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Archiv "Medizinische Fachgesellschaften: Mehr Geld und verbesserte Strukturen" (25.06.2004)

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eahnt aktuell hatte die Arbeitsge- meinschaft der Wissenschaftli- chen Medizinischen Fachgesell- schaften (AWMF) vor Monaten den Ti- tel ihres diesjährigen Presseseminars gewählt. „Die Bedeutung des Wissen- schaftsstandortes Deutschland für die Medizinische Forschung“ ist inzwischen das „Thema des Jahres“ in der Wissen- schaftswelt. Nachdem der Wissen- schaftsrat im Februar mit seinen Emp- fehlungen zur Umgestaltung der Hoch-

schulmedizin aufwartete (DÄ, Heft 7/2004), äußerten auch der Medizini- sche Fakultätentag und die Hochschul- rektorenkonferenz (DÄ, Heft 23/2004) ihre Vorstellungen. Gemeinsam schla- gen sie Alarm: Strukturelle und finanzi- elle Defizite führten zu einer mangeln- den Attraktivität des Wissenschafts- standorts Deutschland.

Der Kritik an den Rahmenbedin- gungen der Hochschulmedizin schließt sich die AWMF an. „Die finanzielle

Ausstattung unserer medizinischen Forschung ist international nicht kon- kurrenzfähig“, sagte Prof. Dr. med.

Albrecht Encke Anfang Juni in Berlin.

Rund zwei Milliarden Euro jährlich (Erhebung der Kultusministerkonfe- renz, 2001) reichten bei weitem nicht.

Weitere Einbußen befürchtet der Prä- sident der AWMF durch die Ein- führung der Fallpauschalen in den Krankenhäusern und durch Kürzung der Länderzuschüsse und der Hoch- schulbaufinanzierung.

Auch strukturell muss sich an den deutschen Hochschulen nach Ansicht der AWMF einiges ändern. Als „ganz ungeeignet und wissenschaftsfeindlich“

bezeichnet Encke die Arbeitszeitge- setzgebung sowie „die starre und inadä- quate tarifliche Vergütung der Ärzte und Wissenschaftler“. Übermäßige Be- lastung mit Verwaltungs- und Doku- mentationsaufgaben und eine unsi- chere berufliche Perspektive führten zusätzlich zu einer erheblichen Fru- stration des ärztlichen und wissen- schaftlichen Nachwuchses. Besonders bei Ärztinnen und Wissenschaftlerin- nen müssten familiäre Aspekte stär- ker berücksichtigt werden. Auch die atmosphärische Verschlechterung des Forschungsklimas werde „von den Jüngeren zu Recht beklagt“, bestätigt der Chirurg: „Es fehlt an den Univer- sitäten eine strukturierte medizinische und wissenschaftliche Ausbildung mit Doktorandenbetreuung sowie Gradu- iertenkollegs.“

Nicht ganz zu trennen:

Klinik, Forschung und Lehre

Mit ihrer Forderung nach verbesserten Ausbildungswegen und Karrieremög- lichkeiten, einer Anerkennung des Eli- tegedankens, einer leistungsgerechten Mittelverteilung sowie einer Querver- netzung der Medizin durch die Förde- rung von interdisziplinären Zentren liegt die AWMF mit dem Wissenschafts- rat auf einer Linie. Abweichend von dessen Empfehlungen will sie jedoch die Einheit von Forschung, Lehre und Krankenversorgung erhalten. „Es muss nicht notwendigerweise alles an eine Person gebunden sein“, erklärt Encke.

Aber auf eine enge personelle und in- P O L I T I K

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A1860 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2625. Juni 2004

Medizinische Fachgesellschaften

Mehr Geld und

verbesserte Strukturen

Im Gegensatz zum Wissenschaftsrat setzt sich die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen

Medizinischen Fachgesellschaften für die Einheit von Forschung, Lehre und Krankenversorgung ein.

Perspektiven von Forschung und Wissenschaft in der Medizin

Chirurgie:Als „zukunftsträchtig“ sieht die AWMF die Forschungsthemen Transplantation, Wundhei- lung/Tissue-Engineering, perioperative Pathophysiologie/Sepsis sowie die onkologische Chirurgie an. Beson- ders die Sepsis sei noch ein „weit offener Bereich, in dem sich Sterblichkeit reduzieren lasse“, sagte Prof. Dr.

med. M. Rothmund, Marburg. Enormen Nachholbedarf sieht der Chirurg auf dem Gebiet der patienten- orientierten Forschung (klinische Studien). Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie habe deshalb ein Studien- zentrum (Universität Heidelberg) gegründet. Es soll multizentrische Studien in chirurgischen Fächern sowie zu gesundheitswissenschaftlichen Fragen organisieren. Einbezogen werden auch nicht-universitäre Kranken- häuser.

