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Stellenwert vom Low-dose Stein CT zur Orientierung der therapeutischen Entscheidung bei akuter Nierenkolik

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Aus der Klinik für Urologie und Urologische Onkologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Stellenwert vom Low-dose Stein CT zur Orientierung der therapeutischen Entscheidung bei akuter Nierenkolik

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Evangelista Martinelli aus Altamura (Italien)

Hannover 2018

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Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am: 18.06.2019

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover Präsident: Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Wissenschaftliche Betreuung: PD Dr. med. Thomas R.W. Herrmann 1. Referent: Prof. Dr. med. Frank Lehner

2. Referent: PD Dr. med. Hans-Jürgen Raatschen Tag der mündlichen Prüfung: 18.06.2019

Prüfungsausschuss:

Vorsitz: Prof. Dr. Med. Benno Ure

1. Prüfer: PD Dr. med. Andreas Jokuszies 2. Prüfer: Prof. Dr. med. Jens Vogel-Claussen

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3 Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 5

1.1. Epidemiologie 5

1.2. Pathophysiologie 6

1.3. Klinik der Urolithiasis 8

1.4. Diagnostik des Harnsteinleidens 9

1.4.1. Klinische Diagnostik 9

1.4.2. Bildgebung 10

1.4.2.1. Ultraschall 10

1.4.2.2. Konventionelles Röntgen 11

1.4.2.3. Intravenöse-Urographie (IVU)/Ausscheidungsurographie (AUG) 11

1.4.2.4. Ureteropyelographie (UPG) 13

1.4.2.5. Native Computertomographie 14

1.4.2.6. Low-dose Computertomographie 15

1.4.2.7. Dual Energy (dual source) Computertomographie 16

1.5. Therapie 19

1.5.1. Konservative Therapie/Spontaner Steinabgang 19

1.5.2. Harnableitung 20

1.5.3. Definitive Steintherapie 21

1.5.3.1. ESWL 22

1.5.3.2. Ureterorenoskopie (URS) 23

1.5.3.3. Perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL) 24

1.6. Fragestellung und Literaturhintergrund 27

2. Material und Methoden 30

2.1. Datenerhebung 30

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4

2.2. Statistische Auswertung 31

3. Ergebnisse 33

4. Diskussion 40

5. Zusammenfassung – Ein neuer diagnostischer/therapeutischer Algorithmus 42

Literaturverzeichnis 48

Abbildungsverzeichnis 54

Personalbogen zum Promotionsgesuch Dr. med. 55

Lebenslauf 56

Danksagung 58

Erklärung nach § 2 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 59

(5)

5 1. Einleitung

Harnsteine werden durch die Verbesserung der diagnostischen Verfahren mit den heutzutage weit verbreiteten Ultraschallgeräten und vor allem der Einführung der Computertomographie in der Standarddiagnostik häufiger nachgewiesen1. Die vorliegende Dissertation untersucht am Patientenkollektiv der Klinik für Urologie und Urologische Onkologie die Übereinstimmung der von den AWMF und EAU-Leitlinien vorgeschlagenen diagnostischen Algorithmen und Therapieempfehlungen bei Urolithiasis hinsichtlich der Rolle der Computertomographie in der Notfallsituation.

1.1. Epidemiologie

Urolithiasis betrifft weltweit die Bevölkerung jeder Gruppenzugehörigkeit. Die

geschätzte Inzidenzrate in Europa und USA beträgt 0,1 – 0,4 %. Männer sind dreimal so oft betroffen wie Frauen. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 20. und dem 50.

Lebensjahr 2.

Nach einer Studie von Hesse et al. belief sich die Prävalenz des Harnsteinleidens in Deutschland im Jahr 2000 auf 4,7 %. Die jährliche Neuerkrankungsrate hat sich – gemessen im Zeitraum von 1979 bis 2000 – auf das Dreifache erhöht und lag im Jahr 2000 bei 1,47 % 3.

