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3 Der Divergenzsatz

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Academic year: 2021

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(1)

3.1 Die Transformationsformel

Zur Motivation: Aus der Integralrechnung in einer Ver¨ anderlichen kennt man die Substitutionsregel: Ist ϕ : [α, β] → R stetig differenzierbar, ϕ([α, β]) ⊂ I und f : I → R stetig, so ist

Z

ϕ(β) ϕ(α)

f(x) dx = Z

β

α

f (ϕ(t)) · ϕ

0

(t) dt.

Dabei muss man beachten, dass auf der linken Seite der Substitutionsformel die nat¨ urliche Integrationsrichtung je nach Vorzeichen von ϕ

0

beibehalten oder umge- kehrt wird, dass aber R

a

b

f (x) dx = − R

b

a

f (x) dx ist. Ist J = [α, β], so muss man also schreiben:

Z

ϕ(J)

f dµ

1

= Z

J

(f ◦ ϕ)|ϕ

0

| dµ

1

.

Diese Formel soll auf Funktionen von mehreren Ver¨ anderlichen verallgemeinert wer- den.

Als erstes wollen wir sicherstellen, dass Nullmengen bei einer stetig differenzierba- ren Transformation keine Rolle spielen.

1

1.1. Bilder von Nullmengen

Sei B ⊂ R

n

offen, A ⊂ B eine (Lebesgue-)Nullmenge und f : B → R

n

stetig differenzierbar. Dann ist auch f (A) eine Nullmenge.

Beweis: Es reicht, f¨ ur jeden abgeschlossenen Quader Q ⊂ B zu zeigen, dass f (A ∩ Q) eine Nullmenge ist (denn man kann B durch abz¨ ahlbar viele solcher Quader ¨ uberdecken). Da f stetig differenzierbar ist, gibt es zu jedem kompakten Quader Q ⊂ B eine Konstante C > 0, so dass

kDf (x)k

op

:= sup{kDf (x)(v)k : kvk ≤ 1} ≤ C

f¨ ur alle x ∈ Q ist. Wir halten einen Quader Q und die zugeh¨ orige Konstante C fest. Da Q konvex ist, geh¨ ort zu je zwei Punkten x, y ∈ Q auch die ganze Verbindungsstrecke zu Q (und damit zu B). Aus dem Mittelwertsatz folgt, dass es einen Punkt z auf der Verbindungsstrecke mit

f (y) − f (x) = Df (z)(y − x) gibt. Dann ist aber

1Dieser Satz wurde nicht in der Vorlesung bewiesen!

(2)

kf (x) − f (y)k ≤ C · kx − yk.

Sei nun ε > 0 vorgegeben. Es gibt eine Folge (W

k

) von W¨ urfeln mit A ⊂

[

k=1

W

k

und

X

k=1

µ

n

(W

k

) < ε.

Sei a

k

der Mittelpunkt von W

k

= {x : |x − a

k

| < d

k

/2}, also d

k

seine Kantenl¨ ange.

Dann ist µ

n

(W

k

) = d

nk

und P

k=1

d

nk

< ε.

Sei |. . .| die Maximumsnorm und k. . .k die euklidische Norm. F¨ ur x ∈ W

k

ist

|f (x) − f (a

k

)| ≤ kf (x) − f (a

k

)k ≤ C · kx − a

k

k

≤ C · √

n · |x − a

k

| < C · √ n · d

k

2 .

Also liegt f (W

k

) in einem W¨ urfel W

k0

mit Mittelpunkt f (a

k

) und Seitenl¨ ange ≤ C · √

n · d

k

. Das bedeutet, dass µ

n

(W

k0

) ≤ (C · √

n · d

k

)

n

ist.

Dann liegt f (A) in S

k

W

k0

und es ist µ

n

(f (A)) ≤ (C √

n)

n

· ε. Weil ε beliebig klein gew¨ ahlt werden kann, muss f (A) eine Nullmenge sein.

Unser Ziel ist der Beweis des folgenden Satzes:

1.2. Die Transformationsformel

Sei U ⊂ R

n

offen, ϕ : U → V ein C

1

-Diffeomorphismus auf eine offene Menge V ⊂ R

n

.

1. Eine Funktion f : V → R ist genau dann integrierbar, wenn (f ◦ ϕ) · |det Dϕ| : U → R

integrierbar ist.

2. Ist f : V → R integrierbar, so ist Z

V

f(y) dµ

n

= Z

U

f ◦ ϕ(x)|det Dϕ(x)| dµ

n

.

Zun¨ achst betrachten wir die folgende

1.3. Spezielle Transformationsformel

Wie oben sei ϕ : U → V ein C

1

-Diffeomorphismus. Ist Q ⊂ V ein abgeschlosse- ner Quader, so ist ϕ

−1

(Q) endlich messbar und

µ

n

(Q) = Z

ϕ−1(Q)

|det Dϕ(x)| dµ

n

.

(3)

Bemerkung: Da ϕ ein Hom¨ oomorphismus ist, ist ϕ

−1

(Q) kompakt und damit endlich messbar. Die stetige Funktion |det Dϕ(x)| ist nat¨ urlich ¨ uber ϕ

−1

(Q) inte- grierbar. Es bleibt also nur die Formel zu zeigen.

1.4. ¨ Aquivalenz von allgemeiner und spezieller Formel

Sei ϕ ein fester C

1

-Diffeomorphismus. Die Transformationsformel gilt genau dann f¨ ur jede integrierbare Funktion f : V → R , wenn die spezielle Transfor- mationsformel f¨ ur jeden Quader Q ⊂ V gilt.

Beweis:

2

Gilt die allgemeine Transformationsformel, so ergibt sich die spezielle, indem man f = χ

Q

setzt.

Sei umgekehrt die spezielle Transformationsformel f¨ ur jeden abgeschlossenen Qua- der Q ⊂ V (und damit die allgemeine Formel f¨ ur f = χ

Q

) bewiesen. Da in der allgemeinen Formel beide Seiten linear in f sind, folgt sie sofort f¨ ur Treppenfunk- tionen τ, die außerhalb von V verschwinden.

Ist g ∈ L

+

, g ≥ 0 und g = 0 außerhalb von V , so gibt es eine Folge (τ

ν

) von Treppenfunktionen, die fast ¨ uberall monoton wachsend gegen g konvergiert, so dass

Z

g dµ

n

= lim

ν→∞

Z

τ

ν

n

ist. Wir k¨ onnen annehmen, dass 0 ≤ τ

ν

≤ g f¨ ur alle ν gilt. Dann verschwinden auch alle τ

ν

außerhalb von V .

Wir haben schon gezeigt, dass R

V

τ

ν

(y) dµ

n

= R

U

τ

ν

◦ ϕ(x)|det Dϕ(x)| dµ

n

ist.

