4.5
4.5 Exponential- und Logarithmusfunktion
Eine der wichtigsten wenn nicht sogar die wichtigste Funktion in der Physik ist die Exponentialfunktion. Wir werden die Exponentialfunktion zusammen mit ihrer Umkehr- funktion, der Logarithmusfunktion, vorstellen und deren wichtigsten Eigenschaften dis- kutieren.
4.5.1 Exponentialfunktion
Die zur Beschreibung naturwissenschaftlicher Ph¨anomene wichtigste Funktion ist die Exponentialfunktion:
Definition:Die Funktion
exp :IR→IR mit x7→ex
heißtExponentialfunktion.e≈2.718281828 ist die Eulersche Zahl.
Abb. 4.16.Graph der Exponential- funktionex
Eigenschaften der Exponentialfunktionsind:
ex Definitionsbereich IR
Wertebereich IR>0
Monotonie streng monoton wachsend Asymptote y= 0f¨urx→ −∞
F¨ur die Exponentialfunktion gelten dieRegeln:
(1) e0= 1 (2) ex+y =ex·ey
(3) e−x= (ex)−1, en x= (ex)n
Beispiele 4.35:
1 Die Funktionen fa(x) = ea x verhalten sich f¨ur a > 0 qualitativ wie die Exponentialfunktionex: F¨ur x→ ∞ gehen sie gegen Unendlich und f¨ur x→ −∞gegen Null.
2 Die Funktionen fa(x) = e−a x verhalten sich f¨ur a > 0 qualitativ wie die Exponentialfunktion e−x: F¨ur x→ ∞ gehen sie gegen Null und f¨ur x→ −∞gegen Unendlich.
Abb. 4.17. Graphen der Exponential- funktionen
Anwendungsbeispiel 4.36 (Auftreten der Exponentialfunktion).
1 Radioaktiver Zerfall: Beim Zerfall radioaktiver Atomkerne wird die Zahln(t)der zur Zeitt noch nicht zerfallenen Kerne durch das Zerfalls- gesetz
n(t) =n0e−λ t
beschrieben. Dabei istn0 die Anzahl der zu Beginn (t= 0)vorhandenen Atomkerne undλ >0 die f¨ur den Zerfall typische Zerfallskonstante.
2 Entladung eines Plattenkondensators:Beim Entladen eines Platten- kondensators ist die Spannung am Kondensator U(t) zum Zeitpunkt t gegeben durch
U(t) =U0e−RC1 t.
Dabei istU0die Kondensatorspannung zur Zeitt= 0undCdie Kapazit¨at, Rder Ohmsche Widerstand der Schaltung.
1 Anzahl der Atomkernen(t) 2 Spannung am KondensatorU(t)
4.5.2 Logarithmusfunktion
Die Exponentialfunktionexp :IR →IR>0 mit x7→ ex ist auf dem gesamten Definitionsbereich streng monoton wachsend. Folglich existiert auf dem Wer- tebereich IR>0 die Umkehrfunktion.
Definition:Die Umkehrfunktion zur Exponentialfunktion wirdnat¨urli- cher Logarithmusgenannt:
ln :IR>0→IR mit x7→lnx.
Abb. 4.18. Graph der Logarithmusfunk- tionln(x)
Eigenschaften der Logarithmusfunktionsind:
ln(x) Definitionsbereich IR>0
Wertebereich IR
Nullstellen x0= 1
Monotonie streng monoton wachsend
Asymptoten x= 0
Rechenregeln f¨ur die Logarithmusfunktion. Die Rechenregeln ergeben sich direkt aus den Regeln der Exponentialfunktion. F¨urx, y∈IR>0 gilt
(1) ln(1) = 0
(2) ln (x·y) = lnx+ lny (3) ln(xn) =nlnx
(4) ln(ex) =x bzw. elnx=x
Anwendungsbeispiel 4.37 (Auftreten der Logarithmusfunktion).
1 Halbwertszeitτ einer radioaktiven Substanz:Unter der Halbwerts- zeit τ einer radioaktiven Substanz versteht man die Zeit, nach der die H¨alfte der radioaktiven Kerne zerfallen ist: n(τ) = 12n0. Nach Beispiel 4.361 istn(t) =n0e−λ t,also gilt f¨urt=τ :
1
2n0=n0e−λ τ
Wir dividieren durch n0, wenden den Logarithmus an und l¨osen nach τ auf
ln1
2 = ln e−λ τ
=−λ τ
,→τ =−1 λln1
2 =−1
λ(ln 1−ln 2). Die Halbwertszeitτ ergibt sich somit zu
τ= 1λln 2.
2 Abklingzeit eines Kondensators:Unter der Abklingzeitτa eines Kon- densators versteht man die Zeit, nach der die Spannung am Kondensator auf z.B. 1e-tel des maximalen Spannungswertes abgefallen ist: U(τa) =
1
eU0. Nach Beispiel 4.362 istU(t) =U0e−RC1 t, also gilt f¨urt=τa: 1
eU0=U0e−RC1 τa ,→ ln1
e = ln(e−RC1 τa) =− 1 RCτa
Die Abklingzeit am Kondensatorτa ergibt sich somit zu τa=−RCln(1e) =RC.
1 Halbwertszeitτ 2 Abklingzeit am Kondensator
Beispiel 4.38.Wie lautet die Umkehrfunktion von
f :IR→IR>0 mit x7→f(x) = 3e2x−1?
Die Funktionf ist auf ihrem gesamten Definitionsbereich streng monoton wachsend, also existiert auf dem Wertebereich IR>0die Umkehrfunktion.
Wir setzen
y= 3e2x−1 und l¨osen nach xauf:
1
3y=e2x−1,→ln1
3y= 2x−1,→x=1 2(ln1
3y+ 1).
Nach Vertauschen der Variablen erhalten wir die Umkehrfunktion g:IR>0→IR mit x7→g(x) =1
2(ln1 3x+ 1).
Allgemeine Potenz- und Exponentialfunktion
Mit der Exponential- und Logarithmusfunktion ist man in der Lage, die allge- meine Potenz- und Exponentialfunktion zu definieren.
Definition:
(1) Die Funktion
f :IR>0→IR mit x7→f(x) =xα:=eαlnx heißt allgemeine Potenzfunktion.
(2) Die Funktion
f :IR→IR>0 mit x7→f(x) =ax:=exlna (a >0) heißt allgemeine Exponentialfunktion.