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Pseudomonas im Steinobst

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Academic year: 2022

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P F L A N Z E N S C H U T Z

Pseudomonas im Steinobst

Dieses Frühjahr war ein ausgesprochenes «Pseudomonas-syringae-Jahr». Der nasskalte Frühling mit einem Spätfrostereignis Ende April und relativ langer Blühdauer bot praktisch ideale klimatische Infektionsbedingungen für den bakteriellen Erreger. Die kantonalen Berater haben dieses Jahr deutlich mehr Pseudomonas-Verdachtsfälle für eine genauere Abklärung eingesandt. Zum Grossteil hat sich der Verdacht bewahrheitet. In diesem Artikel werden die aktuellsten Kenntnisse über Pseudomonas aufgezeigt.

Ja n Werthmüller, Mich a el Gölles und A ndre as Na ef, Agroscope, Wä densw il

jan.werthmueller@agroscope.admin.ch

Bakterien der Gattung Pseudomonas syringae haben e im Obstanbau weltweit grosse Verbreitung. Ihr breites Wirtsspektrum von mehr als 180 Arten – unter ande- rem Kernobst, Steinobst, Zitrus, Nüsse, Rosskastanien und Mango – und ihre schwierige Bekämpfung führen immer wieder zu grossen wirtschaftlichen Schäden.

In der Schweiz ist insbesondere der Bakterienbrand des Steinobsts von Bedeutung und führt zunehmend zu Problemen in der Produktion von Aprikosen, Kir- schen, Zwetschgen und Pfi rsichen. Die meisten Schä- den an Steinobst in der Schweiz werden durch zwei Unterarten verursacht: 1. Pseudomonas syringae pv.

syringae kann sowohl Kern- als auch Steinobst befal-e len, während 2.Pseudomonas syringae pv. morspruno- rum spezifi scher ist und nur auf Steinobstarten vor- kommt. Beide können auf der Pfl anzenoberfl äche

leben, ohne Symptome zu verursachen. Erst wenn sie in die Pfl anze eindringen, kommt es zu Blüten-, Blatt-, Rinden- oder Fruchtnekrosen.

Biologie

Die Hauptinfektionen erfolgen im Herbst und Winter über Blattnarben (vor allem bei Kirschen), Schnitt- wunden oder Rindenschäden (Frostrisse). Das Bakte- rium überwintert und vermehrt sich dann im Holz und in den Knospen. Herbstinfektionen führen häufi g zur Bildung von Rindennekrosen (Canker, Abb. 1). Darin können im folgenden Frühjahr Bakterien gefunden werden.

Sind Bakterien auf dem Holz vorhanden, kann Frost – auch ohne dass Wunden oder Risse auftreten – zu

Infektionen führen. Der Grund ist die Saugwirkung, die beim Auftauen gefrorener Rinde entsteht. Frost- perioden fördern daher die Bildung von Rindennekro- sen und die Ausbreitung des Bakteriums im Holz.

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Im Frühjahr kann P. syringae geöffnete Blüten und junge Blätter infi zieren und sich dort vermehren. Be- sonders kritisch sind kühle und nasse Witterungsperio- den um die Blüte (Abb. 2). Temperaturen zwischen 15 und 17 °C sind besonders kritisch für eine Infektion und in der Folge kommt es zum Auftreten der typischen Symptome an Blüten und Blättern (Abb. 3 u. 4). Froster- eignisse fördern auch zu diesem Zeitpunkt die Infek- tion durch P. syringae. Persen (2016) stellte in Öster reich auf Birnen, Kirschen und Aprikosen zehn Tage nach ei- nem Spätfrost Blattfl ecken, nekrotische Blütenbüschel und Triebspitzensterben fest, die auf P. syringae zurück- geführt wurden. Der Blüten- und Blattbefall ist meist nur lokal und breitet sich nicht in der Pfl anze aus. In sel- tenen Fällen kann es vorkommen, dass bei Blütenbefall die Bakterien in den Trieb eindringen und Nekrosen bil- den. Bei Blattbefall wurde dies bisher nicht beobachtet.

