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Thüringer LandTag 5. Wahlperiode

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5. Wahlperiode Drucksache 5/ 3220

zu Drucksache 5/2484 01.09.2011

Druck: Thüringer Landtag, 13. September 2011

A n t w o r t

des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz

auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/2484 -

Ländlicher Raum in Thüringen: Situation und Perspektive

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Große Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 31. August 2011 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkungen

Zukünftige Fördermöglichkeiten richten sich nach Maßgabe des jeweiligen Landeshaushalts. Da die Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik und die dafür zur Verfügung stehenden Mittel der Europäischen Union noch nicht beschlossen sind, betrifft dies insbesondere alle Aussagen zum Zeitraum ab 2013.

1. Landespolitik

1.1 Wie definiert die Landesregierung den ländlichen Raum im Freistaat Thüringen? Welche Bedeutung misst sie der Entwicklung des ländlichen Raumes bei? Welchen Stellenwert hat die Entwicklung des ländlichen Raumes in der Landespolitik insgesamt und wie schlägt sich dies konkret nieder (zum Bei- spiel in Kabinettsthemen, in interministeriellen Arbeitsgruppen etc.)? Wie bewertet sie, vor dem Hinter- grund der weiter zunehmenden Abwanderung aus dem ländlichen Raum, die EU-, Bundes- und Lan- despolitik seit der Wiedervereinigung?

Die Abgrenzung zwischen städtischen und ländlichen Räumen wird aufgrund der fortschreitenden An- gleichung von Stadt und Land in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht immer schwieriger.

Zudem unterscheiden sich ländliche Räume ganz erheblich in ihren Strukturen und Funktionen. Des- halb gibt es in Deutschland und Europa keine einheitliche, allgemeinverbindliche Definition des Be- griffs "ländlicher Raum".

In Thüringen definiert der Landesentwicklungsplan 2004 den ländlichen Raum als Raum außerhalb der Verdichtungsräume. Verdichtungsräume sind die Oberzentren Erfurt, Gera und Jena mit ihrem ver- dichteten Umland (siehe Ziel 2.3.3 LEP 2004). Der ländliche Raum soll als eigenständiger Lebens- und Wirtschaftsraum unter Berücksichtigung der Agrarstruktur und der naturräumlich/landschaftlichen, siedlungsstrukturellen sowie kulturellen Vielfalt seiner Teilräume entwickelt werden. Insbesondere sei- ne Wirtschaftsstruktur und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sollen durch an der Lagegunst orientierte Standortvorsorge und durch den Ausbau einer bedarfsgerechten, den örtlichen Bedingungen angepass- ten Infrastruktur verbessert werden (siehe Grundsatz 2.3.5 LEP 2004). Eine einheitliche Verwendung des Begriffs "ländlicher Raum" findet trotz Definition im von der Landesregierung verabschiedeten LEP 2004 keine Anwendung. So definiert, u.a. die Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen (FI- LET) gesamt Thüringen mit Ausnahme der Oberzentren Erfurt, Gera und Jena als ländlichen Raum.

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Drucksache 5/ 3220 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode

Aufgrund dieser Problematik und der sich weitaus differenzierter entwickelten Raumstruktur in Thü- ringen, als es die gültige Unterteilung des Landesentwicklungsplans 2004 in Verdichtungsräume und ländliche Räume zum Ausdruck bringt, wird im ersten Entwurf des Landesentwicklungsprogramms 2025 ein neuer Weg beschritten. Mit dem zukünftigen Landesentwicklungsprogramm 2025 sollen die individuellen Stärken der unterschiedlichen Teilräume Thüringens aufgegriffen und die noch vorhande- nen Hemmnisse so ausgeglichen werden, dass gleichwertige Lebensverhältnisse hergestellt werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Unterteilung in Verdichtungsräume und ländliche Räu- me im ersten Entwurf des Landesentwicklungsprogramms 2025 durch neue, auf die regionalen Ge- gebenheiten angepasste Raumstrukturgruppen und -typen ersetzt (Grundsatz 1.2.1 -1.2.4 LEP 2025, Entwurf vom 12. Juli 2011), welche zukünftig die Erarbeitung gezielter regionaler Bewältigungs- und Anpassungsmaßnahmen ermöglichen sollen. Gemäß der Koalitionsvereinbarung soll das neue Lan- desentwicklungsprogramm Thüringen bis zum 30. Juni 2012 fertig gestellt werden. Bis dahin ist eine umfangreiche und breit angelegte Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und des Landtags vor- gesehen. Die ländlichen Räume sind wichtige Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Kulturräume und leis- ten einen erheblichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und Attraktivität des Freistaats. Sie prä- gen Thüringen. Eine zukunftsorientierte Politik zur Entwicklung des Freistaates hat daher immer die Entwicklung sowohl der städtischen als auch der ländlichen Räume im Blick.

Die Wirtschaftspolitik des Freistaates verfolgt das Ziel, günstige Rahmenbedingungen für privatwirt- schaftliche Investitionen bereitzustellen, damit in Thüringen wettbewerbsfähige und gut bezahlte Ar- beitsplätze entstehen können. Die hierfür von der Landesregierung angebotenen Förderinstrumente konzentrieren sich auf Wirtschaftssektoren, die über ein hohes Wachstumspotential verfügen und von denen positive Impulse auf die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt ausgehen. Eine räumliche Dif- ferenzierung der betrieblichen Förderung findet auch hier nicht statt. Eine positive gesamtwirtschaft- liche Entwicklung kommt allen Regionen zugute. Besondere wirtschaftliche Entwicklungschancen für den ländlichen Raum ergeben sich nach Auffassung der Landesregierung durch die Umsetzung ihrer Ziele beim Ausbau Erneuerbarer Energien.

Das (Kultur-)Land Thüringen als Ganzes ebenso wie seine Vielzahl kultureller Kerne mit ihren ausge- prägten lokalen und regionalen Identitäten bestimmen eine einzigartige Dichte und Vielfalt. Diese Viel- falt, welche den ländlichen Raum unmittelbar einschließt, ist in ihrem Bestand zu erhalten und wei- terzuentwickeln. Die Thüringer Landesregierung ist derzeit damit befasst, aufbauend auf dem Anfang des Jahres 2011 verabschiedeten "Leitbild Kulturland Thüringen" eine Kulturplanung durch ein nach- haltiges Kulturkonzept zu entwickeln. Ein Ziel der im intensiven Dialog mit Vertretern der Kommunen und der kulturellen Fachverbände geführten Erörterungen ist es dabei, eine lebendige und offene Kul- turlandschaft aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, neues innovatives Kulturschaffen zu ermög- lichen und die Attraktivität dieser einzigartigen Landschaft zu sichern. Auch die bisherige Kulturpolitik war darauf ausgerichtet, eine Balance zwischen den Regionen zu schaffen.

Die Thüringer Landesregierung hat im Juni 2011 den offiziellen Startschuss zur Internationalen Bau- ausstellung in Thüringen (IBA) gegeben. Eine IBA ist ein deutlich programmatisch angelegter Prozess.

Bei der IBA Thüringen sollen der demografische, klimatische und energetische Wandel sowie soziokul- turelle Veränderungen als thematische Schwerpunkte unter dem übergreifenden Begriff der Thüringer Kulturlandschaft in den Blick genommen werden. Dieser Zugang ermöglicht es, die zusammenhän- gende Gestaltung von Stadt und Land als Ganzes zu betrachten. Damit könnte ein deutliches Gegen- gewicht gegen die in den aktuellen Fachdebatten dominierende Metropolendiskussion gesetzt und ein eigenständiges stadtlandschaftliches Lebensmodell gestärkt werden. Die Machbarkeitsstudie kommt zu dem Schluss, dass eine IBA Thüringen regionale und intellektuelle Potenziale im Land aktivieren kann, um modellhafte Projekte zu entwickeln und zu realisieren, mit denen die relevanten Wandlungs- prozesse positiv beeinflusst werden und neue Kooperationen entstehen können. Somit kann eine pro- aktive Vorbereitung Thüringens auf zukünftige Herausforderungen in Gang gesetzt werden.

1.2 Wie schätzt die Landesregierung aus heutiger Sicht das "Integrierte Gesamtkonzept zur Entwicklung des ländlichen Raumes - Zehn strategische Handlungsfelder" aus dem Jahr 2009 ein? Gibt es aus Sicht der Landesregierung Aktualisierungs- beziehungsweise Anpassungsbedarf? Wenn ja, in welchen Bereichen und in welcher Form?

Das "Integrierte Gesamtkonzept" sollte die aus der Sicht der damaligen Landesregierung notwendi- ge Diskussion über die zukünftige Entwicklung des ländlichen Raums in Thüringen anstoßen, indem

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in einem offenen Meinungsaustausch konkrete Projekte und Aktivitäten, aber auch langfristige Stra- tegien zur Entwicklung der ländlichen Räume erörtert wurden. Diesen Zweck hat das "Integrierte Ge- samtkonzept" erreicht.

Das "Integrierte Gesamtkonzept" zeigt die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Kommunikation und Diskussion von langfristigen Strategien zur Entwicklung der ländlichen Räume in Thüringen, einer ver- stärkten Zusammenarbeit öffentlicher und privater Akteure in den ländlichen Räumen sowie einer wei- teren Stärkung und Entwicklung ihrer Kompetenzen. Deutlich wird auch, dass ein singuläres Konzept der Vielfalt der ländlichen Räume in Thüringen nicht gerecht werden kann. Es gilt, die regionalen Be- sonderheiten zu berücksichtigen und zu bewahren. Die Regionen bedürfen auf ihre jeweiligen Risiken und Chancen maßgeschneiderte Entwicklungsstrategien.

