Der Geldmarkt stand bisher vor allem Banken und großen institutionellen Anlegern offen. Mit einem Engagement in Geldmarktfonds bietet sich nun auch Anlegern kleinerer Beträge die Chance, am Zinskuchen der Großen zu naschen — 10 000 DM müssen es aber fast immer sein. Karikatur: Wilk
VARIA GELDANLAGE
Mit großem Werberum- mel wurden die ersten reinen Geldmarktfonds in Deutsch- land eingeführt. Die Com- merzbank bot sogar Cham- pagner und Kaviar als Wer- beprämien für Kunden, die neue Anleger in die Filialen des Geldinstituts brachten.
Mittlerweile haben alle großen Gruppen (Deutsche Bank, Dresdner Bank, Com- merzbank, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenban- ken) die Vertriebsgenehmi- gung für ihre reinen Geld- marktfonds erhalten. Und es zeigt sich: In den Konditio- nen unterscheiden sie sich kaum.
Die laute Begleitmusik der Einführung könnte den Eindruck erwecken, der deutsche Anleger werde mit einem neuen Instrument be- glückt, mit dem sich der Traum vom Dukatenesel rea- lisieren läßt. Geldmarktfonds sind jedoch nur eine Parkpo- sition für kurzfristig verfüg- bare Gelder. Sie stellen eine attraktive Alternative zum Festgeld und zu den Sparein- lagen dar. Aber auf keinen Fall können sie auf Dauer mit Aktien-oder Renten- fonds konkurrieren. Wäh- rend zum Beispiel am deut- schen Rentenmarkt mit län- gerfristigen Anleihen Rendi- ten von über 7 Prozent zu ho- len sind, bewegt sich die Ta- gesrendite von Geldmarkt- fonds um die 4,2 Prozent.
Aber im Vergleich zum Festgeld bieten die Geld- marktfonds zwei wichtige Vorteile: In der Verzinsung liegen sie einen Tick besser, und der Anleger ist wesent- lich flexibler. Bei Festgeld müssen Kündigungsfristen eingehalten werden, sonst werden Vorschußzinsen fäl- lig, während die Geldmarkt- fonds an jedem Börsentag verkauft werden können.
Daß die Geldmarktfonds eine bessere Verzinsung er- zielen können, erklärt sich so: Ihre Manager sammeln so hohe Beträge ein, daß sie di- rekt am Geldmarkt anlegen können, der sonst nur Ban- ken und großen institutionel- len Anlegern offensteht.
Dort sind Mindestanlagebe- träge von einer Million DM aufwärts erforderlich. Die
Geldmarktfonds können zu solchen Großkundenkondi- tionen anlegen — deshalb die Verzinsung.
Mit welcher Rendite kann der Anleger rechnen?
Die Verzinsung der Geld- marktfonds schwankt mit den Konditionen am Geld- markt. Diese sind am soge- nannten Fibor (Frankfurt In- terbank Offered Rate) abzu- lesen. Der Fibor wird bör- sentäglich als Durchschnitts- satz des Zinses ermittelt, den 12 große, am Frankfurter Geldmarkt tätige Banken untereinander oder gegen- über Großkunden vergüten.
Der Fibor wird in den über- regionalen Tageszeitungen und der Wirtschaftspresse für jeden Börsentag veröffent-
licht. Er liegt derzeit bei fünf Prozent für 30 Tage.
Der Anleger muß davon allerdings die Kosten abzie- hen, die ihm bei einem Enga- gement in Geldmarktfonds entstehen. Sie werden zwar — anders als bei den 'übrigen Fonds — ohne Ausgabeauf- schlag ausgegeben. Beim Er- werb fallen demnach keine Kosten an. Aber die Verwal-
tung kostet selbstverständ- lich auch Geld. Dafür wird eine sogenannte Verwal- tungsvergütung in Rechnung gestellt. Diese bewegt sich (mit einigen Ausnahmen) bei den Geldmarktfonds zwi- schen 0,5 und 0,6 Prozent.
Außerdem müssen die Fonds für ihre Anlagen eine Depot- bankgebühr entrichten, die allerdings nur einen Promil- lesatz ausmacht. Per saldo kann der Anleger mit einer Rendite rechnen, die maxi- mal 0,80 Prozentpunkte un- ter dem Fibor liegt.
Die Geldmarktfonds sind bei allen Anbietern so knapp kalkuliert, daß die Rendite- unterschiede allenfalls 1/8 Prozent, maximal zeitweise ein Viertel Prozent betragen
dürften. Wie scharf die Ge- sellschaften kalkulieren, zeigt die Tatsache, daß die Deutsche Bank zunächst für 1994 auf eine Depotbankge- bühr verzichtet.
Die Geldmarktfonds le- gen ausschließlich in Geld- markttiteln mit kurzer Rest- laufzeit und Bankguthaben an. Die durchschnittliche Restlaufzeit beträgt um die 30 Tage. Damit besteht auch kein Kursrisiko. Der Anleger kann also darauf vertrauen, daß er jederzeit zum Ein- stiegspreis plus zeitanteiliger Zinsen sein Engagement lö- sen kann. Fondsmanager könnten versucht sein, die Verzinsung dadurch zu ver- bessern, daß sie auch Geld- markttitel mit geringerer Bo- nität ins Portefeuille neh- men. Sie haben dieser Strate- gie aber nach bisherigen Äußerungen eine klare Ab- sage erteilt: Es sollen nur Ti- tel in der allerhöchsten Bo- nitätsstufe erworben werden.
Da keine Investmentge- sellschaft mit einer besseren Verzinsung als die Konkur- renz locken kann, wird sich der Wettbewerb stärker auf den Servicebereich verla- gern. Hier hat der Deutsche Investment-Trust, eine Toch- ter der Dresdner Bank, be- reits einen ersten Schritt ge- tan, um sich von der Konkur- renz abzusetzen: für den Kauf und Verkauf des DIT- Lux Cash DM und des DIT- Dresdner Bank Geldmarkt- fonds wurde ein gebühren- freier Telefonservice einge- richtet (01 30/82 33 44). Von 7 bis 22.00 Uhr steht er täg- lich für Dispositionen zur Verfügung. Damit ist der DIT der Konkurrenz im Au- genblick eine Nasenlänge voraus.
Aber dies wird nicht lan- ge dauern. Ausländische An- bieter planen einen Service, den es in den USA schon lan- ge gibt: Dort können die Kunden per Kreditkarte über ihr Konto an Geld- marktfonds verfügen. Bei Abbuchungen werden in ent- sprechendem Umfang Geld- marktfonds verkauft.
Armin Löwe
Gelc ma rktfonds
Wettbewerb vor allem im Servicebereich
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 42, 21. Oktober 1994 (95) A-2881