 0,75 0,65 0,37 0,20 0,44 0,20

0,28 0,29 0,21 0,23 0,19 0,13 0,10

0,02 0,03

Referenzen

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