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Deutsche Konjunktur im Herbst 2014 Kieler Diskussionsbeiträge

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Deutsche Konjunktur im Herbst 2014

Nr. 545/546 | Oktober 2014

Institut für Weltwirtschaft Kiel

Web: www.ifw-kiel.de

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KIELER DISKUSSIONSBEITRÄGE

Herausgegeben vom Institut für Weltwirtschaft 24100 Kiel

Tel: +49/431/8814-1; Website: http://www.ifw-kiel.de Schriftleitung:

Prof. Dr. Harmen Lehment

Tel: +49/431/8814-232; E-Mail: harmen.lehment@ifw-kiel.de

ISSN 0455-0420

© Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel 2014.

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder einem anderen Verfahren) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten oder zu verbreiten.

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Deutschland: Aufschwung abermals unterbrochen 3

Jens Boysen-Hogrefe, Dominik Groll, Nils Jannsen, Stefan Kooths und Joachim Scheide

Diese Analyse wurde am 11. September 2014 abgeschlossen Kasten 1: Die Schwäche des Welthandels und Implikationen für die deutschen

Exporte 14 Kasten 2: Zu den Veränderungen im Staatssektor durch die Generalrevision 2014 28

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Deutschland: Aufschwung abermals unterbrochen

Jens Boysen-Hogrefe, Dominik Groll, Nils Jannsen, Stefan Kooths und Joachim Scheide Zusammenfassung:

Die konjunkturelle Expansion in Deutschland hat sich im Sommerhalbjahr 2014 wider Er- warten nicht fortgesetzt. Auch als Folge der Zu- spitzung des Konflikts in der Ukraine schwächten sich die Exporterwartungen ab, und inländische Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück. Trotz des aktuell beste- henden Gegenwinds für die Konjunktur bleibt es bei dem mittelfristigen Szenario eines sehr kräftigen Aufschwungs, der maßgeblich getrie- ben wird durch die extrem niedrigen Zinsen.

Nach einer annähernden Stagnation im dritten Quartal dieses Jahres dürfte die gesamtwirt- schaftliche Produktion im Schlussquartal wie- der anziehen. Somit nimmt die Produktion in diesem Jahr insgesamt um 1,4 Prozent zu. Im kommenden Jahr wird der Aufschwung weiter an Fahrt gewinnen, vorausgesetzt, die politi- schen Spannungen lassen nach und es gibt keine neuen Hiobsbotschaften von der Krise im Euroraum. Dann dürfte das Bruttoinlandspro- dukt um 1,9 Prozent zulegen, wobei die größten Impulse von der Binnenkonjunktur kommen werden. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt, der sich bislang von der Flaute unbeeindruckt ge- zeigt hat, wird sich trotz Mindestlohn weiter verbessern.

Seit dem Frühjahr dieses Jahres hat sich die Konjunktur in Deutschland deutlich abge- schwächt. Hatte bis dahin noch der Optimismus überwogen, wurden die Aussichten danach durch negative Nachrichten aus dem Ausland beeinträchtigt. Anders als bei unserer Prognose vom Juni unterstellt, schwelt der Konflikt in der Ukraine nicht nur weiter, er droht sich sogar er- heblich zu verschärfen. Viele Unternehmen sehen dadurch ihre Chancen für die Exporte in die unmittelbar betroffenen Länder verringert;

hinzu kommt, dass man offenbar befürchtet, dass auch die Ausfuhren in andere Staaten Mit- tel- und Osteuropas gedämpft werden könnten.

Daneben verläuft die Konjunktur im übrigen Euroraum schwächer als erwartet; insbesondere in Frankreich und in Italien – der zweit- und der drittgrößten Volkswirtschaft des Währungs- gebietes – sind die Stagnationstendenzen im- mer noch nicht überwunden. All dies hat dazu geführt, dass sich die Stimmung in der Wirt- schaft erheblich verschlechtert hat. Auch Auf- tragseingänge, Produktion und Umsätze neigten zeitweise zur Schwäche. Damit ist der Auf- schwung, der vor allem durch die extrem niedri- gen Zinsen angelegt ist und der bis zum Früh- jahr Fahrt aufgenommen hatte, erneut unter- brochen. Wie schon in den Vorjahren kamen dabei die Schocks vor allem aus dem Ausland.

Die gesamtwirtschaftliche Produktion ist nach einem guten Start in das Jahr im zweiten Quartal gesunken, und zwar mit einer laufenden Jahresrate von 0,6 Prozent (Abbildung 1). Dabei stiegen die Exporte deutlich langsamer als die Importe, so dass vom Außenhandel rein rechne- risch ein negativer Beitrag zur Produktionsver- änderung zu verzeichnen war. Die inländische Verwendung nahm hingegen moderat zu, mit sehr unterschiedlichen Tendenzen bei den ein- zelnen Aggregaten. Die erhöhte Unsicherheit hat offenbar vor allem die Investitionsneigung der Unternehmen gebremst; so sanken die Aus- rüstungsinvestitionen geringfügig. Die Bau- investitionen gingen sogar deutlich zurück, vor allem als Reflex auf die witterungsbedingt sehr günstige Entwicklung im ersten Quartal dieses Jahres. Die privaten Konsumausgaben blieben robust und legten nach dem kräftigen Anstieg zuvor nochmals leicht zu. Nicht zuletzt begüns-

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tigt durch einen recht stabilen Arbeitsmarkt er- höhten sich die verfügbaren Einkommen deut- lich.

Abbildung 1:

Bruttoinlandsprodukt 2011–2015

Am Arbeitsmarkt hat sich die Situation weiter verbessert, der Beschäftigungsaufbau hat sich bis zuletzt kaum vermindert. So war die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im zweiten Quartal um knapp 2 Prozent höher als im Vorquartal (laufende Jahresrate). Die Ar- beitslosigkeit ging in den jüngsten Monaten al- lerdings nicht weiter zurück. Im August dieses Jahres lag die Zahl der Arbeitslosen (in der De- finition der Bundesagentur für Arbeit) saisonbe- reinigt bei 2,9 Mill. Personen. Die Arbeitslosen- quote beträgt seit einem halben Jahr 6,7 Pro- zent.

Der Preisauftrieb blieb in den vergangenen Monaten sehr moderat. Zwar verteuerten sich erstmals in diesem Jahr Nahrungsmittel, gleich- zeitig blieben aber die Energiepreise annähernd stabil. Im August betrug die Inflationsrate 0,8 Prozent. Sie lag damit weiterhin deutlich über der durchschnittlichen Rate für den übrigen Eu- roraum, was vor allem der relativ guten Kon- junktur in Deutschland geschuldet ist.

Im dritten Quartal dieses Jahres dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion nur geringfü- gig steigen. Zwar befinden sich die Stimmungs- indikatoren nach wie vor auf einem überdurch- schnittlich hohen Niveau, sie haben sich jedoch in den vergangenen Monaten deutlich ver- schlechtert. Ferner deuten die Daten für Auf- tragseingänge und Produktion auf eine nur mä- ßige Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität hin (Abbildung 2). Zwar verbesserten sich diese In- dikatoren im Juli; dabei spielten aber Sonder- faktoren (Großaufträge, Lage der Sommerfe- rien) eine Rolle, so dass man nicht von einer Trendwende sprechen kann. Das Bruttoinlands- produkt dürfte im dritten Quartal um lediglich 0,6 Prozent (laufende Jahresrate) zunehmen.

