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FORUM-5-2014

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Mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen der

Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

05 |1 4

KVB FORUM

DIABETES AUF DEM VORMARSCH

Wie lässt sich die Volkskrankheit in den Griff bekommen?

RECHT INTERESSANT: Wie das Europarecht unser Gesundheitswesen beeinflusst AUS DER PRAXIS: Was benötigt man für eine Weiterbildungsbefugnis?

PATIENTENORIENTIERUNG: Sklerodermie-Selbsthilfegruppe stellt sich vor

(2)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

nicht jede öffentlichkeitswirksame Kampagne ist wirklich sinnvoll und zielführend. Gerade im Gesundheitswesen gibt es immer mal wieder Aktionen, deren Sinn man deutlich hinter- fragen kann. Anders verhält es sich aus unserer Sicht bei der Initiative „Diabetes bewegt uns!“, die das Bayerische Gesundheitsministerium in diesem Monat mit mehreren Partnern startet. Auch wir haben sofort unsere Unterstützung zugesagt, denn die Volkskrankheit Diabetes mellitus ist für unser Gesundheitssystem eine gigantische Herausforderung. Viele Milliarden Euro werden jährlich für die Behandlung der Diabetes sowie deren Folgeerkran- kungen aufgewendet – Tendenz aufgrund ungesunder Ernährung und zunehmendem Bewe- gungsmangel leider steigend. Negative Prognosen gehen davon aus, dass wir in einigen Jahr- zehnten mit den jetzt im Gesundheitssystem vorhandenen Finanzreserven gerade einmal die Ausgaben für die Behandlung der Diabetespatienten decken können.

Hier ist ein dringendes Umdenken und Handeln erforderlich und insofern kommt die Kam- pagne des Gesundheitsministeriums auch zu einem günstigen Zeitpunkt. In dieser Ausgabe von KVB FORUM haben wir das Thema Diabetes mellitus für Sie aus verschiedenen Blick- winkeln aufgearbeitet. Besonders im Fokus stehen dabei die Disease Management Program- me sowie die Arzneimittelversorgung. Nicht zu vergessen natürlich die Informationen aus und für die Praxis. Mit den Kollegen Bernd Ruhland für die Diabetes-Schwerpunktpraxen sowie Markus Beier für den hausärztlichen Bereich konnten wir echte Experten als Interview- partner gewinnen. Wir hoffen, dass die umfangreichen Informationen in Sachen Diabetes für Sie hilfreich sind und dass Sie auch Ihre Patienten verstärkt für das Thema sensibilisieren können. Denn der Mai wäre doch genau der passende Monat, um diesen – und möglicher- weise ja auch sich selbst – ein bisschen mehr Bewegung und eine leichtere Kost zu verordnen.

Dr. Krombholz

Vorsitzender des Vorstands Dr. Schmelz

1. Stellv. Vorsitzender des Vorstands Dr. Enger

2. Stellv. Vorsitzende des Vorstands

Ihr KVB-Vorstand

(3)

3 AKTUEllES IN KüRzE

Praxisteilnehmer gesucht

BAyERISCHER GESUNDHEITSPREIS 2014:

BEWERBUNGSFRIST VERläNGERT!

Gute Nachrichten für niedergelassene Ärz- te und Psychotherapeuten, die sich noch für den Bayerischen Gesundheitspreis be- werben wollen: Die offizielle Bewerbungs- frist wurde vom 5. Mai auf den 19. Mai verlängert. Somit haben Sie noch einige Tage mehr Zeit, sich mit Ihrem innovati- ven Projekt zur nachhaltigen Stärkung der qualitativ hochwertigen am- bulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung am diesjäh- rigen Bayerischen Gesundheitspreis zu beteiligen.

Gesucht werden Projekte für folgende Kategorien:

„ „Im Alter gut versorgt“: – Konzepte zur Prävention, Diagnostik und Therapie in der ambulanten Versorgung alter Menschen.

„ „Zukunft Telemedizin“: – Wie innovative Ansätze aus der Telemedizin in der ambulanten Versorgung flächendeckend eingesetzt werden.

„ „Lust auf ambulante Versorgung“: – Wie Ärzte und Psychotherapeuten den medizinischen Nachwuchs für die Arbeit am Patienten begeistern.

Der mit insgesamt 12.000 Euro dotierte Bayerische Gesundheitspreis von KVB und IKK classic wird bereits zum fünften Mal vergeben. Bewer- bung unter www.bayerischer-gesundheitspreis.de.

Redaktion

Neue Rubrik „Barrieren abbauen“

In Deutschland leben etwa 9,6 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist für sie nur stark eingeschränkt, oft so- gar überhaupt nicht möglich. Auch Termine bei niedergelassenen Ärzten oder Psychotherapeuten können für sie zum sprichwörtlichen Hürdenlauf werden, wenn bauliche oder kommunikative Barri- eren den Aufenthalt in einer Praxis erschweren oder erst gar nicht zulassen.

Dass es auch anders gehen kann, haben viele Pra- xen bereits bewiesen. Sie sind auf blinde, gehbe- hinderte, gehörlose oder geistig behinderte Patien- ten eingestellt – und zwar durchaus nicht nur als Facharztpraxen für Augenheilkunde, Orthopädie oder Neurologie. Auch viele Hausarztpraxen sind für den Umgang mit behinderten Menschen sensi- bilisiert.

Um genau diese Praxen geht es uns in unserer neuen Rubrik „Barrieren abbauen“. Hier möchten wir von den vielen Positivbeispielen berichten, von den Ärzten und Psychotherapeuten, denen es be- reits erfolgreich gelungen ist, Barrieren in oder zu ihren Praxen abzubauen. Nicht immer muss dies zwangsläufig mit viel Aufwand oder einem großen Budget verbunden sein. Oft lässt sich auch mit neu überdachten Verhaltensregeln innerhalb des Praxisteams viel erreichen.

Erzählen Sie uns, wie Sie in Ihrer Praxis Barrieren abgebaut haben. Welche Maßnahmen haben Sie bereits erfolgreich umgesetzt? Welche sind viel- leicht noch in Planung? Wie groß war der Auf- wand? Wie reagieren Ihre Patienten auf die Er- leichterungen? Welche Tipps können Sie Ihren Kol- legen mit auf den Weg geben?

Die Redaktion von KVB FORUM freut sich über Ih- re E-Mail an kvbforum@kvb.de und besucht Sie gerne in Ihrer Praxis, um über Ihr persönliches Projekt zum Thema „Barrieren abbauen“ zu be- richten.

Redaktion

90

Prozent aller ambu- lanten Eingriffe zur Verkleinerung der Gaumenmandeln bei Kindern zei- gen auch zwei Jahre nach dem Eingriff sehr gute Therapieerfolge.

(Quelle: Ärzteblatt.de vom 24. März 2014)

zAHl DES MONATS zITAT DES MONATS

„Wir haben 30 Milliarden Euro Über- schuss im System (…). Das sind Gelder der Versicherten, die auch für ihre Versorgung eingesetzt werden sollten und nicht, um den Bundeshaushalt zu konsolidieren.“

Professor Volker Ulrich, Gesund- heitsökonom, über die Regierungs- pläne zur Krankenkassenreform (Quelle: Nordbayerischer Kurier

vom 27. März 2014)

VERTRETERVERSAMMlUNGEN 2014

Die Vertreterversammlungen der KVB finden im Jahr 2014 an folgenden Terminen in der Elsenheimerstraße 39, 80687 München, statt:

„ Mittwoch, 4. Juni 2014

„ Samstag, 22. November 2014

(4)

22 Antidiabetika: Verordnungen steigen rasant

Die Ausgaben für ambulant ver- ordnete Antidiabetika sind in Bayern innerhalb von sechs Jah- ren um knapp 100 Millionen Eu- ro gestiegen. Was bedeutet das für die künftige Entwicklung der Arzneimittelkosten?

24 Orale Antidiabetika – was leisten Gliptine?

Wir beleuchten für Sie den Zu- satznutzen von Gliptinen. Wel- che Vorteile, welche Effekte dür- fen Ärzte und Patienten von ih- nen erwarten?