Die Folge der integrierbaren Funktionen g

ν

:= (τ

ν

◦ ϕ) · |det Dϕ| konvergiert fast

¨ uberall monoton wachsend gegen (g ◦ϕ)·|det Dϕ|. Da die Folge der Integrale wegen der schon bewiesenen Transformationsformel f¨ ur Treppenfunktionen gegen R

g dµ

n

konvergiert und damit insbesondere beschr¨ ankt bleibt, folgt aus Levi’s Satz von der monotonen Konvergenz, dass (g ◦ ϕ) · |det Dϕ| uber ¨ U integrierbar ist und die Integrale R

U

g

ν

(x) dµ

n

gegen R

U

g ◦ϕ(x)|det Dϕ(x)| dµ

n

konvergieren. Damit ist die allgemeine Transformationsformel f¨ ur g bewiesen.

Da jede integrierbare Funktion in der Form f = f

+

− f

als Differenz von zwei po- sitiven integrierbaren Funktionen geschrieben werden kann, brauchen wir im allge- meinen Fall nur eine integrierbare Funktion f ≥ 0 zu betrachten, die außerhalb von V verschwindet. Dann gibt es Funktionen g, h ∈ L

+

, die ≥ 0 sind und außerhalb von V verschwinden, so dass f = g − h ist. Die allgemeine Transformationsformel folgt nun f¨ ur f aus der Linearit¨ at des Integrals. Und dass aus der Integrierbarkeit der Funktion (f ◦ ϕ) · |det Dϕ| auch die Integrierbarkeit von f folgt, erh¨ alt man aus den obigen Betrachtungen, indem man ϕ durch ϕ

−1

ersetzt.

2Auch dieser Beweis wurde in der Vorlesung nicht vorgef¨uhrt!

(4)

1.5. G¨ ultigkeit f¨ ur Permutationen der Koordinaten

Ist ϕ eine Permutation der Koordinaten, so gilt die spezielle (und damit auch die allgemeine) Transformationsformel.

Beweis: Sei σ ∈ S

n

eine Permutation und ϕ(x

1

, . . . , x

n

) = (x

σ(1)

, . . . , x

σ(n)

).

Dann ist |det Dϕ(x)| ≡ 1. Es ist also nur zu zeigen, dass µ

n

(Q) = µ

n

−1

(Q)) f¨ ur jeden Quader Q gilt. Das ist aber trivial.

1.6. Verkettung von Transformationen

Gilt die spezielle Transformationsformel f¨ ur ϕ : U → V und f¨ ur ψ : V → W , so gilt sie auch f¨ ur ψ ◦ ϕ : U → W .

Beweis: Es wurde schon gezeigt, dass aus der speziellen auch die allgemeine Transformationsformel folgt. Ist Q ⊂ W ein abgeschlossener Quader, so ist A :=

ψ

−1

(Q) eine endlich messbare kompakte Teilmenge von V . Die stetige Funktion

|det Dψ(y)| ist ¨ uber A integrierbar, also auch χ

A

· |det Dψ| uber ¨ R

n

, und es gilt:

µ

n

(Q) = Z

ψ−1(Q)

|det Dψ(y)| dµ

n

= Z

V

χ

A

(y)|det Dψ(y)| dµ

n

= Z

U

χ

A

◦ ϕ(x)|det Dψ(ϕ(x))| · |det Dϕ(x)| dµ

n

= Z

U

χ

Q

◦ (ψ ◦ ϕ)(x)|det D(ψ ◦ ϕ)(x)| dµ

n

= Z

(ψ◦ϕ)−1(Q)

|det D(ψ ◦ ϕ)(x)| dµ

n

Damit ist alles gezeigt.

Schließlich brauchen wir noch die folgende Aussage:

1.7. Vom Lokalen zum Globalen

Jeder Punkt x ∈ U besitze eine offene Umgebung W ⊂ U , so dass die spezi- elle Transformationsformel f¨ ur ϕ|

W

: W → ϕ(W ) gilt. Dann gilt die spezielle Transformationsformel auch f¨ ur ϕ : U → V .

Beweis: Das System W aller offenen Kugeln in U mit rationalem Mittelpunkt

und rationalem Radius ist abz¨ ahlbar, und jede offene Teilmenge W ⊂ U ist Ver-

einigung solcher Kugeln. Nun sei W

0

= {W

j

: j ∈ N } das Teilsystem derjenigen

Kugeln aus W , die in einer offenen Menge W enthalten sind, auf der die speziel-

le (und damit auch die allgemeine) Transformationsformel gilt. Dann ist W

0

eine

abz¨ ahlbare offene ¨ Uberdeckung von U , und die Transformationsformel gilt auch

(5)

f¨ ur alle Einschr¨ ankungen ϕ|

Wj

, j ∈ N . Weil ϕ ein Diffeomorphismus ist, stellen die Mengen V

j

:= ϕ(W

j

) eine ¨ Uberdeckung von V dar.

Sei Q ⊂ V ein abgeschlossener Quader. Wir setzen A

1

:= Q ∩ V

1

und A

j+1

:=

(Q ∩ V

j+1

) \ (A

1

∪ . . .∪ A

j

). Dann sind alle Mengen A

j

messbar, und Q ist disjunkte Vereinigung der A

j

.

Nun gilt:

Z

ϕ−1(Q)

|det Dϕ(x)| dµ

n

=

X

j=1

Z

ϕ−1(Aj)

|det Dϕ(x)| dµ

n

=

X

j=1

Z

Wj

χ

Aj

◦ ϕ(x)|det Dϕ(x)| dµ

n

=

X

j=1

Z

ϕ(Wj)

χ

Aj

(y) dµ

n

=

X

j=1

µ

n

(A

j

) = µ

n

(Q).

Das war zu zeigen.

Beim Beweis der Transformationsformel setzen wir nun alle Bausteine zusam- men:

Sei x

0

∈ U . Es gen¨ ugt zu zeigen, dass es eine offene Umgebung U

0

von x

0

in U gibt, so dass die spezielle Formel f¨ ur ϕ|

U0

gilt. Wir f¨ uhren Induktion nach n. Der Induktionsanfang ergibt sich aus der Substitutionsregel (mit U

0

= U ).

Wir nehmen nun an, dass n ≥ 2 und die Behauptung schon f¨ ur n − 1 bewiesen ist. Weil Dϕ(x

0

) 6= 0 ist und eine Permutation der Koordinaten nichts ausmacht, k¨ onnen wir annehmen, dass ∂ϕ

1

∂x

1

(x

0

) 6= 0 ist. Wir setzen dann ψ(x

1

, . . . , x

n

) := (ϕ

1

(x

1

, . . . , x

n

), x

2

, . . . , x

n

).

