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Archiv "PSYCHOSOMATIK: Seitenhieb" (29.01.1982)

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Glaube und Hoffnung

< unendlicher Freude. Wir vermögen unsere Hoffnung in Stille in uns zu tragen und als laute Freude (etwa in einem hoffnungsvollem Gesang) mitzuteilen. Wenn Unsicherheit, Erschlaffung und Kraftlosigkeit in der Hoffnung sind, hat die Hoffnung die Angst noch nicht überwunden. Also beinhaltet die Hoffnung das Überwinden der Angst.

Natürlich müßte man über Angst, Freude und Vertrau- en hier ausführlich spre- chen, das würde den Rah- men sprengen. Auch las- sen sich menschliche Ver- haltensweisen bis in die elementaren biologischen Prozesse verfolgen. Hier- auf einzugehen würde ebenfalls den Rahmen sprengen. Hingewiesen sei nur auf Thure von Uexküll

„Lehrbuch der Psychoso- matischen Medizin". Der Begriff des Funktionskrei- ses mit Bedeutungsertei- lung und Bedeutungsver- wertung gibt schon einen flüchtigen Einblick in die Entstehung menschlicher Verhaltensweisen.

Aber nun noch einige Be- merkungen zum Glauben:

Wenn man die Hoffnung als die Kammermusik des menschlichen Verhaltens bezeichnet, ist der Glaube die Sinfonie des menschli- chen Verhaltens, in der die Fülle aller Elemente menschlichen Verhaltens zusammenkommen. Ohne Freude kann es keinen Glauben geben, Glaube oh- ne Zuversicht wäre nicht möglich. Zuversicht ist die feste Überzeugung, die froh macht. Objektiv ist die Zukunft unklar. Der Glau- be ist daher kritisches Bewußtsein. Glauben be- deutet, sich ständig diese Realität klarzumachen. Das Glaubensziel ist klar vor- stellbar. Der Glauben setzt Wissen voraus. Das Wissen des Glaubens ist Vertrau- en. Einem Menschen glau- ben heißt ihm Vertrauen schenken. Meiner Meinung

nach kann man nur einem Menschen oder seinen Worten glauben, einer Sa- che kann man nicht glau- ben. An die Gesundheit kann man nicht glauben, sondern sie nur erwarten.

Wie beim Vertrauen muß der Mensch, dem wir glau- ben, es gut mit uns meinen.

Seine Handlung muß stetig und verstehbar sein. Dies ist das Wissen und der Vergangenheitsbezug des Glaubens. Der Glaube ist begründetes Vertrauen.

Wie sehr aber der Begriff des Glaubens definitions- abhängig ist, soll an einem Beispiel gezeigt werden:

An eine Ideologie glauben, die Haß, Tod und Verder- ben zum Inhalt hat, ist auch eine sprachliche Form des Glaubens. Man sollte aber besser sagen, einer Ideolo- gie verfallen sein. Haß kennt keine Freude. Kann man den Worten eines sol- chen Ideologen vertrauen?

Wie einer Mutter, die es gut mit uns meint? Einer mör- derischen Ideologie verfal- len zu sein ist heute gang und gäbe. Es wäre schreck- lich, wenn man diesen Menschen die Fröhlichkeit des Herzens und die Heiter- keit der Seele unterstellen würde. — Es gibt aber noch einen weiteren Glauben, den man auch nicht als Glauben definieren sollte, den Glauben an die Ver- nunft. In seiner eudemi- schen Ethik galt für Aristo- teles noch die persönliche Glückseligkeit als Ziel und Zweck der Vernunft. Für Kant war schon die fast lu- penreine Vernunft das Ziel des menschlichen intelli- genten Verhaltens. Ein sol- cher Zukunftsglauben, der in der Vernunft begründet ist, hat weder Vertrauen noch Freude, noch Zuver- sicht nötig. Maßstab für diesen Glauben an die Ver- nunft und durch die Ver- nunft ist die Wirklichkeit der Gegenwart. Das Urteil über diese Wirklichkeit der Gegenwart sollte man je- dem selbst überlassen.