GESUNDHEITSPOlITIK 26 „Wir haben uns viel vorgenommen“

KVB-Vorstand Dr. Wolfgang Krombholz im Gespräch mit der Ärztin und Bundestagsabgeord- neten Sabine Dittmar (SPD) 15 „Wir motivieren unsere

Patienten, ihren Lebensstil zu ändern.“

Interview mit dem Diabetologen Dr. Bernd Ruhland, der im Kampf gegen Diabetes mellitus auf ei- nen Bewusstseinswandel der Bevölkerung beim Thema Ernäh- rung und Bewegung setzt 18 „Der Hausarzt ist mehr als ein Lotse für Diabetiker“

Dr. Markus Beier, Facharzt für Allgemeinmedizin in Erlangen, über die Rolle der Hausärzte bei der Versorgung von Diabetespa- tienten und die Kooperation mit diabetologischen Schwerpunkt- praxen

20 Diabetesverträge kontinuier- lich weiterentwickeln!

Ein Einblick in die Inhalte und Ziele der Verträge, die die KVB zur optimalen Versorgung der Patienten mit den Krankenkas- sen und anderen Kostenträgern abgeschlossen hat

TITElTHEMA

6 „Diabetes bewegt uns!“

Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege star- tet umfangreiche Aufklärungs- kampagne zu Diabetes mellitus 8 Diabetes – ein gesellschaft- liches Problem

Allein in Bayern leidet fast jeder zehnte GKV-Versicherte an Dia- betes. Damit ist die Stoffwech- selkrankheit eine der größten – auch finanziellen – Herausforde- rungen für das deutsche Gesund- heitssystem

12 Diabetes Mellitus und DMP in Bayern

Die Disease Management Pro- gramme haben sich im Freistaat besonders für Diabetes mellitus Typ 2 Patienten bewährt. Genau wie die Ärzte nehmen sie freiwil- lig daran teil

Sabine Dittmar traf Dr. Wolfgang Krombholz An- fang April in ihrem Abgeordneten- büro in Berlin

26

Mit einer eigenen Kampagne will das StMGP ab Mai das Bewusst- sein für Diabetes in der bayeri- schen Bevölke- rung erhöhen

6

Bewusste Ernäh- rung und Bewe- gung senken das Diabetesrisiko

15

(5)

5 5 INHAlTSVERzEICHNIS

RECHT INTERESSANT 36 Europarecht

Welchen Einfluss hat das Europa- recht auf das deutsche Gesund- heitssystem? Wird von der EU- Kommission wirklich bis in den kleinsten Winkel Bayerns hinein alles reglementiert?

KURzMElDUNGEN 40 Verband Freier Berufe besucht Justizminister 40 Gesundheit neu denken – Chancen für Bayern 41 Seminar gegen Nachwuchs- mangel

41 IMPRESSUM

42 KVB SERVICENUMMERN 34 „Ärztliche Ethik in die

nächste Generation tragen“

Interview mit Dr. Oliver Dörzapf, Hautarzt und Allergologe aus Augsburg, der in einer Gemein- schaftspraxis seit Jahren ange- hende Fachärzte ausbildet

PATIENTENORIENTIERUNG 35 Sklerodermie – der Kampf mit der „harten Haut“

Maria Reeb von der Scleroderma Liga e. V. stellt die autoimmune Bindegewebsverhärtung vor, von der sogar die Haut der inneren Organe betroffen sein kann 29 Sucht und Familie

Bericht vom 13. Suchtforum in München, zu dem unter ande- rem die PTK Bayern und die BLÄK eingeladen hatten

KVB INTERN

30 Schluss mit Eingriffen in die Therapiefreiheit

Die Vertreterversammlung der KVB wehrt sich gegen die zu- nehmende Einmischung in die ambulante Versorgung durch Politik und Krankenkassen

AUS DER PRAXIS

32 Weiterbildungsbefugnis:

Das sollten Sie wissen Wer einen Weiterbildungsassis- tenten beschäftigen möchte, sollte vorher einige wichtige Dinge beherzigen

Die Anstellung eines Weiterbil- dungsassistenten ist mit einem Lehrauftrag verbunden

34

Dr. Heidemarie

29

Lux, erste Vizeprä- sidentin der BLÄK, beim 13. Sucht- forum in München

Muss Bayern eigene Wege ein- schlagen? Das 13. Bayerische Gesundheits- forum suchte nach Antworten

40

(6)

V

on Mai bis Juli dieses Jah- res sind im Rahmen der Bayerischen Gesundheits- initiative „Gesund.Leben.Bayern“

alle Akteure des Gesundheitswe- sens aufgerufen, sich gemeinsam bei der Jahresschwerpunktaktion des StMGP zu engagieren. Unter dem Motto „Diabetes bewegt uns!“

sind bayernweit eine Vielzahl von Aktionen geplant, die mit Hilfe zahl- reicher Projektpartner – darunter auch der KVB, der Bayerischen Lan- desärztekammer sowie der Bayeri- schen Landeskammer der Psycho- logischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsy-

Volkskrankheit Diabetes: Allein in Bayern sind etwa eine Million Menschen von dieser Stoffwechselkrankheit betroffen. Bei den über 65-Jährigen ist jeder Fünfte ein Typ-2-Diabetiker. Oft bleibt die Erkrankung über viele Jahre unent- deckt. Im Freistaat geht man derzeit von 200.000 bis 400.000 nicht diagnosti- zierten Typ-2-Diabetikern aus. Um das Thema verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen, hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) jetzt eine Jahresschwerpunktaktion gestartet.

„DIABETES BEWEGT UNS!“

chotherapeuten – medienwirksam umgesetzt werden sollen. Bereits die Jahresschwerpunktaktionen der Vorjahre, die die Themen „Männer- gesundheit“ und „Krebsprävention“

behandelt hatten, verliefen sehr erfolgreich.

Das diesjährige Jahresschwerpunkt- thema Diabetes begründet die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml mit der besorgniser- regenden Zunahme der Erkrankung und den zahlreichen Präventions- möglichkeiten, die das eigene Dia- betesrisiko deutlich verringern könn- ten: „Ein Leben mit Diabetes ist ein

Leben mit Einschränkungen. Doch wer gesund lebt, steigert die eige- ne Lebensqualität, senkt sein per- sönliches Diabetesrisiko und ver- bessert aktiv die therapeutischen Möglichkeiten.“ Nur wer über die Krankheit Bescheid wüsste, könne gezielt gegensteuern und damit schwerwiegende Spätfolgen wie Gefäß- und Augenerkrankungen ver- hindern, so die Ministerin zum Hintergrund der Aufklärungskam- pagne.

Das Bewusstsein, dass der Stoff- wechselkrankheit Diabetes melli- tus durch eine gesunde Lebens-

Aktuelle Daten und Fakten zu Diabetes mellitus in Bayern

„ Die überwiegende Zahl der Diabetespatienten ist an Typ 2 erkrankt. Diese Erkrankungsform hat in den letzten Jahren zugenommen. Ursachen sind Bewegungsmangel, Über- und Fehlernährung, aber auch der Anstieg der allgemeinen Lebenserwartung.

„ An dem immunologisch vermittelten Diabetes mellitus Typ 1 leiden in Bayern zirka 30.000 Menschen, davon etwa 2.600 im Alter unter 20 Jahren. Zirka vier Prozent der werdenden Mütter in Bayern sind von einem Schwangerschaftsdiabetes betroffen.

„ Diabetes mellitus ist in Nordostbayern häufiger als in Südbayern entsprechend dem höheren Anteil von Menschen unterer Bildungsgruppen.

„ Männer mit Diabetes haben eine durchschnittlich um 4,9 Jahre geringere Lebenserwartung. Bei Frauen reduziert sich die mittlere Lebenserwartung mit Diabetes sogar um 5,8 Jahre.

„ Bayern hat einen hohen Anteil an Diabetespatienten, die in ein Disease Management Programm der Krankenkassen (DMP) eingeschrieben sind und somit eine systematisch qualitätsgesicherte Versor- gung in Anspruch nehmen (siehe dazu auch Seite 12).

„ Die Krankheitskosten des Diabetes mellitus betrugen in Bayern im Jahr 2011 1,9 bis 2,6 Milliarden Euro. Dazu kommen indirekte Krankheitskosten, beispielsweise für Frühverrentung und Arbeitsunfä- higkeit.

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7 TITElTHEMA 7

weise wirksam vorgebeugt werden könne, solle im Rahmen vielfälti- ger öffentlichkeitswirksamer Akti- onen noch stärker in der Bevölke- rung verankert werden. „Die Men- schen sollen dazu motiviert wer- den, auf ihre Ernährung zu achten, nicht zu rauchen, ausreichend Be- wegung in ihr Leben zu integrieren und Stress zu vermeiden“, so die Ministerin.

Die Jahresschwerpunktaktion 2014 konzentriert sich vor allem auf Di- abetes mellitus Typ 2 und Schwan- gerschaftsdiabetes, da bei diesem

Krankheitsbild durch präventive Maßnahmen der größte Nutzen er- zielt werden kann und eine konse- quente Früherkennung wichtig ist.

Die Diabetes-Schwerpunktaktion soll in Hörfunk und Fernsehen be- worben werden. Auf einer eigenen Kampagnen-Website werden weit- reichende Informationen zum Krank- heitsbild und den Präventionsmaß- nahmen zur Verfügung gestellt.

