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Archiv "FRAUENSACHE: Ärztinnen gefordert" (04.05.1989)

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NS-ZEIT

Zu dem Leserbrief „Verfälsch- tes Bild" von Dr. med. N. Kießin- ger, Heft 11/1989, der sich auf das kürzlich auch in deutscher Fassung erschienene Buch von Robert Jay Lifton: „Ärzte im Dritten Reich"

(Klett-Cotta) bezog:

Nicht aufmerksam gelesen

Wer in dem Anliegen des Lifton-Buches einen Aus- druck von „Siegergehabe"

sieht, der hat diese wahrlich sine ira et studio verfaßte, al- lerdings überdimensionale Dokumentation nicht auf- merksam gelesen, geschweige denn den Versuch unternom- men, die dargelegten psycho- logischen Schwerpunkte aus- zuloten.

Wie soll das auch gesche- hen, wenn Berührungsängste und Erwartungshaltung zur Rolle vieler unserer Kollegen im Dritten Reich eine Aus- einandersetzung mit dieser Epoche abblocken?

Wann immer eine „Verfäl- schung des Bildes der Ge- schichte in Deutschland durch Siegermächte" stattfin- den mag — das zu beurteilen sollte man Historikern über- lassen und nicht einem inter- national anerkannten, ethisch hochrangigen Psychiatriepro- fessor anlasten, der wegen seiner kompromißlos huma- nitären und friedenspoliti- schen Einstellung im eigenen

Es wird Zeit

Auch ich habe die histori- sche Chance, in der Nach- kriegszeit geboren zu sein.

Das enthebt mich aber nicht der Verpflichtung, mir Ge- danken darüber zu machen, wie es in der Vergangenheit dazu kommen konnte, daß Ärzte . . . zu Verbrechern werden konnten. Herr Dr.

Kießinger hätte sicher besser daran getan, das Buch, über das er herzieht, zu lesen, statt es pauschal abzuqualifizieren.

Denn von „Siegergehabe"

oder „ein durch Siegermächte verfälschtes Bild der Ge- schichte" (haben solche unse- ligen Sätze nicht vor 60 Jah-

Land (USA) auf harte Kritik stößt.

„Ein schlechtes Gewissen"

braucht weder der Arzt noch der Deutsche zu haben, der unbeteiligt war am Holocaust und „organisierten Massen- mord" (Giordano), oder der aufgrund seines Lebensalters dafür auch nicht verantwort- lich gemacht werden kann.

Aber verstecken sollte man sich nicht hinter der „histori- schen Chance, in der Nach- kriegszeit geboren zu sein" — ä la „Gnade der späten Ge- burt". Aus der Verantwor- tung für das unter der Nazi- Diktatur Geschehene kann und darf sich niemand her- ausstehlen.

Wenn die Rechnung mit den 1000 Jahren schon nicht im Sinne der Naziideen, -pro- gnosen und -propaganda auf- gegangen ist, dann sollte sie wenigstens im Sinne der Na- ziverbrechen aufgehen, die (mit Giordano gesprochen) nun mal keinen „Betriebsun- fall" der deutschen Geschich- te, sondern ein „Unikat" der Verbrechensgeschichte über- haupt darstellen.

Das überfällige Bekennt- nis der 80er Jahre zu einer konstruktiven und dauerhaf- ten Aufarbeitung der dunkel- sten Epoche unserer Ge- schichte ist ein Lichtblick.

Dr. med. Siegbert Brink- schmidt, Ahornweg 7, 7122 Besigheim/N.

ren auch schon geklungen?) kann gerade in diesem Buch nicht die Rede sein. Lifton versucht niemandem ein schlechtes Gewissen einzure- den, sondern beschreibt in faszinierend unemotionaler (dadurch um so erschüttern- derer) Wissenschaftlichkeit, welche psychologischen Ge- gebenheiten und Mechanis- men nötig waren, um aus Hei- lern Töter werden zu lassen.

Wie borniert muß man sein, um die Notwendigkeit, Zusammenhänge zu verste- hen, zu verleugnen; nur da- durch können wir möglicher- weise eine Wiederholung ähnlicher Verbrechen verhin- dern. Gibt es doch gerade

heute schon wieder Kollegen (siehe Hackethal u. ä.), die sich anmaßen, über den Wert oder Unwert von Leben zu entscheiden.

