• Keine Ergebnisse gefunden

Gemeinsam klug entscheiden!

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Gemeinsam klug entscheiden!"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gemeinsam klug entscheiden!

Das deutsche System der medizini- schen Versorgung ist im internatio- nalen Vergleich hoch entwickelt und leistungsfähig. Hierbei hat sich ein Angebot an medizinischen Leistun- gen entwickelt, welches in seiner Heterogenität nur noch schwer zu überblicken ist. Individuelle Lösun- gen, auch im Sinne der Patientensi- cherheit, erscheinen geboten. Aller- dings sind wachsende Regulierung mit immer mehr Verrechtlichung und Ökonomisierung in der Gesundheits- versorgung auch im Lichte begrenz- ter Ressourcen heute prägend.

Im Ergebnis ist ein Flickenteppich entstanden, der die Komplexität des Gesamtsystems noch weiter erhöht und es für Patienten und Akteure der Versorgung zunehmend intranspa- renter macht. Diese Entwicklungen wirken sich auf die ärztliche Berufs- ausübung aus. Sie gefährden die autonome Professionalität von Ärz- tinnen und Ärzten und dadurch die optimale Versorgung der Patienten.

Die Bundesärztekammer und einige Landesärztekammern beschäftigen sich daher seit einiger Zeit mit einem transparenteren, im gesellschaftlichen Diskurs entwickelten Verfahren zur gerechten Mittelverteilung in der Gesundheitsversorgung: der Priori- sierung medizinischer Leistungen.

Wir sind der Meinung, dass es nicht ausreicht, die Politik aufzufordern, Lösungen zu präsentieren oder deren Lösungsansätze zu kritisieren.

Es ist auch wichtig, eigene Vor- schläge zu entwickeln, um Qualität und Wirtschaftlichkeit gesundheitli- cher Versorgung in Deutschland nachhaltig zu sichern. Deshalb unterstützen wir nachdrücklich die Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) „Klug entscheiden“, die sich gegen Über- und Unterversorgung in der Inneren Medizin richtet. Ziel ist es, die medi- zinische Indikationsqualität zu ver- bessern, durch Feststellung diagnos-

tischer und therapeutischer Maßnah- men, die häufig nicht fachgerecht erbracht werden, obwohl umfangrei- che Leitlinien (LL) zur Verfügung ste- hen. In einer repräsentativen Befra- gung der DGIM gaben 44 Prozent der befragten Internisten an, dass LL-Empfehlungen mangels Über- sichtlichkeit, Verständlichkeit etc.

nicht umgesetzt werden. Deshalb wurde in einer aktuellen Publikation vorgeschlagen, dass LL in Zukunft nur Maßnahmen höchster Empfeh- lungsgrade und nicht empfohlene Maßnahmen enthalten sollten.

Der Nutzen des auf deutsche Ver- hältnisse adaptierten und erweiter- ten Choosing-Wisely-Programmes aus den USA liegt in der Herausar- beitung konsentierter praktisch an - wendbarer Positiv- und Negativemp- fehlungen für alle 12 Teilgebiete der Inneren Medizin. Hierdurch kann eine Priorisierung und Aktualisierung der Indikationsqualität erreicht wer- den. „Klug entscheiden“ soll eine konkrete Hilfe bei diagnostischen und therapeutischen Entscheidun- gen bringen und darüber hinaus dafür sensibilisieren, nicht alles medi- zinisch Machbare zu tun.

In lockerer Folge publiziert das „Deutsche Ärzteblatt“ die wichtigen

Positiv- und Negativempfehlungen aus allen Teilgebieten der Inneren Medizin. Die Empfehlungen bezie- hen sich auf Themen, bei denen eine Überversorgung, zum Beispiel Bild- gebung, Laboruntersuchung oder Unterversorgung, zum Beispiel Impf- defizite, sprechende Medizin, häufig vorkommt und die in der Regel auf mindestens einer publizierten Studie beruhen.

Das zukunftsweisende Beispiel „Klug entscheiden“ der DGIM wird uns Ärzten eine Hilfe bei der Indikations- stellung sein sowie den Patienten helfen, sich für eine sinnvolle Maß- nahme zu entscheiden. Dieses Vor- gehen sollte meines Erachtens Schule machen und wegen seiner Wichtigkeit in allen Gebieten der Kli- nischen Medizin Anwendung finden!

Hier zeigt sich einmal mehr die Inno- vationskraft der modernen wissen- schaftlichen Medizin als Treiber und Löser vielfältiger Fragestellungen und deren Beantwortung durch kli- nische- und Versorgungsforschung.

Die praktische Relevanz ergibt sich für jeden Arzt in seinem jeweiligen Indikationsbereich, in dem er täglich über Vorrangigkeit und Nachrangig- keit bzw. Wichtigkeit und Dringlich- keit von Leistungen entscheiden muss (= vertikale Priorisierung).

Meine Empfehlung: Nutzen wir das Angebot der DGIM! Denn wer könnte dagegen sein, „ein Mehr des Sinnvollen auf Kosten des weniger Sinnvollen zu erreichen und dies möglichst zur Gewährleistung einer hinreichenden Verteilungsgerechtig- keit für alle Patienten, unabhängig von Alter, sozialer Schicht oder Ein- kommen“ (Prof. Carlsson, Schweden).

Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- gen, wir Ärzte, als professionelle Trä- ger und Gestalter der gesundheitli- chen Versorgung in Deutschland, nehmen die Verpflichtung und Ver- antwortung wahr, im Sinne der Pati- entensicherheit und des gewissen- haften Umgangs mit den verfügba- ren Ressourcen dem Einzelnen und der Bevölkerung zu dienen.

Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze Ehrenpräsident

Editorial

412 Ärzteblatt Sachsen 10 / 2016

Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze

© SLÄK

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Thomas Afjei und seine Forschungsgruppe haben für die Warmwasser-Erzeugung eines Einfamilienhauses eine Wärmepumpe mit einem Eisspeicher kombiniert und eine Simulation erstellt:

Schon seit 2011 beschäftigen sich wissenschaftliche Fachgesellschaften mit dem Thema unnötiger oder sogar schädlicher medizinischer Leistungen und veröffentli- chen regelmäßig für

Diese Leitlinie soll dabei helfen und auf Bereiche aufmerksam machen, in denen Über- und Unterversorgung nach aktuellem Ermessen sehr wahrscheinlich sind.. Dazu wurden sämtli-

Nach der Veröffentlichung der ersten Aktualisierung der Leitlinie im Oktober 2020 wurden 3 weitere DEGAM S3-Leitlinien für die Extraktion aller Empfehlungen

Bei Vorliegen einer depressiven Störung und einer komorbiden Alkoholabhängigkeit sollte eine antidepressive Psychotherapie zur Reduktion der depressiven Symptome, sowohl

rendum über den Lissabonner Vertrag in Irland hat einem Dauerbrenner in der Europa-Debatte wieder zu Kon- junktur verholfen: dem europaweiten Referendum.. Das

Die Motivation des Schenkens 9 Starthilfe für Kinder oder Enkel 11 Vermeidung von Erbstreitigkeiten 11 Der Familie oder den Freunden Freude bereiten 11 Fortbestand des Unternehmens

Es stellte sich heraus, dass Betroff ene eine förderliche Umwelt benöti- gen, damit sich aus einer überdurch- schnittlichen Intelligenz auch eine überragende Leistung entwickeln