Weil det J

ψ

(x

0

) 6= 0 ist, ist ψ lokal invertierbar. Nach ¨ Ubergang zu geeigneten kleineren Umgebungen (die wir wieder mit U und V bezeichnen) setzen wir

%(y) := ϕ ◦ ψ

−1

(y) und erhalten folgendes kommutative Diagramm:

U V

W ϕ

ψ % = ϕ ◦ ψ

−1

(6)

Dabei ist W eine geeignete offene Menge. Weil einerseits % ◦ ψ(x

1

, . . . , x

n

) = ϕ(x

1

, . . . , x

n

) = (ϕ

1

(x), . . . , ϕ

n

(x)) und andererseits

% ◦ ψ(x

1

, . . . , x

n

) = %(ϕ

1

(x), x

2

, . . . , x

n

) ist, folgt:

%(y

1

, . . . , y

n

) = (y

1

, %

2

(y), . . . , %

n

(y)).

ϕ = % ◦ ψ setzt sich also aus Abbildungen zusammen, von denen jede mindestens eine Komponente festl¨ asst. Weil Permutationen der Koordinaten keine Rolle spie- len, k¨ onnen wir o.B.d.A. annehmen, dass ϕ(x

1

, . . . , x

n

) = (x

1

, ϕ

2

(x), . . . , ϕ

n

(x)) ist. Wir schreiben:

ϕ(t, z) = (t, ϕ

t

(z)),

wobei ϕ

t

eine Abbildung von U

t

:= {z : (t, z) ∈ U } nach R

n−1

ist. F¨ ur die Funktionalmatrix von ϕ gilt dann:

J

ϕ

(t, z) =

1 0 · · · 0

.. . J

ϕt

(z)

 .

Also ist det J

ϕ

(t, z) = det J

ϕt

(z). Nun sei Q ⊂ V ein abgeschlossener Quader. F¨ ur A := ϕ

−1

(Q) gilt dann:

Q

t

= (ϕA)

t

= {y : (t, y) ∈ ϕ(A)}

= {y : ∃ z mit (t, z) ∈ A und ϕ(t, z) = (t, y)}

= {y : ∃ z ∈ A

t

mit ϕ

t

(z) = y} = ϕ

t

(A

t

).

Nach Induktionsvoraussetzung ist µ

n−1

t

(A

t

)) =

Z

ϕt(At)

1 dµ

n−1

= Z

At

|det Dϕ

t

(z)| dµ

n−1

. Daraus folgt:

µ

n

(Q) = Z

R

µ

n−1

(Q

t

) dt (Cavalieri)

= Z

R

µ

n−1

t

(A

t

)) dt

= Z

R

Z

At

|det Dϕ

t

(z)| dµ

n−1

(z) dt

= Z

A

|det Dϕ(z, t)| dµ

n

(Cavalieri)

= Z

ϕ−1(Q)

|det Dϕ(z, t)| dµ

n

.

Damit ist die Transformationsformel bewiesen.

(7)

1.8. Beispiele

A. Ebene Polarkoordinaten

Die ebenen Polarkoordinaten sind durch die Abbildung f : R

+

× (0, 2π) → R

2

mit

(x, y) = f (r, ϕ) := (r cos ϕ, r sin ϕ) gegeben. Bekanntlich ist det J

f

(r, ϕ) = r.

Ist nun etwa K := {(r, ϕ) ∈ R

2

: a ≤ r ≤ b und α ≤ ϕ ≤ β}, mit 0 < a < b und 0 < α < β < 2π, sowie g stetig auf f (K), so ist

Z

f(K)

g(x, y) dµ

2

(x, y) = Z

β

α

Z

b a

g(r cos ϕ, r sin ϕ)r dr dϕ.

Wir k¨ onnen nat¨ urlich auch ¨ uber Mengen integrieren, die die positive x-Achse treffen, denn diese Achse ist eine Nullmenge.

B. R¨ aumliche Polarkoordinaten

F¨ ur r > 0, 0 < ϕ < 2π und −π/2 < θ < π/2 sind die r¨ aumlichen Polarkoor- dinaten (Kugelkoordinaten, sph¨ arische Koordinaten) gegeben durch

F

sph

(r, ϕ, θ) := (r cos ϕ cos θ, r sin ϕ cos θ, r sin θ).

Hier ist ϕ der Winkel gegen¨ uber der positiven x-Achse (in der x-y-Ebene gemessen) und θ der Winkel gegen die x-y-Ebene.

3

Als Funktionaldetermi- nante erhalten wir det J

Fsph

(r, ϕ, θ) = r

2

cos θ. Offensichtlich ist r

2

cos θ > 0 im ganzen Definitionsbereich von F

sph

.

Ist K = {(r, ϕ, θ) : a ≤ r ≤ b, α ≤ ϕ ≤ β und γ ≤ θ ≤ δ}, so ist Z

Fsph(K)

g(x, y, z) dµ

3

(x, y, z) = Z

δ

γ

Z

β α

Z

b a

g(r, ϕ, θ)r

2

cos θ dr dϕ dθ.

Als Volumen der 3-dimensionalen Einheitskugel erhalten wir z.B.:

µ

3

(B

1

(0)) = Z

B1(0)

1 dµ

3

= Z

1

0

Z

π/2

−π/2

Z

0

r

2

cos θ dϕ dθ dr

= 2π · Z

1

0

Z

π/2

−π/2

r

2

cos θ dθ dr = 4π · Z

1

0

r

2

dr = 4 3 π.

3Es sei auch hier noch einmal daran erinnert, dass die Kugelkoordinaten in der Literatur nicht einheitlich definiert werden!

(8)

3.2 Glatte Hyperfl¨ achen

Unter einem Parametergebiet verstehen wir ein beschr¨ anktes Gebiet P ⊂ R

k

, bei dem jeder Randpunkt von P auch ein Randpunkt von P ist. Durch die Rand- bedingung werden gewisse pathologische F¨ alle ausgeschlossen:

Parametergebiet kein Parametergebiet

s

Hier geht es schief!

P

Definition

Sei n ≥ 2 und P ⊂ R

n−1

ein Parametergebiet. Unter einem (glatten) parame- trisierten Hyperfl¨ achenst¨ uck uber ¨ P verstehen wir eine stetig differenzier- bare Abbildung ϕ : P → R

n

, f¨ ur die gilt:

1. ϕ ist injektiv.

2. rg J

ϕ

(u) = n − 1 f¨ ur alle u ∈ P .

3. Ist u

0

∈ P und u

ν

∈ P eine Folge mit lim

ν→∞

ϕ(u

ν

) = ϕ(u

0

), so ist auch

ν→∞

lim u

ν

= u

0

.

