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Archiv "GLAUBWÜRDIGKEIT: Wohltuende Selbstkritik" (16.04.1993)

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dem offiziellen Organ von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesver- einigung, wird er zu einem skandalösen Ärgernis, das nicht unwidersprochen blei- ben kann. Ich (Jahrgang 1924) habe die damalige So- wjetische Besatzungszone

1949 verlassen, weil ich aus politischen Gründen mein in Leipzig begonnenes Medizin- studium dort nicht mehr fort- setzen durfte, kenne also die Nachkriegsverhältnisse „drü- ben" recht gut und schmerz- haft. Mir treibt der „Tatsa- chen"-Bericht des Kollegen Herold die Zornesröte ins Gesicht — aber was müssen erst die Kollegen in den neu- en Bundesländern bei der Lektüre denken?

Da wird von der „dramati- schen Flucht" mitten durch das Schußfeld der Volkspoli- zisten gelabert. Aber seiner- zeit gab es noch keinen „To- desstreifen", keine Minen und keinen Stacheldraht. Ich selbst habe damals auf der Suche nach einem Studien- platz in den westlichen Besat- zungszonen mehrfach die Zo- nengrenze überschritten, ein- mal sogar mit dem Fahrrad — wenn auch auf Schleichwe- gen —, aber ohne nennenswer- te Gefahr und ohne Drama- tik. Da geistert durch die ha- nebüchene Story der Kollege Herold mit seiner „antisozia- listischen Einstellung", aber relativ großem Einfluß auf die Geschicke der Stadt Tau- cha/Sachsen, den man angeb- lich sogar zum Gesundheits- minister von Sachsen machen wollte. Da sprudeln nur so die Gelegenheiten, bei denen dem Kollegen die Verschlep- pung in den Ural gedroht hät- te: die in letzter Sekunde doch nicht gehaltene Rede am Massengrab der von der SS ermordeten Juden, der aus Westdeutschland besorgte Aquamarin für die Frau Ge- mahlin etc. etc. Rührend auch die Geschichte vom „ge- rechten ersten sowjetischen Stadtkommandanten" und seinem „weniger angeneh- men" Nachfolger mit dem Pneumonie-Sohn. Und: Wer im März 1932 aus „Interesse

an großdeutschen Fragen" in die NSDAP eingetreten ist, sollte uns mit seiner Offenba- rung verschonen, ihm sei nach der Errichtung des Pro- tektorats Böhmen und Mäh- ren 1939 klargeworden, daß dieses großdeutsche Reich.

kein Rechtsstaat war und die- se Politik seinen Vorstellun- gen nun nicht mehr ent- sprach. Man kann so recht nachempfinden, wie man sich im Kreise der sechs Altnazi- Kolleginnen und -Kollegen gegenseitig seine antifaschi- stischen Widerstandsaktio- nen in der Zeit des Dritten Reiches aufgetischt hat, etwa die Erzählung vom Stalinbild im Schlafzimmer — unglaub- lich! Dabei müßte man sich doch sehr ernsthaft fragen, welche (braunen?) Schutzen- gel im Kriege ein damals 32jähriger junger Arzt gehabt haben muß, um in der Heimat als Theaterarzt und nicht an der Front agieren zu dürfen.

So wenig wie die kurz nach dem Kriegsende erschiene- nen Memoiren und Rechtfer- tigungs-Stories unserer (be- siegten) Wehrmachtsgenerale zur geschichtlichen Aufarbei- tung des zweiten Weltkrieges beigetragen haben, so wenig taugt der Bericht des Kolle- gen Herold zum Verständnis von „ärztlichem Handeln und politischer Verfolgung in SBZ und DDR". Wir sollten, wenn schon über dieses „For- schungsprojekt" geschrieben wird, die Kollegen zu Wort kommen lassen, die drüben geblieben sind, weil sie ihre Patienten dort nicht allein lassen wollten oder was auch immer der Grund gewesen sein mag. Berichten sollten mitteldeutsche Ärztinnen und Ärzte, die in der Sowjeti- schen Besatzungszone aus politischen oder „gesell- schaftlichen" Gründen tat- sächlich Pressionen und Ver- folgungen ausgesetzt waren.