Einer amerikanischen Studie zufolge hat sich jedoch im Vergleich zur deutschen Datenlage das Verhältnis der Inzidenzrate zwischen Männern und Frauen angenähert. Mit einer jährlichen Abnahme der Neuerkrankungshäufigkeit von Männern um 1,7 % sowie eine Zunahme der Neuerkrankungshäufigkeit bei Frauen um 1,9 % 4. In Deutschland hingegen nahm die Inzidenzrate bei Männern von 4,0 % im Jahr 1979 auf 5,5 % im Jahr 2000 zu, während diese bei Frauen im selben Zeitraum jeweils von 4,1 % auf 4,0 % sank

3.

(6)

6

Darüber hinaus konnte eine Zunahme von Urolithiasis auch bei Kindern festgestellt werden 5. Das Risiko eine Urolithiasis zu entwickeln, ist abgesehen des Geschlechts, auch noch von anderen Faktoren beeinflusst.

Eine italienische Studie zeigte im Jahre 2012 starke saisonale Schwankungen der Neuerkrankungshäufigkeit mit einem Höhepunkt im Sommer aufgrund eines engen Zusammenhangs zwischen Lufttemperatur, Feuchtigkeit und Episoden von Nierenkoliken. Vor allem bei der älteren und für die Dehydrierung anfälligeren Bevölkerung (ab dem 40. Lebensjahr). In dieser Altersgruppe führt ein Anstieg der Lufttemperatur um 10 °C auf einen bemerkenswerten Anstieg von 28,8 ± 3,9 % der Notaufnahmebesuche aufgrund einer Nierenkolik 6.

Relevante Risikofaktoren für Nephrolithiasis stellen die Adipositas und das metabolische Syndrom dar. Die Assoziation zwischen Übergewicht, Körperfettanteil, Insulinresistenz und niedrigem Urin-pH ist in mehreren Studien beobachtet worden 7.

Von erheblicher Relevanz ist darüber hinaus die Tatsache, dass das Risiko eines Rezidivs bei Patienten ohne Sekundärprävention – abhängig von der Steinart und den individuellen Risikofaktoren – zwischen 30 – 100 % liegt 8,9.

1.2. Pathophysiologie

Je nach der Ursache der Entstehung variiert die Zusammensetzung des Harnsteines.

Dementsprechend lässt sich die Ursache teilweise anhand der Steinkomponenten nachvollziehen1,10, weshalb zur Diagnostik und Therapieplanung bzw.

Rezidivprophylaxe unter anderem die Analyse der Steinkomponenten gehört. In der Tabelle 1 sind die Hauptsteinzusammensetzungen und deren Häufigkeit dargestellt 1,11. Die Ursachen für die Entstehung von Harnsteinen sind vielfältig. Letztlich erhöht jeder Umstand das Steinentstehungsrisiko, welcher das Gleichgewicht der im Urin gelösten

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7

Substanzen dahingehend verändert, dass es zu einer Ausfällung von Kristallen und deren Wachstum kommt. Zu diesen sogenannten Promotoren gehören folgende Faktoren:

Übersättigung des Urins an Salzen wie Calciumoxalsäure, Calciumphosphat, Cystin oder Magnesium-Ammonium-Phosphat, beispielsweise bedingt durch Ernährung mit hoher Protein- und Salzeinfuhr, hereditär, metabolisch oder infektbedingt, geringes Urinvolumen durch reduzierte Aufnahme oder vermehrten Wasserverlust, Übersäuerung durch Hyperurikosurie (genetisch, alimentär oder metabolisch bedingt), diätisch oder genetisch bedingte Hyperoxalurie, reduziertes Citrat im Urin durch chronische metabolische Azidose, renal tubuläre Azidose, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder idiopathisch. Harnsäuresteine entstehen bevorzugt durch erniedrigten Urin-pH, chronisch metabolische Azidose, Hyperurikosurie, Übergewicht und im Rahmen des metabolischen Syndroms.