Bemerkungen:

1. Die Menge S := ϕ(P ) heißt die Spur des Fl¨ achenst¨ ucks. Manchmal be- geht man aus Bequemlichkeit etwas Notationsmissbrauch und nennt S ein Fl¨ achenst¨ uck. Damit verzichtet man nat¨ urlich auf Information.

2. Ist n = 2, so ist P = I ein offenes Intervall und es liegt ein stetig differen- zierbarer, ebener Weg ϕ : I → R

2

vor. Es ist ϕ injektiv, ϕ(t) 6= 0 f¨ ur alle t ∈ I. Man spricht dann von einem glatten Weg. Durch die dritte Bedingung werden Situationen wie die folgende ausgeschlossen:

Sei ϕ : (−π/2, +π/4) → R

2

definiert durch

ϕ(t) := (cos(2t) cos t, cos(2t) sin t).

Im Parameterintervall ist ϕ injektiv, der Nullpunkt ist das Bild von t = −π/4.

Außerdem kann man leicht nachrechnen, dass ϕ

0

(t) nirgends verschwindet.

Setzen wir aber t

0

:= −π/4 und t

ν

:= π/4 − 1/ν, so konvergiert ϕ(t

ν

) gegen

(0, 0) = ϕ(t

0

), nicht aber (t

ν

) gegen t

0

.

(9)

Definition

Eine Menge H ⊂ R

n

heißt eine glatte Hyperfl¨ ache, falls es zu jedem Punkt x

0

∈ H eine Umgebung U = U (x

0

) ⊂ R

n

, ein Parametergebiet P ⊂ R

n−1

, ein glattes parametrisiertes Hyperfl¨ achenst¨ uck ϕ : P → R

n

mit ϕ(P ) = H ∩ U und einen Parameter u

0

∈ P mit ϕ(u

0

) = x

0

gibt.

Ist H eine glatte Hyperfl¨ ache und ϕ : P → H∩U eine lokale Parametrisierung, so ist S := ϕ(P ) = H ∩ U eine offene Teilmenge von H in der vom R

n

auf H induzierten Relativtopologie, und ϕ

−1

: S → P stetig, also ϕ ein Hom¨ oomorphismus: Ist n¨ amlich (x

ν

) eine Folge in S, die gegen einen Punkt x

0

∈ S konvergiert, so gibt es Parameter u

ν

, u

0

∈ P mit ϕ(u

ν

) = x

ν

und ϕ(u

0

) = x

0

. Die Bedingung (3) f¨ ur parametrisierte Fl¨ achenst¨ ucke hat zur Folge, dass ϕ

−1

(x

ν

) = u

ν

gegen ϕ

−1

(x

0

) = u

0

konvergiert.

Die Stetigkeit von ϕ

−1

bedeutet, dass ϕ offene Teilmengen von P auf offene Teil- mengen von S abbildet.

2.1. Satz (Niveaumengen sind glatte Hyperfl¨ achen)

Sei B ⊂ R

n

offen, f : B → R eine stetig differenzierbare Funktion und M = {x ∈ B : f (x) = 0}. Ist ∇f (x) 6= 0 in jedem Punkt x ∈ M, so ist M eine glatte Hyperfl¨ ache.

Beweis: Sei x

0

= (x

(0)1

, . . . , x

(0)n

) ∈ M . O.B.d.A. sei f

xn

(x

0

) 6= 0. Dann gibt es nach dem Satz ¨ uber implizite Funktionen Umgebungen U = U (x

(0)1

, . . . , x

(0)n−1

) ⊂ R

n−1

und V = V (x

(0)n

) ⊂ R und eine stetig differenzierbare Funktion g : U → V , so dass (U × V ) ∩ M = {(x

1

, . . . , x

n−1

, x

n

) ∈ U × V : x

n

= g(x

1

, . . . , x

n−1

)} ist.

Dann wird durch

ϕ(u

1

, . . . , u

n−1

) := (u

1

, . . . , u

n−1

, g(u

1

, . . . , u

n−1

))

eine lokale Parametrisierung ϕ : U → (U × V ) ∩ M definiert. Es ist offensichtlich, dass ϕ die Eigenschaften eines parametrisierten Fl¨ achenst¨ ucks erf¨ ullt.

Es gilt in gewisser Weise auch die Umkehrung:

(10)

2.2. Jede glatte Hyperfl¨ ache ist lokal eine Niveaufl¨ ache

Sei H ⊂ R

n

eine glatte Hyperfl¨ ache. Dann gibt es zu jedem Punkt x

0

∈ H eine offene Umgebung U = U (x

0

) ⊂ R

n

und eine stetig differenzierbare Funktion f : U → R , so dass gilt:

1. U ∩ H = f

−1

(0).

2. ∇f(x) 6= 0 f¨ ur x ∈ U ∩ H.

Beweis: Sei U = U (x

0

) ⊂ R

n

eine offene Umgebung und ϕ : P → S = U ∩ H eine Parametrisierung mit ϕ(u

0

) = x

0

. Weil rg J

ϕ

(u

0

) = n − 1 ist, k¨ onnen wir o.B.d.A. annehmen, dass die ersten n − 1 Zeilen der n × (n − 1)-Matrix J

ϕ

(u

0

) linear unabh¨ angig sind.

Wir benutzen nun die Projektionen π

1

: R

n

→ R

n−1

und π

2

: R

n

→ R mit π

1

(x

1

, . . . , x

n

) := (x

1

, . . . , x

n−1

) und π

2

(x

1

, . . . , x

n

) := x

n

.

Dann ist offensichtlich det J

π1◦ϕ

(u

0

) 6= 0. Nach dem Satz von der Umkehrabbildung gibt es also offene Umgebungen U

1

(u

0

) ⊂ P ⊂ R

n−1

und U

2

1

◦ ϕ(u

0

)) ⊂ R

n−1

, so dass π

1

◦ ϕ : U

1

→ U

2

ein Diffeomorphismus ist.

Sei ψ := (π

1

◦ ϕ)

−1

: U

2

→ U

1

die Umkehrabbildung. Wir k¨ onnen nun g : U

2

→ R definieren durch g(y

0

) := π

2

◦ ϕ ◦ ψ(y

0

), f¨ ur y

0

= (y

1

, . . . , y

n−1

) ∈ U

2

.

Weil ϕ : P → S ein Hom¨ oomorphismus ist, gibt es eine offene Menge B ⊂ R

n

, so dass ϕ(U

1

) = B ∩ S ist. F¨ ur y = (y

0

, y

n

) ∈ B gilt dann:

y ∈ S ⇐⇒ y ∈ ϕ(U

1

)

⇐⇒ ∃ u ∈ U

1

mit y

0

= π

1

◦ ϕ(u) und y

n

= π

2

◦ ϕ(u)

⇐⇒ ∃ u ∈ U

1

mit y

0

= ψ

−1

(u) und y

n

= g (ψ

−1

(u))

⇐⇒ y

0

∈ U

2

und y

n

= g(y

0

).

