• Keine Ergebnisse gefunden

Von der Erforschung der Mundarten der galizischen Pfälzer und Schwaben

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Von der Erforschung der Mundarten der galizischen Pfälzer und Schwaben"

Copied!
11
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Es ist ein ungeheures Gebiet, das auf diese Weise als Schenkungsdomäne der Fürsten erscheint. Kein Wunder, daß es jene starke Nachfrage nach bäuerlichen Hintersassen mit allen ihren verwickelten Folgeerscheinungen hervorgerufen hat, wie sie uns aus den Quellen jener Zeit entgegentreten. Auch die ständische Ge- staltung der polnischen Bevölkerung hat dadurch offensichtlich neue, entschei- dende Impulse erfahren.

Wenn wir nun jene neuen Ritterhöfe und die weitmaschige Besitzaufteilung der zentralpolnischen Urwälder als ein Ergebnis etwa des 11. und 12. Jhs. aussondern, landen wir damit eo ipso in den alten Siedlungsgauen von Kaminska. Es sind Gebiete mit großen, zusammenhängenden Flächen guten Bodens, auf denen sich die Bevölkerung immer enger zusammendrängte, während die Wälder und die darinnen zerstreuten Lehminseln, häufig Dombrowa genannt, aus strategischen oder Sicherheitsgründen praktisch siedlungsleer blieben. Erst die Befriedung des zentralpolnischen Raumes durch die Piasten brachte die Wälder, die solange Gemeingut waren, in die Verfügungsgewalt der Fürsten, die sie bald darauf, da die Rolle des Waldes als Glacis nun ausgespielt war, an ihre Getreuen verteilten.

Oskar Kossmann

Von der Erforschung

der Mundarten der galizischen Pfälzer und Schwaben I. Die Erforschung der Mundarten der galizischen Pfälzer und Schwaben begann mit der Beschreibung von Ortsmundarten. Ferdinand S c h m a l e n - b e r g behandelte 1909 in seiner germanistischen Prüfungsarbeit an der Lem- berger Universität die Mundart von Baginsberg; Ludwig S c h n e i d e r be- faßte sich gegen Ende der zwanziger Jahre im Rahmen seiner geschichtlich- volkskundlichen Forschungen mit der Weinbergener Mundart; ich selbst stellte 1930 in meiner Magisterarbeit an der Lemberger Universität die Lautlehre der Dornfelder Mundart dar. Von diesen drei Arbeiten ist nur die von L. S c h n e i - d e r gedruckt worden, und auch sie nur teilweise.1

II. Im Spätherbst 1930 betraute mich der Redaktionsausschuß, dem die Vor- bereitung eines Gedenkbuches für die 150-Jahr-Feier der deutschen Ansied- lung in Galizien oblag, mit der Ausarbeitung eines Beitrages über die Mund- arten der josefinischen Siedlungen in Galizien. Da die Zeit drängte, konnte ich für diese Arbeit keine umfangreicheren Erkundungen mehr anstellen. Ich veröffentlichte im Ostdeutschen Volksblatt 24 von mir nach Wenkers Vorbild zusammengestellte Sätze, mit denen die wesentlichen Merkmale unserer Mund- arten erfaßt werden konnten. Es gingen Übertragungen aus 57 Siedlungen, also aus etwa der Hälfte aller josefinischen Kolonien, ein. Dieses Material konnte ich durch eigene Übertragungen der Wenkersätze in elf Ortsmundarten und durch gelegentliche Beobachtungen an mehreren anderen Ortsmundarten erweitern.

1) L. S c h n e i d e r , Die Weinbergener Mundart. In: Jahresbericht des priv.

evang. Gymnasiums in Lemberg für 1928/29.

