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Archiv "Werden die Tüchtigen immer schuldig?" (20.12.1985)

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Office af llilitan Go, ernment for Germany, l'nited States Finanee Division — Financial Inc cstiffa Bon Seetion

OMGUS

Alilitärregierung der Vereinigten Staaten für Deumehland Finanzabteilung —Sehion für finanzielle Nachforschungen

Ermittlungen gegen die DEUTSCHE BANK

uff.

Sonderband der Anderen Bibliothek flerausgegeben r ou Hans Magnus Enzensberger

Verlegt bei Franz. Greno, Nürdlingen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DAS BESONDERE BUCH

M

it Geheimniskrämerei hat der Greno-Verlag jenen Be- richt der US-Militärregie- rung aus dem Jahre 1946/47 wie- der in die Welt gesetzt, in dem die Betätigung der Deutschen Bank während der Nazizeit beschrieben und verurteilt wird. Das Buch be- trifft gewiß nicht die Gesundheits- politik. Der Bericht führt indes un- gewollt zu der grundsätzlichen, auch das Gesundheitswesen be- treffenden Frage nach der schuld- haften Verstrickung von Institutio- nen und Personen, die innerhalb des damaligen Systems ihre Auf- gaben erfüllten.

Die Rechercheure aus dem US-Fi- nanzministerium haben mit krimi- nalistischem Spürsinn die Rolle der Deutschen Bank während des Dritten Reiches aufzuhellen ver- sucht. Sie haben nach Abschluß ihrer Ermittlungen empfohlen, die Bank zu liquidieren, die Verant- wortlichen als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen und die lei- tenden Mitarbeiter vom politi- schen und wirtschaftlichen Leben des Nachkriegsdeutschlands aus- zuschließen. Bei diesem Schuld- spruch wird man freilich die Her- kunft der Rechercheure aus dem bis 1945 von Morgenthau geführ- ten Ministerium berücksichtigen müssen; dieses verwandte sich ja für eine radikale Bereinigung des Problems „Deutschland", forder- te die Zerschlagung der Großin- dustrie und empfahl die Rückkehr zu agrarischen Verhältnissen. Ge- treu dieser Linie schlug die OMGUS-Kommission vor, die mächtigen Universalbanken vom Typ Deutsche Bank zu liquidieren und das gesamte Bankwesen auf- zusplittern.

Der Bericht schildert in nüchter- nen Worten die Geschäftstätigkeit der Deutschen Bank und deren in- und ausländische Verflechtungen.

Gerade diese Bank ist im Dritten Reich, dem Bericht zufolge, au- ßerordentlich tüchtig gewesen.

Sie hat sich über ihr verbundene Unternehmen auch an der „Entju- dung" beteiligt. Sie hat ferner,

Werden die Tüchtigen

immer schuldig?

ebenfalls dem Bericht zufolge, ei- ne nicht immer rühmliche Rolle in den okkupierten Gebieten ge- spielt.

Die Verantwortlichen der Deut- schen Bank dürften ihre Betäti- gung mit den schlichten Anforde- rungen, die eben einer qualifizier- ten Bank unter jeglichem politi- schen System gestellt sind, recht- fertigen. Jeder, der die Deutsche Bank anklagen wollte — im Sinne einer öffentlichen Schuldzuwei- sung, im Rechtssinne ist ohnehin wohl alles gelaufen—, wird somit mit der Frage konfrontiert, inwie- weit das „normale", sprich alltäg- liche gesellschaftliche Verhalten während der Nazizeit als normal oder eben als verurteilenswert an- gesehen werden muß. Die Deut- sche Bank ist nur insofern ein Fall für sich, als sie sich in außeror- dentlich erfolgreicher Weise betä-

tigt hat (der Rezensent hatte den Eindruck, die Rechercheure von OMGUS, die der Bank gewiß nicht gewogen waren, hätten deren ge- schäftliche Kreativität mit wider- williger Bewunderung enthüllt).

Wer über die Deutsche Bank schreibt, kommt um Hermann J.

Abs nicht herum. Abs war wäh- rend der Nazizeit verantwortlich für das Auslandsgeschäft der Bank; und gerade hier war das In- stitut ganz besonders kreativ und höchst erfolgreich, und zwar nicht nur in den besetzten Gebieten, sondern ganz allgemein, auch in Geschäften mit Neutralen. Abs tritt im OMGUS-Bericht folglich unaufhörlich auf. Ob ihm eine per- sönliche Schuld zugewiesen wer- den muß, ist schwer zu entschei- den. Über allen Zweifel erhaben ist seine Tüchtigkeit, die sich in den Geschäftsergebnissen der Bank niederschlug und die letzten Endes dem finanziellen Wohl des Dritten Reiches zugute kam. Abs' Schuld? Hätte er sich den Macht- habern verweigern und seine Fachkenntnisse vergraben müs- sen? Wie ist es überhaupt bei je- mandem, der im Dritten Reich, oh- ne Nazi zu sein (das unterstellt nicht einmal OMGUS Herrn Abs), tüchtig in seinem Job war? Wann wird Mitwissen und Mitmachen zur Schuld? Ab einer gewissen Größenordnung? Das wäre Will- kür. Oder immer? Dann gäbe es kaum Schuldlose.

Der Greno-Verlag hat bei der Ver- sendung des Berichtes eine klei- ne „Abs-Dokumentation" mitge- schickt. Auch er hütet sich, Abs als schuldig zu bezeichnen, aber den ganzen Umständen nach klagt er ihn an. Und wo er es nicht selber tut, da tun es andere. Die den Alternativen verbundene „Ta- geszeitung" etwa hatte, kaum daß der OMGUS-Bericht neu aufge- legt war, bereits ihren Schuld- spruch über Abs gefällt. Ist es mo- ralisch erlaubt, so schnell bei der Hand zu sein? Norbert Jachertz

OMGUS — Ermittlungen gegen die Deut- sche Bank, Franz Greno Verlag, Nördlin- gen, 1985, 540 Seiten, 25 DM

3836 (26) Heft 51/52 vom 20. Dezember 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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