Im Ergebnis setzt die Landesregierung gezielt auf die Konsolidierung und weitere Entwicklung der regionalen Aktionsgruppen LEADER. Mit dem Start der Akademie Ländlicher Raum Thüringen erfolgt die weitere Förderung und Stärkung des gemeinschaftlichen Denken und Handelns der öffentlichen und privaten Akteure im ländlichen Raum (siehe dazu auch Antworten zu den Fragen 1.7 und 3.3).

Eine Aktualisierung bzw. Anpassung des "Integrierten Gesamtkonzepts" ist nicht vorgesehen. Die Dis- kussion und Entwicklung der Handlungsfelder und -strategien zur Entwicklung des ländlichen Raums werden zukünftig beispielsweise im Rahmen des LEP 2025 und der Akademie Ländlicher Raum erfolgen.

1.3 Wie sind andere Ministerien und Ressorts in die Umsetzung des "Integrierten Gesamtkonzeptes" kon- kret eingebunden? Welche gemeinsamen Arbeitsgruppen, Strategien, Projekte gibt es konkret mit dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (ärztliche Versorgung, soziale Versorgung), dem Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr (Regionalplanung, Verkehr, Infra- struktur, Demografie), dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie (erneuerbare Energien, Wirtschaftsförderung, Tourismus) und dem Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Schulstandorte, kulturelle Infrastruktur)?

Die Zusammenarbeit der Ressorts erfolgt themen- und anlassbezogen. Aus diesem Grund wird auf die Beantwortung der einzelnen Fragenkomplexe verwiesen.

1.4 Wie wurden und werden die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie Vertreter der Zivilgesellschaft in die Erarbeitung und Umsetzung des "Integrierten Gesamtkonzeptes" eingebunden? Gibt es (institutionali- sierte) Formen der Einbindung der Wirtschafts- und Sozialpartner in eine integrierte Politik für den länd- lichen Raum, wie zum Beispiel Runde Tische, Kommunikationsplattformen, Netzwerke, Regionalkon- ferenzen, Zukunftswerkstätten beziehungsweise sind diese vorgesehen? Wenn nein, warum nicht?

Die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie Vertreter der Zivilgesellschaft wurden in die Erarbeitung des Integrierten Gesamtkonzepts eingebunden. Grundlage bildete eine wissenschaftliche Studie, in der be- deutsame Handlungsfelder und Themenbereiche für die zukünftige Entwicklung der ländlichen Räume aufgezeigt wurden. Die Inhalte und Ergebnisse dieser Studie wurden in zwei Workshops mit Akteuren des ländlichen Raums erarbeitet und diskutiert. Andere Ressorts wurden im Rahmen einer Interminis- teriellen Arbeitsgruppe in die Erarbeitung des Integrierten Gesamtkonzepts eingebunden.

Die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie die Vertreter der Zivilgesellschaft tragen als Mitglieder in dem Begleitausschuss zur Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen 2007 bis 2013 eine Mitver- antwortung für deren wirksame Umsetzung. Die Einbindung der Wirtschafts- und Sozialpartner sowie Vertreter der Zivilgesellschaft in eine integrierte Politik für den ländlichen Raum wird zukünftig auch über die Akademie Ländlicher Raum erfolgen (siehe Antwort auf Frage 1.7).

1.5 Welche Vorstellungen gibt es, das "Integrierte Gesamtkonzept" für unterschiedliche Regionen/Teil- räume zu konkretisieren? Ist es für die Landesregierung denkbar, für die Umsetzung und Ausgestal- tung des "Integrierten Gesamtkonzeptes" einen partizipatorischen Diskussions- und Entscheidungs- prozess analog des erfolgreichen Verfahrens zur Erarbeitung der Zukunftsstrategie "Wald im Wandel - eine Chance für Thüringen" zu initiieren?

Eine Konkretisierung des Integrierten Gesamtkonzepts für unterschiedliche Regionen bzw. Teilräume ist nicht vorgesehen (siehe dazu auch die Antwort auf Frage 1.2).

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Die Umsetzung und Ausgestaltung des Integrierten Gesamtkonzepts bleibt daher LEADER vorbehal- ten. In einem dem Verfahren zur Erarbeitung der Zukunftsstrategie "Wald im Wandel - eine Chance für Thüringen" vergleichbaren und gleichwertigen partizipatorischen Diskussions- und Entscheidungs- prozess entwickeln die regionalen Aktionengruppen LEADER ihre jeweiligen regionalen Entwicklungs- strategien und setzen diese um.

1.6 Wie und wo wurde das "Integrierte Gesamtkonzept" bisher öffentlich kommuniziert? Welche öffentli- chen Veranstaltungen, Workshops und Publikationen gab beziehungsweise gibt es dazu? Welche Ak- tivitäten sind mit welchen Partnern zukünftig geplant?

Das "Integrierte Gesamtkonzept", die vorbereitende Studie zum "Integrierten Gesamtkonzept" sowie die Inhalte und Ergebnisse der die Studie begleitenden Workshops stehen allen interessierten Akteu- ren im Internet unter http://www.thueringen.de/de/landentwicklung/aufgaben/igk/ zur Verfügung.

Zu den geplanten Aktivitäten siehe Antwort zu Frage 1.7

1.7 Welche Bedeutung misst die Landesregierung der 2011 ins Leben gerufenen "Akademie Ländlicher Raum" im Vergleich zu ähnlichen Einrichtungen in anderen Bundesländern bei? Welche Erwartungen verbindet sie mit der Akademie? Welche inhaltliche, finanzielle und personelle Ausstattung ist für die kommenden Jahre angedacht? Welche Überlegungen gibt es, die Arbeit der Akademie mit vorhande- nen Netzwerken, (Weiter-)Bildungsangeboten und Kommunikationsplattformen im ländlichen Raum zu verbinden?

Die Akademien Ländlicher Raum in Deutschland haben gemeinsam das Ziel, Erkenntnisse und Infor- mationen über die ländlichen Räume zu verbreitern, den Dialog über spezifische Chancen und Pro- bleme der ländlichen Räume zu fördern, eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zur räumlichen Forschung und Planung zu bieten sowie insgesamt die Interessen der ländlichen Räume zu wahren.

Die ausgesprochen positiven Erfahrungen in den anderen Bundesländern haben die Landesregierung dazu bewogen, auch in Thüringen eine vergleichbare Organisation zu gründen.

Die Akademie Ländlicher Raum Thüringen soll für die Erhaltung und Stärkung der ländlichen Räume in Thüringen, die Verbesserung der Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen in den ländlichen Räumen und die Vertretung der Interessen und Belange der ländlichen Räume in Thüringen in Wissenschaft, Politik und Praxis eintreten. Sie soll dem Bedürfnis der Akteure nach Information und Austausch, der weiteren Stärkung und Entwicklung ihrer Kompetenzen, der verstärkten Zusammenarbeit durch den Austausch von Erfahrungen und Ideen sowie der wissenschaftlichen Kommunikation und Diskussion von langfristigen Strategien zur Entwicklung der ländlichen Räume in Thüringen dienen.

Für den unmittelbaren, persönlichen Erfahrungsaustausch sollen ein bis zwei Fachveranstaltungen im Jahr durchgeführt werden, die zu ausgewählten Themen mit besonderer Bedeutung für den ländli- chen Raum Impulsreferate und Praxisbeispiele enthalten. Des Weiteren sind dezentrale Veranstaltun- gen gemeinsam mit Kommunen, Bildungseinrichtungen oder vorhandenen Netzwerken in den Regio- nen vorgesehen. Weitere Kommunikationsformen wie Internetplattform, Newsletter, Publikationen und Ausstellungen oder die Durchführung von Wettbewerben sind vorgesehen. Die Akademie Ländlicher Raum Thüringen soll so eine Plattform für die Vernetzung der Akteure bieten.

Durch die Vernetzung mit der Thüringer Vernetzungsstelle LEADER, den regionalen Aktionsgruppen und sonstigen Netzwerken sollen deren vorhandenes Wissen und Erfahrung für nachhaltige innovative Problemlösungen gebündelt werden und so bestmögliche Synergien geschaffen werden. Die Zusam- menarbeit mit den Akademien Ländlicher Raum und vergleichbaren Organisationen der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland- Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Ländlicher Raum fördert länderübergreifende Kooperationen im Interesse der ländlichen Räume. Dies ist für eine star- ke Politik für die ländlichen Räume auf Bundes- und EU-Ebene unverzichtbar.

1.8 Welche konkreten Probleme hat die Landesregierung im ländlichen Raum identifiziert? Hält es die Lan- desregierung in Anbetracht dieser Probleme und der Bedeutung des ländlichen Raums für sinnvoll,

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eine ministeriumsübergreifende Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene zu installieren? Wenn nein, warum nicht?

Chancen und Probleme des ländlichen Raums sind in dem "Integrierten Gesamtkonzept" sowie der vorbereitenden Studie ausführlich dargestellt.

Über 95 Prozent der Landesfläche zählen nach der Definition des LEP 2004, abgeleitet aus den Be- schlüssen der Ministerkonferenz für Raumordnung, zum ländlichen Raum. Eine separate Strategie für den ländlichen Raum ohne die restlichen Landesteile ist daher nicht sachgerecht. Eine Strategie für den ländlichen Raum ist also immer eine Strategie für ganz Thüringen. Im Landesentwicklungspro- gramm 2025 soll daher die Unterteilung in Ländlichen Raum und Verdichtungsraum durch neue, auf die regionalen Gegebenheiten angepasstere Raumstrukturtypen ersetzt werden. (siehe dazu Antwort auf Frage 1.1). Einer separaten ministeriumsübergreifenden Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene allein für den ländlichen Raum bedarf es daher nicht (siehe dazu Antwort auf Frage 1.3).

