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KONJUNKTUR UND STRATEGIE

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M.M.WARBURG & CO INVESTMENT RESEARCH 1

Notenbanken im Fokus

Die Weltwirtschaft befindet sich derzeit in einer ausgepräg- ten Schwächephase. Diese betrifft nicht nur die Industrie-, sondern auch die Schwellenländer und lässt sich bei fast allen relevanten makroökonomischen Kennziffern beobach- ten. Zwar haben sich in Asien die Jahresveränderungsraten bei den Exporten (4,3% y/y), der Industrieproduktion (1,4%

y/y) und den Einzelhandelsumsätzen (8,4% y/y) zuletzt wieder etwas verbessert, doch gilt dies nicht für die Länder Osteuropas und vor allem nicht für Lateinamerika. Bei der letztgenannten Ländergruppe haben sich vor allem die Industrieproduktion (-0,9% y/y) und die Exporte (-3,4%

y/y) zuletzt ausgesprochen schwach entwickelt. Blickt man auf die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für das verarbei- tende Gewerbe, sieht es auch nicht danach aus, als ob es in den Schwellenländern zu einer schnellen Wachstumsbe- schleunigung kommen wird. So haben sich in vielen Län- dern die Stimmungsindikatoren im Juli weiter verschlech- tert, wobei die Werte für die Türkei, Taiwan, Singapur, Südkorea und Brasilien sogar unter der 50-Punkte-Marke liegen und damit eine Kontraktion anzeigen.

Nicht viel besser sieht das konjunkturelle Bild in den In- dustrieländern aus. So hat sich die Hoffnung auf eine stär- kere wirtschaftliche Erholung in den USA auch in diesem Jahr nicht erfüllt. Zwar haben viele Frühindikatoren in den ersten Monaten des Jahres 2012 ein recht freundliches Bild von der US-Wirtschaft gezeichnet, doch sah die ökonomi- sche Realität mit einer annualisierten Wachstumsrate von 2,0% im ersten und 1,5% im zweiten Quartal vergleichs- weise enttäuschend aus. Eine Trendwende zum Besseren ist immerhin am in den letzten Jahren arg gebeutelten Immobi- lienmarkt festzustellen: So sind US-Immobilien dank ge- sunkener Preise, fallender Hypothekenzinsen und leicht gestiegener verfügbarer Einkommen sehr viel erschwingli- cher geworden als in der Vergangenheit. Nach einer so langen Durststrecke ist es insofern auch nicht verwunder- lich, dass die Zahl der Wohnbaubeginne oder der erteilten Baugenehmigungen um rund 20% über dem Vorjahresni- veau liegt und sich die Stimmung in der amerikanischen Bauindustrie erheblich verbessert hat. Abstrahiert man allerdings von den Veränderungsraten und vergleicht man die absoluten Zahlen mit denen der letzten 50 Jahre, relati-

viert sich der positive Eindruck der vergangenen Monate.

Denn man erkennt, dass noch ein weiter Weg zu beschrei- ten ist, bevor wieder Niveaus erreicht werden, die in den Jahren vor dem Crash des US-Immobilienmarkts üblich waren. Dies wird auch daran deutlich, dass der Anteil der privaten Bauinvestitionen am US-BIP zuletzt nur bei 2,4%

lag, während dieser vor der Krise noch gut 6% betrug.

Obwohl der US-Immobilienmarkt in den vergangenen drei Quartalen kräftig zugelegt hat, tragen die hohen Wachs- tumsraten aufgrund des geringen Gewichts der Bauinvesti- tionen deshalb nur unterdurchschnittlich zum gesamtwirt- schaftlichen Wachstum bei.

Den mit Abstand höchsten Anteil am US-BIP hat nach wie vor der private Konsum mit rund 71%. Zwar haben die US- Privathaushalte seit Anfang 2010 jedes Quartal mehr Geld ausgegeben, doch sind die Wachstumsraten mit etwa 2%

sehr viel geringer ausgefallen, als es beispielsweise im Durchschnitt zwischen 1992 und 2006 der Fall gewesen ist:

In diesem Zeitraum lag der Zuwachs immerhin bei 3,6%.