Was ich über den Glauben gesagt habe, gilt naturge- mäß für die Hoffnung. Auch hier muß man wissen, daß man definiert. Die Hoff- nung auf reiche Beute, not- falls durch Mord, kann auch einen Bankräuber be- flügeln. Aber Habgier, Ge- nußsucht sind die eigentli- chen Verhaltensweisen, die diese Hoffnung ausma- chen. Man würde also bes- ser hier von Erwartung sprechen.

Wenn wir also von Glauben und Hoffnung in bezug auf unsere Kranken sprechen, so meinen wir bestimmte Begriffe, die in ihrer Be- deutung eingeschränkt sind. In beiden Begriffen muß die Freude und aber- mals die Freude eine zen- trale Stellung einnehmen.

Freude ist Gegenwart, Zu- kunft und Vergangenheit.

Freude ist das Andersbe- werten von Leid. Freude ist eine Aufgabe.

Dr. med. Karl-Otto Derwahl Internist

Linckestraße 1 2000 Hamburg 73

Seitenhieb

Sicherlich hätte ich auf den Beitrag von Herrn Prof.

Stumpfe nicht reagiert, da er mir zu sehr religiös ver- brämt, definitorisch un- scharf und artifiziell und wissenschaftlich unbe- gründet erscheint, wenn der Autor nicht seine Aus- führungen mit einem Sei- tenhieb auf die Medizini- sche Psychologie abgerun- det hätte. Diesem Fach und seinen Aufgaben fühle ich mich jedoch verpflichtet und sehe mich daher zu einigen notwendigen Rich- tigstellungen und Kom- mentaren veranlaßt.

Zunächst muß ich darauf hinweisen, daß die Fest- >

Leserdienst

Hinweise • Anregungen

Feldene und Felden' 20 Zusammensetzung:

1 Kapsel Felden enthält 10 mg Piroxicam.

1 Kapsel Felden 20 enthält 20 mg Piroxi- cam.

Anwendungsgebiete:

Entzündliche, degenerative und schmerzhafte Erkrankungen, insbeson- dere des Bewegungsapparates, wie chronische Polyarthritis, Arthrosen, Spondylitis ankylosans (Morbus Bechte- rew), Schulter-Arm-Syndrom, Ischialgien, Entzündungen der Sehnen, Sehnen- scheiden und der Schleimbeutel, akuter Gichtanfall, posttraumatische und post- operative Schmerzzustände.

Gegenanzeigen:

Bekannte Überempfindlichkeit gegen- über Piroxicam; akutes Magen- bzw.

Zwölffingerdarmgeschwür oder entspre- chende gastrointestinale Anamnese. Die Anwendung von Felden während der Schwangerschaft, Stillzeit und bei Kin- dern wird nicht empfohlen, da dies- bezüglich noch keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen.

Nebenwirkungen:

Gastrointestinale Nebenwirkungen erfor- dern nur selten einen Therapieabbruch.

In geringem Umfang können Knöchel- Ödeme auftreten. Nur vereinzelt wird eine Erniedrigung des Hämoglobinwertes und des Hämatokrits oder eine Erhöhung der Serumtransaminasen bzw. des Blutharn- stoffspiegels beobachtet Patienten mit eingeschränkter Leber- und Nierenfunk- tion sollten entsprechenden Kontrollen unterzogen werden. Felden kann Tätig- keiten, die höhere Aufmerksamkeit erfor- dern, beeinträchtigen; dies gilt vor allem im Zusammenhang mit Alkohol.

Wechselwirkungen:

Bei gleichzeitiger Einnahme von Felden mit stark an Plasmaeiweiß gebundenen Medikamenten, wie Antikoagulantien vom Cumarintyp, sollte eine sorgfältige ärztliche Überwachung und eventuelle Dosisanpassung erfolgen.

Dosierung;

Im allgemeinen 1 x täglich 1 Kapsel Fel- den 20 (bzw. lx täglich 2 Kapseln Felden) während oder nach einer Mahlzeit mit reichlich Flüssigkeit. Die Dosierung bei akutem extraartikulärem Rheumatismus und akuter Gicht sowie Hinweise zur Anwendungsdauer sind der Gebrauchs- information bzw. dem Arztprospekt zu entnehmen.