Gegen Ende des Jahres dürfte die Konjunktur wieder an Schwung gewinnen. Im Jahresergeb- nis wird die gesamtwirtschaftliche Produktion wohl um 1,4 Prozent höher sein als ein Jahr zu- vor. Diese Rate ist deutlich niedriger, als wir bei unserer Prognose im Juni dieses Jahres erwar- teten (2,0 Prozent). Nur zu einem geringen Teil ist diese Änderung auf die Revision der Volks- wirtschaftlichen Gesamtrechnungen zurückzu- führen. Maßgeblich ist vielmehr der über- raschend schwache Verlauf im Sommerhalbjahr.

Dies wirkt sich auch spürbar auf die Zu- wachsrate für das kommende Jahr aus. Zwar dürfte sich die konjunkturelle Expansion merk- lich beschleunigen, und auch die Kapazitäts- auslastung in der Gesamtwirtschaft wird dann wieder zunehmen. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahresdurchschnitt allerdings nur um 1,9 Prozent über dem Niveau im Jahr 2014 lie- gen. Eine Annahme für die Prognose ist, dass die Krise im Euroraum nicht erneut eskaliert.

-4 -2 0 2 4 6 8 10

102 103 104 105 106 107 108 109 110

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

2011 2012 2013 2014 2015

Quartalsdaten, preis-, kalender- und saisonbereinigt; Veränderung gegenüber dem Vorquartal, Jahresrate.

Quelle:Statistisches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.3;

grau hinterlegt: Prognose des IfW.

Kettenindex (2010=100) Veränderung

Niveau

Prozent

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Abbildung 2:

Konjunkturindikatoren 2006–2014

Finanzierungsumfeld in Deutschland bleibt günstig

Die Finanzierungsbedingungen sind für den Privatsektor nach wie vor ausgesprochen güns- tig. So liegen die Zinsen für Unternehmenskre- dite und die Renditen für Unternehmensanlei- hen weiterhin auf historisch niedrigen Niveaus.

Auch für private Haushalte sind die Kredit- finanzierungskosten äußerst gering. Dies gilt insbesondere für Wohnungsbaukredite, für die das Zinsniveau im Verlauf der vergangenen Monate weiter gefallen ist. Der Konflikt in der Ukraine hatte zwischenzeitlich zu kleineren Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt; in den vergangenen beiden Monaten hat sich die Lage jedoch wieder beruhigt. Der IfW-Finanz- marktstressindikator fiel im Juli und August unter den Schwellenwert, ab dem dämpfende realwirtschaftliche Folgen zu erwarten sind (Abbildung 3).1 Zum einen dürfte der Rückgang des Stresses an den Finanzmärkten auf die An- kündigung der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückzuführen sein, zusätzliche unkonventio- nelle geldpolitische Maßnahmen durchzufüh- ren. Zum anderen dürfte auch der Rückgang des Finanzmarktstresses in wichtigen Handelspart- nerländern innerhalb des Euroraums zur ruhigeren Lage beigetragen haben.2 So sind so- wohl die Renditen für Bankschuldverschreibun- gen als auch die Risikoaufschläge für Staats- anleihen in den Krisenländern gegenüber Bun- desanleihen in den vergangenen Wochen weiter zurückgegangen. Darauf deutet auch der ten- denzielle Rückgang der Target2-Positionen der nationalen Zentralbanken hin. Allerdings könn- te sich die Lage jederzeit wieder verschärfen, solange die Bankensektoren in den Peripherie- ländern nicht grundlegend saniert werden.

____________________

1 Zum Einfluss des über den Indikator gemessenen Finanzmarktstresses auf die Konjunktur siehe van Roye (2014).

2 Zum Einfluss internationaler Übertragung von Fi- nanzmarktstress vgl. Dovern und van Roye (2014).

Monatsdaten, saisonbereinigt; Auftragseingang und Produktion als gleitender Dreimonatsdurchschnitt.

Quelle: Deutsche Bundesbank, Saisonbereinigte Wirt- schaftszahlen; ifo, Konjunkturperspektiven; eigene Berech- nungen.

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Abbildung 3:

IfW-Finanzmarktstressindikator 1970–2014

Die EZB hat den Leitzins im September auf 0,05 Prozent gesenkt (Abbildung 4). Für Gutha- ben, die Geschäftsbanken beim Eurosystem hal- ten, wird ein Strafzins in Höhe von 20 Basis- punkten erhoben. Mit Ende der Absorptions- geschäfte der angekauften Anleihen aus dem Programm für die Wertpapiermärkte hat sich auch das gesamte ausstehende Refinanzierungs- volumen verringert. Vor allem waren hierfür vorzeitige Rückzahlungen aus den beiden drei- jährigen Refinanzierungsgeschäften, die Ende des Jahres 2011 und Anfang des Jahres 2012 durchgeführt worden waren, maßgeblich. Auch in Deutschland ansässige Kreditinstitute nutz- ten die vorzeitige Rückzahlungsmöglichkeit und tilgten einen Großteil ihrer daraus erwachsenen Verbindlichkeiten bei der Deutschen Bundes- bank. Angesichts dessen wurde auch die Über- schussliquidität abgebaut. Die monetäre Basis in Deutschland schrumpfte in der Folge spür- bar; in den vergangenen Monaten stagnierte sie in etwa (Abbildung 5).

Die Lage am Geldmarkt hat sich in den ver- gangenen Monaten leicht verbessert. So hat sich

Abbildung 4:

Leitzinsen und Tagesgeldsätze im Euroraum 2009–2014

Abbildung 5:

Monetäre Basis in Deutschland 2005–2014

das Transaktionsvolumen am Markt für unbesi- chertes Tagesgeld in der Tendenz weiter erhöht (Abbildung 6). Der Tagesgeldsatz (EONIA) war zuletzt großen Schwankungen ausgesetzt, die vor allem aus der Aussetzung der SMP-Absorp- tionsoperationen resultierte. Die Zinssätze für Dreimonatsgeld liegen auf äußerst niedrigem Niveau; im August betrug der Zinssatz für besichertes Dreimonatsgeld (Eurepo) 0,0 Pro-

-2,00 -1,00 0,00 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Monatsdaten; der Schwellenwert 0 signalisiert, ob eine Beein- trächtigung der Konjunktur wahrscheinlich ist; LTCM: Long-Term Capital Management (Hedgefonds).

Quelle:EZB,Monatsbericht; Deutsche Bundesbank,Mo- natsbericht; Thomson Financial Datastream; eigene Be- rechnungen.

Index

Rezession 1982

Börsen- crash

1987

LTCM/

Russland- krise

Dotcom- Blase Große Rezession

Schul- den- krise

EWS- Krise Ölkrise

Schwellenwert

-0,5 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5

2009 2010 2011 2012 2013 2014

Spitzenrefinanzierung Einlagefazilität Hauptrefinanzierung EONIA

Wochendaten; EONIA (Euro OverNight Index Average): Zinssatz für unbesichertes Tagesgeld.

Quelle:EZB, Monatsbericht.

Prozent

0 100 200 300 400 500 600

2005 2007 2009 2011 2013

Monatsdaten.

Quelle:Deutsche Bundesbank, Monatsbericht.

Mrd. Euro

Guthaben auf Girokonten (einschl. Mindestreserven)

Einlagefazilität

Banknotenumlauf

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zent, und der Zinssatz für unbesichertes Drei- monatsgeld (Euribor) lag bei 0,2 Prozent (Ab- bildung 7).