Die Ursachen für die für amerikanische Verhältnisse zu beobachtende Konsumzurückhaltung sind schnell ausge- macht: Zum einen die hohe Verschuldung, die in den ver- gangenen vier Jahren in Relation zu den verfügbaren Ein- kommen von 129% auf 110% zurückgeführt wurde (Dele- veraging), zum anderen die nur mäßige Erholung am US- Arbeitsmarkt. So sind während der Wirtschaftskrise 8,8 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen, denen seit Anfang 2010 nur 3,8 Millionen neue Stellen gegenüberste- hen. Per saldo ist ein Verlust von 5 Millionen Jobs zu ver- zeichnen, der dazu geführt hat, dass zuletzt knapp 13 Milli- onen US-Bürger arbeitslos waren.

Zusätzlich belastet den privaten Verbrauch die Tatsache, dass die Löhne in den letzten Jahren nur mäßig angestiegen sind. Dem nominalen Anstieg der Stundenlöhne von rund 5% seit Anfang 2010 steht ein etwas stärkerer Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber. Dies bedeutet, dass die Real- löhne in den vergangenen zweieinhalb Jahren mehr oder weniger konstant geblieben sind. Dass der Konsum über- haupt gewachsen ist, liegt unter anderem daran, dass die US-Amerikaner ihre Sparquote wieder gesenkt haben und – besonders in diesem Jahr – wieder wesentlich mehr Kon- sumentenkredite in Anspruch genommen haben, um damit

-30%

-20%

-10%

0%

10%

20%

30%

40%

Jan 97 Jan 99 Jan 01 Jan 03 Jan 05 Jan 07 Jan 09 Jan 11 Jan 13

Schwellenländer: Exporte (y/y)

Osteuropa Asien Lateinamerika

2%

4%

6%

8%

10%

12%

14%

16%

60%

62%

64%

66%

68%

70%

72%

Q1 1950 Q1 1955 Q1 1960 Q1 1965 Q1 1970 Q1 1975 Q1 1980 Q1 1985 Q1 1990 Q1 1995 Q1 2000 Q1 2005 Q1 2010

USA: Anteil der Exporte, des Konsums und der privaten Bauinvestitionen am US-BIP

Privater Konsum Exporte (r.S.) Private Bauinvestitionen (r.S.)

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den Kauf langlebiger Wirtschaftsgüter wie z.B. Autos zu finanzieren. Zudem hat der amerikanische Staat in den letzten Jahren die Einkommen seine Bürger „subventio- niert“, indem Transferzahlungen in erheblichem Ausmaß gezahlt wurden und gleichzeitig weniger Steuern und Sozi- alabgaben geleistet werden mussten. Dies ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass die Staatsverschuldung in den USA rasant angestiegen ist.

Wesentlich besser ist es dagegen um die meisten US- Unternehmen bestellt. Obwohl sich die Binnennachfrage nicht sonderlich positiv entwickelt hat, haben die Firmen in den vergangenen Jahren Rekordgewinne erzielt, weil insbe- sondere die Nachfrage aus dem Ausland sehr stark zuge- nommen hat. So ist der Anteil der Exporte am US-BIP auf einen Rekordwert von 14% angestiegen. Dabei kam den Unternehmen zugute, dass sich ihre Wettbewerbsfähigkeit aufgrund niedriger Kosten und eines schwachen US-Dollar deutlich verbessert hat. Allerdings konnten von dieser Ent- wicklung in erster Linie große Unternehmen profitieren, die einen nicht unerheblichen Teil ihrer Umsätze im Ausland erzielen. An den Kleinunternehmen ging der Aufschwung dagegen mehrheitlich vorbei.

Der Konjunkturausblick für die kommenden Monate ist für die USA von erheblichen Unsicherheiten gekennzeichnet.