Hier sind auch sämtliche Kampag- nenaktionen der Unterstützer auf- geführt. Besucher der Website ha-

ben darüber hinaus die Möglich- keit, anhand des FINDRISK-Frage- bogens ihr individuelles Diabetes- risiko zu ermitteln. Weitere Infor- mationen, sowie einen Überblick über die einzelnen Aktionen der Jahresschwerpunktaktion 2014 finden Sie auf der Internetseite des StMGP unter www.stmgp.bayern.de.

Redaktion Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Diabetes mellitus gehört zu den häufigsten Volkskrankheiten und be- trifft in Bayern derzeit etwa eine Million Menschen. Fast die Hälfte der Betroffenen leidet an einer kardialen oder zerebrovaskulären Fol- geerkrankung. Bei rund einem Fünftel liegen Schädigungen der Nieren oder Augen vor. Auch depressive und dementielle Störungen treten im Zusammenhang mit Diabetes mellitus häufiger auf.

Da in Deutschland mehr als 50 Prozent der Erwachsenen übergewichtig sind, wird die Erkrankungshäufigkeit, insbesondere beim Diabetes mellitus Typ 2, in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen. Bereits jetzt geht man davon aus, dass etwa 200.000 Menschen in Bayern an dieser „stillen Krankheit“ leiden, ohne es zu wissen.

Präventive Maßnahmen wie eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung können jedoch das Auftreten von Diabetes mellitus Typ 2 verhindern oder zumindest verzö- gern. Eine gesunde Lebensweise bildet aber auch bei bereits Erkrankten die Grundlage der Behandlung.

Um dieses Bewusstsein noch stärker in der Bevölkerung zu verankern, stellt das Bayerische Gesundheits- ministerium Diabetes mellitus unter dem Motto „Diabetes bewegt uns!“ in diesem Jahr in den Mittelpunkt der Gesundheitsinitiative Gesund.Leben.Bayern.

Zum Auftakt der Jahresschwerpunktaktion wird am 16. Mai in Nürnberg der erste Bayerische Diabetesbe- richt mit aktuellen Daten und Fakten zu dieser Erkrankung im Freistaat vorgestellt. Am 28. Mai findet in München ein informatives Diabetesforum für Betroffene und Interessierte statt. Den Abschluss der Jah- resschwerpunktaktion wird ein zentraler Aktionstag am 12. Juli auf dem Odeonsplatz in München bilden, auf dem ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm und verschiedene Informationsstände über die Krankheit aufklären. Darüber hinaus wollen wir gemeinsam mit zahlreichen Partnern landesweite Ge- sundheits- und Aktionstage zum Thema Diabetes mellitus durchführen.

Es würde mich sehr freuen, wenn Sie unsere Jahresschwerpunktaktion unterstützen und wir dadurch die Prävention gemeinsam voranbringen können. Denn „Diabetes bewegt uns!“

Melanie Huml, MdL

Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege

(8)

D

iabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Stoffwech- selkrankheiten, die durch einen deutlich erhöhten Blutzucker- wert gekennzeichnet sind. Typ-1- Diabetes tritt in der Regel bei Kin- dern, Jugendlichen und jungen Er- wachsenen auf und führt schnell zu einer völligen Abhängigkeit von einer äußeren Insulinzufuhr. Diese Form betrifft nach unserer Einschät- zung zirka 30.000 Patienten in Bay- ern. Diese benötigen eine intensive und spezialisierte Betreuung und sollten in der Regel durch einen Diabetologen behandelt werden.

Typ-2-Diabetes ist dagegen eine Volkskrankheit, die normalerweise nach dem 40. Lebensjahr auftritt, häufig in Zusammenhang mit wei- teren chronischen Krankheiten (ins-

Nach aktuellen Analysen der ambulanten Abrechnungsdaten weist fast jeder zehnte GKV-Versicherte in Bayern eine Diabeteserkrankung auf – Tendenz weiter steigend. Diabetes ist damit eine der großen Herausforderungen in der Versorgung. Gemessen an ihrer gesellschaftlichen und ökonomischen Bedeu- tung wird der Krankheit aber immer noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Die folgenden Zahlen stellen einen Überblick der aktuellen Situation im Frei- staat aus Sicht der Versorgungsforschung dar.

DIABETES – EIN GESEllSCHAFT- lICHES PROBlEM

besondere Adipositas und korona- ren Herzerkrankungen). In Bayern leben knapp eine Million Menschen mit Typ-2-Diabetes. Die genaue Prävalenz ist jedoch schwierig zu bestimmen, einerseits aufgrund einer hohen Dunkelziffer von unbe- kannten Fällen, andererseits auf- grund des schleichenden Über- gangs zwischen Prädiabetes und gesichertem Typ-2-Diabetes. Pa- tienten mit Typ-2-Diabetes werden primär durch Hausärzte betreut.

Insbesondere beim Auftreten von Folgekomplikationen ist jedoch die Einbindung eines Diabetologen wichtig.

Entwicklung der Prävalenz Auf einer längeren Zeitskala erkennt man, wie beständig die Krankheit

zunimmt. Betrug beispielsweise An- fang der 1990er Jahre die Diabetes- prävalenz der GKV-Versicherten in Bayern noch etwa acht Prozent, hat sie sich bis heute schon auf zirka zehn Prozent erhöht. Unter Berück- sichtigung der demografischen Ent- wicklung und der Annahme kon- stanter Diabeteshäufigkeiten in den einzelnen Altersklassen lässt sich für das Jahr 2030 ein Anstieg auf zirka zwölf Prozent voraussa- gen (siehe Abbildung 1). Insgesamt beobachten wir bei der Auswer- tung längerer Zeitreihen eine Stei- gerung der Diabetesprävalenz von etwa einem Prozentpunkt alle zehn Jahre.

Regionen mit höherer Deprivation

Zahlreiche Studien zeigen einen Zu- sammenhang zwischen sozioöko- nomischen Indikatoren und dem Risiko, an Diabetes zu erkranken.

Das Institut für Gesundheitsfor- schung und Management im Ge- sundheitswesen des Helmholtz Zentrums München fasste zum Bei- spiel eine Vielzahl sozioökonomi- scher Faktoren zu einem sogenann- ten Deprivationsindex [1] zusam- men, der für ganz Deutschland auf einer kleinräumigen regionalen Be- Der Begriff Prävalenz – manchmal auch Krankheitshäufigkeit ge-

nannt – umschreibt, wie viele Personen in einer definierten Popula- tion an einer Krankheit leiden. In diesem Artikel beziehen sich die Prävalenzangaben auf die GKV-Versicherten in Bayern, daher manch- mal auch administrative Prävalenz genannt. Grundlage sind die am- bulanten Behandlungsdiagnosen aller niedergelassenen Vertrags- ärzte im Freistaat (Behandlungsprävalenzen). Als Folge von bereini- gungsrelevanten Selektivverträgen fehlt in den Daten der kollektiv- vertragsärztlichen Behandlung ein Teil der Patienten, deren Morbi- dität hier dadurch nicht berücksichtigt werden kann.

Das Fußnoten- verzeichnis zu diesem Artikel finden Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Presse/Publi- kationen/KVB FORUM/Litera- turverzeichnis.

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9 TITElTHEMA 9

zugsebene gebildet wurde. Grund- lagen dieses Index sind vor allem Angaben zu Einkommen, Beschäf- tigungsgrad, Bildungsstand, Sicher- heit und Umwelt einer Gemeinde oder eines Landkreises. Eine Reihe von Forschungsarbeiten konnte zeigen, dass zwischen der regio- nalen Deprivation und der regiona- len Morbidität ein messbarer und signifikanter Zusammenhang be- steht, unter anderem auch bezo- gen auf Typ-2-Diabetes [2]. Sozia- le Benachteiligung ist damit unab- hängig von Alter, Geschlecht, BMI- Index oder dem Ausmaß körperli- cher Aktivität ein eigenständiger Faktor, der das Erkrankungsrisiko an Diabetes steigert und der bei der Planung von Präventions- oder Behandlungsprogrammen Berück- sichtigung finden sollte [3].

Ökonomische Bedeutung Diabetes stellt einen erheblichen Kostenfaktor im Gesundheitssys-

Die Prävalenz der Diabeteser- krankungen nimmt kontinu- ierlich zu. Schät- zungsweise steigt sie alle zehn Jahre um einen Prozent- punkt an.

tem, aber beispielsweise auch im Bereich der Frühverrentung dar.

Die Ausgaben für Diabetiker wur- den im Rahmen der KoDiM-Studie („Kosten des Diabetes mellitus in Deutschland“) geschätzt. Die Au- toren kommen zu dem Ergebnis, dass sich im Jahr 2010 die mittle- ren Gesamtkosten für die ambu- lante und stationäre ärztliche Be- handlung, Arzneimittel, Arbeitsun- fähigkeit und Frühberentung auf zirka 4.307 Euro je Diabetespatient und Jahr summierten. Bezogen auf Bayern entspräche dies einem Kos- tenaufwand von rund 4,3 Milliar- den Euro pro Jahr [4].