Abbildung 6:

Transaktionsvolumen am Markt für Tagesgeld im Euroraum 2008–2014

Abbildung 7:

Zinssätze für Dreimonatsgeld 2007–2014

Die Finanzierungsbedingungen für die Un- ternehmen sind nach wie vor äußerst vorteil- haft. So berichten im Rahmen der Umfrage zur ifo-Kredithürde nur wenige Unternehmen über

eine restriktive Kreditvergabe der Banken (Ab- bildung 8). Insbesondere große Unternehmen haben wohl kaum Schwierigkeiten bei der Kre- ditaufnahme. Die Finanzierungskosten haben sich in den vergangenen Monaten weiter leicht verringert. So sind sowohl die Bankzinsen für Unternehmenskredite als auch die Renditen für Unternehmensanleihen etwas gesunken (Abbil- dung 9). Im August lag die durchschnittliche Rendite bei 2,7 Prozent. Da die Rendite von Bundesanleihen ebenfalls zurückging, blieb der Zinsaufschlag in etwa stabil. Alles in allem wer- den die Finanzierungsbedingungen für Unter- nehmen im Prognosezeitraum wohl weiterhin sehr vorteilhaft bleiben.

Abbildung 8:

Kredithürde nach Unternehmensgröße 2003–2014

Die EZB dürfte den maßgeblichen Leitzins im gesamten Prognosezeitraum bei 0,05 Prozent belassen. Darüber hinaus wird sie vor dem Hintergrund der schwachen Inflationsentwick- lung in den Krisenländern im Euroraum die übrigen unkonventionellen Maßnahmen fort- führen und den hohen Expansionsgrad beibe- halten.3 Der Expansionsgrad der Geldpolitik ____________________

3 Zu einer detaillierteren Beschreibung der zusätzli- chen unkonventionellen Maßnahmen siehe Gern et al. (2014b).

0 10 20 30 40 50 60 70 80

2008 2010 2012 2014

Tagesdaten. Gleitender 90-Tagessdurchschnitt.

Quelle:EZB, Statistical Data Warehouse.

Mrd. Euro

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0

0 1 2 3 4 5 6

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Wochendaten; Euribor: Zinssatz für unbesichertes Dreimonatsgeld;

Eurepo: Zinssatz für besichertes Dreimonatsgeld; Differenz: Pro- zentpunkte.

Quelle:EZB, Monatsbericht; eigene Berechnungen.

Prozent

Euribor

Eurepo

Differenz (rechte Skala)

Prozentpunkte

0 10 20 30 40 50 60 70

2003 2005 2007 2009 2011 2013

große kleine

gesamt mittlere

Monatsdaten ab November 2008; Anteil der Firmen, die über eine restriktive Kreditvergabe seitens der Banken berichten.

Quelle:ifo, Schnelldienst.

Prozent

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wird für Deutschland – gemessen an der Infla- tionsrate und der Auslastung der Produktions- kapazitäten – in den kommenden Jahren wohl deutlich zu niedrig sein (Boysen-Hogrefe et al.

2013b: Kasten 1). Damit wird die Geldpolitik im Prognosezeitraum äußerst expansiv ausgerichtet sein.

Abbildung 9:

Kapitalmarktzinsen 1990–2014

Unserer Prognose liegt die Annahme zu- grunde, dass der Wechselkurs des Euro gegen- über dem US-Dollar bei 1,30 konstant bleibt.

Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte verbessern und da- nach etwa unverändert bleiben (Tabelle 1).

Finanzpolitik leicht expansiv ausgerichtet

Mehrere Maßnahmen führen im laufenden Jahr zu deutlichen Mehrausgaben der öffentlichen Haushalte. So rechnen wir bedingt durch das Rentenpaket (Mütterrente, Rente mit 63, Er- werbsminderungsrente) mit Mehrausgaben der Rentenversicherung von etwa 5 Mrd. Euro. Da zugleich eine eigentlich anstehende Senkung des Rentenbeitragssatzes unterblieb, fällt die Rentenanpassung – weil durch den „Riester- faktor“ eine Abhängigkeit zum Beitragssatz be- steht – zur Mitte des Jahres 2015 geringer aus, so dass die Rentenbezieher einen Teil der Leis- tungsausweitung finanzieren.

Durch die Anhebung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer und die Einführung des Betreuungsgelds wird das Budget zusätzlich

Tabelle 1:

Rahmendaten für die Konjunktur 2012–2015

2012 2013 2014 2015

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV Leitzins der EZB 1,0 1,0 0,75 0,75 0,75 0,60 0,50 0,40 0,25 0,23 0,10 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 Langfristige Zinsen 1,5 1,4 1,4 1,4 1,5 1,4 1,8 1,8 1,7 1,4 1,0 1,1 1,1 1,3 1,5 1,7 US-Dollar/Euro 1,31 1,28 1,25 1,30 1,32 1,31 1,33 1,36 1,37 1,37 1,32 1,30 1,30 1,30 1,30 1,30 Preisliche

Wettbewerbs-

fähigkeit 84,8 84,4 83,4 84,2 85,5 85,9 86,0 86,4 86,8 86,6 85,7 85,6 85,6 85,6 85,7 85,8 Exportmärkte 1,1 0,4 1,0 0,0 1,2 2,0 2,2 2,5 1,1 2,1 2,1 2,0 2,4 2,7 2,9 3,0 Rohölpreis 118,4 109,4 111,4 110,5 113,0 103,1 110,3 109,6 108,2 110,0 103,0 100,0 100,5 101,0 101,5 102,0 Leitzins der EZB: Hauptrefinanzierungssatz; Langfristige Zinsen: Rendite 9−10-jähriger Bundesanleihen; Preisliche Wettbe- werbsfähigkeit: gegenüber 37 Ländern auf Basis von Deflatoren für den Gesamtabsatz, Index: 1991 I = 100, steigende Werte bedeuten eine Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit; Exportmärkte: Bruttoinlandsprodukt in 46 Ländern, gewichtet mit Anteilen am deutschen Export, Veränderung gegenüber Vorquartal, Jahresrate. Rohölpreis: US-Dollar je Barrel North Sea Brent.

Quelle: EZB, Monatsbericht; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht; IMF, International Financial Statistics; eigene Berech- nungen; grau hinterlegt: Prognose des IfW.

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

1990 1995 2000 2005 2010

Monatsdaten, Renditen; Unternehmensanleihen mit mittlerer Rest- laufzeit von über drei Jahren; Bundesanleihen mit 5-jähriger Lauf- zeit.

Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht; eigene Be- rechnungen.

Prozent

Unternehmensanleihen

Bundesanleihen

Differenz

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belastet. Mehrausgaben werden auch durch die anhaltenden Instandsetzungsarbeiten nach der Flut im Frühsommer des vergangenen Jahres entstehen. Es ist davon auszugehen, dass in die- sem Jahr der Löwenanteil der Mittel zur Wie- derherstellung der zerstörten öffentlichen Infra- struktur abfließen wird. Nur sehr geringe Mehr- ausgaben dürften im laufenden Jahr von den Plänen des Bundes ausgehen, die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur allgemein zu erhöhen sowie zusätzliche Ausgaben für den Städtebau und den sozialen Wohnungsbau zu tätigen, da im ersten Jahr noch nicht die vollen im Koaliti- onsvertrag vereinbarten Volumina abgerufen werden dürften; wir rechnen mit einer allmähli- chen Umsetzung dieser Vorhaben im Laufe der kommenden Jahre. Ebenso dürften von den be- schlossenen Programmen in den Bereichen Bil- dung und Betreuung kaum zusätzliche Ausga- ben für das laufende Jahr zu erwarten sein, da die meisten Maßnahmen erst im Jahr 2015, oder, wie die angekündigte „Bafög-Reform“, noch später greifen und größtenteils in einer Entlastung der Länder und Kommunen beste- hen. Diese Entlastung dürfte nicht in vollem Umfang in Form höherer Leistungen im Bereich Bildung und Betreuung weitergeben werden.