Im Vergleich zu anderen Industrieländern hat sich die US- Wirtschaft immer noch recht gut gehalten. So ist eine Re- zession in den nächsten Monaten wenig wahrscheinlich, und für das Gesamtjahr halten wir ein Wirtschaftswachstum von etwa 2% im Vergleich zum Vorjahr für erreichbar.

Allerdings zeigen Frühindikatoren, wie der ISM- Einkaufsmanagerindex, der seit zwei Monaten knapp unter der 50-Punkte-Marke liegt, dass eine Wachstumsbeschleu- nigung unwahrscheinlich ist, und auch die anhaltende Dür- re, die in vielen US-Bundesstaaten zu erheblichen Ernte- ausfällen führt, wird sicherlich nicht positiv zum Wirt- schaftswachstum beitragen. Vor den Präsidentschaftswah- len, die am 6. November stattfinden, wird die Unsicherheit hoch bleiben. So ist derzeit nicht absehbar, wie die US- Politik mit der immer weiter steigenden Staatsverschuldung umgehen wird. Wir gehen zwar davon aus, dass das „fiscal cliff, also die für 2013 beschlossenen Einsparungen und Steuererhöhungen, noch umschifft werden wird, denn dies könnte das Wirtschaftswachstum um fast fünf Prozentpunk-

te zurückwerfen. Doch selbst wenn sich der neue Präsident mit dem Kongress darauf verständigt, die beschlossenen Einsparungen nicht vollständig umzusetzen, könnte die US- Wirtschaft zu Beginn des Jahres 2013 weiter an Fahrt ver- lieren und zumindest an den Rand einer Rezession geraten.

Negativ auf die Konjunktur in den USA dürfte sich auch die wirtschaftliche Schwäche bei wichtigen Handelspart- nern auswirken. So gehen immerhin 15% der US-Exporte nach Europa, und diese stagnierten zuletzt im Jahresver- gleich. Kanada (Export-Anteil von 14%) und Mexiko (An- teil von 10%) haben sich bis zuletzt zwar konjunkturell besser gehalten, doch hat die Ausfuhrdynamik in beide Länder abgenommen. Und nicht zuletzt wird die US- Unternehmen auch die schwächere Wirtschaftslage in Chi- na und anderen Schwellenländern belasten. Sollten die US- Ausfuhren in den kommenden Quartalen nicht weiter wachsen, könnte das reale Bruttoinlandsprodukt damit im Durchschnitt um etwa 0,9 Prozentpunkte geringer ausfallen als es sonst der Fall wäre. Dies ist der durchschnittliche Beitrag, den die US-Ausfuhren unseren Berechnungen zufolge seit Anfang 2009 zum realen Wirtschaftswachstum geleistet haben. Insofern wird es wohl auch im kommenden Jahr nicht zu einem stärkeren Wachstum in den USA kom- men, so dass das reale BIP 2013 vermutlich nur um 1-2%

zulegen wird.

In der Eurozone ist die wirtschaftliche Schwäche noch wesentlich ausgeprägter. Insbesondere dank des starken Wirtschaftswachstums in Deutschland konnte die Eurozone im ersten Quartal 2012 einer Rezession zwar noch entge- hen, doch die Vorzeichen stehen schlecht, dass dies so bleiben wird. Selbst wenn die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal noch leicht gewachsen sein dürfte, wird dies nicht ausreichen, um einen Rückgang des realen BIPs in der Eurozone zu verhindern. Die belgische Wirtschaft ist in Q2 um 0,6% und die spanische um 0,4% geschrumpft, so dass wir für die gesamte Eurozone mit einem Minus von 0,2 bis 0,3% im Vergleich zum Vorquartal rechnen. Für das dritte Quartal zeichnet sich sogar ein noch größerer Rück- gang der Wirtschaftsleistung ab, so dass das reale BIP der Eurozone in diesem Jahr um etwa 0,7% unter dem Vorjah- reswert liegen wird.