Hochwertige ambulante Versorgung

Die Ergebnisse der KoDiM-Studie belegen die Wichtigkeit einer qua- litativ hochwertigen Diabetesver- sorgung im ambulanten Bereich.

Denn durch die Optimierung der Le- bensqualität der Patienten einer-

seits und die Vermeidung von schwerwiegenden Folgekomplika- tionen und aufwendigen stationä- ren Behandlungen andererseits, können langfristig Kosten in Milli- ardenhöhe vermieden werden.

Der Vergleich mit den stationären Behandlungszahlen zeigt den ho- hen Stellenwert der ambulanten Diabetesversorgung im Freistaat gegenüber anderen Bundeslän- dern (Abbildung 2 und 3). Bei Typ- 1-Diabetes gibt es verhältnismäßig wenig stationäre Behandlungen – ein wichtiges Indiz für vergleichs- weise gute und spezialisierte am- bulante Versorgungsstrukturen.

Auch das Risiko für notfallmäßige Ereignisse bei Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes ist in anderen Bun- desländern deutlich stärker ausge- prägt, was auf eine gute pädiatri- sche Diabetesversorgung in Bayern hinweist (vergleiche Qualitätsbericht 2012: DMP in Bayern, Kapitel 2).

Abbildung 1 Quelle: Berechnungen der KVB

Prävalenzentwicklung von Diabetes seit 1990 bei GKV-Versicherten in Bayern

Ab 2012 Prävalenzschätzung allein aufgrund der Alterung der Bevölkerung entsprechend der Bevölkerungsvorausberechnung des bayerischen Landesamtes für Statistik

0 1991 6 % 10 % 14 %

4 % 8 % 12 %

2 %

0 %

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029 2031

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Abbildung 2 Quelle: Statistisches Bundesamt, Darstellung KVB 0

150  250  350  400  450 

100  200  300 

50 

Diabetes Typ 1

Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern. Verlauf der Anzahl von Hauptdiagnosen der Krankenhauspatienten (entlassen und gestorben) mit Diabetes Typ 1 in Abhängigkeit des Patientenalters. Die dünnen Linien symbolisieren einzelne KV-Regionen, die blaue Linie steht für Bayern. Bayern weist verhältnismäßig wenige stationäre Behandlungen aus.

0 5 bis

< 10 1 bis

< 5

< 1 10 bis

< 15 15 bis

< 20 20 bis

< 25 25 bis

< 30 30 bis

< 35 35 bis

< 40 40 bis

< 45 45 bis

< 50 50 bis

< 55 55 bis

< 60 60 bis

< 65 65 bis

< 70 70 bis

< 75 75 bis

< 80 80 bis

< 85 85 bis

< 90 90 und älter

Abbildung 3 Quelle: Statistisches Bundesamt, Darstellung KVB

0 600 

1000  1400  1600  1800 

400  800  1200 

200 

Diabetes Typ 2

Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern. Verlauf der Anzahl von Hauptdiagnosen der Krankenhauspatienten (entlassen und gestorben) mit Diabetes Typ 2 in Abhängigkeit des Patientenalters. Die dünnen Linien symbolisieren einzelne KV-Regionen, die blaue Linie steht für Bayern. Mit zunehmendem Alter der Patienten nimmt die Häufigkeit stationärer Behandlungen zu. Bayern liegt im Mittelfeld des Bundesländervergleichs.

0 5 bis

< 10 1 bis

< 5

< 1 10 bis

< 15 15 bis

< 20 20 bis

< 25 25 bis

< 30 30 bis

< 35 35 bis

< 40 40 bis

< 45 45 bis

< 50 50 bis

< 55 55 bis

< 60 60 bis

< 65 65 bis

< 70 70 bis

< 75 75 bis

< 80 80 bis

< 85 85 bis

< 90 90 und älter

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11 TITElTHEMA

Diabetologische Schwerpunktpraxen

Im Rahmen der DMP ist ein Netz von gut 300 Praxen entstanden, die besonders qualifiziert sind und eine umfassende und spezialisier- te Diabetesversorgung anbieten können. Abbildung 4 zeigt, wo sich die diabetologischen Schwerpunkt- praxen befinden. Das Muster folgt der Bevölkerungsverteilung, so- dass in den Großstädten zwar mehr Praxen vorhanden sind, bezogen

Abbildung 4 Quelle: Arztdaten KVB; Einwohnerzahlen Bayerisches Landesamt für Statistik;

Kartenmaterial: Bayerische Vermessungsverwaltung Regionale Verteilung der diabetologischen Schwerpunktpraxen (Punkte) und eine rechnerische Dichtesimulation (Einfärbung) der Erreichbarkeit durch die Einwohner (Annahme: Radius 15 Kilometer vom Wohnort)

auf die Bevölkerung aber insge- samt eine weitgehend gleichmäßi- ge Verteilung herrscht. Die Einfär- bung der einzelnen Gemeinden symbolisiert die Erreichbarkeit der Schwerpunktpraxen für die Ein- wohner. Je dunkler die Färbung, desto leichter ist der Zugang zu ei- ner spezialisierten Diabetesbe- handlung, gemessen an der Ent- fernung und der Dichte der umlie- genden Schwerpunktpraxen. In den hell gefärbten Regionen dage- gen müssen Diabetespatienten

längere Wege in Kauf nehmen. Die Analysen zur räumlichen Vertei- lung zeigen, ob und wo noch Po- tenzial für eine Verbesserung vor- liegt. Die KVB widmet sich diesem Thema ausführlich in ihrem DMP- Qualitätsbericht, der voraussicht- lich Anfang Juli erscheint.

Ewan Donnachie, Dr. Roman Gerlach, Dr. Martin Tauscher (alle KVB)

(12)

D

as erste DMP in Bayern mit der Indikation Diabe- tes mellitus Typ 2 startete am 1. Dezember 2003 und bildete damit gleichzeitig den Beginn die- ser Programme überhaupt. Die Ein- führung der DMP erfolgte grund- sätzlich mit dem „Gesetz zur Re- form der Risikostrukturausgleichs- verordnung in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ im Jahr 2001. Anfangs war der bürokrati- sche Aufwand für die Ärzte recht hoch. Unter anderem aus diesem Grund hatte die KVB bereits von Beginn an ausschließlich auf die elektronische DMP-Dokumentation gesetzt. Dadurch werden bis heu-

Inzwischen sind die Disease Management Programme (DMP) aus der optima- len Versorgung von Diabetespatienten in Bayern nicht mehr wegzudenken. Sie sind ein fester Bestandteil des Gesundheitswesens geworden. Das ist beson- ders erwähnenswert, da die Teilnahme an den DMP sowohl für Patienten als auch für Ärzte freiwillig ist. Diabetes mellitus nimmt dabei den größten Stellen- wert sowohl in Hinblick auf die Patienten- als auch auf die Arztzahlen ein, wie der folgende Artikel verdeutlicht.

DIABETES MEllITUS UND DMP IN BAyERN

te eine höhere Validität und ein ge- ringerer Korrekturbedarf erzielt.

zusammenarbeit zwischen den Arztgruppen

Gerade bei den DMP spielt die en- ge Zusammenarbeit zwischen den Arztgruppen eine große Rolle. Die Notwendigkeit, DMP im Freistaat einzuführen, wurde nicht zuletzt dadurch begründet, dass eine ko- ordinierte Behandlung chronisch kranker Menschen durch Ärzte un- terschiedlicher Fachgruppen not- wendig ist. Ohne diese Zusammen- arbeit ist eine ganzheitliche opti- male Versorgung nicht möglich.

Dabei stellt der koordinierende Arzt sicher, dass der Patient die für ihn beste Behandlung erhält, indem er die fachärztliche Versor- gung koordiniert. Die Kommunika- tion zwischen dem koordinieren- den Arzt und den verschiedenen Fachärzten bildet dafür die Basis.

Die den DMP zugrunde liegenden Leitlinien beinhalten konkrete Re- gelungen, wann eine Überweisung stattfinden soll oder muss.

Neben den Hausärzten überneh- men die über 300 diabetologischen Schwerpunktpraxen in Bayern bei der Versorgung der Patienten einen wichtigen Part. Dies gilt insbeson- dere für die Versorgung der Patien- ten mit Diabetes mellitus Typ 1.

Hier ist vorgesehen, dass die Pa- tientenbetreuung durch einen dia- betologisch besonders qualifizier- ten Arzt beziehungsweise durch eine besonders qualifizierte Ein- richtung erfolgen sollte. Spezielles Augenmerk wird hier auf die Grup- pe der Kinder mit Diabetes melli- tus Typ 1 gelegt. So wurden bei- spielsweise im Jahr 2012 bei 2.286 Kindern und Jugendlichen im Alter bis einschließlich 18 Jahren 2.086 Patienten durch diabetologisch besonders qualifizierte Pädiater betreut.