U e := (U

2

× R ) ∩ B ist eine offene Umgebung von x

0

= (π

1

◦ ϕ(u

0

), π

2

(x

0

)), und f : U e → R mit f (y

0

, y

n

) := y

n

− g(y

0

) ist eine stetig differenzierbare Funktion mit

∇f (y

0

, y

n

) = −∇g(y

0

), 1

6= (0, 0). Außerdem ist

f

−1

(0) = {(y

0

, y

n

) ∈ U e : y

n

= g(y

0

)} = U e ∩ S.

2.3. Beispiele

A. Sei h > 0, r > 0, B := {(x, y, z) ∈ R

3

: |z| < h}, f : B → R definiert durch

f(x, y, z) := x

2

+ y

2

− r

2

und S := f

−1

(0). Weil ∇f (x, y, z) = (2x, 2y, 0) 6=

(11)

(0, 0, 0) f¨ ur (x, y, z) ∈ S ist, ist S eine glatte (Hyper-)Fl¨ ache, ein Zylinder- mantel der H¨ ohe 2h mit Radius r.

Ist c ∈ R , so ist P

c

:= (c, c + 2π) × (−h, h) ein Parametergebiet und ϕ : P

c

→ R

3

mit

ϕ(u, v) := (r cos u, r sin u, v) eine glatte Parametrisierung, denn die Spalten von

J

ϕ

(u, v) =

−r sin u 0 r cos u 0 0 1

 .

sind offensichtlich immer linear unabh¨ angig. Dass ϕ die Bedingungen (1) und (3) der Definition eines parametrisierten Fl¨ achenst¨ ucks erf¨ ullt, kann man sich leicht ¨ uberlegen. Ist etwa ϕ(u

1

, v

1

) = ϕ(u

2

, v

2

), so muss v

1

= v

2

und (cos u

1

, sin u

1

) = (cos u

2

, sin u

2

) sein. Letzteres ist auf (0, 2π) nur m¨ oglich, wenn u

1

= u

2

ist.

Leider deckt eine einzelne derartige Parametrisierung nicht die ganze Fl¨ ache S ab, es fehlt immer ein Streckenst¨ uck, das man als

” Klebekante“ interpretieren kann.

x

y z

c

Im Falle c = 0 wird der Zylinder entlang der Linie {(r, 0, z) : |z| ≤ h}

zusammengeklebt. Zwar kann man ϕ auf P stetig differenzierbar fortsetzen, aber dort ist ϕ nicht mehr injektiv. Benutzt man eine zweite Parametrisierung mit dem Definitionsbereich P

c

, c 6= 0, so wird S durch ϕ(P

0

) und ϕ(P

c

)

¨ uberdeckt.

B. Sei f : R

n

\ {0} → R definiert durch f (x

1

, . . . , x

n

) := x

21

+ · · · + x

2n

− 1. Dann ist S

n−1

= f

−1

(0) = {x ∈ R

n

: kxk = 1} die (n −1)-dimensionale Sph¨ are. Sie ist eine glatte Hyperfl¨ ache, weil ∇f (x) = 2x 6= 0 in jedem Punkt x ∈ S

n−1

gilt. Im Falle n = 2 erh¨ alt man den Einheitskreis.

Im Falle n = 3 sei P := (0, 2π) × (−π/2, π/2) und

ϕ(u, v) := (cos u cos v, sin u cos v, sin v).

(12)

Dann ist

ϕ(u, v) = cos v e

u

+ sin v e

3

, mit e

u

:= (cos u, sin u, 0) und e

3

= (0, 0, 1).

Dabei ist ke

u

k = ke

3

k = 1 und e

u

e

3

= 0.

r

s r

Dies ist die von den r¨ aumlichen Polar- koordinaten herr¨ uhrende Parametrisie- rung.

Die linke und die rechte Seite von P werden zu einem L¨ angenkreis zusam- mengeklebt, die untere und die obere Seite von P ergeben den S¨ udpol und den Nordpol.

Ist ϕ(u

1

, v

1

) = ϕ(u

2

, v

2

), so bilde man zun¨ achst auf beiden Seiten das Skalar- produkt mit e

3

. Dann erh¨ alt man sin v

1

= sin v

2

. Subtrahiert man sin v

1

e

3

= sin v

2

e

3

auf beiden Seiten der Ausgangsgleichung, so erh¨ alt man die Gleichung cos v

1

e

u1

= cos v

2

e

u2

. ¨ Ubergang zur Norm liefert cos v

1

= cos v

2

(weil der Co- sinus auf (−π/2, +π/2) positiv ist). Wie beim Zylinder folgt nun v

1

= v

2

. Also muss auch e

u1

= e

u2

und deshalb u

1

= u

2

sein. Das Folgenkriterium verifiziert man ¨ ahnlich.

C. Sei α : (a, b) → R

2

eine stetig differenzierbare Abbildung, α(t) = (f (t), g(t)), f(t) > 0 auf (a, b). Außerdem sei α eine glatte Parametrisierung (im Sinne eines glatt parametrisierten Kurvenst¨ ucks). Dann wird durch

ϕ(u, v) := (f(u) cos v, f (u) sin v, g(u))

ein glattes Fl¨ achenst¨ uck parametrisiert, die durch α bestimmte Rotations- fl¨ ache. Die ¨ Uberpr¨ ufung der Details sei dem Leser ¨ uberlassen.

Definition

Sei H ⊂ R

n

eine glatte Hyperfl¨ ache, x

0

∈ H. Ein Vektor v ∈ R

n

heißt Tangenti- alvektor an H im Punkte x

0

, falls es ein ε > 0 und einen stetig differenzierbaren Weg α : (−ε, ε) → R

n

gibt, so dass gilt:

1. Die Spur von α liegt ganz in H.

2. Es ist α(0) = x

0

und α

0

(0) = v.

(13)

2.4. Charakterisierung von Tangentialvektoren

Sei H ⊂ R

n

eine glatte Hyperfl¨ ache, x

0

∈ H. Es sei U = U (x

0

) ⊂ R

n

eine offene Umgebung, so dass gilt:

a) Es gibt eine stetig differenzierbare Funktion f : U → R mit f

−1

(0) = U ∩ H und ∇f(x) 6= 0 f¨ ur alle x ∈ U ∩ H.

b) Es gibt ein Parametergebiet P ⊂ R

n−1

und eine stetig differenzierbare Pa- rametrisierung ϕ : P → R

n

mit ϕ(u

0

) = x

0

und ϕ(P ) = U ∩ H.