Und schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Die Schuldenkri- se erfordert von fast allen Ländern und Regierungen eine

-15%

-10%

-5%

0%

5%

10%

15%

20%

Jan 80 Jan 82 Jan 84 Jan 86 Jan 88 Jan 90 Jan 92 Jan 94 Jan 96 Jan 98 Jan 00 Jan 02 Jan 04 Jan 06 Jan 08 Jan 10 Jan 12

USA: Ausstehende Konsumentenkredite, Einkommensentwicklung und Einzelhandelsumsätze

Konsumentenkredite (y/y) Löhne & Gehälter (y/y) Einzelhandelsumsätze (y/y)

30 35 40 45 50 55 60 65

-6%

-4%

-2%

0%

2%

4%

6%

Jan 99 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan 08 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13

Eurozone: Einkaufsmanagerindex und BIP-Wachstum

BIP-Wachstum (y/y) PMI Dienstl. (r.S.) PMI verarb. Gewerbe (r.S.)

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M.M.WARBURG & CO INVESTMENT RESEARCH 3 hohe Ausgabendisziplin, so dass die Staatsausgaben das

Wirtschaftswachstum tendenziell weiter bremsen werden.

Gleichzeitig verschlechtern sich auch die Perspektiven für die Unternehmen und die Privathaushalte. So haben sich bislang vor allem die Exporte der europäischen Unterneh- men dank der starken Nachfrage aus Übersee positiv entwi- ckelt. Prozentual zweistellige nominale Zuwachsraten bei den Ausfuhren haben insbesondere Ländern wie Griechen- land, Italien, Spanien und Portugal geholfen, den ökonomi- schen Anpassungsdruck in den vergangenen drei Jahren etwas abzumildern. Allerdings ist allenthalben zu spüren, dass die Exportdynamik nachlässt, wie die Einkaufsmana- gerindizes zeigen. Dies ist auch wenig verwunderlich, da die Globalisierung dazu beiträgt, dass sich ökonomische Schocks wellenartig ausbreiten, so dass die geringere Nach- frage aus der Eurozone mit zeitlicher Verzögerung auch die Schwellenländer und andere Industrieländer trifft, die ihrer- seits wieder mit einer geringeren Nachfrage nach Gütern aus der Eurozone reagieren.

Vor diesem Hintergrund richtet sich die Hoffnung der Marktteilnehmer auf die Notenbanken, die mit einer (noch) expansiveren Geldpolitik dafür sorgen sollen, dass sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen wieder verbessern.

Dank des nachlassenden Inflationsdrucks haben die Zent- ralbanken in den Schwellenländern, die noch über den größten geldpolitischen Spielraum verfügen, begonnen, die Zinsen zu senken. Am stärksten fiel die Lockerung in Bra- silien aus, wo der Leitzins von 12% auf 8% abgesenkt worden ist, aber auch die chinesische Notenbank hat in der jüngsten Vergangenheit zwei Mal in kurzer Folge den Leit- zins auf 6% reduziert.

Die Hoffnung, dass die amerikanische Federal Reserve ihre Geldpolitik ebenfalls nochmal lockern wird, hat sich dage- gen nicht erfüllt. Angesichts eines Leitzinses, der zwischen null und 0,25% liegt, bleiben der Fed nur noch wenige geldpolitische Möglichkeiten. Im Vorfeld der FOMC- Sitzung war darüber spekuliert worden, dass die US- Notenbank beispielsweise den Einlagenzins auf null senken könnte oder weitere unkonventionelle Maßnahmen be- schließt. Vor allem der weitere Aufkauf von Wertpapieren, also ein „QE3“ (QE = quantitative easing), wäre eine ver- bleibende Option gewesen. Doch obwohl die Fed in ihrem begleitenden Statement auf die Schwäche der US- Konjunktur verwies, wurden zunächst keine weiteren Hilfsmaßnahmen beschlossen. Die meisten Beobachter sind sich jedoch einig, dass es wohl nur eine Frage der Zeit sein wird, wann das QE3 kommen wird. Fed-Präsident Bernan- ke könnte beispielsweise auf dem jährlichen Notenbanker- treffen in Jackson Hole, das am 31. August beginnt, neue Maßnahmen ankündigen, die dann auf dem nächsten geld- politischen Treffen am 12. und 13. September beschlossen werden. Doch bis dahin heißt es, Geduld zu haben.

