Formale Sprachen und Komplexit¨ at
Sommersemester 2019
Berechenbarkeitstheorie: Teil III Unentscheidbarkeit und Reduktionen
Prof. Dr. David Sabel
LFE Theoretische Informatik
Letzte ¨Anderung der Folien: 11. Juli 2019
Inhalt
Unentscheidbarkeit des Halteproblems Technik der Reduktion
Das Postsche Korrespondenzproblem (PCP) Unentscheidbarkeit: Weitere Beispiele (vorallem in der Zentral¨ ubung)
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 2/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Entscheidbarkeit
Definition
Eine Sprache L ⊆ Σ
∗heißt entscheidbar, wenn die charakteristische Funktion von L, χ
L: Σ
∗→ {0, 1} mit
χ
L(w) =
1, falls w ∈ L 0, falls w 6∈ L berechenbar ist.
algorithmisch: Der χ
L-berechnende Algorithmus terminiert in jedem Fall und liefert ein Ergebnis.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 3/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Semi-Entscheidbarkeit
Definition
Eine Sprache heißt semi-entscheidbar falls χ
0L: Σ
∗→ {0, 1} mit χ
0L(w) =
1, falls w ∈ L
undefiniert, falls w 6∈ L berechenbar ist.
algorithmisch: Der χ
0L-berechnende Algorithmus terminiert nur, falls w ∈ L, und l¨ auft anderenfalls endlos.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 4/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Satz
Ein Sprache L ist genau dann entscheidbar, wenn L und L jeweils semi-entscheidbar sind.
Beweis:
” ⇒“ Konstruiere aus TM die χ
Lberechnet zwei TMs die χ
0Lund χ
0L
berechnen (einfach).
” ⇐“ Gegeben TMs M
Lund M
L, die χ
0Lund χ
0L
berechnen.
Konstruiere TM, die χ
Lberechnet:
Starte mit i = 1.
Simuliere i-Schritte von M
L.
Wenn diese akzeptiert, dann akzeptiere mit Ausgabe 1.
Ansonsten simuliere i-Schritte von M
L.
Wenn diese akzeptiert, dann akzeptiere mit Ausgabe 0.
Ansonsten erh¨ ohe i um 1 und starte von neuem.
Korollar
Wenn L entscheidbar, dann ist auch L entscheidbar.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 5/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Rekursive Aufz¨ ahlbarkeit
Definition
Eine Sprache L ⊆ Σ
∗heißt rekursiv aufz¨ ahlbar, falls L = ∅ oder falls es eine totale berechenbare Funktion f : N → Σ
∗gibt, sodass
L = S
i∈N
f (i). Man sagt dann
” f z¨ ahlt L auf“.
Lemma
Die Sprache Σ
∗ist rekursiv-aufz¨ ahlbar.
Beweis: Sei |Σ| = b, n ∈ N . Interpretiere w ∈ Σ
∗als b + 1-¨ are Zahl.
Konstruiere TM, die n in Bin¨ ardarstellung auf Eingabeband erh¨ alt.
TM erzeugt auf anderem Band die b + 1-¨ are Darstellung der 0 Anschließend z¨ ahlt die TM die Zahl auf dem Eingabeband um 1 herunter und die b + 1-¨ are Zahl um 1 nach oben.
Dies wird wiederholt bis auf dem Eingabeband die 0 steht Dann steht auf dem anderen Band f (n).
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 6/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Rekursiv aufz¨ ahlbar = semi-entscheidbar
Satz
Eine Sprache ist genau dann rekursiv aufz¨ ahlbar, wenn sie semi-entscheidbar ist.
Beweis:
” ⇒“ Sei f die totale, berechenbare Funktion, die L aufz¨ ahlt.
Dann berechnet der folgende Algorithmus χ
0L(w):
F¨ ur i = 0, 1, 2, 3, . . . tue wenn f (n) = w dann
stoppe und gebe 1 aus
” ⇐“ . . .
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 7/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Rekursiv aufz¨ ahlbar = semi-entscheidbar
” ⇐“ Sei M eine TM, die χ
0Lberechnet.
Wenn L = ∅, dann ist L rekursiv-aufz¨ ahlbar.
Anderenfalls sei u ∈ L ein Wort.