(2)
(3)

den: Wein — Wei(n) — W ei ,Wein' (eingeklammertes n bezeichnet die Nasalierung);

10. Nennformendung -en meist als schwaches e, in einzelnen Siedlungen als schwaches a erhalten: helfe — helfa ,helfen';

11. Mittelwortendung -en meist ganz geschwunden, in Makowa als schwaches e erhalten: gefall — gefalle ,gefallen';

12. für ,ich bin' teils ich sain, ich sai(n), teils (meistens) ich bin;

13. für ,ich habe' meist ich hun, selten ich hon oder ich hob (Makowa);

14. die zweite Person Mehrzahl meist mit der ersten und dritten übereinstim- mend: ehr missen ,ihr müßt' nach meer missen, ,wir müssen', sie missen, selten die alte Endung bewahrend: ehr mißt;

15. Verkleinerungssilbe meist -che, in Makowa und Einsingen -le: Neschtche — Neschtle .Nestchen';

16. Unterschiede im Wortschatz: Anredeform für ältere Männer meist Vetter, seltener Petter, Patt, Vatter; für Frauen meist Bas, weniger häufig Wees, Wees'che, Got, Mutter, Bäsle; für Topf meist Dippe, seltener Hawwe, Hafe, Dopp.

Im abschließenden Teil der Arbeit gliederte ich die pfälzisch-schwäbischen Mundarten in den südwestdeutschen Sprachraum ein. Da mir damals genauere Sprachkarten fehlten und mir manche Meldungen der Gewährspersonen nicht ganz zuverlässig schienen, mußte ich mich mit einem sehr allgemeinen Vor- gehen begnügen. Es zeigte sich, daß die Mundarten aller josefmischen Sied- lungen Galiziens in einem Raum mit folgender Begrenzung daheim sind (s. Karte nach S. 320): im Westen die wat/was-Linie, im Norden die fest/fescht- Linie, im Osten die Mann/Ma-Linie, im Süden die Is/Eis-Linie, also in dem Gebiet, das die heutige Pfalz, den Bereich der mittleren und unteren Nahe, Rheinhessen, den Teil Hessens südlich von Darmstadt, Nordbaden und Nord- württemberg umfaßt. Dem Leser blieb es überlassen, an Hand der Karte auf Grund der angegebenen Beispiele eine Scheidung innerhalb der Mundarten vorzunehmen: die die Form Appel aufweisenden, d. h. die weitaus meisten, westlich der Linie Appel/Apfel, und die von Makowa und Steinfels, für die die Form Apfel gut, östlich dieser Linie anzusiedeln, womit jene als pfälzische, diese als schwäbische Mundarten erkannt waren. Ja, man konnte die Ost- grenze für fast alle galizienpfälzischen Mundarten noch weiter nach Westen verlegen, nämlich bis an die c/ebroche/gebroch-Linie, und damit das Mutter- land dieser Mundarten auf die West- und Nordpfalz mit dem mittleren und unteren Nahegebiet und Rheinhessen beschränken, woher ja auch die Mehr- heit der josefinischen Siedler Galiziens gekommen ist.

Im Gedenkbuch2S legte E. C h r i s t m a n n , der verdienstvolle Erforscher der Mundarten der Pfalz, dar, daß auch die sog. „Hessen" in Galizien (Bewohner von Josefsberg und anderen Siedlungen) trotz ihrem o in haaß ,heiß', braat ,breit', Waad , Weide' u. a.und ihrem o in gemoont ,gemeint', hoom ,heim' u. a. mundart- lich als Pfälzer zu gelten haben, weü sie in ihrer Sprechweise die typisch pfälzi- schen Merkmale aufwiesen: Appel ,Apfel', Eis ,Eis', Haus ,Haus', was ,was' und vor allem fescht ,fest'.

2") E. C h r i s t m a n n , Von Herkunft und Sprache der „Hessen" und „Pfälzer"

(4)

Erforschung der Mundarten d. galiz. Pfälzer und Schwaben 315 III . Anfang der dreißige r Jahr e ergänzt e ich mein e Magisterarbei t durch eine Untersuchun g des slawischen Fremdworte s in der Dornfelde r Mundart. Diese r TeU der Arbeit erschie n im Druck.3 Ich stellte dari n im wesentlichen folgendes fest:

1. Da s fremd e Wort wird lautlich-grammatisc h weitgehen d an das Formenbild der Mundar t angeglichen . Die s zeigt sich vor allem in nachstehenden Punkten;

a) Fremde , in der Mundar t nich t vorkommend e Laut e werden durc h ähn - liche mundarteigen e Laut e ersetzt , un d zwar: stimmhafte r Verschluß - un d Reibelau t durc h stimmlose n Verschluß - bzw. Reibelaut : Boba ,altes Weib', mit stimmlose m b (von ukr.-poln . baba, mi t stimmhafte m b); Sahatte ,Verkleidun g des Hause s als Schut z gegen Kälte' , mi t stimm - losem s (von ukr . zahaty mit stimmhafte m s); Dowerschan, Ortsname (von poln . Dobrzany, rz = stimmhafte s seh); slawisches ś (mittelbreiter Zahnzischlaut ) durc h mundartliche s seh.: jakosch ,irgendwie ' (von ukr. - poln . jakoś); slawisches ù (Gaumen-1 ) un d slawisches erweichte s l (1 vor e ode r i) durc h mundartliche s Z (am Zahndam m gebildet) : Holotta ,Horde' (von ukr. hoùota); Waliska ,Köfferchen' , mit gewöhnliche m l (von poln. walizka, mi t erweichte m I); nibeto .gleichsam' , mit gewöhnliche m n (von ukr.-poln . nibyto, mi t erweichte m n) u.a. ; anlautende s h schwinde t vor Mitlaut , da es die Mundar t in dieser Stellun g nich t kennt : Retschki .Buchweizen ' (von ukr. hreczka); Luchmann ,taube r Mensch ' (von ukr.

htuchman) u. a.

b) Da s slawische Fremdwor t erhäl t die Bildungssilben der Mundart : ab- mutschete ,abquälen ' (von ukr. muezyty); ufmajite ,zu Pfingste n mit Grün schmücken ' (von ukr. obmajite); verkalitschete ,verletzen ' (von ukr. kaliczyty); Kleppanche oberflächlic h abgedroschen e Garbe' , nac h mund - artlic h Gärbche ,klein e Garbe ' (von ukr. klepaneć); Jasćhekelćhe ,kleines Kopfkissen' , nac h mundartlic h Kißche (von poln . jasiek) u. a.

c) Di e Abwandlun g (Konjugation) , seltene r die Biegun g (Deklination) , richtet sich nac h dem mundartliche n Schema : ich sappat, du sappatscht ,ich schnaufe , du schnaufst ' gegenübe r ukr. ja sapaju, ty sapajesz; Holloptcfier ,Kästäschchen ' (Mehlspeise) , Mehrzahl , nac h mundartlic h Kichelcher jKüchelchen' , Mehrzahl , gegenübe r ukr. hoùubci, u. a.

d) I n bezug auf Wortbetonun g un d Geschlech t (Genus ) siegte bald das mundartliche , bald das fremdsprachlich e Vorbild: 'Batschuk ,verschnittenes männliche s Schwein ' (von ukr . pa'ciufc) ; Ho'lotta ,Horde ' (von ukr.

ho'tota); Kape'luch .schäbiger Hut ' (von ukr. kape'luch); Bi'rogi ,Kästäsch - chen ' (von poln . pi'rogi) u. a.; der Bolka ,Polka' , ,Tanz ' (von poln . polka, weiblich), nac h der Danz, der Siwweschritt u. ä.; der Banjak ,Eisentopf (von ukr. banjak, männlich ) gegenübe r mundartlic h d a s Aisdippe, u. a.

2. Nac h den Triebkräfte n der Entlehnun g unterschie d ich folgende dre i Grup - pen slawischer Fremdwörter:

in Kleinpolen . In : Gedenkbuc h zur Erinnerun g an die Einwanderun g der Deut - schen in Galizie n vor 150 Jahre n (1781—1931), Pose n 1931, S. 118—122.

3) J. K r ä m e r , Da s slawische Fremdwor t in der Dornfelde r Mundart . In: Deutsch e Monatsheft e in Pole n 1 (1935) H. 7/8, S. 321—349.

(5)

Julius Krämer

a) Wörter, die mit einer neuen, den Ansiedlern bis dahin unbekannten Sache aus der slawischen Umwelt eindrangen: Retschki ,Buchweizen' (von ukr.

hreczka); Sahalte ,Schutzverkleidung am Hause' (von ukr. zahaty);

Gatche .Unterhosen' (von poln. gacie) u. a.

b) Wörter, die infolge häufigen Gebrauchs im Verkehr mit den slawischen Nachbarn und slawischen Dienstboten und dank ihrem einprägsamen Lautklang sich in der Mundart festgesetzt haben: Batschuk .verschnit- tenes männliches Schwein' (von ukr. paciuk) gegenüber dem mundart- eigenen Worte Barch; Kotz .Decke' (von poln. koc) gegenüber mundart- lichem Deck; dakoi .wirklich' (von ukr. takoj), u. a.