Weitere bekannte Einflussfaktoren sind Klima, Umwelt, Ethnizität, Geschlecht und Heredität. Als Hauptfaktoren gelten jedoch die Ernährungsweise und persönliche Verhaltensweisen, die in o.g. Weise die Bedingungen einer Steinentstehung begünstigen.

Insbesondere konnte nachgewiesen werden, dass die enorm hohe Rezidivrate des Harnsteinleidens durch eine angemessene Diät, die reich an Alkalischen Substanzen wie Gemüse und Früchten ist, reduzierten Fleischverzehr und Salzaufnahme, ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie eine ausreichende Calciumaufnahme (1200 mg Calcium pro Tag) gewährleistet, die 5-Jahres-Rezidivrate an Harnsteinen um 50 % reduzieren kann 12. Darüber hinaus gelten einige Substanzen als Kristallisationshemmer, welche die Eigenschaft haben, die Ausfällung von Kristallen trotz übersättigter Lösung vor allem an Calciumoxalat und Calciumphosphat im Urin zu verhindern. Einige solcher Substanzen sind: Citrat, Osteopontin, das Prothrombin F1-Fragment, das Inter-alpha-Trypsin- Molekül, Calgranulin, Tamm Horsfall Glycoprotein und weitere 1,13–18.

(8)

8

Tabelle 1- Urolithiasis: Zusammensetzung und Häufigkeit

Zusammensetzung Häufigkeit

Calciumoxalat oder Calciumphosphat 70 % – 80 %

Harnsäure 10 % – 15 %

Struvit (Infektstein) 10 % – 15 %

Cystin < 1 %

Sonstige < 1 %

1.3. Klinik der Urolithiasis

Nierensteine, die die ableitenden Harnwege nicht obstruieren, sind klinisch bis auf eine gelegentliche Mikrohämaturie meist asymptomatisch. Bei Gewebeirritation wird allenfalls über gelegentliches, unspezifisches Unwohlsein im Flankenbereich berichtet.

Der Eintritt in die Ureteren und die Passage bedingen jedoch einen kolikartigen Schmerz, der sich bis hin zu extremsten Stärken auswachsen und bis über eine Stunde anhalten kann.

Der Schmerz der Kolik ist auf den abrupten Druckanstieg oberhalb der Obstruktion zurückzuziehen, der zu einer Hyperperistaltik bis hin zum Spasmus der glatten Muskulatur der Ureteren führt. Unterhalb der Obstruktion ergibt sich andererseits eine Hypoperistaltik 19,20.

Meist bedingt die Höhe des Steines im Ureter eine spezifische Schmerzausstrahlung. So projiziert sich der Schmerz, wenn sich der Stein im oberen Abschnitt des Ureters befindet, auf die entsprechende Flankenseite. Falls der Stein im mittleren Bereich des Ureters liegt, strahlt der Schmerz meist in die Leisten, Hoden bzw. Labien aus. Beim Steinübergang in die Harnblase wird zumeist über ähnliche Symptome wie bei einem Harnwegsinfekt, wie Dysurie und Pollakisurie geklagt. Bei der Passage der Harnröhre kann sich ein Harnverhalt imponieren.

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9 1.4. Diagnostik des Harnsteinleidens 1.4.1.Klinische Diagnostik

Für das diagnostische Vorgehen sind folgende Ziel-Kriterien relevant:

1. Feststellung der Steinlokalisation, Steingröße und ggf. Einschätzung der Steinzusammensetzung

2. Evaluation der Komorbidität 3. Erstellung des Behandlungsplans

4. Klären der Behandlungsvoraussetzungen

Stellt sich der Patient mit der entsprechenden klinischen Symptomatik vor, wird der Behandler zunächst nach ggf. nötiger Erstversorgung wie z. B. Schmerzlinderung, eine Anamnese erheben, eine körperliche Untersuchung durchführen sowie eine Urin- und Blutuntersuchung und bildgebende Verfahren veranlassen.