Für Mehreinnahmen dürften der erneute An- stieg der Tabaksteuersätze und die Anhebung der Grunderwerbsteuersätze in einigen Ländern sorgen. Ferner werden die Rentenkassen er- neut, wenn auch nur noch in geringem Umfang, durch den Ausgleich des im Jahr 2010 vorge- nommenen Eingriffs in die Rentenformel ent- lastet. Insgesamt dürften die Budgetwirkungen der finanzpolitischen Maßnahmen den Budget- saldo im Jahr 2014 um 10,1 Mrd. Euro verrin- gern (Tabelle 2). Automatische Reaktionen (en- dogen steigende Steuerquoten der Einkom- mensteuer und endogen sinkende Steuerquoten bei Mengensteuern) wirken dem entgegen, so dass insgesamt mit einer negativen Budgetwir- kung von 6,5 Mrd. Euro zu rechnen ist. Die Fi- nanzpolitik ist somit leicht expansiv ausgerich- tet.

Die zusätzlichen Leistungen in der Renten- versicherung werden auch im Jahr 2015 zu ei- nem Impuls führen, da diese erst zur Mitte des laufenden Jahres implementiert wurden. Zu- dem sollen die Leistungen der sozialen Pflege-

versicherung um gut 2 Mrd. Euro pro Jahr aus- geweitet werden. Zeitgleich wird der Beitrags- satz um 0,3 Prozentpunkte angehoben. Die re- sultierenden Einnahmen sollen zu zwei Drittel die gestiegenen Leistungen finanzieren und zu einem Drittel zum Aufbau eines Kapitalstocks genutzt werden. In der Gesetzlichen Kranken- versicherung wird es zu einer Reform des Bei- tragssystems kommen. Der allgemeine Bei- tragssatz sinkt von 15,5 auf 14,6 Prozent, wobei nur der Arbeitnehmeranteil gesenkt wird. Doch ist damit zu rechnen, dass viele Kassen ange- sichts der erheblichen Reduktion des Beitrags- satzes Zusatzbeiträge, die dann proportional zum Einkommen sein werden, erheben werden.

Da die derzeitige Kassenlage aber noch recht gut ist, dürften die Zusatzbeiträge die ursprüng- liche Beitragssatzsenkung nicht komplett kom- pensieren, so dass der durchschnittliche Ge- samtbeitragssatz wohl unterhalb dem des Vor- jahres liegen wird. Eine Reduktion der Einnah- men ist auch von der zu Beginn 2015 in Kraft tretenden Anpassung der Mautgebühren zu er- warten. Ferner ist damit zu rechnen, dass die Kommunen zusätzliche Einnahmen von 1 Mrd.

Euro, die ab 2015 jährlich durch die Neurege- lung der Finanzbeziehungen mit dem Bund zur Verfügung stehen, nur teilweise in höhere Leis- tungen ummünzen werden. Erneut dürften die Budgetwirkungen der finanzpolitischen Effekte im Vergleich zum Vorjahr trotz der steigenden Beitragssätze in der Pflegeversicherung und des Auslaufens der Fluthilfen negativ sein (–5,6 Mrd. Euro). Durch automatische Reaktionen wird dieser Effekt aber (deutlich) gedämpft (–2,3 Mrd. Euro), so dass die Finanzpolitik na- hezu neutral wirken dürfte.4

____________________

4 An dieser Stelle bleibt unberücksichtigt, dass ein Urteil des Hamburger Finanzhofs die Rechtmäßig- keit der Kernbrennstoffsteuer anzweifelt. Sollte das Urteil in den höheren Instanzen bestätigt werden, würde die Kernbrennstoffsteuer zukünftig wegfallen, was Mindereinnahmen von gut 1 Mrd. Euro im laufenden wie im kommenden Jahr bedeuten würde.

Die bereits geleisteten Rückerstattungen von 2 Mrd.

Euro an E.ON und RWE würden bei den Unterneh- men verbleiben. Zudem würden dann wohl weitere Unternehmen auf Rückerstattung klagen.

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Tabelle 2:

Budgetwirkungen finanzpolitischer Maßnahmen 2014–2015 (Mrd. Euro)

2014 2015 2015

(kumuliert) Steuern und Abgabena

Anhebung der Tabaksteuersätze 0,2 0,2 0,4

Anhebung des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer –1,5 –0,2 –1,7 Wirkungen anderer Steuerrechtsänderungen –1,0 –0,5 –1,5

Reform der Mautgebühren –0,5 –0,5

Ausgaben des Bundes

Einführung des Betreuungsgeldes –0,7 0,0 –0,7

Infrastrukturprogrammeb –0,2 –1,0 –1,2

Förderung des sozialen Wohnungsbaus –0,3 –0,2 –0,5

Fluthilfen des Bundes –1,4 0,7 –0,7

Zusätzliche Ausgaben für die Arbeitsvermittlung –0,2 –0,1 –0,3

Bildungsprogrammc –0,4 –0,4

Diskretionäre Maßnahmen von Ländern und Gemeindend –0,7 0,6 –0,1 Sozialversicherungen

Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung 0,0 –2,0 –2,0

Eingriff in die Rentenformel 0,6 0,6 1,2

Leistungsausweitung der Pflegeversicherung –0,1 –2,2 –2,3 Beitragssatzanhebung in der Pflegeversicherung 3,3 3,3

Mütterrente –3,3 –3,3 –6,6

Renteneintritt mit 63 –1,3 –1,3 –2,5

Erwerbsminderungsrenten –0,2 –0,4 –0,6

Geminderte Rentenanpassunge 0,0 1,1 1,1

Summe –10,1 –5,6 –15,6

Automatische Reaktionen

Heimliche Steuererhöhungen 5,8 7,1 12,9

Endogener Rückgang von Steuerquoten –2,2 –3,8 –6,0

Summe –6,6 –2,3 –8,7

In Relation zum Bruttoinlandsprodukt –0,2 –0,1 –0,3 Wirkungen in Mrd. Euro im Verhältnis zum Vorjahr. Abweichungen in den Summen rundungsbedingt. — aWirkungen von Steuerrechtsänderungen beziehen sich auf das Kassenjahr und somit nur approximativ auf die Abgrenzung der VGR. Die Ab- wicklung von Altfällen nach Änderung der Besteuerung von Dividenden entsprechend eines Urteils des EUGH ist nicht be- rücksichtigt, da diese in den VGR schon 2011/2012 verbucht wurde. — bZusätzliche Investitionen in Verkehrsinfrastruktur und Städtebau entsprechend des Koalitionsvertrags und vorheriger Maßnahmen. — cNettowirkung: Es wird mit Minderausgaben von Ländern und Kommunen gerechnet. — dInkl. Fluthilfen. Bezüglich der Fluthilfen nehmen wir an, dass viele Maßnahmen, die von 8 Mrd. Euro umfassenden Fonds des Bundes und der Länder finanziert werden, bereits im Jahr 2013 erfolgt sind. — eGeminderte Rentenanpassung infolge des Ausbleibens der Beitragssatzsenkung („Riester“-Faktor). Zusätzliche Effekte wegen des steigenden Rentnerquotienten sind zwar wahrscheinlich, wurden aber nicht berücksichtigt (vgl. Boss 2014).

Quelle: BMF, interne Unterlagen; BMF, Finanzbericht ; eigene Schätzungen und Berechnungen.