Blatt- und Blütennekrosen sind nur kurz aktiv und un- gefähr vier Wochen nach der Infektion ist ein Nachweis der Bakterien im Pfl anzengewebe meist nicht mehr möglich. Im Frühjahr können die Bakterien Pfl anzen- gewebe auch epiphytisch (aussen) besiedeln und dort überdauern. Das ist eine mögliche Quelle für Som- merinfektionen, meist am Trieb oder Stamm. Unter der Rinde sind dann Holzschäden sichtbar. Während des Sommers (ab Juni) sterben die Erreger grösstenteils ab und können auch nicht mehr nachgewiesen werden.

Mit den häufi geren Niederschlägen und sinkenden Temperaturen im Herbst kann es wieder zu Infektionen kommen.

Schadbild

Knospenbefall zeigt sich durch Verkümmerung und Einschnürung an der Knospenbasis. Infi zierte Blüten-

knospen sterben ab oder die Entwicklung stoppt im Ballonstadium. Kelch- und Blütenblätter zeigen kleine, wassergetränkte Flecken und verfärben sich dunkel.

Auch an den Blütenstielen sind längliche, eingesun- kene schwärzliche Flecken sichtbar. Im weiteren Ver- lauf vertrocknen die Blüten und werden braun bis schwarz (Abb. 3).

Die Blattsymptome erscheinen als kleine, rundli- che nekrotische Flecken (1 bis 2 mm Durchmesser). Im Gegensatz zu anderen Blattkrankheiten sind diese Blattfl ecken von einem auslaufenden hellen, gelben bis rötlichen Hof umgeben, der im Gegenlicht ölig durchscheinend ist (Abb. 4). Das nekrotische Gewebe

02.04.16 04.04.16 06.04.16 08.04.16 10.04.16 12.04.16 14.04.16 16.04.16 18.04.16 20.04.16 22.04.16 24.04.16 26.04.16 28.04.16 30.04.16 02.05.16 04.05.16 0.0

Temperatur max. (2 m über Boden) relative Luftfeuchtigkeit in % Zwetschgenblüte (Cacaks Fruchtbare) 09.04.-02.05.16, BBCH 61-69 Temperatur Durchschnitt

Temperatur min. Niederschlag in mm

–2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

°C mm %rh

2.0 4.0 6.0 8.0 10.0 12.0 14.0 16.0 18.0 20.0 22.0

55 60 65 70 75 80 85 90 95 100

Abb. 2: Klimadaten um die kritische Blüteperiode der Zwetschge (Cacaks Fruchtbare) in Olsberg (Magden) mit Spätfrost am 28.04.2016.(Quelle: Agrometeo)

Abb. 1: Befall an Zwetschgenstamm mit Rinden- nekrose, abgestorbenen Knospen und Gummifl uss.

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bricht mit der Zeit heraus und erzeugt schrotschuss- ähnliche Symptome (Abb. 4). Auf den jungen Früchten entstehen bei einer Infektion ebenfalls kleine, wasser- durchtränkte Flecken, die sich rasch vergrössern und tief ins Fruchtfl eisch eindringen. Das befallene Ge- webe verfärbt sich schwarz und schrumpft, die Früchte bleiben am Baum. Durch die damit verbundene Defor- mation können die Früchte jedoch nicht mehr verkauft werden (Abb. 3).

Infektionen an Stamm, Ästen oder Trieben zeigen sich durch Rissbildung und braune Verfärbungen. Be- fallene Rindenpartien sind meist etwas eingesunken, weich und dunkel (rotbraun bis violett) verfärbt (Abb. 1). Dünne Triebe sterben ab, stärkere Äste zeigen ein gestörtes Dickenwachstum und die Rinde fällt ein.