Dann sind die folgenden Aussagen ¨ uber einen Vektor v ∈ R

n

¨ aquivalent:

1. v ist ein Tangentialvektor an H im Punkte x

0

. 2. v

∇f (x

0

) = 0.

3. Es gibt einen Vektor w ∈ R

n−1

mit v = w · J

ϕ

(u

0

)

>

.

Beweis: (1) = ⇒ (2): Sei v ein Tangentialvektor an H in x

0

, also α(0) = x

0

und α

0

(0) = v. Dann ist f ◦ α(t) ≡ 0, also 0 = ∇f(x

0

)

α

0

(0) = ∇f (x

0

)

v.

(2) = ⇒ (3): Weil ∇f (x

0

) 6= 0 ist, hat der Raum der zu ∇f(x

0

) orthogonalen Vektoren die Dimension n − 1. Und der Raum Im Dϕ(x

0

) besitzt ebenfalls die Dimension n − 1 (= rg J

ϕ

(u

0

)).

Weil f ◦ ϕ(u) ≡ 0 ist, ist 0 = ∇(f ◦ ϕ)(u

0

) = ∇f(x

0

) · J

ϕ

(u

0

) (Kettenregel). Ist also ein Element v = w · J

ϕ

(u

0

)

>

von Im Dϕ(u

0

) gegeben, so ist

∇f(x

0

)

v = ∇f(x

0

) · v

>

= ∇f (x

0

) · J

ϕ

(u

0

) · w

>

= 0.

Daher sind die beiden betrachteten Vektorr¨ aume gleich und aus (2) folgt (3).

(3) = ⇒ (1): Es gebe einen Vektor w ∈ R

n−1

mit v = w · J

ϕ

(u

0

)

>

= Dϕ(u

0

)(v).

Dann definiere man α : (−ε, ε) → R

n

durch α(t) := ϕ(u

0

+ tw). Offensichtlich liegt die Spur von α in H, es ist α(0) = x

0

und α

0

(0) = Dϕ(u

0

)(w) = v. Also ist v ein Tangentialvektor an H in x

0

.

Aus dem Satz ergibt sich, dass die Menge der Tangentialvektoren an eine glatte Hy- perfl¨ ache H ⊂ R

n

in einem Punkt x

0

∈ H einen (n − 1)-dimensionalen Vektorraum bildet.

Definition

Sei H eine glatte Hyperfl¨ ache im R

n

. Den Vektorraum T

x

(H) der Tangentialvek- toren an H in x nennt man den Tangentialraum von H in x.

Bemerkung: Die anschauliche

” Tangentialebene“ in einem Punkt x

0

∈ H ist der

affine Raum x

0

+ T

x0

(H).

(14)

2.5. Beispiel

Die Sph¨ are S

n−1

= {x : kxk = 1} ist die Nullstellenmenge von f(x) := kxk

2

− 1 = x

x − 1.

F¨ ur x

0

∈ S

n−1

ist

T

x0

(S

n−1

) = Ker Df (x

0

) = {v ∈ R

n

: ∇f (x

0

)

v = 0} = {v : x

0

v = 0}.

Definition

Unter einem glatt berandeten Gebiet verstehen wir ein Parametergebiet Ω ⊂ R

n

, dessen Rand eine glatte Hyperfl¨ ache ist.

2.6. Theorem

Sei Ω ⊂ R

n

ein glatt berandetes Gebiet. Dann gibt es zu jedem Punkt x

0

∈ ∂Ω eine zusammenh¨ angende offene Umgebung U = U (x

0

) ⊂ R

n

und eine differen- zierbare Funktion h : U → R , so dass gilt:

1. U ∩ Ω = {x ∈ U : h(x) < 0}.

2. ∇h(x) 6= 0 f¨ ur x ∈ U .

3. U ∩ ∂Ω = {x ∈ U : h(x) = 0}.

Beweis: Sei x

0

∈ ∂Ω. Als glatte Hyperfl¨ ache sieht ∂Ω in der N¨ ahe von x

0

wie ein Graph aus. O.B.d.A. kann man eine offene Umgebung U = U (x

0

) ⊂ R

n

, ein Gebiet V ⊂ R

n−1

, ein offenes Intervall I und eine differenzierbare Funktion g : V → I finden, so dass gilt:

U ∩ ∂Ω = {(y

0

, y

n

) ∈ V × I : y

n

= g(y

0

)}.

Sei h : U → R definiert durch h(y

0

, y

n

) := y

n

− g (y

0

). Dann setzen wir U

:= {y ∈ U : h(y) < 0},

U

+

:= {y ∈ U : h(y) > 0}

und U

0

:= {y ∈ U : h(y) = 0} = U ∩ ∂Ω.

∂ Ω U

U

+

Man kann annehmen, dass I = (a, b) ist und dass es ein ε > 0 gibt, so dass a + ε ≤ g(y

0

) ≤ b − ε f¨ ur y

0

∈ V gilt. Dann sind U

und U

+

Gebiete, und wir haben eine disjunkte Zerlegung

U = U

∪ U

+

∪ (U ∩ ∂Ω).

(15)

Indem man notfalls h durch −h ersetzt, kann man annehmen, dass es einen Punkt x

1

∈ U

∩ Ω gibt. Wir zeigen, dass dann U

⊂ Ω ist.

Sei x

2

∈ U

ein weiterer Punkt. Der kann nicht in ∂Ω liegen. Wir nehmen an, dass x

2

in R

n

\ Ω liegt. Es gibt einen stetigen Weg α : [0, 1] → U

, der x

1

mit x

2

innerhalb von U

verbindet.

Sei

t

0

:= sup{t ∈ [0, 1] : α(t) ∈ Ω}.

Dann ist 0 < t

0

< 1, und α(t

0

) muss in Ω liegen. Weil der Weg in U

verl¨ auft, kann er ∂Ω nicht treffen, aber α(t

0

) ∈ Ω kann auch nicht gelten. Das ist ein Widerspruch.

Analog zeigt man, dass U

+

⊂ R

n

\ Ω ist. Aber dann ist U

= U ∩ Ω.

Man nennt h eine lokale Randfunktion. Diese Randfunktion ist nicht eindeutig bestimmt.

2.7. Satz

Sei Ω ein glatt berandetes Gebiet. Sind h

1

, h

2

zwei lokale Randfunktionen auf ei- ner Umgebung U eines Punktes x

0

∈ ∂ Ω, so gibt es eine differenzierbare Funktion λ auf U , so dass gilt:

1. λ > 0 auf U . 2. h

1

= λ · h

2

auf U .