1.9 Welche Rolle spielt der ländliche Raum in der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie?

In Anerkennung der Rolle des ländlichen Raumes wurden in den Empfehlungen des Beirates zur Nach- haltigen Entwicklung in Thüringen die Zusammenhänge zwischen der demografischen Entwicklung, den Planungsaufgaben und der nachhaltigen Flächennutzung dargestellt und als Ziel die Reduzierung der Inanspruchnahme neuer Flächen bis zum Jahr 2020 auf 0 Hektar im Landesdurchschnitt aufgestellt.

Ein Schwerpunkt ist der Ausbau der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen, der insbesondere dem ländlichen Raum Zukunftsperspektiven gibt.

Die Empfehlungen wurden von den Ressorts geprüft. Derzeit erarbeitet die Staatssekretärsarbeitsgrup- pe Nachhaltige Entwicklung die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie und berücksichtigt dabei auch die Empfehlungen des Beirats für Nachhaltige Entwicklung. Welche Rolle der ländliche Raum und dessen nachhaltige Entwicklung genau einnehmen werden, lässt sich noch nicht abschätzen. Der Beirat zur Nachhaltigen Entwicklung in Thüringen empfiehlt, dafür Sorge zu tragen, dass das Leitbild einer nach- haltigen Entwicklung künftig Grundlage aller strategischen Entwicklungsprozesse wird.

2. Raumordnung/Landesplanung

2.1 Wie ist der aktuelle Status der Regionalen Raumordnungspläne? Wann rechnet die Landesregierung mit dem vollständigen Vorliegen der genehmigten Regionalen Raumordnungspläne der vier Planungs- regionen? Ist der Landesregierung bekannt, in welchem Zeitraum die Regionalen Planungsgemein- schaften die vollständige Genehmigungsfähigkeit der jeweiligen Raumordnungspläne herzustellen ge- denken? Wenn ja, wie sind die Zeitabläufe?

Der Regionalplan Südwestthüringen wurde mit Bescheid vom 23. Februar 2011 genehmigt und ist mit Bekanntmachung im Thüringer Staatsanzeiger 19/2011 am 9. Mai 2011 in Kraft getreten.

Hinsichtlich des von der Genehmigung ausgenommenen Themas Windenergie hat die Planungsver- sammlung der Regionalen Planungsgemeinschaft Südwestthüringen am 19. Juli 2011 einen neuen Planentwurf aufgestellt. Zudem ist eine Planänderung in Bezug auf zwei Vorranggebiete Windener- gie bei Eisenach beschlossen worden. Das Beteiligungsverfahren dazu soll vorrausichtlich am 29. Au- gust 2011 starten.

Der Regionalplan Mittelthüringen wurde mit Bescheid vom 9. Juni 2011 genehmigt und ist mit Bekannt- machung im Thüringer Staatsanzeiger 31/2011 am 1. August 2011 in Kraft getreten.

Die Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen hat am 10. Juni 2011 einen geänderten Planent- wurf beschlossen. Die erneute Beteiligung zum geänderten Regionalplan Ostthüringen erfolgt im Zeit- raum vom 25. Juli 2011 bis 28. August 2011.

Die Verfahrensunterlagen des Regionalplanentwurfs Nordthüringen befinden sich noch in der Geneh- migungsprüfung. Inhalt und Zeitpunkt der Genehmigung hängen von den Prüfergebnissen ab.

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2.2 Wie ist der aktuelle Stand bei der Erarbeitung des Landesentwicklungsprogramms (LEP)? Kann aus heutiger Sicht das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel gehalten werden? Wenn nein, warum nicht?

Das Kabinett hat den ersten Entwurf des Landesentwicklungsprogramms 2025 am 12. Juli 2011 zur Kenntnis genommen und den Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr gebeten, die Öffentlich- keits- und Behördenbeteiligung sowie die Beteiligung des Landtags durchzuführen. Die Beteiligungs- verfahren werden Ende August 2011 beginnen und sollen bis Ende Oktober 2011 andauern. Ob das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel einer Fertigstellung bis Ende Juni 2012 eingehalten werden kann, hängt maßgeblich vom Inhalt und Umfang der in den o. g. Verfahren abgegebenen Stellungnahmen ab.

2.3 Welche Nachhaltigkeitsfaktoren werden bei der Raumentwicklung berücksichtigt? In welcher Weise geschieht dies?

Der Anspruch einer nachhaltigen Raumentwicklung ist in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Landespla- nungsgesetzes (ThürLPlG) festgeschrieben. Das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung ist insofern Handlungsmaßstab für das Landesentwicklungsprogramm und die Regionalpläne. Die Umsetzung der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung verlangt, die sozialen und wirtschaftlichen An- sprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang zu bringen und zu einer dauer- haften und großräumig ausgewogenen Ordnung zu führen. Im Mittelpunkt steht dabei die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen und die Sicherung der Daseinsvorsorge ins- besondere vor dem Hintergrund der Konsequenzen des demografischen Wandels, der Anpassung an den Klimawandel sowie der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.

2.4 Welche Rolle spielen die fortschreitende Entvölkerung von Dörfern und die Aufwertung von kleinen Städten als regionale Zentren in der nachhaltigen Raumplanung?

In Thüringen befindet sich, bedingt durch die historische Entwicklung, ein flächendeckendes Netz von Klein- und Mittelstädten. Diese polyzentrische Siedlungsstruktur ermöglicht eine ausgewogene und gleichmäßige Verteilung von Versorgungsfunktionen orientiert am Netz der Zentralen Orte. Die Zent- ralen Orte sollen zukünftig noch stärker als Ankerpunkte und Impulsgeber fungieren.

2.5 Wie bewertet die Landesregierung die bisherigen Leistungen, den Stand und den zukünftigen Bedarf im Bereich Flurbereinigungsverfahren insgesamt und im Detail in den Bereichen Landwirtschaft, Na- turschutz und Forstwirtschaft? Gibt es weitere strategische Überlegungen und wenn ja, welche?

Flurbereinigungsverfahren sind durch die Regelung bzw. Neuordnung von Eigentum und Landnutzung (Bodenordnung) einerseits sowie die Verbesserung der Infrastruktur andererseits gekennzeichnet.

Leistungen, Stand, Bedarf - insgesamt

Flurbereinigungsverfahren dienen der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft, zur Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung. In den 90er Jahren standen die Verbesserung der Agrarstruktur und dabei besonders die Bearbeitung der Anträge auf Zusammenführung von getrenntem Boden- und Gebäudeeigentum sowie die Anord- nung von Unternehmensflurbereinigungen im Zusammenhang mit den Verkehrsprojekten "Deutsche Einheit" im Mittelpunkt. Seit Ende der 90er Jahre sind die Ziele der Flurbereinigungsverfahren sehr viel umfassender. Neben der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft stehen die Lösung von Landnutzungskonflikten, die Vermeidung von Flächenneuver- brauch, die gemeindeübergreifende Dorfentwicklung, die Umsetzung der wasser- und naturschutzge- setzlichen Belange, die eigentums-, sozial- und umweltverträgliche Einbindung von infrastrukturellen Großvorhaben in das Wirkungsgefüge ländlicher Räume im Vordergrund. Die Flurbereinigung dient dabei wie kaum ein anderes Instrument dem Anspruch des ganzheitlichen Entwicklungsansatzes für die ländlichen Räume.

In Bezug auf die aktuellen Diskussionen zur aktiven Bürgerbeteiligung und -mitwirkung an Planungs- prozessen ist bedeutsam, dass in den Flurbereinigungsverfahren aktive Bürgerbeteiligung nicht nur Orientierung, sondern vor allem gesetzlich auferlegtes Handeln ist. Teilnehmer an der Flurbereinigung sind die Grundstückseigentümer und die Erbbauberechtigten. Sie bestimmen die Entwicklungsschwer-

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punkte und Handlungsfelder in der Planung und haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, jederzeit ak- tiv den Fortgang ihres Verfahrens mitzubestimmen. Die Einbindung aller Akteure im ländlichen Raum, die intensive Bürgermitwirkung und eine an den örtlichen und regionalen Bedürfnissen, Stärken und Möglichkeiten ausgerichtete, flexible und transparente Planung sichern Akzeptanz und Nachhaltigkeit.

Belegt werden die positiven Wirkungen der Flurbereinigung durch umfassende und detaillierte Wir- kungsanalysen. Auch bei der Evaluierung von Förderprogrammen wird die Flurbereinigung regelmä- ßig als ein Instrument mit überdurchschnittlich hohem Wertschöpfungspotenzial und Multiplikatoreffek- ten hinsichtlich der eingesetzten Fördermittel eingestuft.

Leistungen, Stand, Bedarf - Bereich Landwirtschaft

Die Verbesserung der Agrarstruktur ist in rund 55 Prozent der anhängigen Verfahren das oder eines der Hauptverfahrensziele. Durch ein optimiertes Wege- und Gewässernetz werden die Voraussetzungen für eine effektive Bewirtschaftung geschaffen. Schnellere Erreichbarkeit der Bewirtschaftungsflächen, Reduzierung der Maschinenkosten, erhöhte Verkehrssicherheit durch Verlagerung des landwirtschaft- lichen Verkehrs von öffentlichen Straßen auf landwirtschaftliche Wege und verbesserte Anbindung der Wege an übergeordnete Straßen sind dabei wesentliche Komponenten.