Ausfuhren beleben sich nur allmählich

Die Exportdynamik blieb im bisherigen Jahres- verlauf schwach. So expandierten die Ausfuhren im zweiten Quartal mit einer laufenden Jahres-

rate von 3,8 Prozent, nachdem sie im Vorquar- tal stagniert hatten (Abbildung 10). Hierin spie- gelt sich vor allem die derzeit geringe Dynamik des Welthandels wider. Die Einfuhren legten in Anbetracht der schwachen Konjunktur im zweiten Quartal mit 6,6 Prozent recht kräftig zu (Abbildung 11). Aus dem Außenhandel ergab sich

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Abbildung 10:

Exporte 2011–2015

Abbildung 11:

Importe 2011–2015

wie im Vorquartal rein rechnerisch ein negativer Beitrag zur Veränderung des Bruttoinlandspro- dukts von knapp 1 Prozentpunkt. Im weiteren Verlauf dürften sich die Ausfuhren nur allmäh- lich beleben, da die Erholung im Euroraum wohl nur schleppend vorankommt und sich die

Risiken, die sich aus den geopolitischen Ausein- andersetzungen ergeben, zuletzt erhöht haben.

Während sich die Flaute bei den Ausfuhren zu Jahresbeginn nahezu über alle Regionen hin- weg erstreckte, ging die verhaltene Expansion im zweiten Quartal vor allem auf die schwache Exporttätigkeit in das europäische Ausland zu- rück. Die nominalen Warenausfuhren in den Euroraum waren zwar leicht aufwärtsgerichtet, jedoch verringerten sich die Lieferungen in die anderen europäischen Länder spürbar. Die Aus- fuhren in den asiatischen Raum und in die Vereinigten Staaten expandierten dagegen kräf- tig.

Die nominalen Warenausfuhren nach Russ- land nahmen im zweiten Quartal mit einer lau- fenden Jahresrate von mehr als 20 Prozent ab.

Zwar sind die Lieferungen nach Russland be- reits seit Anfang 2013 stark rückläufig, wohl auch weil der Wechselkurs des Rubel gegenüber dem Euro seitdem kräftig abgewertet hat. Aller- dings deutet der beschleunigte Rückgang im zweiten Quartal darauf hin, dass sich zuneh- mend dämpfende Effekte aus den politischen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland bemerkbar machen. Auch die Lieferungen in die Ukraine gingen im zweiten Quartal, ähnlich wie im Vorquartal, deutlich zu- rück. Die Anteile von Russland (3 Prozent) und der Ukraine (0,5 Prozent) sind jedoch ver- gleichsweise klein, so dass der unmittelbare Einfluss auf die gesamten Exporte bisher gering war. Die Einfuhren aus Russland und der Ukraine waren dagegen offenbar bis zuletzt re- lativ stabil. Die Rückgänge im zweiten Quartal lagen jedenfalls nicht außerhalb des in der Ver- gangenheit zu beobachtenden üblichen Schwan- kungsmusters.

Im dritten Quartal dürften die Ausfuhren mit rund 6 Prozent in beschleunigtem Tempo zule- gen. Zwar deuten die für den Juli vorliegenden Zahlen für die nominalen Warenausfuhren – ebenso wie die Auftragseingänge aus dem Aus- land – auf einen deutlich stärkeren Anstieg hin.

Allerdings dürften sie aufgrund von Sonderfak- toren die zugrundeliegende Dynamik über- zeichnen. Zudem signalisieren andere Frühindi- katoren einen eher verhaltenen Anstieg bei den Exporten. So war die Unternehmenszuversicht

-10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10

105 110 115 120 125 130

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

2011 2012 2013 2014 2015

Quartalsdaten, preis-, kalender- und saisonbereinigt; Veränderung gegenüber dem Vorquartal, Jahresrate.

Quelle:Statistisches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.3;

grau hinterlegt: Prognose des IfW.

Kettenindex (2010=100) Verände-

rung

Niveau

Prozent

-2 0 2 4 6 8 10 12

105 110 115 120 125 130

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

2011 2012 2013 2014 2015

Quartalsdaten, preis-, kalender- und saisonbereinigt; Veränderung gegenüber dem Vorquartal, Jahresrate.

Quelle:Statistisches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.3;

grau hinterlegt: Prognose des IfW.

Kettenindex (2010=100) Verände-

rung

Niveau

Prozent

(14)

in den Abnehmerländern zuletzt seitwärts ge- richtet und befindet sich historisch gesehen etwa auf einem durchschnittlichen Niveau (Ab- bildung 12). Die Exporterwartungen der deut- schen Unternehmen gingen zuletzt sogar deut- lich zurück. Gestützt wird unsere Prognose einer leichten Beschleunigung bei den Ausfuhren durch den Anstieg der Kapazitätsauslastung in den Abnehmerländern im dritten Quartal, der für sich genommen für eine spürbare Belebung bei den Investitionsgüterexporten spricht (Ab- bildung 13).5

Im kommenden Jahr dürften sich die Rah- menbedingungen für die deutschen Exporteure verbessern. So wird wohl insbesondere die Er- holung im Euroraum etwas an Fahrt aufnehmen und die Ausfuhren stimulieren (Abbildung 14).6 Zudem dürften die Belastungen infolge der geo- politischen Auseinandersetzungen – so unsere Annahme – allmählich abnehmen. Die preisli- che Wettbewerbsfähigkeit wird sich im laufen- den Jahr voraussichtlich etwas verringern, nach einer deutlichen Verschlechterung im vergange- nen Jahr (Abbildung 15). Allerdings dürfte sie im laufenden Jahr geringer ausfallen als noch im Sommer von uns prognostiziert, da sich der Außenwert des Euro seitdem verringert hat. Für das kommende Jahr zeichnet sich derzeit eine leichte Verbesserung der preislichen Wettbe- werbsfähigkeit ab. Alles in allem dürften die Ausfuhren im Verlauf des kommenden Jahres spürbar anziehen. Im Jahresdurchschnitt wer- den sie wohl um 6,1 Prozent zulegen, nach 3,8 Prozent im laufenden Jahr.

Insgesamt dürften die deutschen Exporte im Prognosezeitraum damit etwas rascher zulegen als der Welthandel (Kasten 1). Zwar haben sich die deutschen Ausfuhren zuletzt in etwa im Gleichklang mit dem Welthandel entwickelt.

Allerdings werden die deutschen Exporteure voraussichtlich im Besonderen von der sich ab-

____________________

5 Für eine ausführliche Analyse des Zusammenhangs zwischen der Kapazitätsauslastung in den Abnehmer- ländern und den deutschen Investitionsgüterexpor- ten siehe Jannsen und Richter (2012).

6 Für eine ausführliche Darstellung unserer Prognose für die Weltkonjunktur siehe Gern et al. (2014b).

Abbildung 12:

Exportindikatoren 1992–2014

(15)

Abbildung 13:

Kapazitätsauslastung in den Abnehmerländern 1991–2014

Abbildung 14:

Deutsche Exportmärkte 2012–2015

zeichnenden leichten Erholung im Euroraum profitieren. Auch der Welthandel dürfte in der Folge wieder in etwas beschleunigtem Tempo zulegen. Jedoch werden einige der Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass der Welthandel im

Verhältnis zur weltweiten Produktion zuletzt in deutlich schwächerem Tempo expandiert hatte, wohl noch längerfristig wirken.7

Abbildung 15:

Preisliche Wettbewerbsfähigkeit 2012–2015

Ein Risiko für die deutschen Ausfuhren be- steht in einer weiteren Eskalation der Aus- einandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland. Massive Belastungen würden sich dann ergeben, wenn die Handelssanktionen ge- genüber Russland deutlich verschärft würden oder die Konjunktur in den osteuropäischen Handelspartnerländern stark beeinträchtigt würde. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die Erholung in größeren Volkswirtschaften des Euroraums, wie z.B. Frankreich und Italien, schleppender verläuft als von uns prognosti- ziert. Alles in allem ist die deutsche Volkswirt- schaft gegenüber regional begrenzten außen- wirtschaftlichen Risiken jedoch vergleichsweise ____________________

7 Für eine detaillierte Analyse zur Schwäche des Welthandels siehe Gern et al. (2014b: Kasten 1).

70 72 74 76 78 80 82 84 86

Quartalsdaten. Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe in 37 Ländern, gewichtet mit Anteilen am deutschen Export; horizon- tale Linie: Durchschnitt von 1991 bis 2007.