Auch von der Europäischen Zentralbank wurde Entschei- dendes erwartet, nachdem EZB-Präsident Draghi vergan- gene Woche in London angekündigt hatte, dass die Noten- bank bereit sei, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu retten. Im Vorfeld des EZB-Treffens wurde an den Märkten noch darüber gerätselt, welche konkreten Maßnahmen damit gemeint sein könnten. Die Mutmaßungen reichten von möglichen Käufen italienischer und spanischer Staats- anleihen am Primärmarkt durch die EFSF und am Sekun- därmarkt von der EZB bis hin zu der Idee, den Europäi- schen Stabilitätsmechanismus ESM mit einer Banklizenz auszustatten, um so das Kreditvolumen des Rettungs- schirms massiv hebeln und damit ausweiten zu können.

Zumindest dem Thema der Banklizenz für den ESM, das zuletzt vom italienischen Präsidenten Monti wieder ins Spiel gebracht wurde, hat Draghi eine klare Absage erteilt.

Für mögliche Hilfen der EZB gegenüber Krisenstaaten wurden von der EZB klare Bedingungen genannt: Unter der Voraussetzung, dass Länder offiziell Hilfe bei der EFSF/dem ESM beantragen, könnte der Rettungsschirm damit beginnen, Staatsanleihen am Primärmarkt aufzukau- fen. Dies sei eine notwendige Bedingung, damit die EZB ihrerseits aktiv werden könne. Wenn diese Voraussetzung erfüllt sei, könnte die EZB (kurzlaufende) Staatsanleihen am Sekundärmarkt kaufen. Insofern musste der EZB- Präsident gegenüber seinen Äußerungen in London nun wieder zurückrudern, da damals der Eindruck entstand, dass die EZB zum „lender of last resort“ für Staaten werden könnte. Das Hauptproblem bleibt aber, dass niemand genau weiß, ob, wann und in welchem Umfang die Europäische Zentralbank bereit ist, an den Märkten zu intervenieren. Die Unsicherheit bleibt also bestehen.

Insbesondere die Aktienmärkte haben in den vergangenen Monaten auf die in Aussicht gestellte Lösung der Schul- denkrise oder eine weitere wirtschaftspolitische Lockerung immer wieder mit Kursanstiegen reagiert. Angesichts der schwachen ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich viele Börsenplätze besser geschlagen, als wir dies erwartet haben. Natürlich darf nicht vergessen werden, dass das Mehr an Liquidität auch Aktien zugutekommen kann – gerade auch in Zeiten, in denen händeringend nach höher rentierlichen Anlagealternativen gesucht wird. Dennoch scheint die Aussicht auf noch mehr Liquidität derzeit alles andere in den Schatten zu stellen. Etwas suspekt ist uns in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass niedrigere Zin- sen oder allein die Aussicht auf eine weitere geldpolitische Lockerung in China von den Aktienmärkten in den westli- chen Industrieländern jedes Mal mit Kursgewinnen hono- riert wird, während der chinesische Aktienmarkt selbst seit Anfang März 2012 mit sinkenden Kursen reagiert hat. Und bei aller Hoffnung, die man mit einer unkonventionellen Geldpolitik verbindet, sollte eines nicht übersehen werden:

In Ländern wie den USA, Großbritannien oder Japan, deren Notenbanken große Mengen an Staatsanleihen und anderen Wertpapieren aufgekauft haben, ist die wirtschaftliche Entwicklung trotz alledem äußerst schwach geblieben. Die ökonomischen Fundamentaldaten sollte man von daher nicht völlig aus dem Blick verlieren.

