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Archiv "Social Freezing: Kinderwunsch auf Eis" (24.10.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 43

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24. Oktober 2014 A 1831

E

rst Karriere, dann Kinder – die Botschaft der US- Konzerne Facebook und Apple an ihre jungen Mitarbeiterinnen ist angekommen. Beide bieten den Frauen an, die Kosten bis zu 20 000 Dollar für das Ein- frieren ihrer Eizellen („Social Freezing“) zu überneh- men, wenn sie ihren Kinderwunsch verschieben und sich zunächst ganz der Firma widmen. Offiziell wird ihnen mehr Flexibilität bei der Familienplanung ge- währt. Doch ist das so? Unsere Meinung:

Mich als Ärztin erinnert das Angebot an den kolpor- tierten Satz von Chefärzten aus Bewerbungsgesprächen vergangener Jahrzehnte: „Wenn Sie mir Ihren Uterus im Glas bringen, stehen Ihnen hier alle Wege offen.“

Ein Satz, der vielen Medizinstudentinnen und jungen Ärztinnen einen Schauer über den Rücken laufen ließ – auch wenn er nicht im Wortsinne gemeint war.

Das Apple/Facebook-Angebot wird dagegen wesent- lich wohlwollender aufgenommen, zielt aber in die gleiche Richtung, auch wenn es nicht so martialisch und endgültig klingt. Hingegen ist das „Auf-Eis-legen des Kinderwunsches“ tatsächlich wörtlich gemeint.

Und die Ausführung ist sogar durch den Arbeitgeber kontrollierbar. Er erhält ja – quasi als Beweis – Jahr für Jahr die Rechnung für die kryokonservierten Eizellen seiner Mitarbeiterinnen. Was aber, wenn die Frau den- noch schwanger wird?

Dem mitdenkenden Mann fällt auf, dass Familien- planung auf einmal nicht mehr die private Angelegen- heit von Frauen oder Partnern ist. Auf einmal beein- flussen Unternehmen Entscheidungsbereiche, die bis dato rein privat waren. Zu glauben, dass es ja nur An- gebot sei und den freien Willen lasse, ist nicht zu Ende gedacht. Wenn die Konkurrenz am Arbeitsplatz nicht schläft, sondern einfriert, wird das Ablehnen des Ange- bots immanent doch zum Karriereknick. Gut, dass in Deutschland bisher Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Po- litiker das Angebot als ethisch nicht vertretbare, ja so- gar unmoralische Einmischung bewerten.

Natürlich passt es zum Zeitgeist, die Familienpla- nung aufzuschieben: In Deutschland liegt dem Statisti-

schen Bundesamt zufolge das Durchschnittsalter der Erstgebärenden bei 30 Jahren. Sich zwischen dem 25.

und 30. Lebensjahr für das Social Freezing zu entschei- den, ist jedoch eine andere Dimension. Denn auch wenn heutzutage gefährliche hormonelle Überstimula- tionen weitgehend vermieden werden können, muss man sich als Frau Hormonbehandlungen und (zumin- dest) einem medizinischen Eingriff zur Entnahme der Oozyten unterziehen. Zudem machen die Prozeduren nur Sinn, wenn man eine Schwangerschaft erst um das 40. Lebensjahr plant. Eine Garantie auf den optimalen Zeitpunkt bezüglich Karriere, Partnerschaft und Ge- sundheit gibt es aber auch dann nicht.

Zeitgeist ist es glücklicherweise hier in Deutschland aber auch, gesellschaftliche Grundlagen zu schaffen, die es Frauen wie Männern ermöglichen, Familie und Arbeit miteinander zu vereinbaren. Die kommende Ge- neration, die die gesellschaftliche Verantwortung über- nehmen wird, hat hier eine ziemlich klare Vorstellung, auch die Medizinstudierenden.

Dieses „unmoralische Angebot“, wie der Versuch von Facebook, Apple und Co von Politikern genannt wurde, ist insofern gesellschaftlich keine Option – selbst dann nicht, wenn das Motiv ärztlichen Handelns außerhalb medizinischer Indikationen in dieser Diskus- sion außen vor bleibt. In Deutschland gehört „ihr Bauch“ mit Sicherheit nicht den Arbeitgebern.

SOCIAL FREEZING

Kinderwunsch auf Eis

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann, Egbert Maibach-Nagel

Eva Richter-Kuhlmann, Politische Redakteurin Egbert Maibach-Nagel, Chefredakteur

S E I T E E I N S

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