Und wir sollten auch Kolle- ginnen und Kollegen hören, die möglicherweise sogar, von den „humanitären Idealen"

des Sozialismus geblendet, den brutalen Stalinismus nur spät oder zu spät erkannt hat- ten. Aber ein Herold-Report

gehört nicht in unser Deut- sches Ärzteblatt, sondern in den Papierkorb.

Professor Dr. med. Joa- chim Jahnecke, Kölnstraße 54, W-5300 Bonn 1

Mit äußerstem Befremden...

Ich habe mit äußerstem Befremden zur Kenntnis ge- nommen, daß Sie Ihr Blatt zur Veröffentlichung des Be- richtes eines DDR-sy- stemtreuen Ärztefunktionärs zur Verfügung gestellt haben.

Mir sind diese Typen aus eigener Erfahrung recht gut bekannt. Wenn diese Antifa- geschulten Herren schon nicht schweigen, so sollten Sie wenigstens bemüht sein, kein Forum posthum für solche Elegien zu sein.

Dr. Thieme, Am Bülten- moor 8, W-2121 Brietlingen

GLAUBWÜRDIGKEIT

Zu den Beiträgen „Alkoholab- hängigkeit: Komplikationen der Krankheit und Behandlung", von Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Wind- gassen, und „Das Ausstellen un- richtiger Gesundheitszeugnisse — Ärztliche Atteste auf dem Prüf- stand", von Prof. Dr. med. Wolf- gang Eisenmenger, in Heft 3/1993:

Wohltuende Selbstkritik

In den Artikeln erscheint verhaltene Kritik an dem lei- der schon beinahe typischen Fehlverhalten von Arzten, welches die Glaubwürdigkeit und Stellung der Ärzte in der Gesellschaft langfristig unter- gräbt. Sowohl in der Behand- lung des Alkoholkranken als auch bei der Ausstellung von Attesten auf Verlangen des Patienten wird der Arzt lei- der häufig zum Komplizen desselben. Der Alkoholkran- ke wickelt den Arzt häufig in sein die Krankheit beschöni- gendes System ein, wodurch er schnell wieder aus der ärzt- lichen Praxis rauskommt, oh- ne wirkliche Hilfe hinsichtlich seiner Krankheit erhalten zu haben. Für den Arzt ist diese oberflächliche Behandlung

der Alkoholkrankheit der einfachste Weg; denn wirkli- che Hilfe für den Alkohol- kranken bedarf einer intensi- ven zeitraubenden Beschäfti- gung mit ihm, die nicht immer ohne Konfrontation abläuft.

Ärztliche Atteste gelten als leicht erhältlich für alle möglichen Belange. Für be- stimmte Zwecke, beispiels- weise für die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, gibt es „Attest-Fachärzte", die bei Patienten in Mund-zu-Mund- Propaganda gehandelt wer- den. Leider wird durch die leichtfertige Praxis der Attestausschreibung auch die

„echte", gewissenhaft ausge- stellte Bescheinigung vom Empfänger in Zweifel gezo- gen.

Die nächste Selbstkritik über ärztliches Handeln könnte bezüglich der bisheri- gen Verschreibungspraxis ge- äußert werden. Das derzeiti- ge restriktive Verhalten dies- bezüglich zeigt, daß die mei- sten der bisher verschriebe- nen Medikamente nicht not- wendig waren — oder haben jetzt die Patienten eine Ver- schlechterung der Gesund- heit zu befürchten? Die schnelle Rezeptierung ist eben zeitlich weniger aufwen- dig als ein Gespräch.

