• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Die Schein-Heilung: Schlußwort" (16.09.1983)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Die Schein-Heilung: Schlußwort" (16.09.1983)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Schein-Heilung

<Schlußwort

Es ist schwer, zu den vielen ange- sprochenen Aspekten in der gefor- derten Kürze Stellung zu nehmen, doch könnte der eine oder andere Gesichtspunkt gegebenenfalls auch in einem privaten Schrift- wechsel weiter diskutiert werden.

Zunächst fällt auf, daß die von Stumpfe und Kottow eingenom- menen Positionen diametral ent- gegengesetzt und annähernd gleich weit von der von mir bezo- genen Auffassung entfernt sind.

Herr Stumpfe plädiert unter Ver- weis auf die Medizinmänner in den sogenannten primitiven Gesell- schaften für einen wesentlich weitherzigeren Umgang mit dem Placebo und tut ethische Beden- ken mit leichter Hand ab. Daß sich ein Patient, der von dieser Thera- pie erfährt, genasführt fühlen muß, daß er den Eindruck bekom- men könnte, seine Probleme seien nicht ernst genommen worden, und daß er zu diesem Arzt sein Vertrauen verliert, das scheint für Herrn Stumpfe entweder keine Rolle zu spielen oder im Vergleich mit dem therapeutischen Nutzen relativ unwichtig zu sein; für mich sind dies Gesichtspunkte, die ei- nen (sehr) zurückhaltenden Ein- satz des Placebos nahelegen.

Zwar ist Placebo „wirksam", doch hat, wenn verfügbar, selbstver- ständlich jedes wirksamere Prä- parat Vorrang, will man überhaupt medikamentös (und nicht primär psychotherapeutisch — ein Aspekt der Placebo-Therapie, der nur am Rande berührt wurde) behandeln.

Das Wort „Schein-Heilung" sollte im übrigen nicht eine nur schein- bare Heilung andeuten, sondern eine Heilung mit dem Schein(prä- parat).

Anders als Herr Stumpfe begegnet Herr Kottow der Placebotherapie

„mit äußerster Skepsis". Er sieht in der von mir in engem Rahmen tolerierten Placebotherapie „ein rein utilitaristisches Prinzip" am Werke, und man könnte anneh- men, daß nun eine streng „deon-

tologische" Argumentationsfüh- rung folgen würde, z. B. in der Art, daß der Arzt — wie jeder Mensch — verpflichtet sei, immer die Wahr- heit zu sagen. Dies erweist sich jedoch im Fortgang des Briefes als irrig, da er im Absatz über die als

„ethisch bedenklich" eingestuften

„Prämissen", die gewiß nicht die Voraussetzungen meiner Urteils- bildung sind, selber zumindest in den Punkten 2 bis 5 eindeutig mit den Folgen argumentiert. Bleibt Punkt 1, hinter dem man als ver- pflichtendes Prinzip das der Selbstbestimmung beziehungs- weise der Autonomie des Patien- ten vermuten darf. Die Verpflich- tung zu ausreichender oder gar umfassender Information über je- den Einzelschritt der Behandlung vermag ich in diesem formalen Prinzip nicht zu entdecken. Natür- lich darf der Arzt bei Nachfrage nicht positiv die Unwahrheit sa- gen, aber beim Fehlen gravieren- der Risiken ist er nicht verpflich- tet, über jedes Detail von sich aus aufzuklären.

Zur Duplex-effectus-Theorie wäre einiges mehr zu sagen. Hier nur soviel: die Auffassung, daß sie kei- ne Anwendung finden könne, weil wir weder Haupt- noch Nebenef- fekte „in ihrer Tragweite" einzu- schätzen vermögen, ist unrichtig, da diese Theorie dann nie an- wendbar wäre. Alle unsere Hand- lungen haben Folgen, die sich theoretisch bis ans Ehde der Zei- ten verfolgen lassen müßten, wes- halb der Glaube ja auch sein Urteil immer unter dem „eschatologi- schen Vorbehalt" spricht*).