Wir konstruieren TM M
0, die die L aufz¨ ahlende Funktion berechnet.
Sei n eine Eingabe. Wir interpretieren n als c(x, y).
M
0simuliert y Schritte von M bei Eingabe g(x), wobei g die Σ
∗aufz¨ ahlende Funktion sei.
Wenn M nach y Schritten g(x) akzeptiert, dann akzeptiert M
0mit Ausgabe g(x). Anderenfalls, akzeptiert M
0mit Ausgabe u.
Die von M
0berechnete Funktion:
f (n) =
w ∈ L, falls w = g(left(n)) und M akzeptiert w in right(n) Schritten
u ∈ L, sonst
f z¨ ahlt L auf, da f¨ ur jedes Wort w ein x existiert mit g(x) = w und ein y existiert, sodass M mit Eingabe w nach y Schritten akzeptiert.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 8/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Zusammenfassung: ¨ Aquivalente Eigenschaften
Die folgenden Eigenschaften sind ¨ aquivalent:
L ist vom Typ 0.
L ist semi-entscheidbar.
L ist rekursiv-aufz¨ ahlbar.
Es gibt eine Turingmaschine M, die L akzeptiert (d.h.
L(M ) = L).
χ
0List Turing-, WHILE-, GOTO-berechenbar.
Es gibt berechenbare Funktionen, die L als Wertebereich (n¨ amlich die L aufz¨ ahlende Funktion) bzw. als
Definitionsbereich (n¨ amlich χ
0L) haben.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 9/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Rekursiv aufz¨ ahlbar 6= abz¨ ahlbar
Sprache L ist abz¨ ahlbar, wenn es eine totale Funktion f : N → L gibt, sodass S
i∈N
f(i) = L.
Beachte: Abz¨ ahlbarkeit fordert nicht das f berechenbar ist!
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 10/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
G¨ odelisierung von Turingmaschinen
Ziel:
Stelle Turingmaschinenbeschreibung als nat¨ urliche Zahl in Bin¨ ardarstellung dar:
Grund:
Andere Turingmaschinen k¨ onnen die Beschreibung als Eingabe erhalten, erzeugen, usw.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 11/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
G¨ odelisierung von Turingmaschinen (2)
Sei (Z, Σ, Γ, δ, z
0, 2 , E) eine DTM mit Σ = {0, 1} und Γ = {a
0, . . . , a
k} wobei a
0= 2 , a
1= #, a
2= 0, a
3= 1 Z = {z
0, . . . , z
n}
E = {z
n}
F¨ ur δ(z
p, a
i) = (z
q, a
j, D) erzeuge Wort ¨ uber Alphabet {0, 1, #}:
w
p,i,q,j,D= ##bin(p)#bin(i)#bin(q)#bin(j)#bin(D
m)
mit D
m= 0, falls D = L, D
m= 1, falls D = R, D
m= 2, falls D = N Kodierung w
δ: Schreibe alle δ-Worte hintereinander.
Schließlich: Kodiere Alphabet {0, 1, #} durch {0 7→ 00, 1 7→ 01, # 7→ 11}.
Wende dies auf w
δan.
Wir bezeichnen mit w
Mdie so kodierte TM M.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 12/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
G¨ odelisierung von Turingmaschinen (3)
Nicht jedes Wort ¨ uber {0, 1} entspricht der Kodierung einer Turingmaschine.
Sei M c eine beliebige aber feste Turingmaschine.
Definiere f¨ ur jedes w ∈ {0, 1}
∗die zugeh¨ orige TM M
w: M
w:=
M, wenn w = w
MM , c sonst
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 13/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Spezielles Halteproblem
Definition (Spezielles Halteproblem) Das spezielle Halteproblem ist die Sprache
K := {w ∈ {0, 1}
∗| M
wh¨ alt f¨ ur Eingabe w}
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 14/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Unentscheidbarkeit von K
Satz
Das spezielle Halteproblem ist nicht entscheidbar (und damit unentscheidbar).
Beweis:
Annahme: K ist entscheidbar.
Dann ist χ
Kberechenbar, und es gibt TM M , die χ
Kberechnet.