Es wird Zeit, daß kein von reaktionären Kräften . . . ver- fälschtes Bild der Geschichte gerade in Deutschland unse- rer Jugend endlich vor Augen gezeigt wird. Nur dann kann diese Jugend ihre Abstam- mung würdigen.

Erika Eichhorn, Ärztin, Dingsbängerweg 74, 4400 Münster

VIRCHOW

Zu dem „post scrictum"-Bei- trag in Heft 9/1989 „Das Duell", der sich mit der Beziehung von Vir- chow zu Bismarck beschäftigte:

Gekniffen

In Ihrer Besprechung des Buches wird eine unverständ- liche Herabsetzung Bis- marcks gebracht. Von heuti- gen Parlamentssitten ausge- hend hat der Historiker Va- sold sicher recht, damals kei- neswegs.

Bismarck sagte im Abge- ordnetenhaus wörtlich: „Der Referent bemerkt, wenn ich den Bericht wirklich gelesen hätte, so wisse er nicht, was er von meiner Wahrheitsliebe denken solle. Der Herr Refe- rent hat lange genug in der Welt gelebt, um zu wissen, daß er sich damit der techni- schen und specialen Wen- dung gegen mich bedient hat, vermöge deren man einen Streit auf das rein persönliche Gebiet zu werfen pflegt, um denjenigen, gegen den man den Zweifel an seine Wahr- heitsliebe gerichtet hat, zu zwingen, daß er sich persön- liche Genugtuung fordert. Ich frage Sie, meine Herren, wo- hin soll man mit diesem Tun kommen? Wollen Sie den po- litischen Streit zwischen uns auf dem Wege der Horatier und Kuratier erledigen . . .?"

Der Größenvergleich, ein Virchow ist wichtiger als 100 Bismarcks, stammt von Schle- singer, er verstieg sich zu:

„Bismarck ist ein gewaltsa- mer, staatsmännischer Consi-

liarius, der sein krankes, auf- geregtes Land mit Blut und Eisen kurieren will." (Wiener Med. Wschr. 1865, 836).

Sicher war Virchow ein großer Gelehrter, obwohl er Koch in seinem geistigen Hochmut scheußlich behan- delt hatte, ein großer Politi- ker war er mit Sicherheit nicht.

Bismarck hielt Virchow auch später immer wieder vor, „daß er sich nicht nur zu sachlichen, sondern auch pri- vaten Attacken herbeilasse, . . . daß er seit Jahren sich in einer nicht immer sachlichen Form mit meiner Person zu schaffen macht". (Bismarck im preußischen Landtag am 30. Januar 1869).

Es besteht kein Zweifel, daß Virchow nach der dama- ligen Ansicht gekniffen hat, ob das nun Herrn Vasold paßt oder nicht.

Prof. Dr. H. Güttich, Frühlingstraße 22 c, 8035 Gauting

FRAUENSACHE

Zu dem Leserbrief „Mehr dif- ferenzieren" von Silke Groß-Lesch in Heft 15/1989:

Ärztinnen gefordert

Frau cand. med. Silke Groß-Lesch hat mit ihrer Kla- ge vollkommen recht, daß die meisten Leserbriefe gegen die derzeit geübten Abtrei- bungen von Männern ge- schrieben wurden. Ich gehöre dazu — dennoch gefällt mir die Überschrift „Frauensa- che" ganz ausgezeichnet, wenn man sie konsequent zu Ende denkt.

Es ist schon lange her, als die „Illustrierten" Filmstern- chen und andere bekenntnis- mutigen Frauen zeigten, die allesamt behaupteten: „Wir haben abgetrieben!". Das hatte den Schönheitsfehler, daß es nicht wahr war. Diese Frauen hatten eben nicht ab- getrieben, sondern — zumeist von männlichen Ärzten — ab- treiben lassen. Zwischen pas- siver und aktiver Abtreibung besteht halt doch ein Unter- A-1260 (8) Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989

(2)

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schied. Also geht mein Vor- schlag dahin, den aktiven An- teil jener heiklen „Frauensa- che" bloß nöch weiblichen Ärzten, also Kolleginnen zu gestatten.