Anamnestisch lassen sich richtunggebende Informationen über die Symptomqualität, - quantität und -lokalisation in Erfahrung bringen. Darüber hinaus lassen sich Hinweise für Infekt- oder Sepsiszeichen oder vegetative Reaktionen eruieren. Die urologische Vorgeschichte (ggf. Rezidivgeschehen, Vor-Operationen oder bekannte Anomalien), allgemeine Anamnese z. B. Erfragung von Allergien, Schwangerschaft oder Niereninsuffizienz bzw. Kontraindikation gegen die Verwendung von Kontrastmittel, sind in Bezug auf das weitere Management mit Bildgebung und Therapieform obligat.

Weiterhin ist die Medikamentenanamnese zu erheben sowie abzuklären, ob familiäre Vorbelastungen bekannt sind bzw. relevante Vorerkrankungen vorliegen.

Mithilfe der körperlichen Untersuchung lassen sich der Allgemeinzustand und Vitalparameter feststellen, die subjektiven Schmerzlokalisationsangaben über den Flanken sowie Genitalen objektivieren, als auch die Mitreaktion (Abwehrspannung,

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10

Minderung der Darmmotilität etc.) des Abdomens untersuchen.

Mithilfe der Urin- und Laboruntersuchung wird ein orientierender Überblick über Blutbild, Nierenfunktion, Gerinnung und Entzündungsgeschehen gewonnen. Die Entscheidung zu gegebenenfalls weitergehender Labor- oder Urindiagnostik leitet sich aus den gesamten erhobenen Befunden her.

1.4.2. Bildgebung

Das Ziel einer bildgebenden Untersuchung ist es, die Diagnose eines Harnsteines zu erhärten (bzw. auszuschließen) sowie Größe und Lokalisation eines Steines oder aber gegebenenfalls eine andere Ursache zu ermitteln. Außerdem lassen sich die anatomischen Strukturen darstellen, um – falls vorhanden – Anomalien oder eine Harnstauung festzustellen bzw. auszuschließen. Hieraus leitet sich im Wesentlichen das weitere therapeutische Vorgehen mit den möglichen Behandlungsoptionen ab. Als Optionen zur Bildgebung werden gemäß den Konsens-S2k-Leitlinien 1 zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis folgende Untersuchungsmöglichkeiten aufgeführt:

Ultraschall, konventionelles Röntgen, Computertomographie, ante- und retrograde Ureteropyelographie und Nierenszintigraphie.

1.4.2.1. Ultraschall

Nach den Empfehlungen der AWMF-Konsens-S2k-Leitlinien 1 wird die Sonographie als Diagnostik der ersten Wahl im Akutfall als auch in der Allgemeinsituation aufgeführt.

Mithilfe der Sonographie lassen sich rasch, mit geringem Aufwand, nicht- invasiv und ohne Strahlenbelastung, die Niere sowie proximaler und intramuraler Harnleiter (bei voller Harnblase) beurteilen. Gegebenenfalls lassen sich Konkremente und/oder eine Erweiterung des Hohlsystems feststellen. Die Sensitivität liegt bei Steinen über 5 mm

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(bei zusätzlich bestehendem Harnaufstau) nach Erwin, B.C. et al. 1985 21 bei 96 %. Bei Harnleitersteinen fällt die Sensitivität jedoch relevant ab 22. Eine Untersuchung zur diagnostischen Potenz zwischen Ultraschall und low-dose Computertomographie ergab tatsächlich ein vergleichbares Ergebnis zwischen beiden bildgebenden Verfahren 23.Die Breite des Nierenparenchyms kann bei Verringerung der Nierenparenchymdicke (Normwerte: 1,3 cm – 2 cm) einen Hinweis auf eine bereits länger bestehende Abflussbehinderung geben.