Handelsformen und Preise:

Packung mit 20 Kapseln Felden

zu 10 mg DM 24,--;

Packung mit 50 Kapseln Felden

zu 10 mg DM 52,40;

Packung mit 20 Kapseln Felden 20

zu 20 mg DM 44,50;

Packung mit 50 Kapseln Felden 20

zu 20 mg DM 96,60;

Klinikpackungen.

Vertrieb durch:

HEINRICH MACK NACHF.

7918 Jllertissen

10 Heft 4 vom 29. Januar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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Leserdienst

Hinweise • Anregungen

Glaube und Hoffnung

< stellung, die Stichworte:

„Zukunft, Glaube, Hoff- nung kämen in den „zahl- reichen Lehrbüchern der Medizinischen Psycholo- gie" nicht vor, zumindest zum Teil sachlich unrichtig ist. Das wohl am weitesten verbreitete Lehrbuch von Rosemeier weist schon in seinem Sachregister den Begriff Hoffnung nach. Si- cherlich ist es auch unzu- treffend, daß die Psycholo- gie sich nicht um die Pro- blematik individueller Zu- kunftsorientierung und die Auswirkungen von Hoff- nungen (und Enttäuschun- gen) bemühen würde. Die Zukunft, besser gesagt:

Vorhersage von zukünfti- gen Verhaltensweisen, ge- hört zu den wesentlichsten Anliegen der psycholo- gischen Teildisziplinen, wenn auch in unterschied-

lich starkem Ausmaß. Der Autor behauptet: „In der deutschen Sprache gibt es zwei Worte, die die Sicht der Zukunft ausdrücken:

Glaube und Hoffnung . . . "

(S. 1686). Diese Aufzählung ist wohl kaum erschöp- fend, und als weiteren wichtigen und in der Psy- chologie ausgesprochen häufig verwendeten und er- forschten Begriff möchte ich lediglich den Begriff

„Erwartung" hinzufügen.

Auf die Erwartung zukünfti- ger Geschehnisse (und die Etablierung von Erwartun- gen) läßt sich zum Beispiel die Theorie der Frustration zurückführen. Auch die moderne Handlungstheo- rie ist ohne diesen Begriff nicht denkbar.

Die Abgrenzung von „Glau- be" und „Hoffnung", so scheint mir, ist dem Autor nicht geglückt. Das gilt zu- nächst für die Etablierung von Hoffnungen: Wie an- ders sind diese denkbar, wenn nicht durch Vorerfah- rungen? Die voluminöse Literatur zur Theorie des Lernens zeigt, daß durch die Konsequenzen von Ver- haltensweisen in der Ver- gangenheit die Fähigkeit

erlangt wird, solche Konse- quenzen für analoge Ver- haltensweisen zu antizipie- ren und sich entsprechend zu verhalten. Das Kind, das eine Belohnung für er- wünschtes Verhalten er- hält, wird dieses Verhalten zumindest auch deshalb zeigen, weil es Hoffnung auf die Belohnung hat. Die- se Befunde stehen im Wi- derspruch zu zahlreichen Aussagen des Autors, zum Beispiel der, daß ein Vergangenheitsbezug der Hoffnung gering bzw. nicht vorhanden sei (S. 1687).

Unrichtig nach wissen- schaftlicher Erkenntnis und menschlicher Alltags- erfahrung ist auch die Be- hauptung, daß Hoffnung zu einer „gewissen" Inaktivi- tät führe. Hoffnung bein- haltet gerade ein Ziel, auf das das Verhalten ausge- richtet wird. Uneinsichtig und artifiziell erscheint die Unterscheidung zwischen Hoffnung und Glaube in dem Punkt, daß die Ziele, die sich aus der Hoffnung ergeben, im Unterschied zu denen, die sich aus dem Glauben ergeben, „unklar, zweideutig, teils fanta- stisch" (S. 1687) sein sol- len. Hier hat der Autor wohl

„Hoffnung" mit „Utopie"

vermischt, wenngleich auch Utopien konkrete Zielvorstellungen beinhal- ten.

Auch vom gegenwärtigen Forschungsstand der psy- chosomatischen und psy- chologischen Medizin ist der Beitrag weit entfernt.