Ältere Nekrosen entwickeln sich zu Cankern. Ein Schnitt durch einen Canker lässt eine deutliche Ab- grenzung des kranken, verfärbten Gewebes zum ge- sunden Rindengewebe erkennen (Abb. 5). Heraus- fl iessendes Harz (Gummifl uss) ist ein weiteres Kenn- zeichen, das bei der Erkrankung auftreten kann.

Jedoch ist zu beachten, dass Gummifl uss bei diversen Krankheiten und Schäden auftritt.

Starke Infektionen, vor allem am Stamm oder an der Astbasis, können zum plötzlichen Absterben ganzer Bäume oder Äste während der Vegetationsperiode führen.

Bekämpfung

Da eine direkte Bekämpfung der Bakterien nur schwer möglich ist, gilt es, Infektionen vorzubeugen.

Pfl anzmaterial und Standort

Jungpfl anzen gelten als besonders anfällig gegenüber Bakterienbrand. Anfällige Sorten und Unterlagen sind darum zu vermeiden. Als anfällig gelten Kirschensor- ten wie Summit, Samba und Sweetheart (Summer- land-Sorten) und die Zwetschgensorten Cacaks Schöne, Hanita und Jojo. Auch bei den Unterlagen gibt es Unterschiede. Die Zwetschgenunterlagen Jaspy-

Fereley und St. Julien GF 655/2 sind stark anfällig, während sich die Unterlagen Wavit (Zwetschge und Aprikose) und Myrocal (Aprikose) in verschiedenen Versuchen als robust erwiesen haben. Ungeeignet für den Steinobstanbau sind frostgefährdete, feuchte Standorte, da gestresste Bäume deutlich anfälliger für Bakterienbrandinfektionen sind. Auch zu schwach oder zu stark wachsende Bäume sind gefährdet. Opti- male Sorten-Unterlagenkombinationen an geeigneten Standorten sind deshalb ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung des Bakterienbrands.

Kulturmassnahmen

Laut verschiedenen Literaturangaben sollte der Baum- schnitt möglichst nicht im Winter, sondern sofort nach der Ernte oder erst kurz vor der Blüte und nur bei trocke- ner Witterung durchgeführt werden. So kann eher eine schnelle Wundheilung gewährleistet werden. Seiten- äste der Mittelachse klar unterordnen und Kerben bes- ser unterlassen. Grundsätzlich so wenige Schnitte wie möglich machen, da diese als Eintrittspforte für den Erreger dienen. Unsaubere Schnitte (kleine Risse) sind zu vermeiden. Die Schnittwunden unverzüglich mit Wundverschlussmittel verstreichen und Schnittwerk- zeuge regelmässig desinfi zieren. Befallene Rindenpar- tien müssen frühzeitig bis auf das gesunde Holz heraus- geschnitten werden. Dies wird am besten im Sommer bei trockenem Wetter gemacht, da dann die Wider- standskraft des Baumes grösser ist und keine Ausbrei- tung über Regenspritzer stattfi ndet. Neupfl anzungen sollten spät im Frühjahr durchgeführt werden, um Kälte- und Nässeperioden zu umgehen. Wird der Stütz- pfahl an der Südseite des Stamms gesetzt, beschattet er den Stamm, was die Temperaturschwankungen auf der Rinde senkt. Das wiederum führt zu weniger Frostris- sen und damit zu weniger Eintrittspforten. Auch das Weisseln der Bäume hilft, Frostschäden zu vermeiden, wobei darauf zu achten ist, dass die Farbe bis März haftet (Abb. S. 8). Die Zugabe von Kupferpräparaten in die Weisselfarbe reduziert zudem die Anzahl Bakterien auf dem Stamm und damit den Infektionsdruck.

Abb. 3: Pseudomonas-Befall an Blüten und Früchten eines Kirschbaums.