Innere Medizin:Auf dem Gebiet der Inneren Medizin werden vor allem von neuen Erkenntnissen aus der Genetik, der Zell- und Molekularbiologie sowie der Computertechnologie diagnostische und therapeuti- sche Fortschritte erwartet. Häufig bliebe die Ableitung von wirksamen Therapien jedoch ohne Erfolg oder sei risikoreich, erklärte Prof. Dr. med. Jürgen Schölmerich, Regensburg. Positive Beispiele für die Nutzung der Gendiagnostik stellten die Hämochromatose und der Morbus Crohn dar.

Psychiatrie:Obwohl sich in den letzten 20 Jahren die Behandelbarkeit psychiatrischer Erkrankungen entscheidend verbessert hat, nehmen viele Betroffene erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeiten nicht in Anspruch.An dem verzerrten Bild psychiatrischer Erkrankungen müsse noch gearbeitet werden, sag- te Prof. Dr. med. Wolfgang Gaebel, Düsseldorf. Ziel für die nächsten Jahre ist nach Ansicht des Vizepräsiden- ten der AWMF die Weiterentwicklung einer ätiopathogenetisch orientierten Diagnostik sowie einer kausalen Therapie mittels Genetik, Tiermodellen, Post-mortem-Forschung, Bildgebung sowie soziokultureller For- schung.

Radiologie:Einen wesentlichen Entwicklungsschub erwartet Prof. Dr. med. Roland Felix, Berlin, von der Radiopharmazie, die für das Positronenemissions-Imaging eine Reihe von neuen Substanzen entwickelt hat, wie beispielsweise Marker für die Proteinbildung, für den Aminosäuretransport, die Membranbildung oder die DNA-Synthese. Die Tumortherapie wird künftig durch den Einsatz von Nanopartikeln sowie der Anwendung von hoch fokussiertem Ultraschall, der lokalen interstitiellen Brachytherapie, der regionalen Hyperthermie und Radiotherapie weiter verbessert werden.

Versorgungsforschung:Gemeinsam mit dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer hat die AWMF einen Arbeitskreis Versorgungsforschung gegründet. Er soll künftig die Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet koordinieren, berichtet Prof. Dr. med. Jürgen v. Troschke, Freiburg.

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haltliche Verknüpfung mit unterschied- licher Schwerpunktbildung könne man nicht verzichten. Die vom Wissen- schaftsrat vorgeschlagenen neuen Qua- lifizierungswege berücksichtigten diese Einheit nicht genügend. Dieser hatte gefordert, beginnend während des Stu- diums, eine wissenschaftliche und eine klinische Laufbahn für Mediziner ein- zurichten. An der Spitze einer Klinik stünden künftig ein Forschungsprofes- sor und ein Klinischer Professor. „Das angloamerikanische Consultant Modell als Pas de deux erscheint für die Lei- tung deutscher Universitätskliniken wenig erfolgversprechend“, kritisierte Encke. Eine solche Teilung der Aufga- ben sei zwar einleuchtend, aber nicht bis in die höchsten Ebenen durchsetz- bar.

Juniorprofessur: Ausnahme für klinische Medizin

Bessere Forschungsergebnisse könn- ten jedoch erzielt werden, wenn die Universitätskliniken „nicht zu sehr“ in die Krankenversorgung eingebunden wären, meinte Prof. Dr. med. Matthias Rothmund. Der künftige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (ab 1. Juli 2004), der außerdem Mit- glied in der AWMF sowie im Medizin- ausschuss des Wissenschaftsrates ist, wies auf das mangelnde Ansehen der medizinischen Forschung im Ausland hin. Dort gelte Deutschland gemein- sam mit Frankreich als „rigid center“.

Während im nordwestlichen Europa auf Wissenschaftlichkeit gesetzt wür- de, „ertrinkt Deutschland in der Kran- kenversorgung“. Zeit für Forschung bliebe kaum.

Die Habilitation möchte die AWMF unbedingt erhalten. Dass Ärztinnen und Ärzte adäquate Publikationen und wis- senschaftliche Vorleistungen vorweisen können, sei für einen qualifizierten wis- senschaftlichen Karriereweg in der Me- dizin eine wesentliche Voraussetzung.

Die alternative Juniorprofessur indes eigne sich für die klinische Medizin nur ausnahmsweise, meinte Encke. Vor allem in den großen klinischen Fächern mit unmittelbarer Krankenversorgung sei sie in der Praxis sicher nicht zu realisieren. Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann

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Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2625. Juni 2004 AA1861

Ärztliche Berufshaftpflicht

Immer mehr Kündigungen

Die Versicherer reagieren auf steigende Schadenssummen und „sanieren“ inzwischen auch schadensfreie Altverträge.