Konstruiere M
0:
1 M0 l¨asstM ablaufen
2 Wenn M mit 0 auf dem Band endet, dann akzeptiertM0
3 Wenn M mit 1 auf dem Band endet, dann l¨auftM0 in eine Endlosschleife.
start M
”Band1 = 0?“
stop Endlosschleife
ja nein
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 15/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Unentscheidbarkeit von K (2)
start M
”Band1 = 0?“
stop Endlosschleife
ja nein
TuringmaschineM0 Zur Erinnerung:
M berechnetχK wobeiK:
K:={w∈ {0,1}∗|Mwh¨alt f¨ur Eingabew}
Betrachte nun M
0auf der Eingabe w
M0: Es gilt M
0h¨ alt f¨ ur Eingabe w
M0g.d.w. M angesetzt auf w
M0gibt 0 aus g.d.w. χ
K(w
M0) = 0
g.d.w. w
M06∈ K
g.d.w. M
0h¨ alt nicht f¨ ur Eingabe w
M0TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 16/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Unentscheidbarkeit von K (3)
M
0h¨ alt f¨ ur Eingabe w
M0⇐⇒ M
0h¨ alt nicht f¨ ur Eingabe w
M0Widerspruch!
Annahme war falsch!
K ist nicht entscheidbar, sondern unentscheidbar.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 17/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Diagonalisierungsargument
w
1w
2w
3w
4. . . w
DM
w1ja nein ja . . . . . . . . . M
w2nein nein ja . . . . . . . . . M
w3ja nein ja . . . . . . . . . M
w4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M
wDnein ja nein . . . . . . ??
Spalten: alle Worte ¨ uber {0, 1}: w
1, w
2, . . . Zeilen: alle TMs M
w1, M
w2, . . ..
Eintrag in Zeile i und Spalte j: ja, wenn M
wiBei Eingabe w
jakzeptiert, nein sonst.
Diagonalsprache: L
D= {w
i| M
wih¨ alt nicht f¨ ur Eingabe w
i} Sei w
Ddie TM-Beschreibung von TM M
wD, die χ
LDberechnet.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 18/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Reduktion
Hilfsmittel, um Unentscheidbarkeit nachzuweisen
Statt Unentscheidbarkeit von Sprache L von Grundauf neu zu beweisen, zeige:
Wenn man L entscheiden k¨ onnte, dann k¨ onnte man auch L
0entscheiden.
Wenn L
0bereits als unentscheidbar gezeigt, folgt L ist unentscheidbar.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 19/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Reduktion (Definition)
Definition (Reduktion (einer Sprache auf eine andere)) Sei L
1⊆ Σ
∗1und L
2⊆ Σ
∗2Sprachen.
Dann sagen wir L
1ist auf L
2reduzierbar (geschrieben L
1≤ L
2), falls es eine totale und berechenbare Funktion f : Σ
∗1→ Σ
∗2gibt, sodass f¨ ur alle w ∈ Σ
∗1gilt: w ∈ L
1⇐⇒ f (w) ∈ L
2Satz
Wenn L
1≤ L
2und L
2entscheidbar (bzw. semi-entscheidbar) ist, dann ist auch L
1entscheidbar (bzw. semi-entscheidbar).
Beweis (nur entscheidbar, semi-entscheidbar analog):
Sei f die L
1≤ L
2bezeugende (und berechenbare) Funktion.
Da L
2entscheidbar, ist χ
L2berechenbar. Damit ist auch χ
L1(w) := χ
L2(f (w)) berechenbar. Offensichtlich gilt χ(L
1)(w) :=
1, w ∈ L
10, w 6∈ L
1=
1, f (w) ∈ L
20, f (w) 6∈ L
2= χ
L2(f (w))
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 20/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Unentscheidbarkeit
Mit Kontraposition folgt:
Lemma
Sei L
1≤ L
2und L
1ist unentscheidbar.
Dann ist auch L
2unentscheidbar.
Das ist die Richtung, die wir meistens brauchen:
L
1sei eine bekannt unentscheidbare Sprache
Reduziere L
1auf L
2durch Angabe einer berechenbaren Funktion f mit w ∈ L
1⇐⇒ f(w) ∈ L
2.
