M 161/2005 JGK 7. Dezember 2005 45C Motion
3759 Haas, Bern (FDP)
Weitere Unterschriften: 22 Eingereicht am: 15.06.2005
Für eine bessere Ausnutzung des Bodens
Der Regierungsrat wird aufgefordert, dem Grossen Rat eine Vorlage zur Änderung des Baugesetzes zu unterbreiten, mit welcher Folgendes erreicht wird:
Das nach Gemeindebauvorschriften zulässige Mass der Nutzung wird generell um 10 Prozent erhöht. In Gemeinden, die kein Nutzungsmass festgelegt haben, erhöht sich die nach den Gemeindebauvorschriften zulässige Gebäudelänge, nicht aber die Gebäudetiefe um 10 Prozent.
Die übrigen baupolizeilichen Masse der Gemeinden sowie Baulinien und dergleichen werden nicht beeinflusst.
Begründung:
Die Vernehmlassungsvorlage vom 15. März 2005 zur Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes sieht die Einführung eines Nutzungsbonus von 10 Prozent bei der Erfüllung des MINERGIE-Standards vor (Art. 26a EnG-Entwurf). Damit wird die Auffassung klar dokumentiert, dass im Kanton Bern eine 10%-ige Erhöhung der Bodennutzung generell und ohne weiteres möglich ist.
Unabhängig von der Anwendung des MINENERGIE-Standards ist daher - dem raumplanungsrechtlichen Grundsatz der haushälterischen Nutzung des Bodens entsprechend – eine derartige Verbesserung der Ausnutzungsmöglichkeiten des beschränkt verfügbaren Bodens vorzusehen.
Antwort des Regierungsrates
Für den Regierungsrat ist die haushälterische Nutzung des Bodens eines der vorrangigen Ziele in der Raumordnung. Dies dokumentiert der Richtplan 2002. Die in der Motion verlangte Massnahme nach einer generellen Erhöhung des Nutzungsmasses in Bauzonen oder – wo die Gemeinde kein Nutzungsmass in der baurechtlichen Grundordnung vorgesehen hat – das Erhöhen der zulässigen Gebäudelänge um 10%, ist nach Auffassung des Regierungsrates jedoch nicht geeignet, den im Richtplan formulierten Strategien und Massnahmen zum Durchbruch zu verhelfen. Bestandteile der Strategie sind die gezielte Entwicklung in den Zentrumsgemeinden zur Stärkung des Baulandangebotes in Gebieten mit stärkerer Nachfrage sowie für Bauzonen für das Arbeiten, welche die im kantonalen und in den regionalen Richtplänen bezeichneten Schwerpunkte berücksichtigen.
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Das Anliegen der inneren Siedlungsverdichtung – dahingehend resultiert die Forderung der Motion – ist jedoch mit der kommunalen Ortsplanung anzugehen und nicht mit generellen kantonalrechtlich vorgegebenen Boni.
Nach den Planungsgrundsätzen von Artikel 54 des Baugesetzes sorgen die Gemeinden, die Regionen und der Kanton dafür, dass der Boden haushälterisch genutzt wird. In der Planungshierarchie befasst sich die Ortsplanung mit der räumlichen Ordnung des Gemeindegebietes. Die Ortsplanung ist gemäss Artikel 55 des Baugesetzes Aufgabe der Gemeinde. Die Aufgabe der Ortsplanung besteht unter anderem darin, die baurechtliche Grundlage, bestehend aus Zonenplan und Baureglement, für das ganze Gemeindegebiet festzulegen. Mit dem Zonenplan bestimmt die Gemeinde Lage, Art und Grösse der Bauzonen, mit dem Baureglement unter anderem die Art und das Mass der zulässigen Nutzung.
Der Regierungsrat geht grundsätzlich davon aus, dass die Gemeinden ihren Boden haushälterisch nutzen und in ihrer Nutzungsplanung ein sinnvoll hohes maximales Nutzungsmass festlegen. In der Regel wird dabei detailliert abgeklärt, welche Nutzungsdichte für die konkret erlassene Bauzone noch vertretbar ist. Eine gesetzlich vorgegebene generelle Erhöhung um 10% ist deshalb in hohem Masse geeignet, die durch die Gemeinden verfolgten Ziele ihrer Entwicklung zu gefährden und den Grundsätzen der Raumplanungsgesetzgebung zuwiderzulaufen. Zu erwähnen sind dazu speziell die angestrebte Bevölkerungsentwicklung, der Ortsbild- und Landschaftsschutz, die Qualität des Wohnumfeldes, das Verkehrsaufkommen und die Immissionen.
Die geforderte Erhöhung der Nutzung ist nicht unbedeutend. Bei einem heute geltenden Nutzungsmass von 0.8 wäre bei Umsetzung der Motion neu ein Nutzungsmass von 0.88 realisierbar, die zulässige Gebäudelänge würde von zum Beispiel 30.0 m auf 33.0 m erhöht. Eine Änderung des Baugesetzes mit dem geforderten Inhalt ist deshalb nach Auffassung des Regierungsrates sowohl in sachlicher Hinsicht als auch wegen des unverhältnismässigen Eingriffs in die Planungsautonomie der Gemeinde abzulehnen.
Mit der Aufnahme des Nutzungsbonus für Bauten nach MINERGIE-Standard in die Vernehmlassungsvorlage zur Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes wurde keineswegs die Auffassung dokumentiert, dass in allen Bauzonen des Kantons generell eine 10%-ige Erhöhung der Bodennutzung möglich sei. Aufgrund des kontroversen Vernehmlassungsergebnisses ist offen, ob die Idee des Nutzungsbonus in dieser Form überhaupt weiterverfolgt wird.
Antrag: Ablehnung der Motion An den Grossen Rat