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r. med. Degenhard Friszewsky, Ueckermünde, hielt das Schrei- ben der Continentale Sachversi- cherung AG, Dortmund, zunächst für ein Irrtum: Seit 1995 niedergelassen und Betreiber einer Praxisklinik für ambulante Operationen hatte er seine Berufshaftpflichtversicherung bei der Gesellschaft nie in Anspruch genom- men. Warum sollte die Continentale ihm also kündigen? Er hatte doch regel- mäßig seine Prämien gezahlt und die Versicherung keinen Cent gekostet.

Nein, bei der Kündigung handele es sich nicht um ein Missverständnis, vielmehr erfolge eine „Flurbereinung“ in dieser Sparte, lautete die Antwort des zustän- digen Sachbearbeiters auf Friszewskys telefonische Nachfrage. Die Suche nach einem neuen Versicherungsschutz zu vergleichbaren Konditionen gestaltete sich für den Arzt schwierig.

Die Kündigungspraxis der Continen- tale im Bereich Berufshaftpflichtversi- cherungen für Ärzte ist kein Einzelfall in der Branche. „Die alten Verträge ent- sprechen oft einfach nicht mehr der ak- tuellen Risikolage in der Sparte“, argu- mentierte Sabine Lafrenz von der AXA Konzern AG, Köln, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Zwar sei die Zahl der Schadensfälle (also der ärztli- chen Behandlungsfehler; Anmerkung der Redaktion) seit Jahren relativ kon- stant, nicht jedoch die von den Versi- cherungen zu erstattenden Schadens- summen. Deren Höhe wachse überpro- portional. Schuld daran seien ein gestei- gertes Anspruchsbewusstsein der Klä- ger sowie die Rechtsprechung, erläuter- te Lafrenz. Die AXA „saniere“ derzeit ihre schadenbehafteten Verträge (das heißt, die AXA kündigt den Vertrag und unterbreitet dem Arzt ein Vertrags-

angebot zu schlechteren Konditionen Anmerkung der Redaktion), greife aber auch schadensfreie Versicherungsver- träge auf, die älter als zehn Jahre seien.

Lafrenz: „Solche Sanierungsmaßnah- men sind auch in anderen Versiche- rungssparten üblich und betriebswirt- schaftlich absolut notwendig.“

Leidtragender dieser Praxis ist auch Dr. med. Jürgen Remy, Essen: „Vor et- wa Jahresfrist erhielt ich als Pensionär (67 Jahre) mit nur noch geringfügiger ärztlicher Tätigkeit in Sachen Arbeits- medizin von der AXA Versicherung ei- ne ähnlich lautende Information. We- gen Verdoppelung der Risikosummen im Versicherungsrecht müssten die Ge- bühren (um circa 100 Prozent) angeho- ben werden. Wenn ich dieser Erhöhung meine Zustimmung verweigere, würde mein Vertrag gekündigt.“ Auch über andere Versicherungsgesellschaften (ne- ben der Continentale und der AXA) liegen der Redaktion vergleichbare Er- fahrungsberichte von Ärzten vor.

Amerikanische Verhältnisse?

Steigende Schadensersatzsummen, stei- gende Prämien für die ärztliche Berufs- haftpflichtversicherung und Arztgrup- pen, die es schwer haben überhaupt ei- nen adäquaten Versicherungsschutz für den Fall eines Behandlungsfehlers zu finden – „steuern wir hier auf amerikani- sche Verhältnisse zu und müssen damit rechnen, dass bald kein Kollege mehr bereit sein wird, ein risikoreiches Fach zu betreiben, weil die Versicherungen ihn entweder gar nicht versichern oder die Prämien in eine Höhe schrauben, die niemand bezahlen kann oder will?“, vergleicht eine Radiologin, die nicht na- mentlich genannt werden will, die deut- schen Verhältnisse bereits mit den in den Vereinigten Staaten. Dort haben es die Anwälte (sie sind in den USA am er- strittenen Schmerzensgeld beteiligt)

„geschafft“, die Schadensersatzsum- men und somit auch die Prämien für die ärztliche Berufshaftpflichtversicherung in astronomische Höhe zu treiben. In- zwischen sind die vielen Millionenkla- gen in den USA ein nationales Pro- blem: Die medizinische Versorgung ist in manchen Bereichen bereits gefähr- det (vgl. DÄ, Heft 37/2003). Jens Flintrop

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