Damit folgt, dass L
2unentscheidbar ist.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 21/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Halteproblem
Definition (Halteproblem)
Das (allgemeine) Halteproblem ist definiert als H := {w#x | TM M
wh¨ alt f¨ ur Eingabe x}
Satz
Das allgemeine Halteproblem ist unentscheidbar.
Beweis: Wir reduzieren das spezielle Halteproblem auf das allgemeine Halteproblem, und zeigen daher K ≤ H . Sei f(w) = w#w. Dann gilt
w ∈ K
g.d.w. M
wh¨ alt f¨ ur Eingabe w g.d.w. w#w ∈ H
g.d.w. f(w) ∈ H
f kann durch eine TM berechnet werden. Damit gilt K ≤ H und damit folgt aus K unentscheidbar auch H unentscheidbar.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 22/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Halteproblem bei leerer Eingabe
Definition
Das Halteproblem auf leerem Band ist die Sprache H
0= {w | M
wh¨ alt f¨ ur die leere Eingabe}
Satz
Das Halteproblem auf leerem Band ist unentscheidbar.
Beweis: Wir reduzieren H auf H
0: Sei f (w
M#x) = w
M0,x, wobei TM M
0,xerst x auf das Band schreibt, sich dann wie M verh¨ alt.
w
M#x ∈ H
g.d.w. M
wh¨ alt f¨ ur Eingabe x
g.d.w. M
0,xh¨ alt f¨ ur die leere Eingabe g.d.w. w
M0,x∈ H
0g.d.w. f (w
M#x) ∈ H
0Funktion f kann durch eine TM berechnet werden. Daher gilt H ≤ H
0. Da H unentscheidbar, ist H
0unentscheidbar.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 23/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Der Satz von Rice
Von Henry Gordon Rice im Jahr 1953 ver¨ offentlicht.
Satz von Rice
Sei R die Klasse aller Turingberechenbaren Funktionen. Sei S eine beliebige Teilmenge, sodass ∅ ⊂ S ⊂ R. Dann ist die Sprache
C(S) = {w | die von M
wberechnete Funktion liegt in S}
unentscheidbar.
Der Satz zeigt:
Fast alle interessanten Eigenschaften von TMs sind algorithmisch nicht entscheidbar.
Z.B. folgt, dass die Sprache
L = {w | M
wberechnet eine konstante Funktion}
nicht entscheidbar ist.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 24/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Beweis des Satzes von Rice
Sei Ω(x) = ⊥ f¨ ur alle x.
Zeige:
1
H
0≤ C(S) f¨ ur den Fall Ω 6∈ S.
In diesem Fall folgt aus der Unentscheidbarkeit von H
0die Unentscheidbarkeit von C(S)
2
H
0≤ C(R \ S) falls Ω ∈ S.
In diesem Fall folgt aus der Unentscheidbarkeit von H
0die Unentscheidbarkeit von C(R \ S) und damit auch die Unentscheidbarkeit von C(S), denn C(S) = C(R \ S) und
∀L : L entscheidbar ⇐⇒ L entscheidbar.
Wir beweisen nur 1), da 2) komplett analog geht.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 25/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Beweis des Satzes von Rice (2)
Fall: Ω 6∈ S. Da ∅ ⊂ S, gibt es q ∈ S, die von einer TM Q berechnet wird.
Konstruktion einer TM M
∗: F¨ ur TM M und Eingabe y:
1
M
∗simuliert M auf leerer Eingabe.
2
Wenn M anh¨ alt, dann simuliert M
∗die TM Q mit Eingabe y.
Sei f die Funktion, die aus Beschreibung w f¨ ur TM M
w, die Beschreibung f (w) von M
w∗erstellt.
Dann gilt: w ∈ H
0= ⇒ M
wh¨ alt auf leerer Eingabe
= ⇒ M
w∗berechnet q
= ⇒ die von M
w∗berechnete Funktion liegt S
= ⇒ f(w) ∈ C(S)
und ebenso: w 6∈ H
0= ⇒ M
wh¨ alt nicht auf leerer Eingabe
= ⇒ M
w∗berechnet Ω
= ⇒ die von M
w∗berechnete Funktion liegt nicht in S
= ⇒ f(w) 6∈ C(S)
Da f berechenbar und w ∈ H
0⇐⇒ f (w) ∈ C(S) und somit H
0≤ C(S).