Quelle:Nationale Quellen; eigene Berechnungen.

Prozent

-0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0

2012 2013 2014 2015

Rest der Welt Schwellenländer Andere Industrieländer EU ex Euroaum Euroraum Insgesamt Prozent, Prozentpunkte

Jahresdaten, preisbereinigt. Bruttoinlandsprodukt in 59 Ländern, ge- wichtet mit Anteilen am deutschen Export, Veränderung gegenüber Vorjahr.

Quelle:Statistisches Bundesamt; nationale Quellen; 2014 2015: Prognose des IfW.

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3

2012 2013 2014 2015

Rest der Welt Schwellenländer Andere Industrieländer EU ohne Euroraum Euroraum Insgesamt

Jahresdaten, auf Basis der Verbraucherpreise gegenüber 56 Län- dern; Gewichte gemäß dem Indikator für die preisliche Wettbe- werbsfähigkeit auf Basis der Verbraucherpreise gegenüber 56 Handelspartnerländern der Deutschen Bundesbank; Veränderung gegenüber Vorjahr; Anstieg bedeutet Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit.

Quelle:Deutsche Bundesbank; nationale Quellen; eigene Berechnungen; 2014-2015: Prognose des IfW.

Prozent/

Prozentpunkte

(16)

Kasten 1:

Die Schwäche des Welthandels und Implikationen für die deutschen Exporte Die Dynamik der deutschen Ausfuhren hat

sich wie die des Welthandels bereits seit dem Jahr 2011 abgeschwächt. Eine Regressions- analyse zeigt, dass die Elastizität der deut- schen Ausfuhren zum Welthandel (also das Verhältnis zwischen dem Zuwachs der deut- schen Ausfuhren und dem Zuwachs des Welthandels) zuletzt nahezu unverändert ge- blieben ist (Abbildung K1-1).a Für den Welthandel hat die Elastizität zur weltweiten Produktion seit 2011 spürbar abgenommen.b Eine vergleichbare Diagnose lässt sich für die deutschen Exporte nicht stellen. So zeigt eine Regressionsanalyse für die deutschen Exporte und die Auslandskonjunktur (d.h. die Zu- wachsrate des Bruttoinlandsprodukts in den Abnehmerländern gewichtet mit ihren Anteilen an den deutschen Ausfuhren), dass sich die Exporte im Verhältnis zur Auslandskonjunktur zuletzt sogar relativ günstig entwickelt haben.

Freilich gibt es eine Reihe von Faktoren, die diese Elastizitäten beeinflussen und die zum Teil mittels Indikatoren für die preisliche Wett- bewerbsfähigkeit erfasst werden können. Aller- dings ist die seit vielen Jahren recht günstige Entwicklung der deutschen preislichen Wettbe- werbsfähigkeit nicht ausschlaggebend für die jüngeren Entwicklungen; es ergeben sich ähnliche Ergebnisse, wenn die Veränderung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit explizit als Erklärungsfaktor berücksichtigt wird

Maßgeblich für die jüngst zu beobachtende Schwächephase bei den deutschen Ausfuhren ist, dass sich die Konjunktur in den deutschen Absatzmärkten zuletzt spürbar verlangsamt und deutlich schwächer entwickelt hat als die Weltkonjunktur. So hat das Bruttoinlands- produkt in den deutschen Absatzmärkten ge- wichtet mit Anteilen an den deutschen Ausfuh- ren bereits seit einiger Zeit mit schwächeren Raten expandiert als das weltweite Brutto- inlandsprodukt zu Kaufkraftparitäten (Abbil- dung K1-2). Im Vergleich zum Bruttoinlands- produkt zu Marktwechselkursen expandierte die deutsche Auslandskonjunktur insbesonde- re seit dem Jahr 2009 in merklich geringerem Tempo.c Die Differenz zwischen den Zu- wachsraten der deutschen Auslandskonjunktur sowie den beiden Indikatoren für das weltweite Bruttoinlandsprodukt hat in den Jahren 2012 und 2013 sogar noch einmal sichtbar zuge- nommen.

Abbildung K1-1:

Elastizität der deutschen Ausfuhren bezüglich des Welthandels und der Auslandskonjunktur 1984–2013

Abbildung K1-2:

Bruttoinlandsprodukt in den Abnehmerländern und in der Welt 1984–2013

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 Welthandel Auslandskonjunktur

Jahresdaten; Elastizität berechnet mittels einer Regression der Zuwachsrate der deutschen Ausfuhren auf die Zu- wachsrate des Welthandels bzw. der Auslandskonjunktur jeweils für ein Zeitfenster von 10 Jahren; Auslandskonjunk- tur: Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts in 45 Ländern gewichtet mit Anteilen an den deutschen Ausfuhren.

Quelle: OECD, Main Economic Indicators; Statisti- sches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.3; nationale Quellen; eigene Berechnungen.

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6

1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 Prozent

Exportgewichtet (Auslandskonjunktur) Welt zu Kaufkraftparitäten

Welt zu Marktkursen

Jahresdaten; Zuwachsrate gegenüber dem Vorjahr; Auslands- konjunktur und weltweites Bruttoinlandsprodukt: Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts in 45 Ländern gewichtet mit Antei- len an den deutschen Ausfuhren bzw. gewichtet zu Kauf- kraftparitäten oder Marktkursen.

Quelle:Nationale Quellen; eigene Berechnungen.

(17)

gut abgesichert, da die regionale Diversifikation der deutschen Ausfuhren im internationalen Vergleich außergewöhnlich hoch ist (Abbildung

16). Dies trägt dazu bei, dass die deutschen Ex- porteure die negativen Effekte regionaler Ab- schwächungen durch verstärkte Aktivitäten in Ein wesentlicher Faktor hierfür ist die

schwache wirtschaftliche Entwicklung im Eu- roraum seit dem Beginn der Schuldenkrise.

Zwar hat der Anteil der deutschen Ausfuhren in die Länder des Euroraums bereits seit einiger Zeit spürbar verringert. Gleichwohl ist er mit rund 37 Prozent im Jahr 2013 immer noch deutlich höher als die entsprechenden Anteile des Euroraums an der Weltproduktion (Kaufkraftparitäten: 13 Prozent, Marktwechsel- kurse: 18 Prozent).

Ein prononcierteres Bild ergibt sich, wenn man die Elastizitäten für verschiedene Zeit- räume auf der Basis von Quartalsdaten ermit- telt. So sich die Elastizität zwischen deutscher Auslandskonjunktur und dem weltweiten Bruttoinlandsprodukt insbesondere seit 2011, also mit dem Beginn der Schuldenkrise im Eu- roraum, spürbar verringert, während der Zu- sammenhang zwischen den deutschen Aus- fuhren und dem Welthandel bzw. der deut- schen Auslandskonjunktur auch nach 2011 nahezu stabil geblieben ist.

