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Archiv "AUSZEICHNUNGEN: Mit-Freude" (12.06.1975)

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Der Arzt und seine Kranken in Lourdes

sichtskarzinom, Gehirntumor, Osteosarkom des Beckens und an- dere.

Die Fälle sind ausführlich beschrie- ben, zum Teil in medizinischen Dis- sertationen, so daß auf eine einge- hende Schilderung verzichtet wer- den kann. Als Mediziner spricht man von Spontanheilungen mit ei- nem bisher ungeklärten Heilungs- verlauf.

Der naturwissenschaftlich Gebilde- te scheut das Wort „Wunder", da er damit etwas Unwissenschaftli- ches bezeichnet, das nicht erklärt werden kann und das ihm in gewis- ser Weise verdächtig und anrüchig erscheint.

So wird die Haltung des Arztes dem Komplex Lourdes gegenüber verständlich, die in einer Mischung von Skepsis und Verlegenheit be- steht. Diese Haltung ist zu respek- tieren, da seine naturwissenschaft- lich orientierte Ausbildung dem Arzt keine andere Wahl läßt. Sie macht ihn kritisch und kann ihm den Zugang zum Verständnis des- sen, was er hier sieht und erlebt, erschweren. Es wird aber kaum ei- nen Arzt geben, der nicht beein- druckt ist durch die Wirkung von Lourdes auf die dorthin pilgernden Kranken.

Kaum ein enttäuschtes Gesicht über die nichterfolgte Heilung — statt dessen eine gelöste Stim- mung, eine neue Haltung gegen- über dem Geschick, nicht in einer passiven Dulderrolle, sondern in einer aktiven Bereitschaft, die kein Mitleid fordert. Ein Trost ist ihnen zuteil geworden, der nichts mit Ver- trösten zu tun hat, sondern der, nach der griechischen Bedeutung des Wortes, sie wieder hat Wurzel finden lassen. Sie haben wieder Hoffnung gewonnen, die — wie Ga- briel Marcel definiert — die Ge- samtheit aller geistigen Kräfte um- faßt, die gegen die Verzweiflung ankämpfen.

Von diesem Erlebnis des Kranken sind besonders junge Arztkollegen tief beeindruckt. Sie sehen und er-

leben, daß hier subjektiv der ein- zelne Kranke etwas in sich findet, von dem er nichts ahnen konnte und das ihm Kraft gibt, sein Leiden zu bewältigen.

So wird hier die Begegnung mit der Hoffnung das große Erlebnis für den Arzt. Auch in seiner Alltags- praxis plant er sie ein, und ohne sie wäre seine Arbeit am Men- schen unvollständig. In Lourdes aber wird sie ihm vielleicht bewußt als ein echter Bestandteil des Men- schen, der nicht Hoffnung hat — sondern Hoffnung ist, wie sie Stae- helin in seiner Schrift „Haben und Sein" dem individuellen Anteil des Menschen am Unzerstörbaren zu- rechnet.

Nicht die Hoffnung auf das Wunder ist bezeichnend für Lourdes, son- dern der Wiedergewinn der Hoff- nung!

Ist das nicht mehr, als wir Ärzte ihm oft geben können?

Es sind nicht Enttäuschte, die von der Pilgerfahrt zurückkommen; die meisten haben einen Sinn in ihrem Leiden gefunden. Gewiß bedeutet die Reise eine ungewohnte Strapa- ze für den Kranken; aber er wird im Zug und Ankunftsort ärztlich ver- sorgt, so daß die Kontinuität der Behandlung nicht unterbrochen wird. Pflegerisch wird er betreut durch freiwillige Helfer des Malte- serordens, die sich nicht darauf be- schränken, einen normalen Tag- und Nachtdienst zu versehen. Die Helfer sind dabei persönlich enga- giert.

Sie haben Zeit für den Kranken, der sich auf der langen Fahrt aus- sprechen kann. Man hört ihm ge- duldig zu und nimmt Anteil an sei- nen Sorgen. Diese Atmosphäre ge- duldigen Verständnisses mag nicht zuletzt dazu beitragen, daß viele Kranke die Fahrt auch öfters mit- machen.

Natürlich und leider hat auch Lour- des seine kommerzielle Seite, An- denken- und Kitschläden, die man nicht übersehen kann. Man kann

sie auch — wie manche es tun — in den Brennpunkt stellen; aber sie sind nicht Lourdes, das der Kranke sucht. Er sucht etwas anderes — je- der für sich —, das man weder ver- allgemeinern noch genau definie- ren kann.

Vielleicht erübrigt der eine oder andere Kollege einmal die Zeit, selbst zu sehen, was sein Kranker dort findet. Er wird in dem Pilger- zug jederzeit herzlich willkommen sein!

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Erwin Theiss Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Herz-Jesu- Krankenhauses

5253 Lindlar, Bez. Köln

Briefe an die Redaktion

AUSZEICHNUNGEN

Zu Berichten über Ordensverleihungen und sonstige Auszeichnungen die Mar- ginalie eines Lesers:

Mit-Freude

Wenn Sie Auszeichnungen berich- ten, wäre eine kurzzeilige Nach- richt immer erwünscht, was denn die Ausgezeichneten über uns an- dere hinaushebt, die an der „ärztli- chen Front" „Kleinkrieg" betreiben und Pioniere sind, ohne beachtet zu werden. Das ist kein „Maulen".

Selbsteinschätzung genügt den meisten. Freuen tun sie sich aber immer, wenn Politiker Ärzte aus- zeichnen und damit doch auch den Stand aus der landläufigen Mies- macherei herausreißen. Fällt doch auf jeden von uns davon 'was ab!

Dr. med. Bernhard Klinger 8802 Oberdachstetten Hohenau 4

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 24 vom 12.Juni 1975 1843

Referenzen

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