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 26/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Das Postsche Korrespondenzproblem
Motivation
Das Postsche Korrespondenzproblem ist ein einfaches aber unentscheidbares Problem
Wird h¨ aufig verwendet, um es auf andere Probleme zu reduzieren und deren Unentscheidbarkeit zu zeigen Vorgeschlagen von Emil Post im Jahr 1946
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 27/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Definition des Postschen Korrespondenzproblems
Definition (Postsches Korrespondenzproblem)
Gegeben sei ein Alphabet Σ und eine Folge von Wortpaaren K = {(x
1, y
1), . . . , (x
k, y
k)} mit x
i, y
i∈ Σ
+. Das Postsche
Korrespondenzproblem (PCP) ist die Frage, ob es f¨ ur die gegebene Folge K eine Folge von Indizes i
1, . . . , i
mmit i
j∈ {1, . . . , k} gibt, sodass x
i1· · · x
im= y
i1· · · y
imgilt.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 28/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
PCP ist wie ein Domino-Spiel
Spielsteinarten: ( x
1y
n, . . . , x
ky
k)
Gesucht: Aneinandereihung der Spielsteine, sodass oben wie unten dasselbe Wort abgelesen werden kann. Dabei d¨ urfen beliebig (aber endlich) viele Spielsteine verwendet werden.
Beispiel:
Sei K = ( a
aba
, baa
aa
, ab
bb
)
I = (1, 2, 3, 2) ist eine L¨ osung, da a
aba baa
aa ab bb
baa aa
= abaaabbaa
= abaaabbaa
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 29/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
PCP-Beispiel
Instanz K = ( ab
bba
, ba
baa
, ba
aba
, bba
b
)
Die k¨ urzeste L¨ osung ben¨ otigt 66 Paare:
(2, 1, 3, 1, 1, 2, 4, 2, 1, 3, 1, 3, 1, 1, 3, 1, 1, 2, 4, 1, 1, 2, 4, 3, 1, 4, 4, 3, 1, 1, 1, 2, 4, 2, 4, 4, 4, 3, 1, 3, 1, 4, 2, 4, 1, 1, 2, 4, 1, 4, 4, 3, 1, 4, 4, 3, 4, 4, 3, 4, 2, 4, 1, 4, 4, 3).
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 30/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Unentscheidbarkeit von PCP
Beweis in 2 Schritten:
1
MPCP ≤ PCP
MPCP ist das Modifzierte Postsche Korrespondenzproblem:
Nur L¨ osungen zul¨ assig, die mit dem ersten Spielstein x
1y
1beginnen
2
H ≤ MPCP
Damit folgt aus der Unentscheidbarkeit von H die
Unentscheidbarkeit von MPCP und damit die Unentscheidbarkeit von PCP.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 31/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Modifziertes PCP
Definition (Modifiziertes Postsches Korrespondenzproblem) Gegeben sei ein Alphabet Σ und eine Folge von Wortpaaren K = {(x
1, y
1), . . . , (x
k, y
k)} mit x
i, y
i∈ Σ
+. Das Modifizierte Postsche Korrespondenzproblem (MPCP) ist die Frage, ob es f¨ ur die gegebene Folge K eine Folge von Indizes 1, i
2, . . . , i
mmit i
j∈ {1, . . . , k} gibt, sodass x
i1· · · x
im= y
i1· · · y
imgilt.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 32/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
MPCP ≤ PCP
Lemma MPCP ≤ PCP
Beweis: Gesucht: f mit: K MPCP-l¨ osbar g.d.w. f (K) PCP-l¨ osbar.
F¨ ur w = a
1· · · a
n∈ Σ
+sei:
¯
w=#a1#a2#· · ·#an# w=a´ 1#a2#· · ·#an# w=#a` 1#a2#· · ·#an
Sei f x
1y
1, . . . , x
ky
k= x ¯
1` y
1| {z }
(x01,y10)
, x ´
1` y
1| {z }
(x02,y20)
, . . . , x ´
k` y
k| {z }
(x0k+1,yk+10 )
, $
#$
| {z }
(x0k+2,y0k+2)
1, i
2, . . . , i
mL¨ osung f¨ ur K ⇒ 1, i
2+1, . . . , i
m+1, . . . , k+2 L¨ osung f¨ ur f(K).
i
1, . . . , i
mL¨ osung f¨ ur f(K) ⇒ i
1, i
2− 1, . . . , i
m−1− 1 L¨ osung f¨ ur K
F¨ur L¨osungen muss gelten:i1= 1, xim
yim
=
$
#$
und
xij
yij
= ´xj(r)
` yj(r)
f¨ur2≤ij≤im−1 TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 33/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
H ≤ MPCP
Lemma H ≤ MPCP.