c) Wörter, die aufgenommen wurden wegen eines besonderen, gewöhnlich negativen Gefühlstones, der ihnen teils in der slawischen Sprache schon anhaftet, teils aber auch wegen ihrer slawischen Herkunft erst in der Mundart beigelegt wurde: War jat ,Narr', gewöhnlich als Schimpfwort gebraucht (von poln.-ukr. war jat); prost .ordinär' jedoch stärker als dieses (von ukr. prostyj .einfach'); aber auch mit höherer Wertung: Manju .Mariechen', jedoch als feiner empfunden als dieses (von poln. Maniu).

Das abschließende Kapitel des Beitrages enthält das Verzeichnis der slawi- schen Entlehnungen der Dornfelder Mundart. Es erscheinen darin 9 ältere, d. h. aus der alten Heimat mitgebrachte Entlehnungen (Bausch ,Peitsche', dudele ,dudeln', Kummet u. a.) und 160 jüngere slawische Fremdwörter, dar- unter 118 ukranische, 30 polnische, 10 ukrainisch-polnische und 2 russische (Machorka, eine Tabakart, und Nahajka ,kurzstielige Peitsche', beide aus der Zeit 1914/18). Die ukrainischen Fremdwörter entstammen durchweg der ein- fachen Lebenssphäre ländlicher Art, die polnischen vornehmlich der städtischen Zivilisation.

IV. 1938 veröffentlichte L. S c h n e i d e r die Arbeit „Die Flurnamen in den deutschen Siedlungen Galiziens".4 Er behandelte darin die Namen von Äckern und Wiesen aus 55 Kolonien. Als Quelle dienten ihm für 18 Siedlungen die Ansiedlungsakten des staatlichen Archivs (Archiwum aktów grodzkich i ziem- skich) in Lemberg und für 46 Siedlungen, davon 9 bereits in den Ansiedlungs- akten aufgeführte, die Flurnamensammlung von Magister Hertha S t a u f f e r , die um diese Zeit im Germanistischen Seminar von Prof. Dollmayr, Lemberg, über die Flurnamen der deutschen Kolonien in Galizien gearbeitet hatte. Nach Schneiders AngabeE behandelte Hertha Stauffer in ihrer Arbeit die Flurnamen

„mehr von der philologischen Seite", worunter vielleicht die Gewinnung von allgemeinen Merkmalen der deutschen Mundarten in Galizien zu verstehen ist.

Es muß bedauert werden, daß diese Arbeit nicht publiziert wurde und auch nicht mehr zu beschaffen ist.

Schneider selbst geht es in der Hauptsache darum aufzuzeigen, welche Merk- male der Fluren bei der Bildung ihrer Namen in den deutschen Siedlungen Galiziens entscheidend waren. Er hebt als solche hervor: Größe der Grund- stücke (Koretzstick, Dreivertelwiß u. ä.), Gestalt (Dreispitz, Korzwiß u. ä.), Lage (Erschtgwann, Zwettgwann, Waldwiß u. a.), Zugehörigkeit (Edelhof,

4) In: Deutsche Monatshefte in Polen 4 (1938) H. 9, S. 399—408.

5) ebenda, S. 400.

(6)

Erforschung der Mundarten d. galiz. Pfälzer und Schwaben 317 Arendegrund, Paffestick u. a.), „innerliche Beziehung" (Goldflur, Hell ,Hölle' u. a.). An pfälzischen Wörtern wie Gewann (Hochgwann u. a.), Stick (Kreizstick, Neistickelche u. a.), Buckel (Haidebuckel), Bihl (Bühl = Hügel, Bihlgwann u. a.) sei zu erkennen, daß die Ansiedler bei der Namengebung mitgewirkt haben.

Schneider erwähnt auch eine Reihe slawischer Flurnamen und erklärt sie.