Alles in allem haben sich die deutschen Ausfuhren als auch der Welthandel seit 2011 gleicherma- ßen abgeschwächt. Während der Welthandel in diesem Zeitraum deutlich schwächer expandiert hat als dies die langjährigen Elastizitäten gegenüber der Weltproduktion hätten vermuten lassen, haben sich die deutschen Ausfuhren entsprechend der Auslandskonjunktur entwickelt. Maßgeblich für die Schwäche bei den deutschen Ausfuhren war vor allem die schwache wirtschaftliche Entwicklung in den Abnehmerländern und insbesondere im Euroraum. Die vorliegende Analyse liefert keine Indizien dafür, dass andere Faktoren, die derzeit den Welthandel belasten dürften, wie beispielsweise das Auslaufen der stimulierenden Effekte der jüngsten „Globalisierungswelle“, für die deutschen Ausfuhren von besonderer Bedeutung gewesen wären. Auch haben die deutschen Exporteure offenbar nicht im besonderen Maße unter der weltweiten Investitionsschwäche gelitten; so war der Anteil der Inves- titionsgüter an den deutschen Ausfuhren zuletzt eher leicht aufwärts gerichtet. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass sich die deutschen Ausfuhren mit der Belebung der Konjunktur in den Abnehmerländern vorerst in dem Ausmaß wieder beleben werden, wie dies vor der Finanzkrise der Fall war. Der Welthandel dürfte dagegen vorerst in etwas geringerem Ausmaß von einer Belebung der Weltkonjunktur stimuliert werden. Von dieser Seite her dürfte Deutschland somit in näherer Zukunft gute Chancen haben, seine Weltmarktanteile zu behaupten oder sogar etwas auszubauen, insbesondere wenn sich die Konjunktur im Euroraum wieder belebt.

aIn der Regressionsanalyse wird die Zuwachsrate der deutschen Ausfuhren auf die Zuwachsrate des Welthandels jeweils für ein rollierendes Zeitfenster von zehn Jahren regressiert. — bFür eine detaillierte Analyse zur Schwäche des Welthandels siehe Gern et al. (2014a: Kasten 1). — cDie Berechnung des weltweiten Bruttoinlandsprodukts zu Marktwechselkursen erfolgt über die Umrechnung mittels der jeweiligen nationalen Wechselkurse zum Dollar. Für die Berechnung zu Kaufkraftparitäten wird zusätzlich das Preisniveau in den jeweiligen Ländern berücksichtigt. Da das Preisniveau beispielsweise in den Schwellenländern in der Regel niedriger ist als in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften haben die Schwellenländer bei der Berechnung zu Kaufkraftparitäten ein höheres Gewicht als bei der Berechnung zu Marktwechselkursen. Da das Wachstum in den Schwellenländern in der Regel höher ist als in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, ist die Zuwachsrate des weltweiten Bruttoinlandsprodukts zu Kaufkraft- paritäten für gewöhnlich höher als die zu Marktkursen.

Tabelle K1-2:

Elastizitäten für die deutschen Ausfuhren und die deutsche Auslandskonjunktur für verschiedene Zeiträume

1980–2014 2011–2014

Deutsche Ausfuhren

Welthandel 1,0 1,0 Auslands-

konjunktur 2,6 2,6 Deutsche

Auslands- konjunktur

Welt-BIP (Kaufkraft- parität)

0,8 0,5 Welt-BIP

(Marktwechsel-

kurse) 0,8 0,5

Quartalsdaten; Elastizität berechnet mittels einer Regression a) der Zuwachsrate der deutschen Ausfuhren auf die Zuwachsrate des Welthandels bzw. der Auslandskonjunktur und b) der Zu- wachsrate der Zuwachsrate der deutschen Auslandskonjunktur auf die Zuwachsrate des weltweiten Bruttoinlandsprodukt zu Kaufkraftparitäten bzw. zu Marktkursen; Auslandskonjunktur und weltweites Bruttoinlandsprodukt: Zuwachsrate des BIPs in 45 Ländern gewichtet mit Anteilen an den deutschen Ausfuhren und gewichtet zu Kaufkraftparitäten bzw. Marktkursen.

Quelle: OECD; Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3; nationale Quellen; eigene Berechnungen.

(18)

anderen Absatzmärkten wohl besser abfedern können als Exporteure in anderen Ländern.8

Abbildung 16:

Regionale Diversifikation der deutschen Exporte 1970–2014

Die Einfuhren dürften im dritten Quartal mit der leichten Belebung bei den privaten Kon- sumausgaben und bei den Ausrüstungsinvestiti- onen mit 5,1 Prozent etwas langsamer zulegen als im zweiten Quartal. Darauf deuten auch die für den Juli vorliegenden Daten für die Waren- einfuhren hin. Danach dürften die Einfuhren zunächst nur wenig an Dynamik gewinnen, da neben der nur allmählich anziehenden Binnen- konjunktur auch die verhaltenen Expansions- raten bei den Ausfuhren wohl den zusätzlichen Bedarf an importierten Gütern dämpfen wird.

Die jüngst zu beobachtende Abwertung des Euro dürfte die Einfuhren zusätzlich etwas dämpfen.

Im Verlauf des kommenden Jahres werden sich die Zuwachsraten bei den Importen mit der sich zunehmend festigenden Binnenkonjunktur und der Belebung bei den Ausfuhren voraus- ____________________

8 Vgl. Jannsen und Kooths (2012).

sichtlich sukzessive erhöhen. Insgesamt dürften die Einfuhren im kommenden Jahr um 7,2 Pro- zent zulegen, nach 4,5 Prozent im laufenden Jahr. Alles in allem werden die Einfuhren im Verlauf des Prognosezeitraums wohl stärker zulegen als die Ausfuhren, da die konjunkturelle Grundtendenz in Deutschland höher sein dürfte als in vielen Abnehmerländern. Vor diesem Hintergrund wird der Außenbeitrag im Progno- sezeitraum leicht zurückgehen und einen nega- tiven Expansionsbeitrag zum Zuwachs des Brut- toinlandsprodukts liefern.

Da sich der nominale Exportüberschuss gleichwohl etwas erhöhen dürfte (infolge der Verbesserung der Terms of Trade) und auch die netto aus dem Ausland bezogenen Vermögens- einkommen voraussichtlich weiter expandieren werden, wird der Leistungsbilanzsaldo in Rela- tion zum Bruttoinlandsprodukt im Prognose- zeitraum in etwa beim letztjährigen Niveau ver- harren.

Die Importpreise sanken im zweiten Quartal abermals kräftig mit einer laufenden Jahresrate von 2,5 Prozent. Sie sind bereits seit Mitte des Jahres 2012 rückläufig und haben sich in die- sem Zeitraum um mehr als 3 Prozent verringert;

die Exportpreise sanken im gleichen Zeitraum um weniger als 1 Prozent, so dass sich die Terms of Trade merklich verbessert haben. Maßgeblich für den Rückgang der Importpreise waren die in diesem Zeitraum verzeichnete Aufwertung des Euro sowie die rückläufigen Preise für Lebens- mittel und sonstige Rohstoffe. Hinzu kam, dass aufgrund der weltweit niedrigen Kapazitätsaus- lastung und der insgesamt schwachen Dynamik des Welthandels die Preissteigerungstendenzen gering waren und die Anpassungsprozesse in einigen wichtigen Lieferländern aus dem Euro- raum die Preise gedrückt haben.

Im Prognosezeitraum dürften die Import- preise vorerst in etwa unverändert bleiben. Die infolge der jüngst zu beobachtenden Abwertung des Euro angelegten Preissteigerungstendenzen werden durch die Verringerung der Preise für Energierohstoffe wohl kompensiert werden. Für das dritte Quartal deuten die vorliegenden monatlichen Indikatoren auf gleichbleibende Importpreise hin. Im Verlauf des kommenden Jahres dürften die Importpreise mit dem An-

400 500 600 700 800 900 1 000 1 100 1 200 1 300 1 400 1 500 1 600 1 700 1 800

1 900 Deutschland

Euroraum Vereinigte Staaten Index

Quartalsdaten; Summe der quadrierten prozentualen Han- delsanteile gegenüber 46 Ländern; niedrigere Werte zei- gen eine höhere Diversifikation; Euroraum: 11 Länder ohne Deutschland.