Bei den „Beipackzetteln" geht es nicht um diejenigen für Placebo- präparate, sondern um die für Ve- rum-Präparate. Es wurde die Fra- ge aufgeworfen, ob uncharakteri- stische Begleiteffekte (z. B. des Gastrointestinums) eines Verum- Präparates als „Nebenwirkung"

deklariert werden sollen oder müssen, wenn sie nach Art und Häufigkeit denen unter Placebo

") Näheres zur Duplex-effectus-Theorie in:

McCormick, R., und Ramsey, P.: Doing evil to achieve good (1978).

gleichen. Einige Gründe für die- sen Vorschlag wurden im Text ge- nannt, mögliche Einwände jedoch nicht diskutiert. Eine Diskussion der Frage der Placebo-Klassifizie- rung und der Doppelblindstudien ist hier aus Platzgründen nicht möglich. Es sei deshalb erneut auf die Eingangsbemerkung hinge- wiesen.

Dr. med. Helmut Piechowiak Eduard-Schmid-Straße 29 8000 München 90

ECHO

Zu: „AIDS. Das Acquired Immune Deficiency Syndrome" von Dr.

med. Hans Jäger in Heft 26/1983, Seite 23 ff.

AIDS — Seuche oder Fallsammlung?

„Über AIDS (Acquired Im- mune Deficiency Syndrome

= Erworbenes Immun-De- fekt-Syndrom) ist in letzter Zeit sehr viel geschrieben worden. Jetzt hat das DEUT- SCHE ÄRZTEBLATT den derzeitigen Wissensstand umfassend beschrieben.

Gemessen an der sensatio- nellen Aufnahme in der Öf- fentlichkeit und an der enor- men Reaktion, sind die Zah- len der Betroffenen gering:

Seit 1979 sind nach bis- herigen Schätzungen 1500 Menschen an AIDS erkrankt, die meisten in den USA.

Die Schwere der Krankheit wird unterschiedlich einge- schätzt. Im Ärzteblatt ist ein- mal davon die Rede, daß mehr als die Hälfte der AIDS- Patienten innerhalb von zwei Jahren sterben.

An anderer Stelle heißt es, etwa 40 Prozent der Erkran- kungen verliefen töd- lich ..." (Weser-Kurier vom 2. Juli 1983).

66 Heft 37 vom 16. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zeigen Sie, dass im Worst Case die Laufzeit für die Suche nach einem Schlüssel immer in Θ(n) liegt, wenn n Schlüssel in einer Hashtabelle der Größe m mit Kollisionsauflösung

Offizielle Veröffentlichungen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als Herausgeber des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES — Ärztliche Mitteilungen sind

Neuere epidemiologische Studien haben den Vorteil, daß es wesent- lich mehr — wenn auch immer noch relativ wenig — postmenopausale Frauen gibt, die längerfristig eine

Mit an- deren Buchstaben oder mit Verfassernamen gezeichnete Veröffentlichungen geben in erster Linie die Auffassung der Autoren und nicht in jedem Fall die Meinung der

Absurd finde ich in die- sem scheußlichen Beitrag, daß man einen Menschen, der im Laufe seines Lebens sehr viel, nicht nur für seine Fami- lie, sondern oftmals auch für die

Dieses Verfahren hat sich nun schon lange Zeit bewährt und bringt bessere Ergebnisse (weniger übersehene Fehler) als eine Korrektur nach einem Tafelanschrieb.. Die

Muß man aber nach Stellung- nahmen in einer repräsentativen Zeitschrift davon ausgehen, daß es immer noch Ärzte gibt, die die Aufklärung in der rechtlich ge- schuldeten Form

Zur Stilisierung der zitierten Figuren verwenden Sprechende in Alltagsinteraktio- nen häufig prosodische Verfahren - wie Tonhöhenverlauf, Lautstärke, Sprechge- schwindigkeit