V. Die Arbeit an der Erforschung der Mundarten der galizischen Pfälzer und Schwaben konnte ich erst nach dem Zweiten Weltkriege fortsetzen. Sie erhielt eine breitere Grundlage, als ich im Sommer 1954 die Leitung des Pfälzischen Wörterbuches übernahm. Indem ich das Sprachgut der Auslandpfälzer für das Wörterbuch sammelte, gewann ich reiches Material für Untersuchungen an den Mundarten meiner Landsleute. Da um diese Zeit die Sammelarbeit des Pfälzischen Wörterbuches im Rahmen der Pfalz im wesentlichen abgeschlossen war und die Ausarbeitung des Wörterbuches in Angriff genommen werden sollte, mußte ich mich bei den Auslandpfälzern mit ausgewählten Proben be- gnügen. Es wurden vom Herbst 1954 bis jetzt 20 Fragebogen ausgegeben. Ihre besondere Zweckbestimmung war im einzelnen:

Fragebogen 1—3: Erfassung von dialektgeographisch ergiebigen Wörtern;

Fragebogen 4—6 und 10, 11: altertümliche, seltene und typische Mundart- wörter, besonders solche der bäuerlichen und handwerklichen Sphäre;

Fragebogen 7—9: französische, slawische und andere Fremdwörter;

Fragebogen 12: Lautqualitäten;

Fragebogen 13: Ortsnamen, Flurnamen;

Fragebogen 14: Wenkersätze;

Fragebogen 15—20: Sprichwörter, sprichwörtliche Redensarten, Volksreime.

Die Mitarbeit war am regsten unter den Galizienpfälzern. So wurde der dialektgeographisch besonders wichtige Fragebogen 2 von 144 Gewährsleuten für 109 galizische Siedlungen beantwortet, und die Wenkersätze wurden von 105 Galiziern in 91 Ortsmundarten übertragen. Bei mehreren Fragebogen konn- ten nur Stichproben gemacht werden, weil es schwer hielt, genügend zuver- lässige Helfer zu finden, die auch längere Zeit mitzuarbeiten bereit waren.

Doch sank die Zahl der Bearbeiter bei den Galiziern nie unter 30. Von großem Wert waren die freien Sammlungen, die von besonders eifrigen Landsleuten für acht Siedlungen beigesteuert wurden. Dazu kamen Tonbandaufnahmen, die für Dornfeld, Baginsberg, Broczkow, Ottenhausen und Neuhof gemacht werden konnten.

Das eingegangene Material wurde zunächst für das Pfälzische Wörterbuch ausgewertet. Es zeigte sich (was von vornherein zu erwarten war), daß der Vergleich der Siedlungsmundarten mit denen der Pfalz besonders für die Kenntnis der lautlichen und lexikalischen Entwicklung des Pfälzischen von großem Wert ist. An einigen Beispielen sei dies angedeutet. Unsere galizien- pfälzischen Mundarten (wie auch die pfälzischen Mundarten des Buchenlandes und des Donaugebietes) weisen in Wörtern wie ,aber', ,Garten' deutlich ge- sprochenes r auf: awwar, Gaarda. In der Pfalz und den im Norden und Nord- osten an sie angrenzenden Gebieten ist r in diesen Wörtern bereits geschwun- den oder im Schwinden begriffen: awwar, awwa, Gaarda, Gaada. In den mund-

(7)

artliche n Entsprechunge n für ,ich' , ,tüchtig ' wurd e in Galizie n (ebens o im Buchenlan d un d im Donaugebiet ) der ich-Lau t gesprochen : ich, dichdich. In der Pfalz un d ihre n Nachbargebiete n im Norde n un d Nordoste n erschein t ch in solchen Wörter n als ein sch-ähnliche r Laut : isch, dischdisch. Ein weiterer auffallende r Unterschie d ergibt sich beim Vergleich der mundartliche n Ver- tretunge n für germ. d un d p (stimmlose r Zahndammreibelaut ) in Wörter n wie ,Wetter' , .Bruder' ; diese ist in der Westpfalz un d in der Nordpfal z sowie in den nördlic h un d nordöstlic h an diese anschließende n Gebiete n zumeis t r, bei den Galizienpfälzer n (desgleiche n bei den Buchenland - un d Donaupfälzern) fast ausnahmslo s d ode r <i (stimmhafte r Zahndammreibelaut) : Werrer, Brurer

(in der Pfalz) — Wedder bzw. Wedder, Bruder bzw. Bruder (bei den Ausland - pfälzern) . Di e Mundarte n der galizischen , buchen - un d donauländische n Pfälzer repräsentiere n das Pfälzisch e des ausgehende n 18. Jhs . (der Zei t ihre r Aus- wanderung) , die Beispiele aus der Pfalz die jünger e Sprachstufe . Es kan n also gesagt werden , daß der aufgezeigte Sprachwande l erst nac h der Auswanderung eingesetz t hat . Doc h bedar f dieser Fragenkomple x noc h eine r gründlichen Bearbeitung.