übersicht Arzt- und Patientenzahlen in den bayerischen DMP Patienten Koordinierende

ärzte

Fachärzte

Diabetes

mellitus Typ 2 529.411 8.269 308

Diabetes

mellitus Typ 1 24.998 2.612 306

Koronare

Herzkrankheit 238.548 8.249 356

Asthma

bronchiale 131.073 9.004 309

COPD 90.165 9.004 309

Brustkrebs 17.852 1.634 892

Abbildung 1 Stand: Quartale 3 und 4/2013

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13 TITElTHEMA 13

Entwicklung der Anzahl der Patienten

Wie sich die Anzahl der an DMP teilnehmenden Patienten im Zeit- raum von 2004 bis zum Jahr 2013 entwickelt hat, zeigt die Abbildung 2.

Im Vergleich zur Entwicklung in den anderen DMP ist deutlich zu erken- nen, dass die Teilnehmerzahlen bei Patienten mit Diabetes melli- tus Typ 2 am signifikantesten ge- stiegen sind.

Fortbildungsmodul Diabetes mellitus auf Cura Campus® Um am DMP teilnehmen zu können, benötigt der Arzt eine entsprechen- de Genehmigung. Diese wird unter anderem aufrechterhalten, wenn er sich regelmäßig fortbildet. Um die Ärzte in Bayern bei dieser re- gelmäßigen Fortbildungspflicht zu unterstützen, hat die KVB eine On- line-Plattform eingerichtet, auf die beispielsweise von der Praxis oder

von zu Hause aus jederzeit zuge- griffen werden kann. Auf dieser Plattform können sich Ärzte unter- schiedlicher Fachrichtungen ein- fach und schnell fortbilden, ohne zu einer Fortbildungsveranstaltung anreisen zu müssen. Mit jeder be- standenen Prüfung werden zusätz- lich CME-Fortbildungspunkte er- worben.

Im Angebot auf Cura Campus® bie- tet die KVB auch das DMP-Modul

„Diabetes mellitus Typ 2 - Medika- tion“ für koordinierende Ärzte an.

Aktuell wird ein weiteres Modul zu Diabetes mellitus Typ 1 erstellt, das noch in diesem Jahr online geht.

Um die Patienten über die Vorteile der DMP zu informieren und zur Teilnahme zu motivieren, hat die KVB den Flyer „DMP – wir sind da- bei!“ entwickelt. Dieser kann bei der KVB unter info-dmp@kvb.de bestellt und im Wartezimmer der Praxis ausgelegt werden. Weitere Informationen finden Sie unter

www.kvb.de in der Rubrik Praxis/

Alternative Versorgungsformen/DMP.

Sonja Stablo (KVB) Anzahl der an DMP teilnehmenden Patienten

Diabetes mellitus Typ 2 KHK

Asthma COPD

Diabetes mellitus Typ 1 Brustkrebs

Abbildung 2 Quelle: Gemeinsame Einrichtungen DMP Bayern, Stand: März 2014

600.000

500.000

400.000

300.000

200.000

100.000

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

0

(14)

CHECKlISTEN BIETEN HIlFE FüR PRAXEN UND PATIENTEN

Im vergangenen Jahr wurden von der Gemeinsamen Einrichtung DMP Bayern (GE) Informationsma- terialien für Praxismitarbeiter und Patienten zur Behandlung des Dia- betes mellitus Typ 2 konzipiert.

Die GE ist ein unabhängiges Gre- mium, dessen Mitglieder sich aus der KVB, der AOK Bayern, dem BKK Landesverband Bayern, der Knappschaft Direktion München, der IKK classic sowie dem Ver- band der Ersatzkassen e. V. (vdek) zusammensetzen. Ihre Aufgaben bestehen in der Förderung des öf- fentlichen Gesundheitswesens so- wie der Förderung von Wissen- schaft und Forschung, vorrangig durch die Qualitätssicherung.

Gerade für die rund 8.000 koordi- nierenden Ärzte in Bayern bedeu- tet die aktive Teilnahme am DMP Diabetes mellitus Typ 2 eine grundlegend routinierte und effizi- ent durchgeführte Betreuung, die eine Reihe von regelmäßigen Un- tersuchungen mit sich bringt. Un- ter diesem Aspekt entstand die Idee einer visuellen Checkliste ge- paart mit einer übersichtlichen und für jedermann verständlichen Beschreibung der für den Patien- ten notwendigen Untersuchungen.

Der Vorteil dieser Checkliste ist, dass sie dem Patienten helfen kann, seine Selbstmanagementfä- higkeiten zu stärken und auch ak- tiv an der Koordinierung seiner Be-

DMP Diabetes mellitus Typ 2

Jahres-Checkliste für Patienten

Stand: Juni 20132 Liebe Patientin, lieber Patient,

diese Jahres-Checkliste gibt Ihnen einen Überblick über die Untersuchungen, die im Laufe eines Jahres im Rahmen des Diabetes-Programms Ihrer Krankenkasse durchgeführt werden sollen. Sie hilft Ihnen und uns, den Bedarf für notwendige Untersuchungen oder Überweisungen leichter zu erkennen.

Was sollen Sie mit der Jahres-Checkliste machen?

• Legen Sie die Jahres-Checkliste am besten in Ihren Diabetespass!

• Bitte nehmen Sie die Checkliste bei jedem Praxisbesuch mit. Wir ergänzen sie ge- meinsam um die Untersuchungsergebnisse, die aktuell festgestellt worden sind.

• Bitte geben Sie die Liste am Ende des Jahres bei uns ab. Wir prüfen dann, ob noch weitere Überweisungen oder Spezialuntersuchungen notwendig sind.

Was uns noch sehr wichtig ist:

• Kommen Sie zu den Blutentnahmen bitte nüchtern.

• Nehmen Sie Ihre Tabletten gegen den Diabetes bitte erst nach der Blutentnahme.

• Bringen Sie Ihren Medikamentenplan bitte mit.

• Vergessen Sie den Traubenzucker nicht, wenn Sie sich auf den Weg machen.

DMP-Jahres-Checkliste für ... Jahr: ...

Name, Vorname und Geburtsdatum Patient/in Untersuchungen

ggf. Termin eintragen

Jan. – März

………

April – Juni

………

Juli – Sept.

………

Okt. - Dez.

………

HbA1c gemessen (jedes Quartal)

Zielwert: ………% ...% ...% ...% ...%

Blutdruck

(jedes Quartal) .../...

mmHg .../...

mmHg .../...

mmHg .../... mmHg Nierenfunktion

(nur 1x/Jahr eintragen) Datum: ……….. Serum-Kreatinin: ... mg/dl Albuminausscheidung auffällig

(bei Bedarf 1x/Jahr eintragen) Datum: ……….. ja nein Netzhautuntersuchung auffällig

(nur 1x/Jahr eintragen) Datum: ……….. ja nein Fußinspektion auffällig Datum: ……….. ja nein Erläuterungen zu den Untersuchungen: siehe Rückseite

Vielen Dank für Ihre Unterstützung im Diabetes Programm!

Ihr Praxisteam

DMP Diabetes mellitus Typ 2

Überweisungsregelungen für das Praxisteam

Stand: Juni 20132 Sehr geehrtes Praxisteam,

wir möchten Sie im Rahmen unserer Initiative „DMP aktiv leben“ bei der Versorgung der DMP-Patienten in Ihrer Praxis unterstützen. Die folgende Übersicht fasst daher die im DMP Diabetes mellitus Typ 2 geforderten Untersuchungen zusammen und zeigt eine mögliche Untersuchungsabfolge, die Sie im häufiger frequentierten Winterquartal entlasten soll:

Untersuchungen Quartal 1 Quartal 2 Quartal 3 Quartal 4

HbA1c x x x x

Blutdruck x x x x

Nierenfunktion x

Albuminausscheidung (bei

Bedarf) x

Netzhautuntersuchung Überweisung

Fußinspektion x

Kontrolle ggf.

Vervoll- ständigung

Auf der Rückseite finden Sie zusätzliche Informationen zu den einzelnen Untersuchungen sowie Überweisungsregelungen.

Außerdem haben wir eine Jahres-Checkliste für Ihre Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ 2 entworfen, die Ihnen dabei helfen soll, dass alle Untersuchungen und notwendige Über- weisungen termingerecht stattfinden.

Sie können diese Checkliste Ihrem Patienten am Anfang des Jahres mit der Bitte geben, sie bei jedem Praxisbesuch mitzubringen und mit Ihnen gemeinsam auszufüllen. Auf diese Weise kann der Patient Sie bei der Einhaltung der jährlichen Kontrolluntersuchungen unterstützen.