Der Agrarstrukturverbesserung dient auch die Vorbeugung und Entflechtung von Landnutzungskonflik- ten, die die landwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigen, die Anpassung der Wirtschaftsflächen nach Lage, Form und Größe an die betrieblichen Erfordernisse, die minimierte Inanspruchnahme landwirt- schaftlicher Flächen durch Dritte und die Flankierung der betrieblichen Entwicklung durch Aufstockung des Anteils an Eigentumsflächen.

Insbesondere angesichts der hohen Anzahl von Landnutzungskonflikten, des hohen Pachtflächenan- teils und des Zustandes des ländlichen Wegenetzes besteht hier ein dauerhafter Aufgabenbereich.

Leistungen, Stand, Bedarf - Bereich Naturschutz

Mit der Änderung des FlurbG vom 23. August 1994 wurde der Anwendungsbereich des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens u.a. mit dem Ziel ausgeweitet, den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege besser Rechnung zu tragen. Allein im Bereich des GRÜNEN BANDES befinden sich derzeit 28 Verfahren in Bearbeitung. Darüber hinaus wurden und werden eine erhebliche Anzahl be- deutender naturschutzfachlicher Projekte, wie das EU-Life Projekt Esperstedter Ried, das "Rettungs- netz für die Wildkatze" oder die Renaturierung der Föritz durch Flurbereinigungsverfahren bodenord- nerisch begleitet - aktuellstes Beispiel ist das Naturschutzprojekt "Moorlandschaft Alperstedter Ried".

Darüber hinaus wird in den kommenden Jahren die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenricht- linie als landesweite Aufgabe in erheblichem Umfang der bodenordnerischen Begleitung durch Flur- bereinigungsverfahren bedürfen.

Leistungen, Stand, Bedarf - Bereich Forstwirtschaft

Trotz des relativ großen Waldanteils wurden in Thüringen bislang nur einige separate Waldflurbereini- gungen durchgeführt. Insbesondere durch den Verlauf von Verkehrsprojekten durch Waldgebiete wer- den jedoch umfängliche, zu diesen Verfahren zugezogene Waldflächen mit neu geordnet.

Der Bedarf an Waldflurbereinigungen nimmt zu. Deutlich mehr als 100 000 Hektar des Privatwaldes sind so genannter Kleinstprivatwald. Kennzeichnend sind hier Parzellengrößen kleiner als fünf Hektar, oft- mals kleiner als ein Hektar und die zumeist unzweckmäßige Form der Parzellen. Dies macht eine zeit- gemäße und wettbewerbsfähige Bewirtschaftung unmöglich. Da eine wachsende Anzahl von Parzellen nicht mehr ordnungsgemäß bewirtschaftet wird, ist die Abwehr von Kalamitäten durch Schadinsekten erschwert. Durch beschleunigte Zusammenlegungsverfahren nach § 91 FlurbG können bisher verteilt liegende Grundstücke der Gemeinden zu zweckmäßig geformten Waldgrundstücken zusammengelegt und Privatwaldgrundstücke zu einem Gesamthandvermögen nach § 48 FlurbG zusammengeschlos- sen werden, um die Voraussetzung zur Gründung einer Waldgenossenschaft nach § 52 ThürWaldG zu schaffen. Das Pilotprojekt ist das beschleunigte Zusammenlegungsverfahren "Wölfershäuser Wälder".

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Zukünftiger Bedarf und strategische Überlegungen

Flurbereinigungsverfahren kommen dort zum Einsatz, wo strukturelle Probleme und Konflikte im Zu- sammenhang mit dem Eigentum und der Nutzung von Grund und Boden zu lösen sind. Entsprechend ist die Flurbereinigung durch eine hohe Nachfrage gekennzeichnet, da die Verfahren nach dem FlurbG maßgeschneiderte Strategien für die nachhaltige Umsetzung entsprechender Projekte und Maßnah- men in rechtlicher, finanzieller und instrumenteller Hinsicht ermöglichen.

Zentrales Steuerungsinstrument für die Flurbereinigungsverwaltung ist das Flurbereinigungsprogramm.

In ihm werden jährlich mittel- bis langfristig die sachlichen und räumlichen Arbeitsschwerpunkte fest- gelegt. Das aktuelle Flurbereinigungsprogramm 2011 sieht bis 2015 die Einleitung von 36 Flurberei- nigungsverfahren auf ca. 11 500 Hektar vor. Im gleichen Zeitraum ist der Abschluss von 63 Verfahren auf einer Fläche von rund 15 500 Hektar geplant.

Die Anordnung eines Verfahrens nach §§ 1, 86 oder 91 FlurbG erfolgt von Amts wegen nach pflicht- gemäßen Ermessen der zuständigen Flurbereinigungsbehörde. Dazu hat sie das objektive Interesse der Beteiligten nachzuweisen. Es gibt demzufolge keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Einleitung einer Flurbereinigung.

Bei der sog. Unternehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbG handelt sich allerdings um eine gesetzli- che Pflichtaufgabe, die bei einem entsprechenden Antrag der Enteignungsbehörde durchzuführen ist.

Dementsprechend bleibt die Begleitung der Umsetzung von infrastrukturellen Großvorhaben durch Un- ternehmensflurbereinigungen nach § 87 FlurbG eine Schwerpunktaufgabe. Zwar sind die Verkehrspro- jekte "Deutsche Einheit" weitgehend abgeschlossen, insbesondere durch die hohe Anzahl geplanter Umgehungsstraßen ist jedoch ein Rückgang der Aufgaben in diesem Bereich nicht abzusehen. Jüngs- tes Beispiel sind die Anträge auf Einleitung von Flurbereinigungsverfahren für den Bau der Ortsumfah- rungen Mühlhausen und Großengottern.

Ein Schwerpunkt im Bereich der regionalen und gemeindlichen Entwicklung ist die Regelung und Neu- ordnung der Eigentumsverhältnisse in den Dörfern. Sie schafft Rechtssicherheit, aktiviert privates Ka- pital und fördert damit die Investitionstätigkeit im öffentlichen und privaten Bereich. Insbesondere die für die Stabilisierung der Ortskerne bedeutsame Dorfinnenentwicklung ist ohne den Einsatz bodenord- nerischer Instrumente nicht erreichbar. Durch die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Gemeinden wird die Bedeutung dieses Tätigkeitsfeldes zunehmend stärker.

Mit Hilfe von Flurbereinigungsverfahren soll auch weiterhin die Umsetzung der Vorgaben der europäi- schen Richtlinien in den Bereichen Natur und Wasser, z. B. Natura 2000 und Wasserrahmenrichtlinie, im Einvernehmen mit den Eigentümern und Nutzern realisiert werden. Im Interesse einer dauerhaf- ten Stabilisierung der Ökosysteme trägt die Flurbereinigung dafür Sorge, dass Umweltschutz-, Natur- schutz- und Landschaftspflegevorhaben unter Berücksichtigung der Eigentümer- und Nutzerinteres- sen in der Fläche umgesetzt und in ihrem Bestand dauerhaft gesichert werden können.

Nicht zuletzt wirken sich der Klimawandel und die Folgen in erheblichem Maße auch auf das Aufga- benspektrum der Flurbereinigung aus. Die Anpassung an die prognostizierten Veränderungen (Adap- tion) einerseits sowie die Einleitung vorbeugender Maßnahmen zur Abwehr unerwünschter Ereignisse (Prävention) andererseits ist zu einem zentralen Thema und zur Herausforderung für eine zukunftsfähi- ge Landentwicklung geworden. Bei den bodenbezogenen Adaptionsstrategien in den Bereichen Hoch- wasserschutz, Vorsorge für das Grund- und Trinkwasser sowie Minderung der Bodenerosion kann die Flurbereinigung mit ihrem Gestaltungsauftrag und den Möglichkeiten des integrativen Flächenmana- gements (Abstimmung und Koordination, Auflösung von Landnutzungskonflikten, Bereitstellung benö- tigter Flächen) maßgeblich bei der Planung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen helfen.

2.6 Wie bewertet die Landesregierung die bisherigen Anstrengungen im Bereich Brachflächen, insbeson- dere das Revitalisierungs-Förderprogramm? Welche strategischen Überlegungen gibt es in diesem Bereich?

Die bisherigen Ergebnisse im Rahmen der Förderung der Revitalisierung von Brachflächen nach der Richtlinie "Förderung der Revitalisierung von Brachflächen" belegen, dass es in der Regel um die Ver-

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besserung des Umweltzustandes, die Wiederherstellung von Siedlungszusammenhängen oder die Aufwertung des Ortsbildes ging. Dabei wurden Effekte bezogen auf die Schonung des Bodens, z. B.

durch Entsiegelung, Abriss nicht mehr genutzter Gebäude oder Rekultivierung, erreicht. Des Weiteren wurden Effekte mit Blick auf siedlungsstrukturelle, ästhetische und gestalterische Wirkfaktoren erzielt.

Davon hat eine Vielzahl von Gemeinden im ländlichen Raum profitiert. Mit der Förderung wurden bis- lang rund 500 Hektar Fläche wiederhergestellt.

Die Förderung der Revitalisierung von Brachflächen soll in den nächsten Jahren fortgeführt werden.

