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Archiv "Ein häufig vernachlässigtes Therapieprinzip: Betablocker verbessern die Prognose bei und nach akutem Myokardinfarkt" (04.10.1996)

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Angesichts der ungünstigen Pro- gnose einer manifesten koronaren Herzkrankheit und den daraus entste- henden Konsequenzen für die Betrof- fenen (Morbidität und Mortalität) und die Gesellschaft (Kosten) ist eine effek- tive Therapie oder Prävention auch vor dem Hintergrund limitierter Ressour- cen von enormer Bedeutung. Daher ist der Hinweis von Zander et al. auf den konsequenten Einsatz von b-Blockern wichtig. Einige der erwähnten Punkte bedürfen unseres Erachtens jedoch ei- nes Kommentars.

« Die Liste von Therapieprinzi- pien mit gesicherter Wirkung muß nach der 4S-Studie, der Wos-Studie und der Care-Studie um die Gruppe der CSE-Hemmer erweitert werden.

¬ Bei der Primärprävention exi- stieren unseres Wissens keine Studien, die eine signifikante Wirkung einer Monotherapie mit b-Blockern auf kar- diale Endpunkte belegen. Bei der in diesem Zusammenhang oft zitierten Maphy-Studie wurde Metoprolol mit – nach heutigen Erkenntnissen – eher hohen Dosen von Diuretika verglichen (1). Ein Plazeboarm fehlt, und nur bei 54 Prozent der Patienten war eine aus- reichende Blutdrucksenkung durch Monotherapie mit Metoprolol mög- lich.

Nach einer mittleren Behand- lungszeit von 4,2 Jahren waren in der Metoprolol-Gruppe 42/1 609 Patienten verstorben vs 57/1 625 Patienten in der Diuretika-Gruppe (Risikoreduktion 15 Prozent, p = 0,048). Auf die bekann- ten methodischen Probleme bei der statistischen Analyse von Maphy und Happhy und den daraus ableitbaren Folgerungen für ihre Interpretation wurde bereits an anderer Stelle aus- führlich hingewiesen (2). Der 1992 pu- blizierte MRC-Trial verglich b-Blocker und Diuretika mit Plazebo in der Be-

handlung von älteren Patienten mit Hypertonie. Nach einer mittleren Be- handlungsdauer von 5,8 Jahren war die Sterblichkeit durch b-Blocker nicht re- duziert (11,5 [Atenolol] vs 9,9 [Plaze- bo] Todesfälle/1 000 Patientenjahre), eine günstige Wirkung auf alle kardia- len Ereignisse war ebenfalls nicht fest- zustellen (3). Die Effektivität einer an- tihypertensiven Therapie bei Patienten über 59 Jahre zur Reduktion der koro- naren Mortalität kann jedoch anhand

vorliegender Metaanalysen (Risikore- duktion 25 Prozent [12 bis 36 Prozent], p = 0,00055) als gesichert gelten (4).

­ Die Tabelle 1 zur Akutbehand- lung des Myokardinfarktes könnte um die Ergebnisse der Smile-Studie (5) er- weitert werden. Sie belegt die Effekti- vität von ACE-Hemmern bei Patien- ten mit akutem Vorderwandinfarkt, bei denen keine Thrombolyse oder In- farkt-PTCA durchgeführt wurde.

Durch ACE-Hemmung für sechs Wo- chen konnte die Häufigkeit des kombi- nierten Endpunktes Tod oder schwere Herzinsuffizienz nach sechs Wochen um 34 Prozent signifikant gesenkt wer- den. Nach Ablauf eines Jahres waren in der Plazebogruppe 111/784 Patienten verstorben gegenüber 77/772 in der Zo- fenopril-Gruppe (Risikoreduktion 29 Prozent, p = 0,011).

Der Stellenwert der b-Blockade des akuten Myokardinfarktes ist gut belegt für Patienten, bei denen keine Thrombolyse durchgeführt wurde. So fand sich in der Isis-1-Studie eine Re-

duktion der Mortalität durch Atenolol um 15 Prozent (Vertrauensbereich 1 – 27 Prozent, 2p<0,04) nach sieben Ta- gen, während in der Miami-Studie die Mortalität nach 15 Tagen um 13 Pro- zent (Vertrauensbereich 8 – 33 Prozent, p=0,29) abnahm nach Gabe von Meto- prolol. Für Patienten, bei denen eine aktive Reperfusion angestrebt wird, existieren nur wenige Daten.