Die Jahres-Checkliste für die DMP-Patienten ist ein Service-Angebot von uns an Sie. Sie konzentriert sich auf die für das DMP notwendigen Daten und ist kein Ersatz für den Diabetes-Pass, der einen längeren Zeitraum und alle Daten zum Diabetes Typ 1 und 2 erfasst.

Die Kopiervorlage der Jahres-Checkliste für Patienten liegt bei und ist auch unter www.ge- dmp-bayern.de abrufbar.

Wir hoffen, Sie mit der Übersicht und der Jahres-Checkliste bei der Organisation der DMP- Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zu unterstützen!

Freundliche Grüße

Ihre Gemeinsame Einrichtung DMP Bayern

handlung teilzunehmen. Das For- mat der Jahres-Checkliste wurde an das des Diabetespasses ange- glichen, damit ein unproblemati- sches Mitführen möglich ist. Sie soll als Ergänzung, keinesfalls aber als Ersatz für die bereits be- stehenden Hilfsmittel dienen.

Sowohl die Jahres-Checkliste für Patienten, als auch die Übersicht der wichtigsten Untersuchungen für das Praxisteam finden Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Alternative Versorgungsfor- men/DMP/Qualitätssicherung/

Hilfsmittel.

Inken Hummel (KVB)

(15)

15 TITElTHEMA

Dr. Bernd Ruhland ist Facharzt für Innere Medizin, Diabetologe DDG, und gründete 1993 eine der ersten diabetologischen Schwerpunkt- praxen mit integrierter Diabetes- schulung. Neben seiner Arbeit im Diabeteszentrum am Marienplatz ist der gebürtige Münchner auch als Autor zahlreicher wissenschaft- licher und populärwissenschaftli- cher Publikationen aktiv.

Herr Dr. Ruhland, wie viele Dia- betespatienten behandeln Sie im Durchschnitt in Ihrer Praxis?

Hat sich in den letzten Jahren hier etwas verändert?

In unserem Diabeteszentrum in München sind drei Diabetologen tätig. Insgesamt behandeln wir pro Quartal derzeit über 2.500 Diabe- tespatienten mit sämtlichen Dia- betesformen. Naturgemäß stellen den größten Anteil Patienten mit Typ 2 dar. Der Anteil von Patienten mit Typ 1 liegt bei zirka 20 Prozent.

Die Krankheitsbilder der Patien- ten, die uns überwiesen werden, sind in den letzten Jahren zuneh- mend komplexer und aufwendiger geworden. Dies hat einerseits si-

Fast ein Viertel aller Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 werden in Bayern in diabetologischen Schwerpunktpraxen behandelt. Egal ob es sich bei den dort tätigen Ärzten um Allgemeinmediziner, Internisten oder Pädiater handelt – ihnen allen ist gemeinsam, dass sie sich mit Krankheitsbildern auseinander- setzen müssen, die zunehmend komplexer werden. KVB FORUM hat sich mit Dr. Bernd Ruhland, dem Fachberater für Disease Management Programme (DMP) Diabetes der KVB, unterhalten.

„WIR MOTIVIEREN UNSERE

PATIENTEN, IHREN lEBENSSTIl zU äNDERN.“

cherlich auch mit der qualitativ ver- besserten hausärztlichen Expertise in der Grundversorgung seit der Ein- führung der DMP zu tun, sodass eher die schwer einstellbaren Pa- tienten oder Patienten mit Folge- komplikationen zu uns kommen.

Diese Arbeitsteilung macht auch Sinn, zumal bei der derzeit geschätz- ten Anzahl von etwa 900.000 Men- schen mit Diabetes in Bayern pri- mär nur der Hausarzt Ansprech- partner der Patienten sein kann.

Andererseits beobachten wir einen deutlichen Zuwachs an Diabetes- patienten mit Migrationshintergrund,

teilweise mit geringen Deutsch- kenntnissen und einem kulturell bedingten anderen Krankheitsver- ständnis im Vergleich zu mitteleuro- päischen Vorstellungen. Überwie- gend handelt es sich um türkische und südosteuropäische Patienten.

So liegen die Diabetesprävalenzen beispielsweise bei türkischen Mi- granten mit zirka 15 Prozent etwa doppelt so hoch wie im Bevölke- rungsdurchschnitt.

Darüber hinaus hat sich durch For- schungsergebnisse der letzten Jah- re eine deutlich verbesserte Auf- merksamkeit für den Nutzen eines

Der Diabetologe Dr. Bernd Ruhland plädiert in Bezug auf das Ernährungs- und Bewegungsver- halten für einen nachhaltigen Bewusstseins- wandel in der Bevölkerung.

(16)

Screenings auf einen Gestations- diabetes entwickelt, sodass deut- lich mehr Frauen als früher zur Ab- klärung oder Therapie überwiesen werden.

Wie schaffen Sie es, die Adhä- renz der Patienten zu stärken?

Unsere Ärzte und Diabetesberate- rinnen leisten permanent eine en- gagierte Motivationsarbeit – in und außerhalb der Schulungen.

Wir müssen den Patienten vermit- teln, dass eine Verbesserung der

Lebensqualität und die Verhinde- rung von Folgeschäden durch mehr Bewegung und eine kalorienredu- zierte Ernährung selbst moduliert werden können. Dies allein ist für viele oft schon eine Art Schlüssel- erlebnis. Es erstaunt mich immer wieder, bei wie vielen Patienten, die vorher als „non-adhärent“ gal- ten, es im Lauf der Zeit doch ge- lingt, eine Lebensstiländerung her- beizuführen.

Im Allgemeinen ist ja der behan- delnde Hausarzt der erste An-

sprechpartner für einen neu er- krankten Patienten mit Diabetes mellitus. Wann kommen Sie als Spezialist normalerweise ins Spiel? Funktioniert Ihrer Meinung nach die kollegiale Zusammen- arbeit zwischen Hausarzt, Dia- betologe und Klinik?

Die Kooperation der Versorgungs- sektoren Hausarzt und Schwer- punktpraxis ist im DMP-Plattform- vertrag durch sogenannte Schnitt- stellen geregelt. Die Notwendig- keit einer Überweisung kann bei

Nichterreichen des Hba1c-Thera- pieziels oder zum Beispiel bei vas- kulären Komplikationen gegeben sein. Zudem entscheidet der Haus- arzt nach eigenem Ermessen über eine Überweisung. Die Zusammen- arbeit zwischen Diabetologen und Hausärzten hat seit den neunziger Jahren, als die ersten Schwerpunkt- praxen entstanden und noch ein gewisses Misstrauen in diese neue Versorgungsebene bestand, eine sehr positive Entwicklung ge- nommen. Im Lauf der Zeit wurde der Nutzen von Schwerpunktpra-

xen für die Patienten, aber auch der „Service“ für die Weiterfüh- rung der Patienten nach einer Stoff- wechseleinstellung und Schulung durch die hausärztlichen Praxen zunehmend anerkannt. Die nieder- gelassenen Diabetologen sind ja eine sehr heterogene Gruppierung.

Sowohl Hausärzte, als auch haus- und fachärztliche Internisten und Pädiater sind als diabetologisch besonders qualifizierte Ärzte tätig.

Es gibt Schwerpunktpraxen mit fast ausschließlich Diabetespatienten und Praxen mit einem Anteil von

deutlich unter 50 Prozent. Gele- gentlich höre ich von lokalen Pro- blemen bezüglich einer reibungs- losen Kooperation. Dies betrifft aber eher Praxen mit einem höhe- ren allgemeinmedizinischen Anteil an Patienten, wo eventuell die Sor- ge besteht, der Patient würde nach einer Überweisung nicht „zurück- kommen“. Insgesamt ist dies wohl eher selten der Fall. Die Kliniken spielen in der Breite der Diabetes- versorgung – ausgenommen Not- fälle – keine große Rolle mehr. Aus Sicht der Schwerpunktpraxen be- Schulungen

sollen Diabetes- patienten für eine adäquate Ernährung sensi-

bilisieren, um weitere Folge- schäden zu verhindern.

(17)

17 TITElTHEMA steht allerdings Bedarf für kleine

hochspezialisierte Diabetesabtei- lungen mit dem entsprechenden fachspezifischen Personal als sta- tionäre Ansprechpartner für spezi- elle Probleme, wie sie etwa beim infizierten diabetischen Fuß, ke- toazidotischen Stoffwechselent- gleisungen oder vaskulären Prob- lemen auftreten.

Wie viel Prozent aller Patienten mit Diabetes mellitus werden in Bayern in Schwerpunktpraxen behandelt? Halten Sie die Quote für sachgerecht?