Um die scheußliche Be- schlagnahme von ICrankenak- ten zu vermeiden, wäre es bloß noch erforderlich, daß jeder Einzelfall gewissenhaft bei dem Statistischen Bun- desamt in Wiesbaden gemel- det wird. Schon nach einem Jahr könnte man von dort er- fahren, ob die Abtreibungs- quote über 300 000 gestiegen ist oder gar sehr viel tiefer ge- fallen wäre.

In Frauenfragen gehören die Ärztinnen nicht nur an den Schreibtisch, sondern auch an die Front.

Dr. med. Eberhard Schaetzing, Am Hochwald 17, 8130 Starnberg

GRG

Anmerkungen zum Gesund- heits-Reformgesetz:

Rechtsunsicherheit

Zwar wird das Gesund- heits-Reformgesetz (GRG) von den Urhebern als Jahr- hundertgesetz bezeichnet, dürfte aber entsprechend den unzähligen Kritiken unter fast allen Betroffenen keines- wegs die entsprechende Ak- zeptanz erfahren. Erschrek- kend dabei ist, daß die tat- sächlich über ein Jahrhundert von der Kaiserzeit über die Weimarer Republik, sogar über die Nazizeit und schließ- lich vierzig Jahre nach dem zweiten Weltkrieg von allen betroffenen und Parteien ak- zeptierte Reichsversiche- rungsordnung (RVO), die fiir uns Ärzte die immer wieder bindende Rechtsgrundlage war, durch das GRG außer Kraft gesetzt worden ist. Ent- sprechend meiner.. Anfrage beim Syndikus der Arztekam- mer und dessen Antwort:

„— trifft auch zu, daß der Bun- desminister für Arbeit und Soziales (BMfAuS), wie Sie richtig ausführen, zum Richt- linien-Erlaß ermächtigt wur- de, wenn die Selbstverwal-

tung ihre Richtlinienkompe- tenz nicht rechtzeitig aus- schöpft". Es handelt sich also beim GRG um ein Ermächti- gungsgesetz, das uns Ältere peinlich erinnert an die Dr.

Brachtschen Notverordnun- gen (zum Beispiel betreffs ei- nes Zwickels in der Badebe- kleidung) und, noch viel pein- licher, an das Ermächtigungs- gesetz vom 23. März 1933, dessen Folgen ja jetzt wohl bekannt sind, aber damals in seiner Tragweite von der Mehrheit der damaligen de- mokratisch abstimmenden Volksvertreter nicht geahnt worden ist. Das Erschüt- terndste aber beim GRG ist die bewußte Verheimlichung der Abschaffung der RVO, denn diese Tatsache wurde weder allen Ärzten, den ärzt- lichen Gremien, den Parteien und ihren Fraktionen noch den Ethikkommissionen mit- geteilt. Diese alle — wir alle — haben wohl den § 34 Abs. 1, Satz 3 des GRG übersehen, in dem es heißt, daß „der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Rechts- verordnung mit Zustimmung des Bundesrates für Heil- und Hilfsmittel von geringem oder umstrittenen therapeutischen Nutzen Abgabepreise bestim- men kann, deren Kosten die Krankenkassen nicht über- nehmen." Danach ist der Herr Minister in der Lage, die Umstrittenheit eines Me- dikamentes oder dessen the- rapeutischen Nutzen weltweit und auch fiir die deutsche private ICrankenversicherung festzusetzen. Und in § 222, Abs. 3 ist gar noch eine Fri- stenlösung geregelt, desglei- chen in § 102, Abs. 1, nach der selbiger „soweit der Bun- desausschuß Gruppen nicht gebildet hat, nach dem 1. Juli 1989 die Richtlinien erlassen kann, ohne daß es einer Frist- setzung bedarf". Wer lacht hier, wenn die freiheitliche Rechtsordnung in großen Re- den beschworen wird? Ich bitte, mir klar zu machen, daß wir in einer Demokratie le- ben.

Dr. med. Gerhard Schrei- ber, Fördestraße 23, 2392 Glücksburg

A-1262 (10) Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989

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