Hierbei soll die Durchführung von Vorhaben, die durch Rückgewinnung von brachliegenden Flächen Renaturierungspotenziale und neue Möglichkeiten für Nachnutzung eröffnen und dadurch zur Aufwer- tung von Altstandorten in Gemeinden im ländlichen Raum führen, gefördert werden. Zweck der Förde- rung ist eine Rückgewinnung und Gestaltung von Landschafts- und Siedlungsräumen durch Revitalisie- rung von Brachen, unabhängig von ihrer jeweiligen Vornutzung. Damit soll ein Beitrag zur Reduzierung der Neuinanspruchnahme von Flächen geleistet werden. Weiterhin soll die Attraktivität der naturräum- lichen Ausstattung als wertvolles Potenzial für die Standortentwicklung erhalten und weiterentwickelt werden. Nachteilige Veränderungen der natürlichen Ressource Boden infolge der Aufgabe der Vor- nutzung werden durch die Revitalisierung von Brachflächen beseitigt. Dadurch wird ein Beitrag zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt geleistet. Mit den geförderten Maßnahmen sollen brach ge- fallene Flächen einer Nachnutzung zugeführt, die Infrastruktur verbessert bzw. die touristische Anzie- hungskraft der Region erhöht werden.

Im Bereich der Städtebauförderung wurde im Jahr 2002 die Landesinitiative "GENIAL zentral" gestartet, mit dem Ziel, innerstädtische Brachflächen als Wohnbaustandort für "junges Wohnen" zu entwickeln.

Seit dem Jahr 2008 können sich alle neuen wie herkömmlichen innerstädtischen Nachnutzungside- en um eine Aufnahme in die Initiative bewerben. "GENIAL zentral" basiert auf keinem eigenen Förder- programm; die ausgewählten Vorhaben werden durch die verschiedenen Städtebauförderprogramme und EU-Fördermittel umgesetzt.

Aufgrund der Entwicklung des Eisenbahnverkehrs (stillgelegte bzw. brachliegenden Flächen müssen gesichert werden) wurde am 21. Juni 2010 zwischen der Deutschen Bahn AG (DB AG) und dem Frei- staat Thüringen eine Vereinbarung zur Entwicklung nicht mehr betriebsnotwendiger Bahnimmobilien in Thüringen geschlossen. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung wurden die Landesentwicklungs- gesellschaft Thüringen mbH und die Thüringer Landgesellschaft mbH durch das Thüringer Ministeri- um für Bau, Landesentwicklung und Verkehr beauftragt, gemeinsam mit der DB AG im Rahmen einer Pilotphase Nachnutzungsoptionen für Bahnflächen im bzw. außerhalb des Siedlungszusammenhangs zu ermitteln.

Die Zusammenarbeit bezog sich im Wesentlichen auf Flächen der folgenden Kategorien:

1. Flächen ohne bauliche Entwicklungsmöglichkeiten, die sich als Kompensationsflächen bei Eingrif- fen in Natur und Landschaft eignen,

2. Flächen, die dem Ausbau des bestehenden thüringischen Rad- und Wanderwegenetzes z. B. auf stillgelegten Bahntrassen dienen können und

3. innerstädtische Brachflächen mit Baulandpotenzial.

Die Pilotphase erfolgte von Juli 2010 bis Februar 2011. Die erfolgversprechenden Ergebnisse sollen in einer nächsten Phase bis zum 31. Dezember 2011 weiter vertieft werden.

3. Förderpolitik

3.1 Wie schlägt sich aus Sicht der Landesregierung die unter Frage 1.1 getätigte Einschätzung in der ak- tuellen Förderpolitik nieder?

Thüringen ist geprägt durch seine Vielfalt an kleinteiligen Siedlungsstrukturen, attraktiven Klein- und Mit- telstädten, regionalen Besonderheiten, natürlichen und schutzwürdigen Lebensräumen und abwechs- lungsreichen Kulturlandschaften. Über 95 Prozent der Landesfläche zählen zum ländlichen Raum. Da- her wird unabhängig von der Definition des ländlichen Raums (siehe Antwort zur Frage 1.1) von einer gleichwertigen Unterstützung von städtisch und ländlich geprägten Räumen unter den spezifischen Bedingungen des demografischen Wandels ausgegangen.

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Die im LEP 2004 als Räume mit besonderen Entwicklungsaufgaben ausgewiesenen Gebiete (Raum um den Kyffhäuser und das Altenburger Land) sind als Modellvorhaben der Raumordnung ebenfalls Gegenstand besonderer Förderung (z.B. Standortuntersuchungen, Machbarkeitsstudien und Wirt- schaftlichkeitsbetrachtungen, insbesondere zur Nutzung von Flächenpotenzialen bei Brachflächen).

Diesen Räumen soll bei Planungen und Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raums der Vorzug eingeräumt werden. Dies gilt insbesondere bei Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, der Wirtschaftsstruktur und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (siehe Grundsatz 2.3.8 LEP 2004). Im Entwurf des Landesentwicklungsprogramms 2025 vom 12. Juli 2011 sollen diese "Räume mit beson- deren Entwicklungsaufgaben" in die neuen Raumstrukturgruppen integriert werden (siehe hierzu Ant- wort zu Frage 1.1). Raumbedeutsame Bewältigungs- und Anpassungsmaßnahmen in diesen Räumen sollen auf die jeweilige Betroffenheit ausgerichtet und durch Wachstumsinitiativen unterstützt werden.

Um die in diesen Räumen bestehenden Herausforderungen zu meistern, wurde im Jahr 2007 die Län- dergrenzen übergreifende Region Südharz-Kyffhäuser mit Unterstützung der beiden Landesregie- rungen Sachsen-Anhalts und Thüringens durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung (BMVBS) für das Modellvorhaben "Demographischer Wandel - Zukunftsgestaltung der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen" ausgewählt. Durch den Kyffhäuserkreis wurde zur Fortfüh- rung/Vertiefung der Projekte dieses Modellvorhabens sowie zur Beschleunigung bereits begonnener Vorhaben die "Wachstumsinitiative Kyffhäuser" ins Leben gerufen. Aufbauend auf den Erfahrungen der Umsetzung der "Wachstumsinitiative Kyffhäuser" wurde für den Landkreis Altenburger Land ebenfalls eine Wachstumsinitiative ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Wachstumsinitiativen soll insbeson- dere die zügige Umsetzung von Schlüsselprojekten, von denen strukturwirksame Effekte zu erwarten sind, begleitet und unterstützt werden, um die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen sowie die Lebens- bedingungen der Menschen in den Regionen zu stärken. Die in den Wachstumsinitiativen konzentrier- te Hilfe nutzt vor allem vorhandene Förderprogramme verschiedener Ressorts und wird durch eine in- terministerielle Arbeitsgruppe begleitet und koordiniert.

Das Bund-Länder-Programm "Kleinere Städte und Gemeinden - überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke" soll Kommunen in dünn besiedelten ländlichen Räumen dabei unterstützen, die Folgen des demografischen Wandels, die bei der Bereitstellung von öffentlichen Einrichtungen und Dienst- leistungen der täglichen Daseinsvorsorge entstehen, durch interkommunale Zusammenarbeit zu über- winden bzw. zu minimieren. Mit dem neuen Landesprogramm "Zuwendungen an Gemeinden zur An- passung an die besonders schwierigen Prozesse des demografischen Wandels im ländlichen Raum"

wurde in Anbetracht der demografischen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die kleinteili- ge Siedlungsstruktur Thüringens eine weitere wichtige Grundlage geschaffen, insbesondere um klei- nere Städte und Gemeinden bei der Wahrnehmung ihrer grundzentralen Versorgungsfunktionen und der Beseitigung städtebaulicher Missstände finanziell zu unterstützen. Das Landesprogramm ergänzt dabei die beiden Bund-Länder-Programme "Stadtumbau Ost" und "Kleinere Städte und Gemeinden"

räumlich und inhaltlich.

3.2 Wie bewertet sie vor diesem Hintergrund die Effizienz der Förderschwerpunkte Dorferneuerung, länd- licher Wegebau und Integriertes ländliches Entwicklungskonzept? Welche Vorstellungen hat die Lan- desregierung zur Fortsetzung dieser Maßnahmen in der neuen EU-Förderperiode?

Dorferneuerung

Das Förderschwerpunktprinzip hat sich in der Dorferneuerung bewährt und sollte für die neue Förder- periode mit verstärkten Elementen der Projektförderung kombiniert werden.

In Förderschwerpunkten dienen die Fördermittel gezielt der Umsetzung von Dorfentwicklungsplänen.

Der dörfliche Handlungs- und Entwicklungsbedarf wird im Dorfentwicklungsplan festgehalten, der ne- ben örtlichen Problemlösungen auch offen ist für gemeindeübergreifende Vorhaben und in den zeit- gemäße Aspekte dörflicher und ländlicher Entwicklungen einfließen können. Der Einsatz von Mitteln zur Dorferneuerung in Förderschwerpunkten ist effizient, weil so integriert wirkende und aufeinan- der abgestimmte sowie unter breiter Mitwirkung der Bevölkerung entwickelte Lösungen erreicht wer- den. Allerdings soll mit einer verstärkten Projektförderung auf innovative Entwicklungsvorhaben in den ländlichen Siedlungen flexibler reagiert und die Funktion der Regionalen Aktionsgruppen LEADER her- vorgehoben werden.

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Ländlicher Wegebau

Zweckmäßig geführte und ausreichend befestigte multifunktionale ländliche Wege tragen in Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz zu einer positiven Entwicklung der Agrarstruktur und zur nachhalti- gen Stärkung der Wirtschaftskraft bei. Durch gut befahrbare Wege kann der Energieverbrauch land- und forstwirtschaftlicher Fahrzeuge und Geräte erheblich reduziert werden, wodurch ökologischen und wirtschaftlichen Interessen entsprochen wird. Sie sind gliedernde und gestaltende Elemente der Kulturlandschaft, die auch dem Hochwasserschutz dienen können. Sie tragen mit Wegeseitenstreifen und Gräben sowie begleitenden Pflanzungen zu ökologisch wertvollen Biotopverbundsystemen bei.