Wie aus Abrechnungsdaten zu ent- nehmen ist, wurden in Bayern im Jahr 2011 von den geschätzten 900.000 Typ 2-Diabetespatienten zirka 23 Prozent in Schwerpunkt- praxen behandelt. Patienten mit Typ 1 werden sogar weit überwie- gend in Schwerpunktpraxen thera- piert. Ihre adäquate Betreuung be- darf einer großen Erfahrung und sollte in der Regel in den Händen einer Schwerpunktpraxis liegen.

Bedenkt man, dass die Prävalen- zen wichtiger diabetesspezifischer Folgeschäden weiterhin hoch sind, kann ich mir eine sinnvolle Zunah- me dieser Quote vorstellen, um die Patienten frühzeitig mit einem multimodalen Therapieansatz ein- schließlich Schulung und gegebe- nenfalls unter Hinzuziehung ande- rer Kooperationspartner, wie etwa Kardiologen, in Schwerpunktpra- xen zu behandeln. So ist beispiels- weise noch immer ein Drittel der Typ 2-Diabetespatienten von einer diabetischen Nierenerkrankung, einer diabetischen Polyneuropa- thie oder einer KHK betroffen.

Wie beurteilen Sie die Versor- gungssituation mit Schwerpunkt- praxen generell, insbesondere in Hinblick auf eher ländliche Gebiete im Freistaat? Welche Entwicklungen lassen sich hier beobachten?

Insgesamt bilden die über 300 Schwerpunktpraxen eine gute Ver- sorgungslandschaft in Bayern. In einigen ländlichen Gebieten ist eher die Entfernung zur nächsten Praxis ein Problem, nicht das Ver- hältnis zur Bevölkerungszahl. Ver- mutlich leisten in diesen Gebieten dann Hausärzte oft die gesamte Betreuung. Hier sollten gezielte Unterstützungsmaßnahmen erfol- gen.

Die Volkskrankheit Diabetes ver- schlingt einen nicht unwesentli- chen Teil der gesamten Ausga- ben im Gesundheitssektor, allein in Bayern einige Milliarden. Wer- den die Gelder für die Versorgung richtig eingesetzt?

Grundsätzlich verfügen wir heute in Bayern in Zusammenarbeit mit den Hausärzten über eine sehr gu- te Versorgungsstruktur, die die Kostenträger selbstverständlich auch Geld kostet. So darf der 1998 vom Bayerischen Gesundheitsmi- nisterium stark unterstützte Start der Diabetesvereinbarungen als ein Meilenstein in der flächende- ckenden qualifizierten Versorgung im Freistaat bezeichnet werden.

Dies ist weiterhin ein hervorragen- des Investment für unsere Patien- ten.

Bundesweit betrugen die Krank- heitskosten für Diabetes mellitus 2009 zirka 48 Milliarden Euro. Der weitaus größte Teil entfiel hierbei auf die Folgeerkrankungen. Dies zeigt, in welche Richtung eine sinn- volle Geldverteilung ausgerichtet werden sollte. Dringend sind struk- turierte Maßnahmen zum Thema primärer Prävention und Früher- kennung und damit zur früheren Behandlung beispielsweise im Rah- men eines nationalen Diabetes- plans. Dies wäre aber noch nicht die alleinige Lösung des Gesamt- problems. Die Verhinderung der weiteren Zunahme und damit indi-

viduellen Leides und sozioökono- mischer Folgen der Diabetespan- demie ist eine gesamtgesellschaft- liche Herausforderung, die größ- tenteils mit dem Lebensstil und dem Ernährungsverhalten der Be- völkerung zu tun hat. Initiativen der Politik und der Beteiligten des Gesundheitssystems halte ich zwar für äußerst wichtig. Es braucht je- doch zusätzlich die Akzeptanz für die Notwendigkeit eines nachhalti- gen Bewusstseinswandels in der Bevölkerung. Hierbei sind auch die besonders steigenden Prävalenzen in bildungsferneren Schichten und Regionen mit hoher Arbeitslosig- keit eine Herausforderung.

Ebenso müsste die Versorgungs- forschung dringend verbessert werden, um die finanziellen Res- sourcen differenzierter einsetzen zu können. Dann könnten sich die gesundheitspolitischen Akteure vom derzeitigen Status quo lösen und müssten sich nicht in erster Linie am generellen Primat einer Kostenreduktion orientieren.

Das Bayerische Gesundheitsmi- nisterium hat für dieses Jahr die Kampagne „Diabetes bewegt uns!“ ins Leben gerufen. Wie wichtig ist diese Kampagne?

Ich halte diese Initiative für sehr begrüßenswert. Täglich werden im Freistaat über 100 neue Diabetes- fälle diagnostiziert. Die Kampagne zeigt, dass die bayerische Politik die Relevanz der Volkskrankheit erkennt. Jetzt wäre die Bundespo- litik mit einer bundeseinheitlichen, strukturierten und langfristigen In- itiative am Zug.

Herr Dr. Ruhland, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Markus Kreikle (KVB)

(18)

Herr Dr. Beier, wie viele Patien- ten mit Diabetes mellitus Typ 2 behandeln Sie in Ihrer Praxis und wie viele kommen jedes Jahr neu hinzu? Können Sie den ge- nerell beklagten zahlenmäßigen Anstieg von Diabetespatienten auch bei Ihnen beobachten und was sind die Ursachen dafür?

Ich behandle in meiner Praxis zirka 250 Diabetiker pro Quartal, weit über 90 Prozent davon sind Typ-2- Diabetiker. Im letzten Jahr sind et- wa 20 neue Fälle dazugekommen.

Insgesamt ist schon ein Anstieg gegenüber den Vorjahren zu ver- zeichnen. Die Ursachen dafür sind weithin bekannt: Übergewicht be- dingt durch eine ungesunde Ernäh- rungsweise. Die Nahrungsmittelin- dustrie produziert immer mehr Pro- dukte mit erhöhtem Kaloriengehalt und wird dies auch weiterhin tun.

Stressoren im beruflichen Umfeld nehmen zu, Sport und Bewegung nehmen dagegen immer mehr ab.

Wir werden älter, damit nimmt die Häufigkeit der Neuerkrankungen an Diabetes mellitus generell zu.

Der Hausarzt sollte nach Meinung vieler der Lotse für Diabetiker sein und wissen, wann, welche Maßnahmen erforderlich sind.

Sehen Sie das auch so?

Dr. Markus Beier ist seit 2006 als Facharzt für Allgemeinmedizin in Erlangen niedergelassen und im Bayerischen Hausärzteverband sowie in der Vertreter- versammlung der KVB aktiv. Mit KVB FORUM sprach er über die Rolle der Haus- ärzte bei der Versorgung von Diabetespatienten, über die Kooperation mit Diabetologen und über die Mündigkeit der Patienten.

„DER HAUSARzT IST MEHR AlS EIN lOTSE FüR DIABETIKER“

Der Hausarzt ist mehr als ein Lotse.

Er ist in der Regel primärer Diagnos- tiker und Behandler und behält so- wohl Diagnostik als auch Therapie über alle Fachgebiete im Blick. Das Lotsen ist nur ein Teilaspekt unse- rer hausärztlichen Tätigkeit. Selbst- verständlich kooperieren wir auch mit Diabetologen. Doch der größte Teil der kontinuierlichen Diabetiker- betreuung liegt sicherlich in haus- ärztlicher Hand. Und zwar von der medikamentösen Ersteinstellung bis hin zum Polymedikationsmanage- ment.

Was hat sich seit Einführung des Disease Management Pro- gramms (DMP) Diabetes melli- tus Typ 2 bei der Versorgung Ih- rer Patienten in der Praxis ver- ändert? Wie kommen Sie mit

der damit verbundenen Büro- kratie zurecht?

Aus meiner Sicht wurde durch das DMP Diabetes mellitus Typ 2 vor allem die nachhaltige Wiedereinbe- stellung zu den Kontrolluntersu- chungen gefördert und so bei ein- zelnen Patienten auch das Be- wusstsein und das Wissen über die eigene Erkrankung gestärkt. Für sich allein genommen ist die Büro- kratie im Rahmen des DMP gera- de noch so angemessen und wir kommen damit auch gut zurecht.

Hausärzte sind sehr leidensfähig, wie Sie wissen. Aber Sie müssen bedenken, dass wir in unseren Praxen tagtäglich viele bürokrati- sche Hürden zu meistern haben und das macht manchmal mürbe und müde. Wir würden unsere

(19)

19 TITElTHEMA Energie lieber für die Behandlung

unserer Patienten einsetzen.

Erleben Sie Ihre Patienten im Laufe der letzten Jahre als mün- diger und aufgeklärter? Hat sich durch die vielen Informations- kampagnen der letzten Jahre et- was verändert?

