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Predigt im Gottesdienst am Sonntag 31. Januar 2021 in der ref. Kirche Birmensdorf Die Verklärung Jesu

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Predigt im Gottesdienst am Sonntag 31. Januar 2021 in der ref. Kirche Birmensdorf

Die Verklärung Jesu

Mt 17,1-9: Die Verklärung Jesu

Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt;

sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist

gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

Predigt

Ewiger, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst

und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Ps 8,5 - So fragt der Dichter von Psalm 8 in der Bibel.

Was ist der Mensch? - Liebe Gemeinde, eine grosse Frage. In vielen Richtungen zu beantworten - vielleicht letztlich auch unbeantwortbar.

Jedenfalls öffnen sich weite Dimensionen, die wir kaum ermessen können.

Und der Dichter von Psalm 8 steigt im gleichen Atemzug noch höher hinaus, wenn er sich auf den göttlichen Urgrund bezieht: Was ist der Mensch, dass du (Gott) seiner gedenkst?

Aber bleiben wir erst mal auf dem Boden: Was ist der Mensch? Die Frage allein ist schon Herausforderung genug. Paul Ricoeur, der französische

Carl Bloch, Verklärung Christi (1892), gemeinfrei

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Philosoph, hat einmal eine Antwort gegeben, die mich nachhaltig

beeindruckt. Ricoeur schreibt: Der Mensch, das ist die Freude des «Ja» in der Trauer des Endlichen.

Die Freude des «Ja»: Uns Menschen zeichnet demnach dieses «Ja» aus. Das

«Ja» zum Leben, die Lebenslust, die Freude, die Erfahrung von Sinn, von erfüllter Zeit und geglücktem Leben. Ich fasse Mut, ich wage es. Ja, ich will leben. Und ich erfahre dabei immer wieder Momente des Glücks und der Freude. Momente, die ein strahlendes Lächeln auf mein Gesicht zaubern.

Momente, in denen ich spüre: Jetzt ist es gut. Weil meinem «Ja» in dieser und jener Situation, in diesem oder jenem Menschen ein anderes «Ja»

entgegenkommt. Weil plötzlich Resonanz entsteht. Weil - wenn ich den Boden jetzt doch verlasse und zum Himmel blicke - ich dann durch alles hindurch spüre: Gott bejaht mich zutiefst und wünscht, dass ich da bin.

Dieses Glück aber blitzt meistens nur ganz kurz auf: kaum verspürt man es, ist es auch schon wieder vorbei. Die Trauer des Endlichen - um

nochmals auf Ricoeur zurückzukommen - überzieht mit ihrem Schleier das Leben, das vergeht. Alles ist endlich, begrenzt. Nichts bleibt. So fest ich den Glücksmoment auch halten mag, letztlich zerrinnt er zwischen den Fingern.

Einen so besonderen Moment habe ich im Konflager in der Toscana im letzten Herbst erlebt. Aus wohlbekannten Gründen wussten wir bis zum letzten Moment nicht, ob wir überhaupt fahren, ob wir es verantworten können. Aber dann gab es dieses Zeitfenster, und wir haben es gewagt.

Eine grosse Verantwortung lastete jedoch auf meinen Schultern. Ich sah einen hohen Berg vor mir, sah all die möglichen Gefahren. Aber gut ausgerüstet, nicht alleine, sondern im Team und mit Gottvertrauen sind wir zusammen aufgebrochen zu jener Reise. Es ging gut, es war sogar wunderbar. Und es gab für mich jenen besonders lichten Moment, als wir in Pisa am Meer waren. Später Nachmittag. Wolkenloser Himmel. Die Sonne schien, ging langsam unter. Es war angenehm warm. Die Weite des Meeres vor Augen und der Meeresduft in der Nase. Die Jugendlichen tobten sich beim Baden im Meer aus, jauchzten vor Freude. Sie waren glücklich, und ich war es auch, sehr sogar. Für einem Moment

verschmolzen Himmel und Erde, alle Last fiel von meinen Schultern - alles war einfach nur gut.