Weiterhin lassen sich Raumforderungen oder Lageanomalien diagnostizieren. Der Seitenvergleich beider Nieren wird ebenfalls zur Beurteilung herangezogen.

1.4.2.2. Konventionelles Röntgen

Die Abdomenübersichtsaufnahme im Liegen ermöglicht den Nachweis röntgendichter Konkremente. Allerdings liegt die Sensitivität unter 70 % bei einer Spezifität von 82 %.

Die Strahlendosis beläuft sich auf etwa 0,5 mSv 24,25. Erkrankungen des Skelettsystems kommen hierbei ebenfalls zur Darstellung und können differentialdiagnostische

Hinweise geben.

Die Beurteilung der S2k-Leitlinie 1 weist diesem Verfahren den Stellenwert zu, für die Beurteilung der anatomischen Verhältnisse des Harntraktes aussagekräftige Informationen zu bieten sowie bei schattengebenden Konkrementen für die Verlaufskontrolle sowie Nachsorge sinnvoll zu sein.

1.4.2.3. Intravenöse-Urographie (IVU)/Ausscheidungsurographie (AUG)

Die intravenöse Urographie schließt sich gegebenenfalls einer Abdomenübersichtsaufnahme an. Nach i.v.-Applikation des Kontrastmittels werden innerhalb von 20 Minuten zwei weitere Aufnahmen durchgeführt. Eine verzögerte

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Kontrastmittelausscheidung, z. B. aufgrund einer Nierenfunktionsstörung macht gegebenenfalls weitere Aufnahmen bis zu einigen Stunden nach Kontrastmittel- Applikation erforderlich.

Folgende diagnostische Parameter werden bei der Auswertung des Ausscheidungsurogramms betrachtet:

- Dauer bis zur Kontrastmittelausscheidung in das Nierenbecken bzw. Dauer des Kontrastmittelabflusses in die Blase als semiquantitative Aussage über die Nierenfunktion

- Erweiterung des Nierenbeckenhohlsystems

- Seitenvergleich der Nieren bezüglich o.g. Kriterien

- Steinlokalisation anhand von konkrementverdächtigen Verschattungen in der Röntgenleeraufnahme oder anhand von Kontrastmittel-Aussparungen

- Zusätzliche Hinweise für Anomalien des Harntraktes

Die Sensitivität des Ausscheidungsurogramms bei der Diagnostik von Harnsteinen lässt sich bei circa 92 – 98 % veranschlagen. Die Spezifität rangiert zwischen 59 – 100 % 24,26–

28. Die Strahlendosis summiert sich auf durchschnittlich 1,4 – 1,5 mSv 24,25,27,29.

Die Ausscheidungsurographie ist unter bestimmten Umständen kontraindiziert. In folgenden Fällen ist von der entsprechenden Diagnostik abzusehen:

- Kontrastmittelallergie - Niereninsuffizienz

- unbehandelte Schilddrüsenüberfunktion - Schwangerschaft

- Metformin-Einnahme

- Paraproteinämie (Morbus Kahler) - unbehandelter Hyperparathyreoidismus

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13 - Stillzeit (relativ)

- akute Kolik (Gefahr der Fornix-Ruptur, relativ)

(S2-Leitlinien zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis 2009)1.

1.4.2.4.Ureteropyelographie (UPG)

Die UPG (Abbildung 1) wird nach der S2k-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis“ empfohlen, wenn die Indikation zur Harnableitung gestellt wurde. Dabei ist jedoch eine nachgewiesene Infektion als Kriterium für das Absehen von einer UPG genannt, um eine Urosepsis zu vermeiden 1.