3. ∇h

1

(x) = λ(x) · ∇h

2

(x) auf U ∩ ∂Ω.

Beweis: Durch eine Koordinatentransformation kann man erreichen, dass x

0

= 0 und h

2

= x

n

ist. F¨ ur festes x = (x

1

, . . . , x

n

) ∈ U ist

g(t) := h

1

(x

1

, . . . , x

n−1

, t)

eine differenzierbare Funktion, die bei t = 0 verschwindet. Dann folgt:

h

1

(x

1

, . . . , x

n−1

, x

n

) = g(x

n

) − g(0) = Z

xn

0

g

0

(s) ds

= x

n

Z

1

0

g

0

(tx

n

) dt (mit Substitution ϕ(t) = tx

n

)

= h

2

(x

1

, . . . , x

n

) · λ(x

1

, . . . , x

n

), wobei λ(x

1

, . . . , x

n

) :=

Z

1 0

∂h

1

∂x

n

(x

1

, . . . , x

n−1

, tx

n

) dt eine differenzierbare Funktion ist (Satz ¨ uber Parameterintegrale).

Offensichtlich ist λ = h

1

/h

2

> 0 auf U \ ∂Ω. Weil h

2

auf ∂Ω verschwindet und

∇h

1

(x) = λ(x) · ∇h

2

(x) + h

2

(x) · ∇λ(x)

(16)

ist, ist sogar ∇h

1

(x) = λ(x) · ∇h

2

(x) auf U ∩ ∂Ω. Das zeigt aber, dass λ auf ∂ Ω nicht verschwinden kann. Aus Stetigkeitsgr¨ unden muss λ ≥ 0 auf ganz U gelten.

Also ist λ > 0 auch auf U ∩ ∂Ω.

2.8. Existenz (und Eindeutigkeit) der ¨ außeren Normale

Sei Ω ⊂ R

n

ein glatt berandetes Gebiet und x

0

∈ ∂ Ω. Dann gibt es einen eindeutig bestimmten normierten Vektor N = N(x

0

) und ein ε > 0, so dass gilt:

1. N

v = 0 f¨ ur alle v ∈ T

x0

(∂ Ω).

2. x

0

+ t · N liegt f¨ ur −ε < t < 0 in Ω und f¨ ur 0 < t < ε in R

n

\ Ω.

Beweis: Es gibt eine Umgebung U = U (x

0

) ⊂ R

n

und eine lokale Randfunktion auf U , also eine stetig differenzierbare Funktion h : U → R , so dass gilt:

U ∩ ∂Ω = {x ∈ U : h(x) = 0} und U ∩ Ω = {x ∈ U : h(x) < 0}.

Außerdem kann man annehmen, dass ∇h(x) 6= 0 auf U ist.

Ist v ∈ T

x0

(∂ Ω) tangential zu ∂Ω, so gibt es einen stetig differenzierbaren Weg α : (−ε, ε) → ∂ Ω mit α(0) = x

0

und α

0

(0) = v. Dann ist h ◦ α(t) ≡ 0, also

0 = (h ◦ α)

0

(0) = ∇h(α(0))

α

0

(0) = ∇h(x

0

)

v.

Das bedeutet, dass ∇h(x

0

) auf dem Tangentialraum senkrecht steht. Wir setzen N(x

0

) := ∇h(x

0

)

k∇h(x

0

)k ,

sowie %(t) := h(x

0

+ t · N(x

0

)). Dann ist %(0) = h(x

0

) = 0 und %

0

(0) =

∇h(x

0

)

N(x

0

) = k∇h(x

0

)k > 0. Also w¨ achst % in der N¨ ahe von t = 0 streng monoton. Daraus folgt: Es gibt ein ε > 0, so dass %(t) < 0 f¨ ur −ε < t < 0 und

%(t) > 0 f¨ ur 0 < t < ε ist. Das bedeutet:

x

0

+ t · N(x

0

) ∈ Ω f¨ ur −ε < t < 0 und x

0

+ t · N(x

0

) ∈ R

n

\ Ω f¨ ur 0 < t < ε.

Der Raum aller Vektoren v ∈ R

n

, die in x

0

auf ∂Ω senkrecht stehen, ist 1- dimensional. Weil der Vektor N(x

0

) normiert sein und nach außen zeigen soll, ist er eindeutig bestimmt.

Wir nennen N(x

0

) den ¨ außeren (Einheits-)Normalenvektor von ∂ Ω in x

0

. Er legt eine

” transversale Orientierung“ des Randes fest.

Die ” innere Orientierung“ des Randes im Punkte x

0

wird durch die Anordnung der Elemente a

1

, . . . , a

n−1

einer Basis von T

x0

(∂Ω) festgelegt. Sie ist so zu w¨ ahlen, dass det N(x

0

), a

1

, . . . , a

n−1

> 0 ist.

(17)

Eine Basis von T

x0

(∂Ω), also eine innere Orientierung des Randes, gewinnt man durch eine lokale Parametrisierung des Randes. Ist ϕ : P → S ⊂ ∂Ω eine solche Parametrisierung und ϕ(u

0

) = x

0

, so ist {ϕ

u1

(u

0

), . . . , ϕ

un−1

(u

0

)} eine Basis von T

x0

(∂Ω).

2.9. Beispiele

A. Sei Ω ⊂ R

2

ein glatt berandetes Gebiet, x

0

∈ ∂Ω und α : (−ε, ε) → R

2

eine lokale Parametrisierung des Randes in der N¨ ahe von x

0

mit α(0) = x

0

, sowie N der ¨ außere Normalenvektor in x

0

. Die Parametrisierung α liefert die ” richtige“ Orientierung des Randes, wenn det(N, α

0

(0)) > 0 ist. Das ist genau dann der Fall, wenn die Basis {N, α

0

(0)/kα

0

(0)k} durch eine (positive) Drehung aus {e

1

, e

2

} hervorgeht. Und das ist wiederum genau dann der Fall, wenn das Gebiet Ω

” links“ vom Rand liegt und die ¨ außere Normale N nach

” rechts“ zeigt.

s

N

x

0

α

0

(0) Ω

B. Im R

3

ist es n¨ utzlich, sich des Vektorproduktes zu bedienen.

Sind v, w zwei linear unabh¨ angige Vektoren des R

3

, so ist die Zuordnung a 7→ det(a, v, w)

eine Linearform 6= 0. Deshalb gibt es einen eindeutig bestimmten Vektor u, so dass det(a, v, w) = a

u f¨ ur alle a ∈ R

3

gilt. Diesen Vektor u nennt man das Vektorprodukt von v und w und bezeichnet ihn mit v × w. Allgemein ist also

a

(v × w) = det(a, v, w) f¨ ur alle a ∈ R

n

.