Erst kürzlich standen mir die Haare zu Berge, als mir eine junge alkoholkranke Pa- tientin, die durchaus auch suizidgefährdet ist, die von zwei Fachärzten verordneten Medikamente vorlegte, die sie in einer wohlgefüllten Pla- stiktüte gesammelt hatte. Die Medikamente waren gegen verschiedene Beschwerden gerichtet wie: Depressionen, Kopfschmerzen, Schlafstö- rungen, Magenschmerzen und Bauchkrämpfe, Gelenk- und Sehnenschmerzen, Mus- kelkrämpfe und gegen eine gastrointestinale Pilzerkran- kung, die bei ihr festgestellt worden sei. Natürlich hatte die Patientin bei den Ärzten nach einem Medikament für jedes der als unerträglich an- gegebenen Beschwerden ver- langt. Mit Hilfe der verordne- ten Medikamente ist die Ver- besserung des Gesundheits- A1-1080 (8) Dt. Ärztebl. 90, Heft 15, 16. April 1993

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Bei Reizmagen und Reizkolon

£R suffiutA siiteiG

1BEROGAST®

Pflanzliches Arzneimittel

A1-1082 (10) Dt. Ärztebl. 90, Heft 15, 16. April 1993 zustandes der körperlich ge-

sund erscheinenden und Sport treibenden Patientin kaum möglich. Eine wirkliche Maßnahme gegen die bei der Patientin bekannte Alkohol- krankheit, die möglicherweise im Rahmen einer psychischen Krankheit besteht, wurde nicht getroffen.

Dr. med. A. U. Bock, Krahnenstraße 3-5, W-5000 Köln 80

Zerstörung des Ansehens

Jeder Arzt dürfte über die zwingende Notwendigkeit der korrekten Zeugnisabgabe in- formiert sein. Sollte sich ein Arzt hier fehlverhalten, so denke ich, sind ihm die Kon- sequenzen bekannt.

Ich denke an die Diskussi- on über die Arbeitsunfähig- keitsbescheinigungen, deren Glaubwürdigkeit vor einiger Zeit durch einige Arbeitgeber angezweifelt wurde. Die Rechtsprechung korrigierte dies, so daß durch eine öf- fentliche Diskussion der Ein- druck entsteht, daß die Aus- stellung unrichtiger Gesund- heitszeugnisse nicht eine Sel- tenheit darstellt, sondern häufig vorkommt.

In der Vergangenheit hat sich mir gezeigt, daß in der Politik und in den Medien ein Bedürfnis nach Zerstörung des ärztlichen Ansehens zu bestehen scheint und jede Äußerung über eventuelles ärztliches Fehlverhalten „aus- geschlachtet" wird. Ich den-

ke, hier sollte ärztlicherseits nicht Vorschub geleistet wer- den.

Das hohe Maß ärztlicher Ethik wird mir allein schon aus der Tatsache deutlich, daß ein solcher Artikel im Ärzteblatt veröffentlicht wird. In anderen vergleichba- ren beruflichen Bereichen wird damit anders umgegan- gen, da wird verteidigt, zu- rückgewiesen, in Frage ge- stellt, negiert bis dahinge- hend, daß zum Beispiel krimi- nelles Fehlverhalten (nach meinem Rechtsempfinden) von Politikern von diesen als völlig legal hingestellt wird.

Dr. med. Karl-Heinz Lin- der, Alte Hünxer Straße 8, W-4223 Voerde 2

ARZNEIMITTEL

Zu einer Information über ein Stufenplanverfahren des Bundes- gesundheitsamtes: „Somatropin- haltige Arzneimittel", nachge- druckt von der Arzneimittelkom- mission der Deutschen Ärzteschaft in Heft 34-35/1992:

Mißverständlich

Dem BGA waren intra- kranielle Tumoren oder Tu- morrezidive unter Somatotro- pin-Behandlung gemeldet worden, die größte Gruppe davon waren Kraniopharyn- geome. Daraufhin wurde eine Mitteilung herausgegeben, die von der Arzneimittelkom- mission der Deutschen Ärzte- schaft im Deutschen Ärzte- blatt nachgedruckt wurde.

Diese Mitteilung des BGA

führte zu Mißverständnissen und zu einer allgemeinen Be- unruhigung. Mit einer Rich- tigstellung meldet sich daher die APE/SPE zu Wort.

Ein Wachstumshormon- Mangel kann viele Ursachen haben, auch ein Hirntumor kommt in Frage. Bei nachge- wiesenem Mangel von soma- totropem Hormon (STH) sollte daher unbedingt vor Beginn einer Behandlung die Ätiologie dieser Störung durch geeignete Verfahren abgeklärt werden.