Abbildung 1- Retrograde Ureteropyelographie im Rahmen einer

Harnleiterschienung. Das Nierenbeckenkelchsystem stellt sich zweitgradig dilatiert dar(Quelle: MHH-PACS)

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14 1.4.2.5. Native Computertomographie

Das native Computertomogramm hält derzeit mit 91 – 100 % die höchste Sensitivität sowie mit 95 – 100 % die höchste Spezifität zum Nachweis von Harnsteinen vor 27,28,30–

33. Die herausragende diagnostische Potenz dieser Bildgebung zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass mit Ausnahme von seltenen Indinavir- und Matrixsteinen der Großteil aller Steinarten – selbst die, welche im konventionellen Röntgenbild als

„röntgen-negativ“ nicht abgebildet werden können (z. B. Harnsäuresteine oder Xanthinsteine) – deutlich zur Darstellung kommen 34. Daneben imponiert diese Technik mit weiteren Vorteilen wie:

- schnelle Durchführbarkeit und

- zusätzliches Erbringen differentialdiagnostischer Befunde

- gute Ortung der Lokalisation des Steines, auch in Bezug auf angrenzende Strukturen

- die Dichtemessung der Steine gemessen in Hounsfield Units (HU) kann Hinweise auf die Steinzusammensetzung geben. Z. B. ergeben dichteärmere Steine wie Harnsäuresteine geringere HU-Werte als bspw. phosphathaltige Steine. Für den Erfolg einer Extrakorporalen Stoßwellenlithotrypsie (ESWL) zur Zerkleinerung des Steines in vorzugsweise spontan abgangsfähige kleinere Steine, ist neben der Größe und Lokalisation das Wissen um die Zusammensetzung relevant, da diese für die Wahrscheinlichkeit des Erfolges herangezogen wird 35–37 sowie die Stein- Haut-Distanz. So reagieren vor allem Steine mit HU von unter 1000 auf eine ESWL 38,39.

Als Nachteile sind zu nennen:

- höhere Strahlenbelastung auch bei low-dose Protokollen bei nicht-adipösen Patienten (BMI < 30 kg/m2) im Vergleich zu konventionellem Röntgenverfahren

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15

(siehe vergleichende Tabelle 2) 40–42. Wobei durch Weiterentwicklung der Untersuchungsprotokolle mit verminderter Strahlungsdosis bereits eine Senkung auf 1 – 2,2 mSv erzielt wurde, wenn auch zu Lasten der Kontrastschärfe 27,31,43 - limitierte Verfügbarkeit

- höhere Kosten

1.4.2.6. Low-dose Computertomographie

Im Vergleich zur Standard-Computertomographie ist die Strahlungsdosis für die low- dose Computertomographie reduziert.

Dennoch konnten Niemann, Kollmann und Bongartz im Rahmen einer Metaanalyse die gleichwertige diagnostische Aussagefähigkeit beider bildgebenden Verfahren beweisen

44 (Abbildungen 2 und 3).

Hier wurden gepoolte Sensitivität und Spezifizität von 95 % berechnet. Die gesamte diagnostische Genauigkeit, definiert als AUC (Area Under the SROC Curve) betrug sogar 99,32 % (standard error [SE] = 0.0016).

Allerdings zeigt diese Technik bei Patienten mit einem BMI > 30 kg / m2 und bei Steinen

< 3 mm deutliche Limitierungen 45. Deswegen wurden verschiede Protokolle entwickelt, welche die Emission ionisierender Strahlung mithilfe besonderer Software und speziellen Röntgenfiltern minimieren und eine Modulierung von Scanparametern gemäß den Eigenschaften des Patienten sowie die Einstellung der Strahlung je nach Dicke und Dichte verschiedener Körperteile ermöglichen 46.

Des Weiteren wurden mit dem Ziel der Verbesserung der Bildqualität durch Verringerung des Bildrauschens iterative Rekonstruktionsalgorithmen (Adaptive Statistical Iterative Reconstruction, ASIR) entwickelt47,48. Dieses Softwaresystem ermöglicht eine effektivere Detektion von Harnsteinen (Sensitivität von 80 – 82 % vs 69 – 70 %) mit einer

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mittleren Strahlendosis von 1,8 mGy im Vergleich zu 9,9 mGy des Referenz-CT- Protokolls 49 und bei einem Viertel der regulären Dosis eines NCCT (effektive Dosis 1,2

 0,1 mSv gegenüber 7  2,3 mSv für das standard-dose-NCCT)50.