Die Ergebnisse der von Zander et al. zitierten TIMI-IIB-Studie müssen dabei allerdings differenziert betrach- tet werden. In ihr wurde eine sofortige mit einer verzögerten (sieben Tage nach dem Index-Myokardinfarkt) b- Blockade nach dem Miami-Protokoll bei Patienten verglichen, die eine Thrombolyse mit t-PA erhielten. Dabei wurden bei Patienten mit unkompli- ziertem Infarkt, der auch kein Vorder- wandinfarkt sein durfte, günstige Ef- fekte durch eine sofortige b-Blockade erzielt, die auch nach einem Jahr noch nachzuweisen waren (ein Todesfall un- ter 259 Patienten versus neun Todesfäl- le bei 252 Patienten, p=0,009). Demge- genüber war die Sterblichkeit bei Pati- enten mit kompliziertem Infarkt bezie- hungsweise Vorderwandinfarkt nach sechs Tagen, nach sechs Wochen und nach einem Jahr im Falle einer soforti- gen b-Blockade gegenüber dem verzö- gerten Behandlungsbeginn (nicht sig- nifikant) erhöht (6).

® Unterstreichen möchten wir die Bedeutung der β-Blockade für die Postinfarktphase. Insbesondere Pati- enten mit eingeschränkter Ventrikel- funktion scheinen dabei zu profitieren (BHAT). Dies wird bestätigt durch neuere Daten mit Carvedilol und durch die vorgelegte – retrospektive – Sub- gruppenanalyse der SOLVD-Studie, das heißt b-Blocker reduzieren Morbi- dität und Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz (in 60 bis 70 Prozent auf dem Boden einer KHK) signifi- kant. Hier sollte jedoch darauf hinge- wiesen werden, daß b-Blocker nach Myokardinfarkt außer zu selten mei- A-2560

M E D I Z I N DISKUSSION

(60) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 40, 4. Oktober 1996

Ein häufig vernachlässigtes Therapieprinzip:

Betablocker verbessern die Prognose bei und nach akutem Myokardinfarkt

Bedarf eines Kommentars

Zu dem Beitrag von Dr. med. Matthias Zander PD Dr. med. Stefan Schuster Prof. Dr. med. Helmut Gillmann und

Prof. Dr. med. Jochen Senges

in Heft 9/1996

(2)

stens in inadäquaten Dosen verordnet werden. Eine kürzlich publizierte Ana- lyse von 606 konsekutiven Infarktpati- enten konnte zeigen, daß nur sechs Prozent eine adäquat dosierte b-Blok- kade erhielten (7).

Zusammenfassend: Der Verlauf der koronaren Herzkrankheit kann durch das komplexe Wirkungsspek- trum von b-Blockern ohne intrinsische Aktivität offensichtlich günstig beein- flußt werden. Die existierende Da- tenmenge ist allerdings unübersichtlich und bedarf einer sorgfältigen Analyse.

Eine Reduktion „harter Endpunkte“

ist bislang nur unvollständig belegt – im wesentlichen für die Postinfarktphase.

Als Fazit für den klinischen Alltag bleibt, daß man immer darauf achten sollte – insbesondere in der Sekundär- prophylaxe –, alle durch entsprechende Studien belegten pharmakologischen Wirkungsprinzipien auch in adäquater Dosierung zur Anwendung zu bringen.

Literatur bei den Verfassern

Prof. Dr. E. P. Kromer und PD Dr. B. K. Krämer Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II 93042 Regensburg

« Thema unseres Beitrags war die Prognosebeeinflussung durch eine Betarezeptorenblocker-Therapie im Vergleich zu anderen pharmakologi- schen Therapieprinzipien mit direkt kardiovaskulärem Angriffspunkt in der Akut- und Langzeitbehandlung des akuten Myokardinfarktes. Aus Platzgründen wurde auf die Bedeu- tung der therapeutischen Beeinflus- sung kardiovaskulärer Risikofaktoren nicht eingegangen. Diesem Thema kommt ohne Frage ein vergleichbar hoher Stellenwert zu. Die überzeu- gendsten Daten zur Prognoseverbes- serung liegen für die medikamentöse Senkung des LDL-Cholesterins mit CSE-Hemmern vor. Die 4S-Studie (1), die zu 79,3 Prozent Postinfarktpa- tienten einschloß, und die Care-Studie (2), deren vorläufige Ergebnisse auf der 45. Jahrestagung des American College of Cardiology im März 1996 vorgestellt wurden, stellen Sekundär-

präventionsstudien dar. Die 4S-Studie schloß Patienten mit mäßig erhöhtem Cholesterin (212 bis 309 mg/dl) und damit erhöhtem atherogenen Risiko ein, die Care-Studie Patienten mit durchschnittlichen Cholesterinwerten (LDL-Cholesterin 115 bis 174 mg/dl).