Deutschland Frankreich Italien Spanien Portugal Griechenland Irland

2008 1% 3% 1% 4% 1% 1% -3%

2009 -18% -17% -21% -15% -15% -15% 0%

2010 18% 13% 15% 18% 16% 9% 5%

2011 12% 9% 13% 16% 15% 11% 3%

2012 (Jan- Mai) 5% 6% 3% 2% 9% 3% -1%

Zuwachsrate der nominalen Exporte gegenüber dem Vorjahr

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M.M.WARBURG INVESTMENT RESEARCH

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Wochenausblick für die Zeit vom 6. bis 10. August 2012

Feb Mär Apr Mai Jun Jul Veröffentlichung

D: Auftragseingang, m/m 0,6% 3,2% -1,9% 0,6% 0,7% 7. August

D: Auftragseingang, y/y -5,8% -0,3% -3,7% -5,4% -5,6% 7. August

D: Handelsbilanzsaldo, in Mrd € 13,9 13,9 16,2 15,3 15,2 8. August

D: Industrieproduktion, m/m -0,4% 2,2% -2,2% 1,6% 0,4% 8. August

D: Industrieproduktion, y/y 0,0% 1,3% -0,7% 0,0% 1,4% 8. August

D: Konsumentenpreise, m/m 0,7% 0,3% 0,2% -0,2% -0,1% 0,4% 10. August

D: Konsumentenpreise, y/y 2,3% 2,1% 2,1% 1,9% 1,7% 1,7% 10. August

MMWB-Schätzungen in rot

Chart der Woche: Zentralbankbilanzen im Aufwind

Nach dem heutigen EZB-Zinsentscheid scheint der Weg für neue Anleihekäufe durch die Notenbank nun prinzipiell offen.

Notwendige Bedingung dafür, dass die Notenbank am Sekun- därmarkt interveniert, ist allerdings ein Hilfsersuchen des betroffenen Landes. Auf diese Weise sollen EZB- Staatsanleihenkäufe zukünftig nur noch konditional erfolgen.

Auch wenn dies nicht die von den Märkten erhoffte „große Bazooka“ ist, werden die Währungshüter in Zukunft wohl eine noch aktivere Rolle in der Bekämpfung der Schuldenkri- se einnehmen. Noch bleiben viele Detailfragen offen, die laut Draghi in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden sollen. Möglicherweise wird die Feuerkraft der bestehenden Rettungsschirme aber erhöht, wenn die EZB ebenfalls inter- veniert. Bislang haben Länder, die ein Hilfsersuchen abgege-

ben haben, direkt Gelder von den Rettungsfonds bezogen.

Denkbar wäre es, dass die Notenbank am Sekundärmarkt und der Rettungsschirm am Primärmarkt Marktpflege betreiben, so dass Programmländer nicht mehr allein vom Rettungs- schirm finanziert werden müssen; die Renditen könnten viel- mehr durch die Aktionen der Rettungsvehikel und der EZB soweit gedrückt werden, dass das betroffene Land weiterhin am Kapitalmarkt bleiben kann. Möglicherweise erfordert dies einen geringeren Kapitaleinsatz, als wenn ein Land komplett durch den Rettungsschirm finanziert werden müsste. Für die Notenbankbilanz sind die Konsequenzen eindeutig: Sobald die EZB erneut am Sekundärmarkt interveniert, steigt die Bilanzsumme noch weiter an.

0 100 200 300 400 500

Ju n . 07 De z. 07 Ju n . 08 De z. 08 Ju n . 09 De z. 09 Ju n . 10 De z. 10 Ju n . 11 De z. 11 Ju n . 12 De z. 12

Zentralbankbilanzen (Juni 2007 = 100)

EZB Federal Reserve Bank of England Bank of Japan

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M.M.WARBURG INVESTMENT RESEARCH 5