Ländliche Wege, als Rad- oder Wanderweg benutzt, ermöglichen die Erholung in der freien Natur und dienen der Zuwegung zu Freizeiteinrichtungen, Kultur- und Bodendenkmälern. Die Erschließung des ländlichen Raumes ist auch Grundlage für eine Direktvermarktung, für klein- und mittelständische Be- triebe sowie für Fremdenverkehr und Tourismus.

In der aktuellen EU-Förderperiode (2007 bis 2013) wurden außerhalb von Flurbereinigungsverfah- ren bereits 281 Wegebaumaßnahmen mit einer Gesamtlänge von fast 290 Kilometer umgesetzt. Da- bei wurden insgesamt knapp 15,8 Millionen Euro Fördermittel (EU und zusätzliche nationale Mittel) verausgabt. Trotz langjähriger Förderung konnte die durchschnittliche Dichte ausreichend befestig- ter Wege bisher nur von ca. 0,25 Kilometer/100 Hektar Landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN) auf ca.

0,58 Kilometer/100 Hektar LN erhöht werden. Dieser Wert liegt nur bei ca. 48 Prozent der im Rahmen- plan der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" vorgege- benen Obergrenze zur Beurteilung der Förderfähigkeit von 1,2 Kilometer/100 Hektar LN. Auch wenn diese 1,2 Kilometer/100 Hektar LN für Thüringer Verhältnisse keinen anzustrebenden Richtwert dar- stellen, besteht im ländlichen Raum weiterhin ein anhaltender Fördermittelbedarf.

Integriertes ländliches Entwicklungskonzept

Nach Meinung der Landesregierung stellt das Förderinstrument "Integriertes ländliches Entwicklungs- konzept" (ILEK) eine wichtige Grundlage für die integrierte ländliche Entwicklung in Thüringen dar. Es dient insbesondere einer thematischen Vertiefung der von den Regionalen Aktionsgruppen im Zuge der Umsetzung des LEADER-Konzepts nach Schwerpunkt 4 der ELER-VO erarbeiteten Entwicklungsstra- tegien und bildet damit den Rahmen für einen effizienten Einsatz der investiven Mittel zur Entwicklung des ländlichen Raums. Die ILEK benennen konkret spezifische Entwicklungsziele und Handlungsfel- der und untersetzen damit ein Leitbild für das Untersuchungsgebiet. Mit der Einbindung in den LEA- DER-Prozess werden die in den Regionen bereits vorhandenen Kräfte gezielt genutzt und gestärkt.

Das Förderinstrument sollte auch in der neuen Förderperiode fortgesetzt werden. Dazu ist bereits in der laufenden Förderperiode vorgesehen, ILEK in den Maßnahmetitel "Betreiben einer Lokalen Akti- onsgruppe" (FILET-Code 431) zu integrieren.

3.3 Wie schätzt die Landesregierung die bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen der LEADER-Förderung in Thüringen ein? Welche Vorstellungen gibt es a) zur Fortsetzung dieses Instruments in der neuen EU-Förderperiode und b) zur Übertragung der Erfahrungen mit dem Bottom-up-Ansatz auf andere Po- litikbereiche?

Insgesamt ist es im Rahmen der Neuausrichtung der integrierten ländlichen Entwicklung und dem flä- chendeckenden LEADER-Ansatz in der aktuellen ELER-Förderperiode gelungen, einen adäquaten Ka- pazitätsaufbau von Akteuren bzw. Akteursgruppen auf der regionalen Ebene zu erreichen. Es wurde ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung des Subsidiaritätsprinzips, einer entsprechenden Verlagerung von Entscheidungen über die Verwendung der Fördermittel auf untere regionale Ebenen und der Be- teiligung zivilgesellschaftlicher Strukturen erreicht. Dies trägt entscheidend zu einer verbesserten Er- schließung endogener Entwicklungspotentiale bei. Die Umsetzung der Förderinitiative Ländliche Ent- wicklung in Thüringen (FILET) kann somit gezielter regionale Stärken und Schwächen berücksichtigen und auf die regionalspezifischen Bedürfnisse ausgerichtet werden. Durch die Verzahnung von regiona- len Entwicklungsstrategien unter der Steuerung und Koordination von Regionalen Aktionsgruppen mit den Instrumenten der Landentwicklung verfolgt der Freistaat Thüringen auch eine Strategie der the- matischen und räumlichen Konsolidierung von früheren, oftmals zu kleinräumigen und fragmentierten agrarstrukturellen und regionalen Entwicklungsplanungen. Allerdings ist auch festzustellen, dass der relativ komplexe Umsetzungsprozess der von den Aktionsgruppen vorgelegten regionalen Entwick-

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lungsstrategien nicht in allen Förderbereichen auf eine entsprechend korrespondierende Bewilligungs- praxis trifft. Mit ursächlich dafür ist das im ELER implementierte Verwaltungs- und Kontrollverfahren, das in den Grenzen des nationalen Rechts - auch auf Seiten des Antragstellers - zu einem erheblichen administrativen Aufwand führt.

a) Die Landesregierung hat sich bereits gegenüber der zuständigen EU-Kommission für eine Fortset- zung des LEADER-Ansatzes in der neuen Förderperiode ausgesprochen. Dabei wurde auch drin- gend eine grundlegende Vereinfachung des zurzeit bestehenden Verwaltungs- und Kontrollverfah- rens gefordert. In welcher Form das Förderinstrument ab 2014 auf Landesebene fort- bzw. umgesetzt werden kann, ist von den bis dato nicht bekannten EU-rechtlichen Vorgaben abhängig.

b) In Anbetracht des hohen Bevölkerungsanteils im ländlichen Raum Thüringens erscheint eine Über- tragung der Erfahrungen mit dem "Bottom-up-Ansatz" auf andere Politik- bzw. Förderbereiche sach- gerecht, obgleich dabei auch die jeweiligen zuwendungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten sind. Die Identifikation der Bevölkerung mit den vielschichtigen Problemen des ländlichen Raums und eine Mitwirkungsmöglichkeit an deren Lösung führen in aller Regel zu einer erhöhten Akzep- tanz der vor diesem Hintergrund getroffenen Entscheidungen und damit schlussendlich auch zu ei- ner verbesserten Lebensqualität.

3.4 Ist es im Sinne der "Integrierten Gesamtstrategie" beabsichtigt, vorhandene Förderinstrumente unter- schiedlicher Ressorts mit Blick auf den ländlichen Raum zu bündeln? Wo können sich potenzielle In- teressierte einen Überblick über vorhandene Förderinstrumente für den ländlichen Raum verschaffen beziehungsweise wo und wie werden diese kommuniziert?

Eine Bündelung vorhandener Förderinstrumente unterschiedlicher Ressorts mit Blick auf den ländli- chen Raum ist nicht beabsichtigt (siehe dazu Antworten auf die Fragen 1.8 und 3.1).

Kommuniziert werden die aktuellen Förderprogramme der Landesregierung im Serviceportal Thürin- gen, in der Förderfibel und den Informationsmaterialien zur Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen (FILET) des TMLFUN sowie verschiedenen Printmedien.

3.5 Hat die Landesregierung die Einführung von Regionalbudgets erwogen und wenn ja, mit welchem Er- gebnis? Hält die Landesregierung Regionalbudgets für geeignete Förderinstrumente für den ländlichen Raum?

Mit Inkrafttreten der novellierten Thüringer GRW-Richtlinie Teil II: "Förderung des Ausbaus der wirt- schaftsnahen Infrastruktur" am 1. Januar 2009 können Thüringer Regionen, die über ein Regionalma- nagement verfügen, über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren mit einem Regionalbudget von jährlich bis zu 300 000 Euro unterstützt werden. Damit nutzt die Landesregierung die erweiterten Fördermög- lichkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"

(GRW). Bisher wurden in Thüringen zehn Regionalbudgets aus der GRW gefördert. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Mobilisierung des wirtschaftlichen Entwicklungspotentials einer Region.

3.6 Was wird derzeit unternommen, um potenzielle neue Bewohnerinnen und Bewohner für ein Leben im ländlichen Raum in Thüringen zu interessieren/zu motivieren? In welcher Weise unterstützt die Lan- desregierung neue Arbeits- und Lebensformen im ländlichen Raum?

Die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung dient der Schaffung attraktiver Arbeits- plätze im gesamten Freistaat. Sie steht für "Gute Arbeit" und "gute Löhne", weil vorteilhafte Arbeitsbe- dingungen und eine angemessene Entlohnung notwendige Voraussetzungen für die Gewinnung von Fachkräften sind und damit für Thüringen einen wichtigen Standortfaktor darstellen. Daher wurde im Rahmen der "Konzertierten Aktion" mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ein gemeinsamer Aufruf zur Erhöhung der Tarifbindung in Thüringen verabschiedet. Nur durch gute Arbeitsbedingungen in den Thüringer Unternehmen kann auch die Attraktivität aller Landesteile verbessert und potenzielle neue Bewohnerinnen und Bewohner für ein Leben in Thüringen interessiert werden.