Beweis:
m#w mit Turingmaschinenbeschreibung m und Eingabe w Erstelle MPCP-Instanz K = f(m#w), so dass TM M
mauf Eingabe w genau dann anh¨ alt, wenn K l¨ osbar.
Sei M
m= (Z, Σ, Γ, δ, z
0, 2 , E).
Alphabet f¨ ur das MPCP Γ ∪ Z ∪ {#}.
Idee L¨ osung des MPCP simuliert Transitionsfolge der TM.
Erstes Wortpaar (mit dem jede L¨ osung anfangen muss):
x
1y
1=
#
#z
0w#
Weitere Paare lassen sich in Gruppen von Regeln aufteilen Kopierregeln, Transitionsregeln, L¨ oschregeln, Abschlussregeln
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 34/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
H ≤ MPCP: Kopierregeln
a a
f¨ ur alle a ∈ Γ ∪ {#}
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 35/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
H ≤ MPCP: Transitionsregeln
za z
0c
falls δ(z, a) = (z
0, c, N ) za
cz
0falls δ(z, a) = (z
0, c, R) bza
zbc
0falls δ(z, a) = (z
0, c, L) f¨ ur alle b ∈ Γ #za
#z
02 c
falls δ(z, a) = (z
0, c, L) z#
z
0c#
falls δ(z, 2 ) = (z
0, c, N ) z#
cz
0#
falls δ(z, 2 ) = (z
0, c, R) bz#
z
0bc#
falls δ(z, 2 ) = (z
0, c, L) f¨ ur alle b ∈ Γ
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 36/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
H ≤ MPCP: L¨ oschregeln und Abschlussregeln
L¨ oschregeln:
az
ez
ef¨ ur alle a ∈ Γ, z
e∈ E z
ea
z
ef¨ ur alle a ∈ Γ, z
e∈ E
Abschlussregeln:
z
e##
#
f¨ ur alle z
e∈ E
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 37/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
H ≤ MPCP: Korrespondenz
Wenn T M akzeptierenden Lauf hat, dann gibt es Folge K
0` K
1` . . . ` K
n,
wobei K
0= z
0w und K
n= uz
ev f¨ ur ein z
e∈ E.
Dann hat das MPCP eine L¨ osung, die oben und unten das Wort
#K
0#K
1# · · · #K
n#K
n+1# · · · #K
m##
erzeugt, wobei K
m= z
eund jedes K
imit n + 1 ≤ i ≤ m jeweils aus K
i−1entsteht durch L¨ oschen eines der benachbarten Zeichen von z
ein u
0z
ev
0entsteht.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 38/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
H ≤ MPCP: Korrespondenz (2)
Obere Folge hinkt der unteren um eine Konfiguration hinterher oben: #K
1#K
2# · · · #K
i#
unten: #K
1#K
2# · · · #K
i#K
i+1# Verl¨ angerung, um die n¨ achste:
Kopierregel anwenden bis in die N¨ ahe des Zustands Dann ¨ Uberf¨ uhrungsregel anwenden
Kopierregel anwenden zum Vervollst¨ andigen
Ab K
n: L¨ oschregeln anwenden, um die Symbole auf dem Band zu l¨ oschen.
Untere Folge hat z
e# stehen, dann Abschlussregel anwenden.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 39/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Umgekehrte Richtung
Jede L¨ osung f¨ ur das MPCP erzeugt eine akzeptierende Konfigurationsfolge.
Schließlich pr¨ ufe, dass f berechenbar ist.
Daher folgt: m#w ∈ H ⇐⇒ M P CP f (m#w) l¨ osbar
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 40/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Unentscheidbarkeit PCP und MPCP
Satz
Das Postsche Korrespondenzproblem (sowie das modifizierte Postsche Korrespondenzproblem) ist unentscheidbar.