Bekanntlich wurde in der 4S-Studie über einen mittleren Behandlungs- zeitraum von 5,4 Jahren die Gesamt- mortalität in der Simvastatingruppe gegenüber Plazebo um 30 Prozent sta- tistisch signifikant gesenkt. In der Ca- re-Studie konnte unter einer Behand- lung mit Pravastatin über fünf Jahre eine statistisch signifikante Reduktion des primären kombinierten Endpunk- tes „tödliches koronares Ereignis oder nicht-tödlicher Myokardinfarkt“ um 24 Prozent erzielt werden.

Den Effekt einer Betablockerthe- rapie nach Myokardinfarkt hatten wir mit einer 23prozentigen Minderung der Gesamtmortalität angegeben. Ein direkter Wirkvergleich ist methodisch bedingt selbstverständlich nicht mög- lich. Man darf jedoch annehmen, daß CSE-Hemmer und Betablocker einen annähernd gleich starken Effekt auf die Prognoseverbesserung haben.

¬ Auf die insgesamt unzulängli- chen Daten zur prognostischen Wir- kung der Betablocker in der Primär- prävention des Myokardinfarktes wurde hingewiesen. Eine Studie ähnli- cher Größe und mit ähnlichem, näm- lich plazebokontrolliertem Design wie die West of Scotland coronary preven- tion study (3), in der für ein Risikokol- lektiv ohne durchgemachten Herzin- farkt (Männer, 45 bis 64 Jahre, mit LDL-Cholesterin > 155mg/dl) unter einer Pravastatin-Therapie der kom- binierte primäre Endpunkt „nicht- tödlicher Herzinfarkt oder Tod durch KHK“ gegenüber Plazebo um 31 Pro- zent statistisch signifikant gesenkt werden konnte, wurde nie durchge- führt. – Daß auch aus den vorliegen- den Hypertoniestudien nur indirekt auf den prognostischen Effekt der Be- tablocker geschlossen werden kann, ist richtig und wurde von uns darge- stellt.

Die von uns zitierte Metaanalyse (4), die für eine antihypertensive The- rapie eine statistisch signifikante Re- duktion schwerwiegender kardialer Ereignisse um 15 Prozent berechnet, basiert schwerpunktmäßig auf Daten

zu Betablocker- und Diuretikabehand- lung. Im direkten Vergleich dieser The- rapieprinzipien schnitten Betablocker teils besser (5) ab, teils ergaben sich keine signifikanten Unterschiede (6).

Die Annahme, daß der Betablocker- effekt in einer Größenordnung von 15 Prozent liegt, erscheint damit gerecht- fertigt.

­ Die Smile-Studie (7) belegt den prognostisch günstigen Effekt einer ACE-Hemmer-Therapie nach Myo- kardinfarkt ohne Reperfusionsbe- handlung nur für das eingeschlossene Risikokollektiv (Vorderwandinfarkt, keine Lyse). Eine Extrapolation auf ein gemischtes Infarktkollektiv ist sicher- lich nicht zulässig. – Daß in der Akut- therapie des Myokardinfarktes die in- travenöse Gabe eines Betablockers in den ersten Stunden zunächst nur für den unkomplizierten Infarkt als pro- gnostisch günstig gelten kann, ist unbe- stritten. Auf die Kontraindikationen (Zeichen der akuten Herzinsuffizienz, arterielle Hypotonie, Bradykardie) ha- ben wir hingewiesen. In diesen Fällen ist – wenn überhaupt – ein verzögerter und oraler Therapiebeginn nach eini- gen Tagen vorzuziehen.

® Der Hinweis, daß Betablocker nach einem Myokardinfarkt nicht nur zu selten verordnet, sondern daß sie häufig auch zu niedrig dosiert werden, erscheint uns wichtig. Wir stimmen mit Kromer überein, daß ein b1-selektiver Blocker ohne sympathomimetische Aktivität gewählt werden sollte, dessen Dosis sich individuell an der Ruhepuls- frequenz des Patienten orientiert (Ziel- frequenz 55 bis 60/min, sofern gut tole- riert).

Ziel unseres Beitrages war es, die behandelnden Kollegen im stationären wie ambulanten Bereich zu ermutigen, Betablocker beim und nach dem Myo- kardinfarkt häufiger und beherzter ein- zusetzen. Die wissenschaftlichen wie klinischen Detailprobleme sollen dabei nicht ignoriert werden, sie dürfen aber auch nicht eine unangemessen zögerli- che Einstellung rechtfertigen.

Literatur bei den Verfassern

Für die Verfasser:

Dr. med. Matthias Zander

Kardiologische Gemeinschaftspraxis Saalbaustraße 27

64283 Darmstadt

A-2561

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 40, 4. Oktober 1996 (63)

Schlußwort

Referenzen

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