Der Erhalt einer kulturellen Infrastruktur und die Sicherung und Weiterentwicklung kultureller Angebote im ländlichen Raum sind zudem Attraktivitätsfaktoren, die mit dazu beitragen, potenzielle neue Bewoh-

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nerinnen und Bewohner für ein Leben im ländlichen Raum zu gewinnen und zu motivieren. Mit einer ausgewogenen Unterstützung und Förderung entsprechender kultureller Angebote nach dem Prinzip einer regionalen Ausgewogenheit leistet der Freistaat einen hohen Beitrag dafür, den ländlichen Raum attraktiv(er) zu machen. Insbesondere das fachliche Potential von Frauen muss durch eine gute beruf- liche Integration und eine aktive Chancengleichheit noch besser genutzt werden. Dabei sind die Leis- tungen des Thüringer Landfrauenverband e. V. zu würdigen. Die Ortsverbände und Begegnungsstät- ten unterbreiten den Familien vielfältige und generationsübergreifende Angebote, die zur Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum beitragen, so z. B. die Ausbildung zum Erwerb des Ernährungs- führerscheins in den Grundschulen, die Vermarktung für Thüringer Produkte und die wirtschaftlichen Initiativen zur Schaffung von Frauenarbeitsplätzen.

In einer Qualitätsentwicklung im Bereich von Bildung, Betreuung und Erziehung wird verstärkt eine Schlüsselstrategie zur positiven Bewältigung der Probleme Thüringer Kommunen mit ländlicher Prä- gung angesichts des demografischen Wandels, Abwanderungs- und Überalterungstendenzen und ab- sehbarem Fachkräftemangel gesehen. Die Kommunen sind aus diesen Gründen hoch motiviert, diese Handlungsfelder zum Beispiel im Thüringer Bildungsmodell - Neue Lernkulturen in Kommunen (nele- com) - als eine kommunale Zukunftsaufgabe anzugehen. Insbesondere ländlich geprägte nelecom- Kommunen wenden sich dabei verstärkt der gemeinschaftlichen Aufgabe zu, qualitativ hochwertige und für alle Kinder und Jugendliche erreichbare Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebote zu errei- chen. Die Entwicklungserfolge in den vier Pilotkommunen führten zu einer hohen Wertschätzung und Akzeptanz dieses Thüringer Entwicklungsansatzes, der kommunale Lern- und Bildungslandschaften in den Blick nimmt. Am nelecom-Transfer (bis 2014) beteiligen sich bisher 19 Thüringer Kommunen.

Eine Öffnung für weitere Kommunen ist ab 2012 vorgesehen. Analoge Entwicklungsstrategien verfolgt das vom Bund ab 2009 geförderte Projekt "Lernen vor Ort" (LVO), an dem sich zwei Thüringer Kom- munen (Erfurt und Kyffhäuserkreis) beteiligen.

3.7 Welche Position vertritt die Landesregierung zu Forderungen und Konzepten, die eine Konzentration von Fördermitteln auf ländliche Entwicklungskerne und die Reduzierung/Streichung von Fördermitteln für Orte und Regionen vorsehen, die als nicht überlebensfähig eingeschätzt werden?

Konzepte, die eine Konzentration von Fördermitteln auf ländliche Entwicklungskerne und die Reduzie- rung/Streichung von Fördermitteln für Orte und Regionen vorsehen, entsprechen nicht der Politik der Landesregierung zur Entwicklung des Landes.

Die Raumstruktur in Thüringen hat sich in Abhängigkeit von der vorhandenen Landschafts- und Sied- lungsstruktur sowie hinsichtlich der seit 1990 eingetretenen Entwicklungsvoraussetzungen heterogen entwickelt. Dabei ist die Raumstruktur Thüringens vielfältiger als es die bisherige Unterteilung in Ver- dichtungsräume und Ländliche Räume zum Ausdruck gebracht hat. Mit dem zukünftigen Landesent- wicklungsprogramm 2025 soll diese Vielfalt durch Unterstützung der endogenen Potenziale und Über- windung der besonderen Hemmnisse bewahrt werden (siehe dazu auch Antwort zu Frage 1.1).

Die Wirtschaftsförderung dient dem Ziel, privatwirtschaftliche Investitionen zu erleichtern, damit in Thü- ringen wettbewerbsfähige und gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen können. Eine regionale Differen- zierung der Förderung erfolgt dabei nicht. Daher beantworten letztlich die Investoren die Frage, in wel- chen Regionen besondere wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden.

Bei der Verwendung von Haushaltsmitteln gilt jedoch stets der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Ausgaben im Zusammenhang mit Förderprogrammen und -richtlinien bedürfen hinsicht- lich einer effizienten Erreichung des jeweiligen Programmziels einer wiederkehrenden kritischen Über- prüfung (Controlling).

4. Wirtschaft und Beschäftigung

4.1 Welche Ursachen sieht die Landesregierung als maßgeblich für die weiter fortschreitende Abwande- rung von Arbeitskräften und jungen Familien im ländlichen Raum?

Maßgeblich für die Abwanderung von Arbeitskräften und jungen Familien sind fehlende attraktive Aus- bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten und - damit verbunden - unzureichende berufliche Ent- wicklungsmöglichkeiten sowie eine unterdurchschnittliche Entlohnung.

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Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Bereitstellung wettbewerbsfähiger Ar- beitsplätze in Thüringen gewinnt der Freistaat aber an Attraktivität auch bei hochqualifizierten Arbeitskräf- ten. Wie neueste Daten zeigen, ist die Abwanderung aus Thüringen (42 758) im Jahr 2009 gegenüber den Vorjahren deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig ist die Zahl der Zuwanderungen nach Thüringen (34 732) kräftig gestiegen. Gegenüber 2008 hat sich der negative Wanderungssaldo um 36,8 Prozent verringert. Die Unternehmen können einen wirksamen Beitrag leisten, Fachkräfte und ihre Familien an den Standort Thüringen zu binden, indem sie ihnen gute Arbeits- und berufliche Entwicklungsmög- lichkeiten anbieten und leistungsgerechte Tariflöhne und -gehälter zahlen.

4.2 Welche Überlegungen gibt es, spezielle Anreize zu schaffen, um qualifizierte Arbeitskräfte und junge Familien im ländlichen Raum zu halten? Wann und mit welchen Mitteln können diese umgesetzt wer- den?

Siehe Antwort zu Frage 4.4

4.3 Welche Überlegungen gibt es, spezielle Anreize zu schaffen, um qualifizierte Arbeitskräfte und junge Familien aus anderen Bundesländern für den ländlichen Raum Thüringens zu gewinnen? Wann und mit welchen Mitteln können diese umgesetzt werden?

Siehe Antwort zu Frage 4.4

4.4 Welche Überlegungen gibt es, spezielle Anreize zu schaffen, um qualifizierte Arbeitskräfte und junge Familien aus dem Ausland für den ländlichen Raum Thüringens zu gewinnen? Welche Initiativen un- ternimmt die Landesregierung derzeit, um Thüringen als Zuwanderungsland für qualifizierte Arbeits- kräfte und junge Familien zu etablieren?

Die wesentliche Motivation für Fachkräfte und ihre Familien für ihren Verbleib in Thüringen sind attrak- tive Arbeits- und Lebensbedingungen. Dazu zählen Ausbildungs- und Arbeitsplätze, die angemessen entlohnt und mit guten Arbeitsbedingungen und beruflichen Perspektiven verbunden sind. Die Landes- regierung setzt sich u. a. in der "Konzertierten Aktion" mit den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaf- ten dafür ein, dass diese Rahmenbedingungen in Thüringen zur Verfügung gestellt werden. Auch das neue Thüringer Vergabegesetz greift diesen Aspekt auf.

Zudem stellt eine familienfreundliche Arbeitswelt einen Wettbewerbsvorteil der Thüringer Wirtschaft dar, den es weiter auszubauen gilt. Daher wurde im Rahmen der vom Freistaat Thüringen mit dem DGB Thüringen, dem Verband der Wirtschaft Thüringens e. V., den Thüringer Industrie- und Handelskam- mern, den Thüringer Handwerkskammern sowie der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit geschlossenen "Thüringer Allianz für Familie und Beruf" dem Thema "Verein- barkeit von Familie und Beruf" besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hierbei wird auf eine Stärkung der Familien durch familienfreundliche Strukturen gesetzt. Insbesondere die Grundversorgung an Kin- derbetreuung als wesentlicher Bestandteil der Familienfreundlichkeit ist in Thüringen gegeben. Durch das Engagement vor Ort durch lokale Bündnisse insbesondere im ländlichen Raum wird ein weite- rer Beitrag zur Familienfreundlichkeit geleistet. Auch dieses Engagement gilt es weiter zu stärken und auszubauen. In der Gesamtbetrachtung gilt es jedoch zu beachten, dass auch für Familien Faktoren wie die wirtschaftlichen Erwerbs- und Einkommensmöglichkeiten vor Ort ein wesentlicherer Standort- faktor bei der Wohnortwahl sind als die Familienfreundlichkeit.

Darüber hinaus ist auf die Aktivitäten der Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF) zu ver- weisen: Die ThAFF betreibt für den Wirtschaftsstandort Thüringen Fachkräftemarketing und versucht, Fachkräfte für die Thüringer Wirtschaft zu gewinnen.

4.5 Hält die Landesregierung die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften und jungen Familien aus dem Ausland für ein geeignetes Mittel, um Folgen des demografischen Wandels und der Abwande- rung abzumildern beziehungsweise entgegenzuwirken? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, in welcher Form kann Zuwanderung aus Sicht der Landesregierung dem zukünftig auftretenden Fachkräfteman- gel entgegenwirken? Verfolgt die Landesregierung eine Zuwanderungsstrategie?