Wurde dabei ein Hirntu- mor entdeckt, sollte er zuerst durch Operation und/oder Bestrahlung/Chemotherapie behandelt werden. Danach muß die erforderliche Substi- tutionstherapie überlegt wer- den.

Nach allem, was man bis- her weiß, stellt ein Hirntumor keine grundsätzliche Kontra- indikation für die Wachs- tumshormon-Therapie dar, auch nicht, wenn er nur parti- ell oder subtotal entfernt wer- den konnte und ein Resttu- mor verblieben ist. Mehrere Studien haben kürzlich ein- deutig gezeigt, daß solche Tu- moren unter oder nach STH- Therapie nicht häufiger rezi- divieren. Das war auch nicht der Fall, wenn vor STH-The- rapie im CT/MR ein Resttu- mor nachweisbar war.

In der letzten Untersu- chung zu dieser Problematik wurde eine größere Zahl von Kindern mit Hirntumoren überprüft; unberücksichtigt blieben Patienten, die bereits

innerhalb von zwei Jahren nach Tumordiagnose ein Re- zidiv entwickelten. Von den übrigen 207 Patienten waren 47 im Durchschnitt drei Jahre mit Wachstumshormon be- handelt worden, 160 Patien- ten hatten kein STH erhalten.

Zu einem Tumor-Rezidiv kam es bei 5 der 47 Patienten mit Wachstumshormon-The- rapie (elf Prozent) und bei 42 der 160 Patienten ohne STH- Therapie (26 Prozent). In dieser Studie befanden sich viele Patienten mit Medullo- blastom: zwei von 26 Patien- ten mit STH-Therapie ent- wickelten ein Rezidiv des Me- dulloblastoms (acht Prozent), dagegen 15 von 43 Patienten ohne Wachstumshormonbe- handlung (35 Prozent).

Von den Hirntumoren im Kindesalter führen vor allem Kraniopharyngeome zu ei- nem Hypothalamus/Hypo- physen-Ausfall. Seit der er- sten Wachstumshormonbe- handlung Ende der 50er Jah- re erhielten auch diese Pa- tienten mit STH-Mangel durch Kraniopharyngeome weltweit Wachstumshormon, eine Zunahme der Rezidive wurde darunter nicht gese- hen.

Die optimale Therapie dieser Tumoren stellt die to- tale operative Tumorentfer- nung dar. Auch nach totaler operativer Exstirpation kam es jedoch in etwa 22 Prozent zu einem Rezidiv. Nach sub- totaler Tumorentfernung lag die Rezidivrate bei 71 Pro- zent. Wurde an die partielle

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Zusammensetzung: 100 ml Tinktur enthalten: Alkohol.

Frischpflanzenauszug (6:10) aus Iberis amara totalis 15,0 ml, alkoholische Drogenauszüge (3,5:10) aus: Angelicae radix 10,0 ml, Cardui mariae fructus 10,0 ml, Carvi fructus 10,0 ml, Chelidonii herba 10,0 ml, Liquiritiae radix 10,0 ml, Matricariae flos 20,0 ml, Melissae folium 10,0 ml, Menthae piperitae folium 5,0 ml. Das Arzneimittel enthält 31,0 Vol.-% Alkohol. Anwendungsgebiete: Funktionelle Magen- Darm-Erkrankungen, wie Motilitätsstörungen, Oberbauch- beschwerden, Sodbrennen, Reflux-Oesophagitis, chronische Gastritis, Gastroenteritis, Reizkolon. Gegenanzeigen, Neben- wirkungen und Wechselwirkungen: Keine bekannt.

Dosierung und Anwendung: Soweit nicht anders verordnet, nehmen Erwachsene 3 mal täglich 20 Tropfen, Kinder 3 mal täglich 10 Tropfen vor oder zu den Mahlzeiten in etwas Flüssigkeit (empfehlenswert ist lauwarmes Wasser) ein.

Darreichungsform, Packungsgrößen und Preise: OP mit 20 ml Tinktur zum Einnehmen DM 8,48; OP mit 50 ml Tinktur zum Einnehmen DM 15,05; OP mit 100 ml Tinktur zum Einnehmen DM 27,39. Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, D-6100 Darmstadt. Stand: Januar 1993

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