Auffallend sind auc h Unterschied e im Wortschatz . I m allgemeine n kan n man sagen, daß die Auslandpfälze r das typisch mundartlich e Wortgu t besser be- wahr t habe n als die alte Heimat , weil sie dem Einflu ß der Schriftsprach e nicht so star k ausgesetzt waren wie das deutsch e Binnenland . Ma n gewinnt auch den Eindruck , als sei das Sprachschöpferisch e in der alte n Heima t reger als in dem meh r auf Bewahrun g eingestellte n Siedlungsgebiet . De r Vergleich zwischen der Mundar t des Binnenlande s mit der des Auswanderungsgebietes (der Auswanderungsgebiete ) läßt dahe r auch manche s vom Alter gewisser Wörte r erkennen . I n der Pfalz wie auch in den pfälzischen Siedlungsgebieten ist der Metzger , der die Hausschlachtunge n vornimmt , eine bekannt e Er - scheinung . I n den Siedlungsgebiete n heiß t er einfach Metzger ode r Metzjer, in der Pfalz Brandmetzjer ode r Adventsmetzjer (weil die Hausschlachtunge n hauptsächlic h in der Vorweihnachtszei t vorgenomme n werden) . Ein sehr be- liebtes Bekräftigungswor t ist in der West- un d Nordpfal z sowie in den an - grenzende n Gebieten , d.h . im Hauptherkunftsgebie t der Galizienpfälzer , das Wort allemol (allemal) . In den Siedlungsgebiete n war es, wiewohl es doch durch seine Prägnan z sehr gut eingeht , unbekannt . Es ist also erst nac h der Aus- wanderun g im Herkunftsgebie t aufgekommen . Ähnliche s läßt sich von vielen Fremdwörter n sagen, die zum festen Bestan d der Mundar t der alte n Heimat gehörte n ode r noc h gehören.

Nebenhe r war ich bemüht , die von unsere n Gewährspersone n bearbeiteten Frageboge n un d übertragene n Mustersätz e für die Kenntni s der galizien- pfälzischen un d -schwäbische n Mundarte n auszuwerten . Die s geschah fürs erste in meh r populäre r Darstellun g in Beiträgen , die im „Zeitweise r für Galizien - deutsche " von 1955 an veröffentlich t wurden , wo besonder s folgende Aufsätze zu beachte n wären : „Übe r da s slawische Fremdwor t in unsere n Mundarten " °,

„Übe r die Wenkersätze . Was un s die Wenkersätz e von unsere n Mundarten erzählen"7, „Aane , Atzel, Mollekopp , eine Zusammenstellun g aller Mundart -

6) In : Zeitweise r für Galiziendąutsch e 5 (1958), S. 75—78. 7) ebenda , 6 (1959), S. 94—100.

(8)
(9)

gab an Han d zweier Karte n eine dialektgeographisch e Eingliederung , die die Dornfelde r Mundar t in ihre n wesentliche n Merkmale n (abgesehe n vom Wandel von mhd . ei zu e) als nordpfälzisch e Mundar t erweist, was im ganzen auch mi t den Ergebnisse n der Herkunftsforschun g übereinstimmt . De n Haupttei l der Arbeit bildet der Kommentar , der sich an die phonetisch e un d literarische Wiedergabe des Texte s der Aufnahm e anschließt . Dabe i war mi r die Möglich - keit gegeben, das Bild der Mundar t nac h der lautlichen , morphologischen, syntaktische n un d lexikalischen Seite wesentlic h abzurunde n un d auc h das Lebe n un d das Brauchtu m meine s Heimatdorfe s in vielen seiner Züge zu beschreiben.