1.4.2.7. Dual Energy (dual source) Computertomographie

Konventionelle CT-Scans werden aus einer einzigen Energiequelle (Single Energy CT, SECT) generiert, was die Differenzierung zwischen unterschiedlichen Steinzusammensetzungen nicht ermöglicht. Das sogenannte Dual Energy CT (DECT ) kann durch Erfassen von zwei Scans desselben Körperteils bei zwei verschiedenen Energien (normalerweise 80 kV und 140 kV) durch zwei Röntgenquellen und zwei orthogonal zueinander liegenden Detektoren, oder mit einer einzigen Röntgenröhre, die schnell zwischen niedrigen und hohen Potentialwerten wechselt, unterschiedliche Röntgenstrahlenabschwächungseigenschaften verschiedener Steinkomponenten messen und eine Aussage zur Steinzusammensetzung machen51.

Das bedeutet nicht unbedingt eine höhere Strahlenbelastung im Vergleich zu einem konventionellen SECT. In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde sogar gezeigt, dass DECT keinen signifikanten Unterschied in der Strahlenexposition im Vergleich zu low-dose SECT (p = 0,09 bzw. 0,18) hervorrief 52.

Jedoch können Atmungsartefakte während des Zeitintervalls zwischen den beiden Scans die Bestimmung der unterschiedlichen Steinkomponenten beeinträchtigen53.

Oft ist in der täglichen Praxis, nach dem initialen nativem Scan mit Ausschluss okkludierender Harnleitersteine, die Anfertigung einer kontrastmittelverstärkten Phase zur genaueren Identifizierung signifikanter alternativer Befunde. Dies könnte bei DECT zur inakzeptablen Strahlenexposition führen.

Zur Reduzierung der Strahlenexposition kann die Dual-Split-Bolus-Technik verwendet

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werden: Zunächst werden 30 bis 40 ml Kontrastmittel injiziert, gefolgt von einem zweiten Bolus von 80 bis 110 ml Kontrastmittel 6 – 10 min danach. Schließlich wird ein CT-Scan nach einer weiteren Verzögerung von 90 – 100 s angefertigt, wodurch eine kombinierte nephropyelographische Phase durch die Aufnahme eines einzelnen CT-Scans ermöglicht wird 54.

Vor kurzem wurde zusätzlich die Möglichkeit evaluiert, mit der DECT-Technologie eine native Phase virtuell zu rekonstruieren, indem das Iodsignal aus den KM-Scan mit Hilfe von Nachbearbeitungssoftware subtrahiert wird, um die Voranfertigung einer nativen Phase zu vermeiden 55,56. Das Verfahren zeigte jedoch eine deutliche Beeinträchtigung bei der Detektion von Steinen < 2 – 4 mm 57,58. Darüber hinaus schienen Harnsteine kleiner als in der echten nativen Phase, was selbstverständlich signifikante Auswirkungen auf den Behandlungsentscheidungsprozess vor allem in der Notfallsituation haben könnte

57–59.

Tabelle 2- Vergleich diagnostischer Strahlenexposition verschiedener bildgebender Verfahren bei der Urolithiasis.