Quelle:IMF,International Financial Statistics; eigene Be- rechnungen.

(19)

ziehen der weltweiten Kapazitätsauslastung und der Belebung des Welthandels wieder vorsichtig zulegen. Alles in allem werden sie im laufenden Jahr im Jahresdurchschnitt voraussichtlich um 1,6 zurückgehen und im kommenden Jahr in etwa unverändert bleiben.

Die Exportpreise gingen im zweiten Quartal leicht zurück. Im Prognosezeitraum dürften sie in der Tendenz wieder aufwärtsgerichtet sein, auch weil sich die importierten Vorleistungs- güter voraussichtlich nicht weiter verbilligen werden. Allerdings werden die Exportpreise vorerst wohl nur in verhaltenem Tempo expan- dieren, da die schwache konjunkturelle Dyna- mik in vielen Abnehmerländern die Preiserhö- hungsspielräume begrenzt. Für das dritte Quar- tal deuten die Frühindikatoren auf einen An- stieg der Ausfuhrpreise um knapp 1 Prozent hin.

Im Verlauf des kommenden Jahres dürften sich die Zuwachsraten allmählich beschleunigen, nicht zuletzt weil die Exporteure die Belebung der Nachfrage in den Abnehmerländern wohl dazu nutzen werden, um die spürbar an- ziehenden Lohnstückkosten teilweise an ihre Kunden weiterzureichen. Im kommenden Jahr dürften die Exportpreise um 0,5 Prozent zule- gen, nach einem Rückgang um 0,2 Prozent im laufenden Jahr. Vor diesem Hintergrund wer- den sich die Terms of Trade im laufenden Jahr um 1,4 Prozent und im kommenden Jahr um 0,6 Prozent verbessern.

Inländische Verwendung: Dämpfer für den Investitionsaufschwung

Im Zuge der jüngsten Großen Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Brümmerhoff und Grömling 2014b) hat sich der Anteil der investiven Ausgaben an der in- ländischen Verwendung merklich erhöht. Maß- geblich hierfür ist, dass nunmehr ein Großteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben als Investitionstätigkeit behandelt und unter den

„sonstigen Anlageinvestitionen“ verbucht wird, die bislang hauptsächlich nur Softwarekäufe erfassten. In nominaler Rechnung haben sich

die sonstigen Anlageinvestitionen in der Folge mehr als verdreifacht. Die Investitionsquote als Anteil der Bruttoanlageinvestitionen an der ge- samten letzten inländischen Verwendung lag im Schnitt der vergangenen zehn Jahre gut 2 Prozentpunkte über dem Wert, der sich nach der alten Berechnungsmethode ergab; in den vergangenen beiden Jahren betrugt diese Diffe- renz sogar 2 ½ Prozentpunkte. Da die Ausgaben für Forschungs- und Entwicklung (F&E) weni- ger stark schwanken als die übrige Investitions- tätigkeit, hat sich die zyklische Ausprägung der Investitionsausgaben etwas verringert. Nicht zuletzt durch die Aktivierung des F&E-Aufwan- des fiel zudem die gemessene Preissteigerung für die Bruttoanlageinvestitionen im Schnitt etwas höher aus (Anstieg um zwei Zehntel im zurückliegenden 10-Jahres-Schnitt).

Unabhängig von diesen konzeptionellen Än- derungen, die vor allem die ausgewiesenen Ni- veaus der jeweiligen Aktivität und die Struktur der Aggregate betreffen, stellt sich auch das verwendungsseitige Konjunkturbild nach den jüngsten Datenrevisionen in diesem Jahr anders dar als noch vor Quartalsfrist. Für den Jahres- auftakt zeigt sich nunmehr eine deutlich gerin- gere Expansion der heimischen Absorption (An- stieg um 3,6 Prozent statt 7,6 Prozent), was vor allem auf eine Neueinschätzung der Vorratsver- änderungen zurückzuführen ist (Abbildung 17).

Aber auch die Ausrüstungsinvestitionen wiesen mit 8,5 Prozent eine geringere Expansionsdy- namik auf als zuvor gemeldet (13,8 Prozent).

Alles in allem hat sich das Bild der konjunktu- rellen binnenwirtschaftlichen Dynamik für den bisherigen Jahresverlauf abgeschwächt. Insbe- sondere war der Rückgang der Bauinvestitionen im zweiten Quartal mit einer Rate von 15,8 Prozent stärker, als es die rein witterungs- bedingten Reaktionen im Bereich der Bauwirt- schaft erwarten ließen.

Zwar ist damit zu rechnen, dass die zykli- schen Auftriebskräfte im nächsten Jahr wieder deutlich stärker werden (Abbildung 18),9 zu- ____________________

9 Für die Schätzung der gesamtwirtschaftlichen Pro- duktionsmöglichkeiten liegen derzeit noch keine ent- sprechend dem ESVG 2010 aktualisierten Kapital- stockdaten vor, so dass auch die Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitätsauslastung (Pro- duktionslücke) nur vorläufig erfolgen kann.

(20)

nächst dürften die geopolitischen Spannungen jedoch das Investitionsklima und damit auch die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte be- lasten. Maßgeblich getrieben durch einen recht kräftigen Anstieg der privaten Konsumausga- ben, die von einer robusten Arbeitsmarkt- entwicklung und kräftig steigenden staatlichen Transferausgaben befeuert werden, dürfte die heimische Absorption in diesem Jahr um 1,5 Prozent und im nächsten Jahr um 2,1 Prozent zulegen.

Abbildung 17:

Letzte inländische Verwendung 2011–2015

Die Ausrüstungsinvestitionen dürften in der zweiten Jahreshälfte nur mäßig ausgeweitet werden und erst im nächsten Jahr wieder kräf- tiger expandieren (Abbildung 19). Gegen eine raschere Überwindung des Investitionsatten- tismus, der sich zuletzt in einer Seitwärtsbewe- gung der Auftragseingänge für Investitionsgüter zeigte, spricht das deutlich eingetrübte Ge- schäftsklima. Zyklisch ist indes ein Wiederan- ziehen der Investitionsdynamik angelegt. So zeichnet sich im Verarbeitenden Gewerbe das Überschreiten der Normalauslastung ab, und es

Abbildung 18:

Investitionszyklen 1991–2015

Abbildung 19:

Ausrüstungsinvestitionen 2011–2015 -4

-2 0 2 4 6 8 10

101 102 103 104 105 106 107 108 109

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

2011 2012 2013 2014 2015

Quartalsdaten, preis-, kalender- und saisonbereinigt; Veränderung gegenüber dem Vorquartal, Jahresrate.

Quelle:Statistisches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.3;

grau hinterlegt: Prognose des IfW.

Kettenindex (2010=100)

Veränderung

Niveau

Prozent

-6 -4 -2 0 2 4 6

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25

1991 1995 1999 2003 2007 2011 2015

Jahresdaten; Anlagen, Ausrüstungen: preisbereinigt, Veränderung gegenüber Vorjahr; Produktionslücke: in Prozent des Produktions- potenzials.

Quelle:Statistisches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.2;

gemeinsame Berechnungen von IfW und ZEW; grau hinterlegt: Prognose.

Prozent Prozent

Anlagen Produktionslücke (rechte Skala)

Ausrüstungen

-20 -15 -10 -5 0 5 10 15

95 100 105 110 115 120

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

2011 2012 2013 2014 2015

Quartalsdaten, preis-, kalender- und saisonbereinigt; Veränderung gegenüber dem Vorquartal, Jahresrate.

Quelle:Statistisches Bundesamt,Fachserie 18, Reihe 1.3;

grau hinterlegt: Prognose des IfW.

Kettenindex (2010=100)

Verände- rung

Niveau

Prozent

Referenzen

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