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Düngung und Wasserhaushalt

Im Sommer/Herbst keinen Stickstoff mehr geben, da Bäume mit ausgeglichenem Wachstum weniger anfällig sind. Der Baumstreifen sollte unkrautfrei gehalten wer- den, um zu starke Wasser- und Nährstoffkonkurrenz zu vermeiden sowie den Aufbau einer Erregerpopulation auf den Gräsern zu unterbinden. Regelmässige und vor allem frühzeitige Wassergaben während Trockenperio- den verhindern Trockenstress. In schweren Böden, die zu Rissen neigen, bewähren sich Mikro sprinkler besser als Tropfschläuche. Bei Jungpfl anzen den direkten Kontakt der oberirdischen Teile mit Bewässerungswasser ver- meiden. In der Jugendphase des Baums hat sich eine Bo- denabdeckung (Baumscheiben) mit organischem Mate- rial sehr gut bewährt (z.B. Champi-hum, Chinaschilf- häcksel, gut verrotteter Kompost oder auch gut gelagerter Stallmist). Dadurch werden der Wasserhaushalt stabili- siert und die mikrobielle Bodenaktivität gefördert.

Behandlungen

Kupferbehandlung gegenPseudomonas beim Blattfalls ist nur bei Kirschen bewilligt. Bei Birnen sind Alumini- umfosetyl oder Myco-Sin gegen Birnenblütenbrand während der Blüte bewilligt.

Forschungsaktivitäten

Agroscope prüft in Conthey Aprikosensorten und am Steinobstzentrum Breitenhof in Wintersingen Zwetsch- gen- und Kirschensorten. Neben der Anbauqualität und der Fruchtqualität wird auch die Anfälligkeit ge- genüber Pseudomonas beurteilt. Am Breitenhof wird s 2017 eine Kirschenanlage mit einer anfälligen Sorte (Samba) erstellt, um in Zukunft verschiedene präven- tive Massnahmen testen zu können. Q

Literatur

Früh S.: Bekämpfung des Steinobststerbens (Pseudomonas syringae) bei Zwetschen. Obstbau 12/2006, 616–618, 2006.

Kennely M. M., Cazorla F. M. and Sundin G. W.:Pseudomonas syringae diseases of fruit trees, progress toward understanding e and control. Plant Disease Vol. 91 No. 1, 4–17, 2007.

Poldervaart G.: Pseudomonas bei Steinobst: nicht heilbar, abers reduzierbar. European Fruit Magazine 10, 23–25, 2014.

Poldervaart G.: Pseudomonas syringae grösste Bedrohung ime Steinobstbau. European Fruit Magazine 3, 10–11, 2016.

Persen U. und Gottsberger R.:Pseudomonas-Infektionen nach Spätfrost beobachtet. Besseres Obst 7, 8–9, 2016.

Siegler H.: Robuste und Leistungsstarke Zwetschenunterlagen.

Obstbau 8, 399–402, 2016.

Pseudomonas dans les fruits à noyaux

R É S U M É

Au printemps 2016, les conditions climatiques étaient quasiment idéales pour la prolifération de l’agent in- fectieux Pseudomonas syringae: un temps humide et froid, des gels tardifs à fi n avril et une longue période de fl oraison. La principale période d’infection par la maladie bactérienne Pseudomonas est toutefois l’au-s tomne/hiver (par le biais de la cicatrice foliaire ou de blessures). La bactérie peut aussi infecter les fl eurs et

les feuilles au printemps, ou le tronc et les pousses en été. La lutte directe contre de telles infections s’avère diffi cile, d’où l’importance capitale des mesures pré- ventives. Les produits phytosanitaires pour le traite- ment de Pseudomonas (cuivre en cas de chute dess feuilles) ne sont autorisés que pour les cerises. Les mesures préventives consisteront avant tout dans le choix de variétés et de porte-greffe appropriés.

Abb. 5: Stammbefall (Nekrose) an einem Kirschbaum mit typischer Verfärbung der Rinde. Deutliche Abgren- zung des befallenen Gewebes zum gesunden Holz.

Abb. 4: Pseudomonas-Blattbefall an Kirschen.

Die kleinen dunklen Flecken sind umgeben von ei- nem typischen hellen Rand.

Referenzen

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