Bald jedoch blickte ich wieder auf die Uhr. Zeit zum Aufbruch. Die Sonne verschwand schon am Horizont. Der Meereswind frischte auf. Schnell

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sammelte ich noch zwei schöne Muscheln ein und steckte sie in die Tasche. Als wollte ich den Moment so irgendwie doch festhalten oder konservieren. Und dann ging es bereits wieder weiter mit dem Lösen alltäglicher Lagerprobleme. Der Glücksmoment verflüchtigte sich schnell.

Wechselhaft ist das Menschsein. Die strahlenden Erfahrungen sonnig- wärmender Stunden im Zeichen jubelnder Lebensbejahung können gar blitzartig zerbrechen. Endlich ist jedenfalls alles Glück. Auf den Aufstieg folgt der Abstieg. – Was bleibt eigentlich in diesem nie ganz zu

verstehenden Wechselspiel? Was bleibt, was lässt uns hoffnungsvoll bleiben?

Aufstiege - wir alle kennen aus unserem Alltag beschwerliche Aufstiege.

Das ganze Leben besteht aus solchen. Da gibt es Vorbereitungen für eine schöne Feier, die man erst einmal bewältigen muss, bevor die Gäste kommen. Da gibt es das lange Lernen auf eine schwere Prüfung, bis man den Abschluss in der Tasche hat. Oder da sind Zeiten des Krankseins, die durchgestanden werden müssen, ehe wieder Erleichterung kommt. Da kann so mancher Aufstieg sehr lang sein. Und wenn ich unten am Berg stehe, können mir Zweifel kommen, dass ich es überhaupt da rauf schaffe.

Zum Glück sind andere Menschen da, die mich begleiten. Ich bin nicht alleine. Es ist wichtig, dass wir füreinander da sind. Und einen Aufstieg muss man ja auch nicht in einem Sprung schaffen. Schritt für Schritt geht es voran. Es ist wichtig, nicht zu weit nach vorne zu schauen, sondern sich auf den nächsten Schritt zu konzentrieren.

Auch die Jünger müssen nicht alleine auf dem Berg. Sie haben einander.

Und sie haben vor allem eines: einen Bergführer aus dem Himmel, von Gott: Jesus - sein Name bedeutet «Gott hilft» - führt sie an. Sie gehen alle zusammen. Nach dem Aufstieg sicher auf dem Berg angekommen,

geschieht es: Alles beginnt zu leuchten, zu strahlen. Für einen Moment, wie im Traum, wird der Himmel durchlässig. Sogar die Gestalten Mose und Elia erscheinen. Mose, der Anführer beim Auszug des Volks Israel aus Ägypten, Chiffre der Befreiung aller Menschen aus jeglicher

Gefangenschaft. Und Elia - der Prophet Gottes, der nach der jüdischen Überlieferung den Tod nicht schaute, mit seinem feurigen Wagen direkt in den Himmel hinauf fuhr. Und in der Mitte Jesus, Sohn Gottes, in dem sich die Befreiung und Überwindung des Todes in einem strahlenden Licht vereint.

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Petrus will den Moment festhalten. Er will Hütten bauen für alle. Er möchte für immer hier bleiben und in diesem wunderbaren Moment verweilen. Ich kann das gut nachvollziehen. Auch ich hätte den Moment am Meer in Marina di Pisa am liebsten festgehalten. Mir kam zwar nicht in den Sinn, Hütten zu bauen. Aber ich habe zwei Muscheln

eingesammelt, die nun zuhause auf unserem Esstisch neben einer Kerze stehen. Sie erinnern mich an den besonderen Moment. Sie geben mir sogar Kraft für neue Aufstiege.