Als Nebenfruch t meine r Arbeit an dem un s von unsere n Gewährspersonen eingesandte n Sprachgu t gab ich 1961 das Büchlei n „Sprichwor t — Wohrwort"

im Verlage der Heimatstell e Pfalz, Kaiserslauter n (Frit z Braun) , heraus.1 7 Es bringt ein e Auswahl von Sprichwörter n un d sprichwörtliche n Redensarte n der Pfälzer im Ausland. De r Anteil der Galizienpfälze r ist dari n besonder s groß.

Wende t sich das Büchlei n auc h an eine n breitere n Kreis, so gibt es doch zum erstenma l eine Zusammenstellun g von Spruchgu f verschiedene r auslandpfälzi - scher Siedlungsgebiete , was es zu eine r brauchbare n Quelle wissenschaftlicher Forschun g mache n dürfte , zuma l da es in jedem Fall e genau e Angaben über die Verbreitun g der Wort e macht.

VII. Fü r das Heimatbuc h der Galiziendeutschen , das gegen End e 1964 er- scheine n soll, liegen zwei Arbeiten aus der Namenforschun g von W. M e t z l e r vor: „Di e Name n der deutsche n Siedlunge n in Galizien " (10 Seiten ) un d „Die Flurname n der deutsche n Siedlunge n in Galizien " (13 Seiten) . Metzle r stellt zwei Schichte n von Ortsname n heraus : ältere , von den benachbarte n slawischen Dör - fern genommene , un d jüngere , besonder s den größere n Siedlunge n von der An- siedlungskommissio n gegebene Namen , von dene n sich manch e nich t durch - setzten , so z. B. Hochberg für Makowa. Metzle r zeigt, zum Teil im Anschlu ß an das vom Pfälzische n Wörterbuc h zusammengetragen e Material , die verschie- dene n Namentype n auf:

1. Zusat z von Neu-, Deutsch- oder -Kolonie zum Name n des slawischen Dorfes, dessen Gegenstüc k die deutsch e Siedlun g ist, z. B. Neu-Chrusno, Deutsch- Golkowice, Kimirz-Kolonie u. a.;

2. Übersetzun g slawischer Namen , z.B. Kaltwasser aus Zimn a Woda u.a.; 3. Umgestaltun g slawischer Name n entsprechen d der mundartliche n Aussprache

der slawischen Laut e (mit der sich der Autor eingehende r befaßt) , z. B. Schumlau aus Ożomla (nur , daß sich die meiste n dieser Umgestaltungen

offiziell nich t durchsetzten);

4. Name n nac h den Hauptpersone n des Ansiedlungswerkes, z. B. Josefsberg nac h Josep h IL, Dornfeld nac h dem Gubernialra t Ritte r Geor g von Dornfeld, Mierow nac h dem Grafe n Josef von Mie r u. a.;

5. Namen , die bestimmt e Merkmal e festhalten , Wunscheharakte r habe n u.a.: Neudorf, Lindenfeld, Mariahilf u. a.

17) J. K r ä m e r , Sprichwor t —• Wohrwort . Ausgewählte Sprichwörte r und sprichwörtlich e Redensarte n der Pfälze r im Ausland. Kaiserslauter n 1961. (Pfälze r in der weiten Welt, Folge 5.)

(10)

Grundmerkmale der galizienpfälzischen und -schwäbischen Mundarten

Die Linien für wat/was, fest/fescht, Appel/Apfel, Is/Eis, gebroch/gebroche ans dem Sprachatlas des Deutschen Reiches ;die Mann/Ma-Linie nach Sütterlin, Neuhochdeatsche Grammatik (1924), S. 279

Entwurf: J. Krämer

(11)

In seiner Arbeit über die Flurnamen in den deutschen Siedlungen in Galizien fußt Metzler im wesentlichen auf dem oben kurz behandelten Aufsatz von L. Schneider und dem Material des Pfälzischen Wörterbuches. Wie Schneider führt auch er — nur eingehender, da ihm mehr Unterlagen zur Verfügung standen — die verschiedenen Typen der Flurnamen auf und erklärt schwie- rigere Formen, besonders solche slawischer Herkunft.