Im Durchschnitt nimmt die Mün- digkeit der Patienten sehr wohl zu, aber das gilt nicht unbedingt im selben Ausmaß für die Eigenver- antwortlichkeit. Diabetes Typ 2 ist eine Erkrankung, bei der jeder Pa- tient sehr viel Therapie in Eigenre- gie betreiben kann – auch ohne Medikation. In diese Richtung ha- ben Aufklärungskampagnen auch beim ein oder anderen gewirkt.

Aber wir müssen uns bewusst sein, dass der Diabetes mellitus Typ 2 die passende Erkrankung für eine Gesellschaft ist, die immer noch mehr auf Wachstum setzt als auf Nachhaltigkeit. Damit gehe ich jetzt vielleicht über meine Kompe- tenzen als Mediziner hinaus, aber alles hängt mit allem zusammen.

Medizin und Gesellschaft sind nicht zu trennen.

Welchen Stellenwert hat für Sie das Thema Patientenschulung?

Und welche Möglichkeiten ha- ben Sie, um darüber hinaus die Eigenverantwortung des Patien- ten zu erhöhen?

Patientenschulung und individuelle Einzelberatung sind zentrale Punk- te in der Behandlung. Hier ist mir Folgendes wichtig zu erwähnen:

Wenn ich merke, dass ich mit Pa- tienten nicht weiterkomme, binde ich Kollegen in meiner Praxis oder auch einen Diabetologen mit ein, dessen Schulungsangebote ich dann auch nutze.

Wie setzen aus Ihrer Sicht die bayerischen Hausärzte aktuelle Forschungserkenntnisse im Be-

reich Diabetes um? Und welche Bedeutung messen Sie der inter- disziplinären Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und Diabe- tologen zu?

Die bayerischen Hausärzte orien- tieren sich sehr stark an den aktu- ellen Leitlinien ihrer Fachgesell- schaft. Diabetes mellitus und die

entsprechende neue Pharmakothe- rapie gehören zu den zeitnahen The- men in den hausärztlichen Quali- tätszirkeln und Fortbildungsveran- staltungen. Die Zusammenarbeit mit den Diabetologen – diese sind ja teilweise selbst Hausärzte – sowohl vor Ort als auch auf Bundesebene gestaltet sich uneingeschränkt po- sitiv. Wobei die zukünftigen Heraus- forderungen sicher eine noch grö- ßere Strukturierung der Behand- lung erforderlich machen werden.

Welche Bedeutung haben bei- spielsweise die Nationalen Ver- sorgungsleitlinie oder die Leitli- nien der Deutschen Diabetes Ge- sellschaft für Ihre Alltagsarbeit?

Dort wo Leitlinien unserer Fachge- sellschaft DEGAM, also der Deut- schen Gesellschaft für Allgemein- medizin und Familienmedizin, exis- tieren, spielen diese natürlich die zentrale Rolle, da sie sich beson- ders an der hausärztlichen Versor- gungsrealität orientieren. Aber

selbstverständlich blicken wir auch über den Tellerrand hinaus zu an- deren Fachgesellschaften oder zu der Nationalen Versorgungsleitlinie.

Sehen Sie die teils aufwendige Behandlung von multimorbiden Patienten mit Diabetes durch die Honorarsystematik entspre- chend abgedeckt?

Das kann ich ganz klar mit „nein“

beantworten. Gerade im EBM wird der Betreuungs- und Gesprächs- aufwand, der in der hausärztlichen Praxis bei Diabetikern anfällt, nicht adäquat honoriert.

Was sollten Hausärzte beachten, damit Diabetes frühzeitig bei ih- ren Patienten entdeckt wird, Stichwort „versteckte Krankheit“?

Wir nutzen jede Gesundheitsvor- sorge und jeden längeren Arzt-Pa- tienten-Kontakt, um sensibel zu sein für Anzeichen einer möglichen Insulinresistenz. Bei mehreren Auf- fälligkeiten erfolgt dann eine eng- maschigere Kontrolle, Beratung zur Lebensstiländerung und gege- benenfalls auch ein oraler Gluco- se-Toleranztest.

Herr Dr. Beier, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Martin Eulitz (KVB)

Für Allgemein- mediziner Dr.

Markus Beier ist der Hausarzt mehr als nur ein lotse für Diabe- tiker. „Er ist in der Regel primä- rer Diagnostiker und Behandler.

Der Großteil der Diabetikerbe- treuung liegt in seiner Hand.“

(20)

DMP-Vertrag

Der DMP-Vertrag nach Paragraf 137f des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (SGB V), den die KVB mit der AOK, der BKK, der Knapp- schaft, der IKK und dem vdek ab- geschlossen hat, regelt unter an- derem die Behandlung von Patien- ten mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 im Rahmen von Disease Ma- nagement Programmen (DMP). Das DMP Diabetes mellitus Typ 2 gibt es seit Juli 2002, das DMP Diabe- tes mellitus Typ 1 seit März 2004.

Beide sollen durch gezieltes Ver- sorgungsmanagement in Form stan- dardisierter Behandlungs- und Be- treuungsprozesse dazu beitragen, die Therapie chronischer Diabetes- erkrankungen über deren gesam- ten Verlauf zu verbessern. Sie sol- len Beeinträchtigungen durch die Erkrankung lindern und Folgeerkran- kungen, wie beispielsweise Retino- pathien, Nephropathien und Neu- ropathien, reduzieren.

Der DMP-Vertrag regelt die Teilnah- mevoraussetzungen für koordinie- rende Ärzte (erste Versorgungs- ebene) und Fachärzte (zweite Ver- sorgungsebene). Die Behandlung der Diabetespatienten auf der zwei- ten Versorgungsebene erfolgt durch die diabetologisch besonders qua- lifizierten Ärzte.

Die Teilnahme am DMP-Vertrag ist

Um die Versorgung der Diabetespatienten sicherzustellen, hat die KVB verschie- dene Verträge mit den Krankenkassen und anderen Kostenträgern abgeschlos- sen. Welche Inhalte und Ziele sich dahinter verbergen und in welchen Berei- chen noch Verbesserungen angestrebt werden, zeigt der folgende Überblick.

DIABETESVERTRäGE KONTINUIER- lICH WEITERENTWICKElN!

für die Ärzte freiwillig und nur mit Genehmigung durch die KVB zuläs- sig. Zum Erhalt der Genehmigung als diabetologisch besonders qua- lifizierter Arzt, muss der antrag- stellende Arzt unter anderem nach- weisen, dass er eine Weiterbildung in Diabetologie absolviert sowie praktische Kenntnisse in der Ver- sorgung von Diabetespatienten er- langt hat.

Die Schnittstellen zwischen erster und zweiter Versorgungsebene werden genau definiert. Zu den Pflichten der teilnehmenden Ver- tragsärzte zählen auch die Koordi- nation und Überweisung der Dia- betespatienten an vertraglich ein- gebundene Partner.

Vergütung

Die Vergütung der Ärzte im DMP Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 erfolgt außerhalb der morbiditäts- bedingten Gesamtvergütung. Teil- nehmende Ärzte erhalten eine Ver- gütung für die Erst- und Folgedo- kumentation der Diabetespatien- ten, für deren Schulungen sowie Beratungsgespräche.

Diabetesvereinbarungen Der DMP-Vertrag wird ergänzt durch die Regelungen in den Dia- betesvereinbarungen nach Para- graf 43 SGB V, die die KVB mit der

AOK, der BKK, der Knappschaft, der IKK, der LKK und dem vdek abgeschlossen hat. Zudem enthal- ten die Diabetesvereinbarungen Ausführungen zur Schulung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 beziehungsweise Typ 2 so- wie zur Versorgung von Patienten mit Gestationsdiabetes.

Auch die Teilnahme an den Diabe- tesvereinbarungen ist für die Ärzte freiwillig und nur mit Genehmigung durch die KVB zulässig. Die Teil- nahme als diabetologisch beson- ders qualifizierter Arzt setzt die Teilnahme als diabetologisch be- sonders qualifizierter Arzt am DMP-Vertrag voraus.

Wie im DMP-Vertrag erfolgt die Vergütung der Ärzte auch hier au- ßerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Diabetologisch besonders qualifizierte Ärzte er- halten insbesondere eine Vergü- tung für die Betreuung von Diabe- tikern mit intensivierter Insulinthe- rapie oder Insulinpumpentherapie, für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, die eine besondere Aufklä- rung, Beratung und Motivation be- nötigen, für die Betreuung von Kin- dern und Jugendlichen mit Diabe- tes mellitus, für Patienten mit Ge- stationsdiabetes beziehungsweise Schwangere mit Diabetes mellitus sowie für die Behandlung des dia- betischen Fußsyndroms. Zudem Sowohl im DMP

als auch in den Diabetesverein- barungen erfolgt die Vergütung außerhalb der morbiditätsbe- dingten Gesamt- vergütung.

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