So ist zum Beispiel die Aus- sage, daß „Trauer, Mißer- folg und Ärger . .. Darnie- derliegen der Lebensvor- gänge (bewirken)" (S.

1739), schlichtweg falsch.

Es ist lange bekannt, daß Mißerfolge und Arger, und auch Trauer, zu einer Stei- gerung der Stoffwechsel- vorgänge führen (vgl.

Streßforschung). Der Autor hat wichtige Beiträge aus philosophischer (Bloch),

psychologischer (Freud, Seligmann) und psycho- somatischer (Engel) Rich- tung zwar zum Teil zitiert, aber bei der Lösung der selbstgestellten Aufgabe nicht berücksichtigt. Eher scheint er bemüht zu sein, die Psychosomatik in ein ri- gides weltanschauliches System einzupassen. Es ist fraglich, ob Kranken wie Gesunden damit gedient ist. Freilich ist zutreffend, daß der Begriff „Glaube" in der psychologischen Lite- ratur eine eher untergeord- nete Rolle spielt, aber um- gekehrt würde ein Arzt ei- nem Theologen wohl kaum vorhalten, daß der Begriff

„Acetylsalicylsäure" in sei- nen Predigten zu selten vorkommt .. .

Dr. med. Dipl.-Psych.

Jürgen Neuser

c/o Universitätsklinikum Essen

Institut für Medizinische Psychologie

Hufelandstraße 55 4300 Essen

Schlußwort

Herr Kollege Neuser findet den Beitrag „religiös ver- brämt, definitorisch un- scharf, artefiziell und wis- senschaftlich unbegrün- det" und meint, daß die

„Psychosomatik in ein rigi- des weltanschauliches Sy- stem" eingepaßt werde. In bezug auf die Unschärfe stimme ich ihm zu, indem ich der Meinung bin, daß in diesem Problemkreis noch viele Fragen ungeklärt sind und weitere Analysen erfor- derlich sind. Es wäre schön gewesen, wenn zu dieser Klärung etwas beigetragen worden wäre. Bezüglich der weiteren Feststellun- gen kann ich nur sagen, daß man dazu selbstver- ständlich anderer Ansicht sein kann. Wissenschaftli- che mathematisch-exakte Ergebnisse, die alle Men-

schen überzeugen, wird er bei dieser Thematik wohl nicht erwartet haben. Zu dem Punkt des „weltan- schaulichen Systems"

fragt es sich, ob man an diese subjektiven Gefühls- bereiche ohne eine welt- anschauliche Grundlage überhaupt herangehen kann bzw. ohne diese nur oberflächliche Nebensäch- lichkeiten erfaßt.

Im Lehrbuch von Rosemei- er steht „Hoffnung" im Sachregister und dann zweimal als „Stichwort" im Text des Abschnittes über Sterben — und mehr nicht.

In dem Aufsatz war von der

„Vorhersage von zukünf- tigen Verhaltensweisen"

und von der Lernpsycholo- gie nicht die Rede, sondern es sollte dargestellt wer- den, wie die subjektive Sicht der Zukunft sich auf die heutige Lebens- und Körpersituation auswirkt.

Bei den Auswirkungen von Trauer, Mißerfolg und Är- ger muß getrennt werden, ob die akuten oder die chronischen Vorgänge ge- meint sind. In der akuten, gerade erlebten Situation ist der Mensch noch erregt und aktiviert, aber in einer chronischen, d. h. letztlich für ihn nicht zu ändernden, Lebenslage stehen die resi- gnierenden, depressiven Gefühle im Vordergrund (Parkes: Vereinsamung.

Die Lebenskrise bei Part- nerverlust, Rowohlt, 1978).

Herr Kollege Derwahl weist auf die Freude hin, die als Urelement aller menschli- chen Verhaltensweisen le- benserhaltend sei. Die Freude ist ein vielfältiges Gefühl, das aber gerade bei der Zukunftssicht eine wichtige Rolle spielt. Die Vorfreude oder die Erwar- tungsfreude treibt mich vorwärts.

Je mehr ich daran glaube, desto sicherer bin ich, daß ich diese Freude erleben werde. Die Freude (hier nur >

12 Heft 4 vom 29. Januar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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