Beweis: Da H unentscheidbar ist und H ≤ MPCP ≤ PCP gilt, folgt, dass MPCP als auch PCP unentscheidbar sind.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 41/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
01-PCP
Lemma (Unentscheidbarkeit des 01-PCP)
Das Postsche Korrespondenzproblem ¨ uber dem Alphabet Σ mit
|Σ| = 2 (01-PCP) ist unentscheidbar.
Beweis:
Reduziere PCP auf 01-PCP Sei Σ = {0, 1}.
Sei K = (x
1, y
1), . . . , (x
k, y
k) eine Instanz des PCP ¨ uber dem Alphabet {a
1, . . . , a
j}.
Sei f(ε) = ε, f(a
i) = 10
i, f (a
iw) = f(a
i)f(w) und f (K) = (f (x
1), f (y
1)), . . . , (f (x
k), f (y
k)).
Dann ist f (K) eine Instanz des 01-PCPs und offensichtlich gilt: i
1, . . . , i
nist eine L¨ osung f¨ ur K g.d.w. i
1, . . . , i
nist eine L¨ osung f¨ ur f(K).
f ist Turingberechenbar und daher folgt PCP ≤ 01-PCP
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 42/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
PCP mit un¨ arem Alphabet
Lemma
Das PCP f¨ ur un¨ are Alphabete ist entscheidbar.
Beweis:
Alle Spielsteine von der Form a
na
m.
Wenn f¨ ur alle (x
i, y
i): |x
i| < |y
i|, dann gibt es keine L¨ osung.
Wenn f¨ ur alle (x
i, y
i): |x
i| > |y
i|, dann gibt es keine L¨ osung.
Wenn (x
i, y
i) = (a
n, a
n+r) und (x
j, y
j) = (a
m+s, a
m) mit s, r ≥ 0, dann ist das PCP immer l¨ osbar:
Die L¨ osung ist i, . . . , i
| {z }
s-mal
, j, . . . , j
| {z }
r-mal
, denn:
oben a
s·n+r·(m+s)und unten a
s·(n+r)+r·m. Daher oben wie unten (sn + rm + rs)-viele a’s
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 43/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Anzahl k der Spielsteinarten beschr¨ anken
PCP mit k-vielen verschiedenen Spielsteinarten:
k = 1 oder k = 2: als entscheidbar gezeigt, im Jahr 1982 k ≥ 5: als unentscheidbar gezeigt im Jahr 2015
(vorher war k ≥ 7 bekannt (1996) k = 3, 4: unbekannt
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 44/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
PCP semi-entscheidbar
PCP ist semi-entscheidbar:
Probiere alle Folgen von i-Spielsteinen aus.
L¨ asse i wachsen.
Findet L¨ osung, wenn eine existiert, in endlich vielen Schritten, aber nichtterminiert, wenn keine L¨ osung existiert.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 45/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Universelle Turingmaschine
Da H ≤ PCP folgt auch, dass H semi-entscheidbar ist.
Daher: Es gibt Turingmaschine U, die die sich bei Eingabe w#x so verh¨ alt wie M
wauf Eingabe x.
Die TM U nennt man eine Universelle Turingmaschine:
verh¨ alt sich wie ein Interpreter f¨ ur Turingmaschinen
wird durch die Eingabe w programmiert und x ist dann die eigentliche Eingabe f¨ ur das Programm.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 46/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Weitere Unentscheidbarkeitsresultate
In der Zentral¨ ubung zeigen wir weitere Unentscheidbarkeitsresultate.
Inbesondere f¨ ur Grammatik-Probleme, durch Reduktion von PCP auf die Probleme.
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 47/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP
Zusammenfassung
Entscheidbarkeit, Semi-Entscheidbarkeit Das Halteproblem ist unentscheidbar!
Reduktion L
1≤ L
2als Werkzeug zum Nachweis der Unentscheidbarkeit / Entscheidbarkeit
PCP als
” einfaches“ unentscheidbares Problem
TCS | 10 Berechenbarkeitstheorie III | SoSe 2019 48/48 Entscheidb. Halteprob. Reduktionen PCP