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üeber die Frage dos Metrums and des Reimes in der
Insebrift von Carpentras (vgl. oben S. 187)
habe ich auf der Generalversammlung der D. M. G. in Gera am
2. Oct. d. J. einen Vortrag gehalten und zwar verbunden mit
Untersuchungen über die verschiedenen Grundprincipien der Metrik
im Arabischen, Hebräischen und Aramäischen. Ich berücksichtigte
dabei die sachlichen Einwendungen des Hm. Lagarde (in den Gött.
Nachrichten Nr. 10 d. J.), während ich selbstverständlich das
Nichtsachliche , was er nach seiner Weise einmischt , bei Seite
liess. Mein Vortrag wird, wie dies herkömmlich ist, erst im
nächsten Jahrgange der Zeitschrift erscheinen. Ueber Einen
Punkt nur seien mir schon hier einige Bemerkungen gestattet. —
Von der Inschrift lagen die zwei Copien von Barthölemy und
Lanci vor. Die Zuverlässigkeit beider Männer ist bekannt.
Ueberdies hatte Gesenius zwei Abzeichnungen eines in Paris
aufbewahrten Gypsabdmckes der Inschrift vor sich (monum. p.
228). Unter diesen Umständen durfte man voraussetzen, bei
dem Erklänmgsversuch nicht durch einen gan? unsichem Text
irregeleitet zu werden. Dennoch hatte ich in Betreff einiger
Minutien eine Vergleichung des Originals als wünschenswerth be¬
zeichnet (s. oben S. 193). Hierdurch veranlasst hatte Hr. Prof
Bmston in Montauban die Güte, mir die Notizen zur Verfügung
zu stellen, die er sich 3 Jahre vorher bei einer Collation des
Originals gemacht hatte. Hr. J. Derenbourg, an den ich mich zu¬
gleich wandte, hatte den von Gesenius erwähnten Gypsabdmck
nicht auffinden können, schrieb mir aber, dass er unlängst eine
vorzügliche Photographie benutzt, die er augenblicklich nicht zur
Hand habe, und veranlasste deren Besitzer, Hm. Clermont-Ganneau,
dass er dieselbe mit sehr dankenswerther Bereitwilligkeit mir zur
Benutzung übersandte, so dass ich sie in Gera den Pachgenossen
vorlegen konnte. Alle diese Collationen haben keine Modification
meiner Aufiassung der Inschrift, ihres durch die Sprache Kanaans
stark beeinfiussten Dialektes (s. oben 197) und ihrer dichterischen
Form nöthig gemacht. Preilich zeigt die Photographie hinter y^t
fT'Dn nur eine starke Beschädigung des Steines. Hr. Bmston
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hatte sich angemerkt, dass nach dem Eindruck, den das Original
mache, das Ganze mit jenen Worten zu schhessen scheine. Aber
das ist dem Sinne nach schlechterdings nicht möghch. Lanci's
Zuverlässigkeit hat sich schon ia einem früheren PaUe der Skepsis
gegenüber bewährt (vgl. Ztschr. XVIII 633, XXIV 232 f.). Dass
er wirkhch, wie er ausdrückhch versichert, ganz ohne Bücksicht
auf seine Deutung der Worte, die noch schwach erkennbaren
Spuren der letzten Buchstaben mit der scrupulösesten Genauigkeit
festgestellt hat (s. seine von Ges. citirte Schrift p. 16. 43), das
ist gegenüber jedem etwaigen Verdacht besonders auch dadurch
zweifellos, dass er selber den einfachen Sinn der betreffenden Worte
völlig missverstanden hat, wie das scbon der scharfsinnige Beer
als sicheres Kriterion der graphischen Bichtigkeit hervorhob. Lanci
fand die Insebrift in einer feuchten Wand eingemauert: sie scheint
eben seitdem nicht unbedeutend gelitten zu haben. Sollte er da¬
her in der That hinsichtlich jener letzten Buchstaben unser einziger
Gewährsmann bleiben, so wird doch Gesenius Becht behalten,
wenn er sagt: Lancius litterarum octo vestigia animadvertit et
satis fehciter supplevit.
Schlottmann.
Zur Nachricht.
Der 8. 584 dieses Bandes von Hm. Prof Kuhn geäusserte
Wunsch, über den Verbleib der von Hm. G.-C. Dr. Blau ZDMG
VH, 400 flf. besprochenen HS. unterrichtet zu werden , veranlasst
die Unterzeichnete zu dem Hinweis, dass gedachte HS. mit der
von Hrn. Blau der Gesellschaft geschenkten und Bd. XVIII S. 394
sub No. 301 verzeichneten identisch ist.
Halle. Bibliothek der D. M.G.
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