Ich denke, jede und jeder von ihnen kann sich sicher an etwas Ähnliches erinnern. An einen schönen Moment in ihrem Leben, in dem sie sich dem Himmel ganz nahe fühlten. Man möchte diese Momente am liebsten für immer festhalten. So wie Petrus. Vielleicht ist ja heute das Fotografieren und Filmen von speziellen Lebensmomenten auch ein Ausdruck dieses Bedürfnisses. Es kann natürlich schnell neurotisch werden, wenn man es übertreibt. Die Gefahr besteht, vor lauter Festhalten-Wollen zu vergessen, den eigentlichen Moment zu erfahren und auszukosten, das Erlebnis in sich wirken zu lassen, damit es sich in der Seele verfestigt.

Ich bin mir gewiss: Solche Gipfelerlebnisse, die uns das Leben immer wieder bringt, hinterlassen Bilder in uns. Bilder, die später zur Proviant der Seele werden können, gerade beim Überwinden von Durststrecken und Ängsten. Mir hilft es jedenfalls, wenn ich dann die beiden Muscheln wieder in die Hand nehme und an jenen Moment am Meer denke. Die Erinnerung weckt in mir Lebensmut, die Freude des «Ja» in der Trauer des Endlichen.

In der lurianischen Kabbala, einer jüdischen Überlieferung mystischer Art aus dem Mittelalter, finde ich ein schönes Bild in Form einer Erzählung.

Sie handelt davon, wie das eine, allumfassende göttliche Licht im

Ursprung einst in zahllose Lichtfunken zersprang. Jeder Funke ein Teil von Gott in jedem Geschöpf und in den besonderen Momenten der Zeit.

Gott wohnt in diesen Lichtfunken in Zeit und Raum im Exil. Das "Antlitz Gottes" ist zerbrochen. Und dem Menschen ist es aufgegeben, durch die Verwirklichung von dem, was er ist, durch das Leuchten seines eigenen Lichtfunkens, Himmel und Erde wieder zu verbinden, die getrennten Lichtfunken wieder miteinander zu vereinen, das Antlitz wieder zusammenzufügen, um so die ewige Freude zu erfahren.

Mir gefällt diese Erzählung. Demnach sind also auch diese besonderen Glücksmomente im Leben, in denen unsere Gesichter vor Glück strahlen -

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seien sie auch noch so flüchtig - so etwas wie Vorboten der himmlischen Freude in Ewigkeit. So lässt sich auch das Wort Jesu verstehen, wenn er beim Abstieg zu den Jüngern sagt (ich übersetze die Stelle frei mit anderen Worten): Über das, was ihr jetzt erlebt habt, könnt ihr nur in Bezug auf die Ewigkeit sprechen (cf. Mt 17,9).

Unser Leben mit allen Aufstiegen und Abstiegen hat also eine ganz besondere Bedeutung. Gott wirkt in uns und mit uns etwas, das an

Schönheit und Glück alles überstrahlen wird. Wir nennen es in der Kirche das «Ewige Leben». Es soll also niemand mehr das Gefühl haben, das eigene Leben sei sinnlos. Dein Leben, auch wenn es hie und da sehr

schwer ist – es ist wichtig, dass es Dich gibt. Gott will, dass du bist. Du bist für Gott die Freude des «Ja» in der Trauer des Endlichen. Du bist Gottes Mitarbeiterin oder Mitarbeiter. Mit deinem Leben kannst du Himmel und Erde verbinden beim Aufstieg zur ewigen, himmlischen Freude.

Ich schliesse mit Psalm 8, mit dem ich begonnen habe. Nun zusammen mit dem folgenden Vers, der unter diesem Blickwinkel wohl besser zu verstehen ist:

Ewiger, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, das du dich seiner annimmst?

Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott, mit Ehre und Hoheit hast du ihn gekrönt. Ps 8,5f Amen.

Aesch, 29. Januar 2021 Marc Stillhard

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