Stand

02.08.2012 26.07.2012 29.06.2012 01.05.2012 30.12.2011

Aktienmärkte 17:20 -1 Woche -1 Monat -3 Monate YTD

Dow Jones 12863 -0,2% -0,1% -3,1% 5,3%

S&P 500 1368 0,6% 0,4% -2,7% 8,8%

Nasdaq 2916 0,8% -0,7% -4,4% 11,9%

Wilshire 5000 14319 1,3% 0,8% -2,7% 9,2%

DAX 6612 0,4% 3,0% -2,2% 12,1%

MDAX 10699 -0,2% 3,4% -1,2% 20,2%

TecDAX 773 0,1% 4,0% -2,9% 12,9%

EuroStoxx 50 2274 1,0% 0,4% -1,4% -1,9%

Stoxx 50 2480 2,2% 4,2% 2,7% 4,7%

SMI (Swiss Market Index) 6409 2,1% 5,6% 5,1% 8,0%

Nikkei 225 8653 2,5% -3,9% -7,5% 2,3%

Topix 733 2,5% -4,8% -7,2% 0,6%

Brasilien BOVESPA 55829 3,4% 2,7% -9,7% -1,6%

Russland RTS 1358 0,6% 0,5% -14,8% -1,8%

Indien BSE 30 17224 3,5% -1,2% -0,5% 11,4%

China Shanghai Composite 2111 -0,7% -5,1% -11,9% -4,0%

MSCI Welt (in €) 1248 2,7% 4,8% 4,8% 12,5%

MSCI Emerging Markets (in €) 954 5,2% 5,6% 1,3% 11,0%

Zinsen und Rentenmärkte

Bund-Future 144,94 93 404 385 590

Bobl-Future 127,90 41 201 260 279

Schatz-Future 110,96 8 46 35 61

3 Monats Euribor 0,38 -5 -28 -33 -98

3M Euribor Future, Dez 2012 0,28 -6 -21 -32 -1

3 Monats $ Libor 0,44 -1 -2 -2 -14

Fed Funds Future, Dez 2012 0,14 1 -4 0 0

10-jährige US Treasuries 1,47 4 -19 -49 -40

10-jährige Bunds 1,25 -7 -35 -36 -58

10-jährige JGB 0,78 4 -6 -10 -21

US Treas 10Y Performance 548,33 -1,0% 1,2% 4,7% 4,9%

Bund 10Y Performance 501,41 -0,4% 2,3% 3,2% 6,1%

REX Performance Index 438,61 -0,1% 1,6% 2,0% 3,7%

Hypothekenzinsen USA 3,49 0 -17 -39 -46

IBOXX AAA, € 1,92 0 -27 -36 -135

IBOXX BBB, € 4,35 -13 -59 -26 -177

ML US High Yield 7,50 -15 -25 -1 -115

JPM EMBI+, Index 674 1,5% 4,8% 5,5% 12,0%

Wandelanleihen Exane 25 5065 0,9% 2,9% 3,0% 11,5%

Rohstoffmärkte

CRB Index 552,39 -0,6% 2,4% -1,0% -1,9%

MG Base Metal Index 328,31 -0,2% -0,6% -11,0% -1,8%

Rohöl Brent 106,25 2,4% 14,8% -11,0% -1,3%

Gold 1590,60 -1,4% -0,4% -4,3% 1,0%

Silber 27,87 0,2% 2,9% -9,5% -1,1%

Aluminium 1827,25 -1,0% -2,6% -12,2% -8,4%

Kupfer 7418,25 -0,6% -3,6% -13,1% -2,3%

Frachtraten Baltic Dry Index 861 -10,1% -14,2% -25,3% -50,5%

Devisenmärkte

EUR/ USD 1,2137 -1,0% -3,6% -8,2% -6,2%

EUR/ GBP 0,7824 -0,1% -3,3% -4,0% -6,3%

EUR/ JPY 94,92 -0,9% -5,2% -10,3% -5,3%

EUR/ CHF 1,2010 0,0% -0,2% -0,1% -1,2%

USD/ JPY 78,21 0,0% -2,0% -2,3% 1,6%

Veränderung zum

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