Setzt man f¨ ur a nacheinander die Einheitsvektoren e

1

, e

2

, e

3

ein, so erh¨ alt man die drei Komponenten des Vektors v × w und damit die Gleichung

v × w = det(e

1

, v, w), det(e

2

, v, w), det(e

3

, v, w)

= (v

2

w

3

− v

3

w

2

, v

3

w

1

− v

1

w

3

, v

1

w

2

− v

2

w

1

).

Aus den Eigenschaften der Determinante folgt:

Das Vektorprodukt ist bilinear, es ist w × v = −v × w und v

(v × w) = w

(v × w) = 0.

Ist {a

1

, a

2

, a

3

} eine positiv orientierte Orthonormalbasis des R

3

(also eine

ON-Basis mit det(a

1

, a

2

, a

3

) = 1), so gilt:

(18)

a

1

× a

2

= a

3

, a

2

× a

3

= a

1

und a

3

× a

1

= a

2

.

Das folgt daraus, dass v = (a

1

v)a

1

+ (a

2

v)a

2

+ (a

3

v)a

3

f¨ ur jeden Vektor v ∈ R

3

gilt.

Ist nun Ω ⊂ R

3

ein glatt berandetes Gebiet, x

0

∈ ∂ Ω, ϕ : P → R

3

eine lokale Parametrisierung des Randes und ϕ(u

0

) = x

0

, so bilden die Vektoren ϕ

u

(u

0

) und ϕ

v

(u

0

) eine Basis von T

x0

(∂Ω). Das Vektorprodukt ϕ

u

(u

0

) × ϕ

v

(u

0

) steht in x

0

auf ∂Ω senkrecht. Kann man die Parametrisierung so w¨ ahlen, dass ϕ

u

(u

0

) × ϕ

v

(u

0

) und N(x

0

) in die gleiche Richtung zeigen (was der Fall ist, wenn det(N, ϕ

u

, ϕ

v

) > 0 ist), so ist

N(x

0

) = ϕ

u

(u

0

) × ϕ

v

(u

0

) kϕ

u

(u

0

) × ϕ

v

(u

0

)k .

Andernfalls unterscheiden sich die beiden Vektoren um das Vorzeichen.

(19)

3.3 Integration auf Hyperfl¨ achen

Wir brauchen zun¨ achst etwas Lineare Algebra:

Seien a

1

, . . . , a

n−1

∈ R

n

irgendwelche Vektoren (n ≥ 3). Durch λ(w) := det(w, a

1

, . . . , a

n−1

)

wird eine Linearform λ auf dem R

n

definiert. Daher gibt es genau einen Vektor z (der mit a

1

× . . . × a

n−1

bezeichnet wird), so dass λ(w) = w

z ist. Also gilt:

w

(a

1

× . . . × a

n−1

) = det(w, a

1

, . . . , a

n−1

).

Insbesondere ist dann a

i

(a

1

× . . . × a

n−1

) = 0 f¨ ur i = 1, . . . , n − 1, und a

1

× . . . × a

n−1

= 0, falls die Vektoren linear abh¨ angig sind.

Wir benutzen die a

i

als Spalten einer Matrix:

A := (a

>1

, . . . , a

>n−1

).

F¨ ur k = 1, . . . , n sei A

k

die quadratische Matrix, die aus A entsteht, indem man die k-te Zeile streicht. Der Laplace’sche Entwicklungssatz besagt dann:

det(w, a

1

, . . . , a

n−1

) =

n

X

k=1

(−1)

k+1

w

k

· det(A

k

).

Setzt man f¨ ur w die Basisvektoren e

1

, . . . , e

n

ein, so gewinnt man die Komponenten von a

1

× . . . × a

n−1

:

(a

1

× . . . × a

n−1

)

i

= e

i

(a

1

× . . . × a

n−1

)

=

n

X

k=1

(−1)

k+1

δ

ik

· det(A

k

) = (−1)

i+1

det(A

i

).

Daraus folgt:

ka

1

× . . . × a

n−1

k

2

=

n

X

i=1

(a

1

× . . . × a

n−1

)

2i

=

n

X

i=1

(det A

i

)

2

.

Im Falle n = 3 gewinnt man wieder das im vorigen Abschnitt eingef¨ uhrte Vektor- produkt.

Definition

Ist A := (a

>1

, . . . , a

>n−1

) ∈ M

n,n−1

( R ), so heißt G

A

= G(a

1

, . . . , a

n−1

) := det(A

>

· A) = det

a

i

a

j

i, j = 1, . . . , n − 1

die Gram’sche Determinante von A bzw. von a

1

, . . . , a

n−1

.

(20)

3.1. Satz

G

A

= ka

1

× . . . × a

n−1

k

2

.

Beweis: Wenn die Vektoren a

1

, . . . , a

n−1

linear abh¨ angig sind, verschwindet die rechte Seite. Ist etwa a

n−1

= P

n−2

j=1

λ

j

a

j

, so ist auch a

i

a

n−1

= P

n−2

j=1

λ

j

a

i

a

j

f¨ ur i = 1, . . . , n − 2, also G

A

= 0.

Seien nun die Vektoren linear unabh¨ angig und N := a

1

× . . . × a

n−1

ka

1

× . . . × a

n−1

k

der Einheitsvektor, der auf dem von ihnen erzeugten Unterraum senkrecht steht.

Dann ist

|det(N, a

1

, . . . , a

n−1

)| = |N

(a

1

× . . . × a

n−1

)|

= ka

1

× . . . × a

n−1

k.

Ist B := N

>

, a

>1

, . . . , a

>n−1

∈ M

n,n

( R ), so ist B

>

B =

1 0 0 A

>

A

und daher

ka

1

× . . . × a

n−1

k

2

= det(B )

2

= det(B

>

B ) = det(A

>

A) = G

A

.

3.2. Satz

1. Sei A ∈ M

n,n−1

( R ) und B ∈ M

n−1

( R ). Dann ist G

A·B

= det(B)

2

· G

A

. 2. Seien a

1

, a

2

∈ R

3

linear unabh¨ angig und ∠ (a

1

, a

2

) der (positive) Winkel

zwischen a

1

und a

2

. Dann ist

ka

1

× a

2

k = ka

1

k · ka

2

k · sin ∠ (a

1

, a

2

)

der Fl¨ acheninhalt des von a

1

und a

2

aufgespannten Parallelogramms.

Beweis: 1) Es ist

G

A·B

= det (AB)

>

· (AB)

= det B

>

· (A

>

· A) · B

= det(B) · det(A

>

· A) · det(B) = det(B)

2

· G

A

.

2) Sei α = ∠ (a

1

, a

2

). Dann ist

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