VIII. Mit den im vorstehenden knapp behandelten Arbeiten ist das vom Pfälzischen Wörterbuch für das Galizienpfälzische und -schwäbische gesammelte Material bei weitem nicht erschöpft. Ich gedenke es im Laufe der nächsten Jahre in drei weiteren Arbeiten auszuwerten: 1. Die Mundarten der galizischen Pfälzer, 2. Das slawische Fremdwort in den Mundarten der galizischen Pfälzer und Schwaben, 3. Der Wortschatz der galizischen Pfälzer und Schwaben. In der an erster Stelle genannten Arbeit sollen die galizienpfälzischen Mundarten aus- führlicher, als dies in dem oben genannten Aufsatz18 möglich war, beschrieben und dialektgeographisch genauer eingeordnet werden. In der Untersuchung über das slawische Fremdwort beabsichtige ich, die Ergebnisse der älteren, auf die Dornfelder Mundart beschränkten Arbeit10 zu verifizieren und in einem Verzeichnis möglichst alle slawischen Fremdwörter in unseren Mundarten auf- zuführen. Im Wörterbuch20 schließlich soll der Bestand an mundarteigenen Wörtern und fremden Entlehnungen aus den Sprachen der Umgebung aufge- zeigt und damit ein Beispiel für das Sprachleben einer Siedlungsgruppe von der Art der galiziendeutschen gegeben werden.

Julius Krämer 18) vgl. Anm. 2..

19) vgl. Anm. 3.

20) vgl. S. 317.

Besprechungen

Herbert Kraus, Der völkerrechtliche Status der deutschen Ostgebiete innerhalb der Reichsgrenzen nach dem Stande vom 31. Dezember 1937. Der Göttinger Arbeitskreis, Göttingen 1962. 177 S. (Als Mskr. gedr.)

Über die Rechtslage der deutschen Ostgebiete nach 1945 sind in der Zwischen- zeit bereits einige wesentliche Abhandlungen erschienen. So könnte es den An- schein haben, als sei auch die Arbeit des Vfs. nur eine erneute Darstellung in je- ner Reihenfolge. Dennoch kommt gerade dieser Untersuchung eine besondere Bedeutung zu, da sie als Aussage eines der namhaftesten Vertreter der deut- schen Völkerrechtslehre zur Rechtslage der Ostgebiete des Deutschen Reiches nach 1945 eine über den rein rechtlichen Rahmen hinausgehende Aufmerksamkeit für sich beanspruchen kann.

Einleitend begrenzt Kraus seine Arbeit durch die Beschränkung auf die Rechts- fragen des so vielseitigen Problems. Durch die Eigenart des Völkerrechts, die der Vf. stets vollauf würdigt, ergibt sich zugleich ein auch für jeden nicht juri- stisch geschulten Leser durchaus verständlicher Einblick in jenes die Weltpolitik immer wieder nachdrücklich mitbestimmende Rechtsgebiet an der Grenze zwi-

21

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Hans Peter Tschudi, Alt-Bundesrat, Präsident Patronatskomitee Barfi-Fescht; Annemarie Bilgeri, Stiftungsrätin Pro Senectute Basel-Stadt; Walter Brack, Präsident Club 65; Trudl

Ein Treffpunkt, mitten im Herzen Kleinbasels, dort, wo ein reges Kulturleben stattfindet, wo sich jung und alt begegnen, ist eine Einrichtung, an der nicht nur viele ältere

2) Zusatz der Schriftleitung: Seit 1949 hat auch das Geo physikalische Institut an der Universitat Hamburg (Prof. Raethjen) eine ozeanographische Abteilung und

Natürlich wissen wir nun auch wie die Menschen dieser Zeit lebten, dass sie schon Ackerbau betrieben, wie wichtig das Feuer für sie war, wie sie ihre Geräte und Waffen

XIII.. Der Meinungsstand nach Inkrafttreten des ERVCBG 118 I. Keine Regelung des rechtsgeschäftlichen Ervverbs durch das ERVGBG .... Die strenge Auffassung: Nachweis

Materieller Eigentumsschutz vermögensrechtlicher Ansprüche nach Art. Zusatzprotokoll EMRK I... 44 Die Historie des Eigentumsschutzes nach

Beeinflußt der Brünig Obwalden, so zeigen sich auch im Rhein¬ wald durch die Wirkung der Paßstraße Einbrüche in die Bündner Reliktlandschaft: Man sagt «Schlüs¬ sel», nicht

Wahr- scheinlich zu seinem eigenen Erstau- nen entdeckte er seine Leidenschaft für Chemie und Physik, bestand 1846 sein Examen und legte nur ein Jahr später mit der Promotion in