Die Landesregierung geht davon aus, dass die Bedeutung von Migrantinnen und Migranten für die Fachkräftesicherung in Thüringen zunehmen wird. Gegenwärtig spielt die Zuwanderung ausländischer

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Arbeitskräfte aber noch eine untergeordnete Rolle. Diese Einschätzung wird von der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit geteilt. Nach Angaben der Regionaldirektion liegt der Anteil der bislang eingewanderten Fachkräfte an den sozialversicherungspflichtig Beschäftig- ten bei einem Prozent. Die Regionaldirektion verweist zudem darauf, dass die Fachkräfte in den meis- ten Fällen nach kurzer Zeit in die alten Bundesländer abwandern. Da das in Thüringen verfügbare Fachkräftepotential in Zukunft kaum ausreichen wird, um den prognostizierten Fachkräftebedarf (sie- he Frage 4.7) zu decken, ist neben gezielter Aktivitäten zur Gewinnung und Rückholung von inländi- schen Fachkräften auch eine verstärkte Integration ausländischer Fachkräfte erforderlich. Dafür ist es u. a. erforderlich, das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu verbessern.

Die Thüringer Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen sind Zuwanderungsmagneten für junge Nachwuchskräfte, mit denen der demografischen Entwicklung gezielt entgegengewirkt werden kann.

Ziel muss es deshalb sein, zum einen die vorhandenen Studierendenpotenziale durch das in Thürin- gen bestehende breit gefächerte und qualitativ hochwertige Studienangebot sowie die hervorragende Infrastruktur auszuschöpfen, um so auch die in Thüringen vorhandenen Studienplatzkapazitäten aus- zunutzen und zu erhalten. Zum anderen sorgt die attraktive Forschungslandschaft Thüringens dafür, dass hochqualifizierte Menschen aus anderen Regionen und Ländern hier einen interessanten und zu- kunftssicheren Arbeitsplatz in der Wissenschaft finden können. So werden Nachwuchswissenschaftler und Fachpersonal an Thüringen gebunden.

4.6 Welche Maßnahmen und Programme hält die Landesregierung für erforderlich, um die notwendige In- tegration von qualifizierten Arbeitskräften und jungen Familien aus dem Ausland zu erleichtern und zu fördern?

Das Thüringer Aktionsprogramm "Fachkräftesicherung und Qualifizierung", das im Juni 2010 vom Wirt- schafts- und Innovationsrat (WIR) beschlossen wurde, greift auch dieses Thema im Konzept der not- wendigen Deckung des Fachkräftebedarfs auf. Eine Steuerungsgruppe auf Staatssekretärsebene un- ter Beteiligung der Partner des WIR begleitet die Umsetzung des Aktionsprogramms.

Um die Integration von Arbeitskräften aus dem Ausland zu erleichtern, werden von der Landesregie- rung zur beruflichen (Wieder-)Eingliederung speziell auf die Bedürfnisse von Migrantinnen und Migran- ten ausgerichtete Projekte mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes gefördert.

Zudem stehen den Migrantinnen und Migranten auch die von der Landesregierung geförderten Maß- nahmen der Aus- und Weiterbildung zur Verfügung. Voraussetzung für die Gewährung von Zuschüs- sen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und/oder des Freistaates Thüringen zur Förderung der Weiterbildung, des lebenslangen Lernens sowie der Qualifizierungsberatung ("Weiterbildungsrichtli- nie") ist eine Arbeitserlaubnis für Thüringen.

Aus den Fördermitteln der Ausländerbeauftragten beim TMSFG werden in Thüringen Vereine und Pro- jekte gefördert, die der Integration durch Information sowie durch sprachliche und gesellschaftliche Wei- terbildung dienen. Dazu gehört aber auch die Möglichkeit, Tradition und Kultur des Ursprungslandes zu pflegen und zu vermitteln. Darüber hinaus werden Multiplikatoren für die Migrations- und Integrati- onsarbeit mit diesen Mitteln weitergebildet.

Zusätzlich sind verstärkte Werbemaßnahmen der Berufs- und Hochschulen sowie die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse erforderlich. In den "Leitlinien und Handlungsempfehlungen zur In- tegration von Zuwanderern" (www.thueringen.de/tim) wird im Hinblick auf die Integration ausländischer Wissenschaftler für den Hochschulbereich eine "Willkommenskultur" angeregt. Hierzu zählt etwa für junge Familien ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen.

4.7 Welche Branchen oder Berufe in welchen Regionen werden absehbar am stärksten von einem Fach- kräftemangel betroffen sein und wie wirkt sich dieser auf die Wirtschaftskraft/-entwicklung der betref- fenden Regionen beziehungsweise auf den Freistaat aus?

Die im Auftrag des TMWAT erstellte Studie "Fachkräfteperspektive Thüringen 2020" kommt zu dem Ergebnis, dass die Thüringer Unternehmen bis zum Jahr 2020 rund 200 000 Arbeitskräfte benötigten.

Diesem Bedarf steht zwar ein großes Beschäftigungspotential gegenüber, das für den Thüringer Ar- beitsmarkt aber nur genutzt werden kann, wenn es gelingt, abgewanderte Fachkräfte und Berufspend-

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ler zurückzuholen, die stille Reserve zu mobilisieren und Arbeitslose für den Einsatz in den Unterneh- men zu qualifizieren. Wichtig sind auch Anstrengungen zur Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit bis zum Eintritt in das reguläre Rentenalter.

Zu den am stärksten nachgefragten Berufsgruppen gehören Bürofach- und Hilfskräfte, Metall- und Elektroberufe, Sozialpflegeberufe und Gesundheitsdienstleister, Ingenieure, Chemiker, Physiker, Ma- thematiker und Techniker sowie Kaufleute und Verkehrsberufe. Der branchenspezifische Bedarf wird sich auch in einer räumlich differenzierten Nachfrage niederschlagen. So wird der Bedarf an indust- riespezifischen Berufen, beispielsweise an Fachkräften in Metallberufen, in den Industrieregionen be- sonders groß sein.

4.8 Welche Bedeutung hat aus Sicht der Landesregierung die ausreichende Breitbandversorgung vor al- lem der klein- und mittelständischen Unternehmen im ländlichen Raum? Wie ist diesbezüglich der ak- tuelle Stand? Wie sind die Planungen?

Mit der "Breitbandstrategie Thüringen" verfolgt die Landesregierung das Ziel einer flächendeckend be- darfsgerechten Versorgung von Wirtschaft und Privathaushalten in Thüringen mit leistungsfähigen In- ternetanschlüssen. Unterschiede in der Versorgung zwischen Verdichtungsraum und ländlichen Raum sollen zügig so weit wie möglich abgebaut werden. Auch in unterversorgten Gebieten kann die Versor- gung der Unternehmen durch den Abschluss von Geschäftskundenverträgen erreicht werden.

Über die Breitbandversorgung in Deutschland liegt keine offizielle Statistik vor. Das zentrale Informa- tionsmedium zur aktuellen Breitbandversorgung in Deutschland - der Breitbandatlas der Bundesre- gierung - basiert im Wesentlichen auf freiwilligen Angaben der Telekommunikationsunternehmen. Um einen Überblick über die tatsächliche Situation in Thüringen zu erhalten, erfasst das Breitbandkom- petenzzentrum Thüringen mit verschiedenen empirischen Methoden entsprechende Daten. Eine ers- te detaillierte Auswertung dieser Daten ist im "Masterplan Breitbandausbau Thüringen" eingeflossen, den die Landesregierung im Juni 2011 vorgestellt hat.

Die Nutzung von Synergien beim Infrastrukturausbau ist eine der tragenden Säulen beim bundeswei- ten Breitbandausbau. Hier liegen noch erhebliche Potentiale, die bisher nur unzureichend Verwendung finden. Auf Initiative Thüringens hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, die Mitnutzung von Infrastruktur der Deutschen Bahn AG aktiv zu unterstützen und darauf hinzuwirken, dass sie tat- sächlich für den Breitbandausbau verwendet werden darf. Damit könnte der Breitbandausbau kosten- günstig beschleunigt werden.

Der Ausbau der Breitbandversorgung erfolgt grundsätzlich durch private Anbieter. Die Breitbandstrate- gie der Landesregierung sieht daher eine Unterstützung nur in den Regionen vor, in denen eine flächen- deckende Versorgung über den Markt nicht zustande kommt. Priorität haben dabei nicht ausreichend versorgte Gebiete mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung sowie der ländliche Raum. Hierzu wird derzeit von der Landesregierung ein neues Förderinstrument unter Verwendung von EFRE-Mitteln vorbereitet.

Bis zum Jahr 2015 sollen allein in diesem neuen Programm zwölf Millionen Euro EFRE-Mittel für Inves- titionen zum Breitbandausbau der Kommunen in Höhe von insgesamt 16 Millionen Euro bereitstehen.

Ziel der Förderung der Breitbandversorgung ländlicher Räume im Rahmen der Umsetzung der Ge- meinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes ist es, durch die Schaffung einer zuverlässigen, erschwinglichen und hochwertigen Breitbandinfrastruktur die Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien in bislang unterversorgten ländlichen Gebieten zu ermöglichen, und damit insbesondere land- und forstwirtschaftliche Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Großes Potential für den Breitbandausbau bietet die Nutzung von Synergien im Infrastrukturbereich, z. B. bei der Energieversorgung sowie im Straßenbau und bei der Bahn, die künftig besser genutzt werden sollten. Zur Versorgung des ländlichen Raums sind zudem Funktechnologien von besonderer Bedeutung. Eine deutliche Verbesserung der Versorgung wird durch die Verwendung des neuen Mo- bilfunkstandards LTE (Long Term Evolution) erwartet.

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