Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 318. Januar 2007 A107
G E L D A N L A G E
S
o prasseln sie alle Jahre wie- der über uns herein, die Pro- gnosen, wie denn die Börsen heuer so laufen werden. Wir lauschen stau- nend dem Expertenmund und lesen von den Auguren, Börsenprofis, den Berufenen wie auch den irrwitzig- sten Selbstdarstellern deren Sicht der Dinge, bass ergriffen, aber am Ende doch völlig verwirrt, zu unterschied- lich scheinen die Standpunkte. Wem also glauben, wem misstrauen?Der verwirrte arme Geist flüchtet sich bestenfalls in die Gefilde der renommierten Wirtschaftspresse und verfällt dem Ruf der Masse, was alle anderen denken und tun, kann ja so falsch nicht sein. Wie ein Geschenk des Himmels mag demnach eine ak- tuelle Exklusivumfrage des „Han- delsblatts“ wirken, dort fand näm- lich die größte regelmäßige Anle- gerumfrage zu den Börsenaussich- ten des Jahres 2008 statt. Gut, dass unter den knapp tausend Befragten sowohl private als auch institutio-
nelle Anleger waren, das ergibt dann eine prima Mischung des versam- melten Fachwissens.
Die interessanteste Aussage der Studie ist, dass private und profes- sionelle Investoren für den deut- schen Aktienindex DAX deutlich pessimistischer eingestellt sind als die Berufsgruppe der Aktienanalys- ten. Deren Einschätzung (im Mittel 8 567 Punkte für den DAX bis Ende 2008) hatte das „Handelsblatt“ jüngst auch erfragt und veröffentlicht.
Jetzt sind wir also genau so schlau wie vorher, nur auf höherem Niveau. Was bleibt, ist die irrationa- le Befindlichkeit, nicht auf Progno- sen verzichten zu wollen, seien sie noch so fundiert – oder eben auch nicht. Früher ließen sich Kriegsher- ren und Staatsmänner den Lauf der Gestirne von Magiern und Hohe- priestern deuten und handelten da- nach, mit oft fatalem Ausgang, wie wir wissen, und heute wird diese tief in uns steckende Sehnsucht nach Weisheit eben von den Börsengurus und Analysten bedient. Mit oft ebenso fatalem Ausgang.
Das Problem ist freilich auch, dass Prognosen zutreffen können – oder eben nicht. So hat mich denn
gerade eben, die E-Mail ist taufrisch, der gute Bankdirektor Jörg Laser, Leiter Private Banking der Hambur- ger Conrad Hinrich Donner Bank AG, darauf hingewiesen, dass seine vor einem Jahr gegebene Einschätzung eines DAX-Standes von 8 000 Punk- ten eingetreten sei.
Respekt, Herr Laser, echt und ehr- lich. Natürlich haben alle die ande- ren, deren Prognosen nicht eingetrof- fen sind, sich nicht bei mir gemeldet.
Gleichwohl will ich Ihnen die aktuel- le Prognose von Jörg Laser für das kommende Jahr nicht vorenthalten.
Seiner Meinung nach ist der US-Ak- tienmarkt für 2008 Favorit, plus 20 Prozent seien drin, aber auch der DAX sollte bis zum Jahresultimo 9 000 Punkte packen, vor allem we- gen der vorgezogenen Käufe durch die Abgeltungssteuer. Auf die E-Mail in einem Jahr bin ich schon gespannt.
„In der Überzeugung, dass die fun- damentale Verfassung des Landes ge- sund ist . . . haben mein Sohn und ich in den letzten Tagen Aktien gekauft.“
Sagte John D. Rockefeller wenige Tage vor dem furchtbarsten Börsen- krach der Geschichte im Oktober 1992. Der Mann hatte vermutlich nur die allerbesten Berater. n BÖRSEBIUS