KUB=kidney-ureter-bladder, NCCT=non-contrast computerized tomography (Quelle: EAU- Guidelines- Urolithiasis 2015)

Method Radiation exposure (mSv)

KUB-Radiography 0,5 1

IVU 1,3 3,5

Regular-dose NCCT 4,5 5

Low-dose NCCT 0,97 1,9

Enhanced CT 25 35

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19 1.5.Therapie

1.5.1. Konservative Therapie/Spontaner Steinabgang

Unter einer konservativen Steintherapie sind Maßnahmen zusammengefasst, die sich auf medikamentöse und physikalische Behandlungsoptionen beschränken. Hierunter fällt die angemessene analgetische und antiphlogistische Medikation sowie die Förderung der Steinpassage. Nach den Empfehlungen der Leitlinien 1 werden nichtsteroidale Antirheumatika (NSRA) sowie Alpha-1-Rezeptorenblocker (z. B. Tamsulosin) off label empfohlen. Dabei werden bei den NSRA (z. B. Diclofenac) nicht nur die analgetischen, sondern auch abgangsfördernde Wirkungen adressiert, da sie durch ihre antiphlogistische Wirkung eine Abnahme des Schleimhautödems erzielen, welches die Steinpassage begünstigt. Die Aufnahme erhöhter Trinkmengen sowie körperliche Bewegung werden empfohlen, um physikalisch den spontanen Steinabgang zu unterstützen 60. Zur Abgangswahrscheinlichkeit gibt es mehrere Untersuchungen, welche verschiedene Kriterien als günstig nachgewiesen haben. So haben bspw. Knoll und Alken in ihrer Arbeit von 2006 eine Wahrscheinlichkeit für den Abgang von proximal gelegenen Harnleitersteinen mit 25 % von mittig gelegenen Harnleitersteinen mit 45 % und distal gelegenen Harnleitersteinen mit 70 % ermittelt 60. In der Arbeit von Segura 1997 wird dem Faktor „Erstereignis“ eine höhere Wahrscheinlichkeit (bis zu 98 % der Harnleitersteine mit einer Größe < 5 mm) zum Spontanabgang beigemessen 61. Im Weiteren spiele die Größe und Beschaffenheit hinsichtlich der Oberflächenstruktur eine einflussnehmende Rolle 62.

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20 1.5.2. Harnableitung

Bei obstruktionsbedingtem Stau ist die entlastende Ableitung des gestauten Harns dringend notwendig, um die Entwicklung einer Harnstauungsniere sowie steigender Retentionswerte (postrenales Nierenversagen) zu vermeiden und vorzubeugen. Unter Infektbedingungen stellt der Harnstau sogar eine Notfallsituation durch die Gefahr einer Urosepsis dar 63. Interventionell stehen hierfür nach den AWMF-Leitlinien 3/2015 gleichwertig die Einlage einer transurethralen Harnleiterschiene (Double-J- Ureterkatheter oder Mono-J-Ureterkatheter) oder die perkutane Nephrostomie zur Verfügung 1.

Abbildung 4- Darstellung in der Röntgen-Durchleuchtung der regelrechten Platzierung eines Double-J-Katheters links (Quelle: MHH-PACS)

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21 1.5.3. Definitive Steintherapie

Wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichen oder langfristig weniger Erfolg auf Steinbefreiung versprechen, dann wird die interventionelle Therapie herangezogen.

Heute stehen dafür vor allem minimalinvasive Extraktionsformen zur Verfügung neben der inzwischen eher seltener durchgeführten, für spezielle Indikationen vorbehaltenen, offenen Nephrolithotomie.

Zur Entscheidung für die Form der Steinentfernung werden folgende Faktoren einbezogen, die einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg der Steintherapie haben:

• Steingröße

• Steinlokalisation

• Komorbiditäten

• Infektion

• Anatomische Voraussetzungen

• Schwangerschaft

Ist in Abhängigkeit von o.g. Faktoren die Indikation und Entscheidung zu einer interventionellen Steintherapie gestellt bzw. gefällt, so stehen zurzeit folgende Möglichkeiten wiederum in Abhängigkeit von o.g. Faktoren zur Steinentfernung zur Auswahl.

- Extrakorporale Stoßwellen Lithotripsie (ESWL)

- Ureterorenoskopie (URS)

- Perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL)

- Offene Nephrolithotomie

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22 1.5.3.1. ESWL

Seit den 80er Jahren hat die ESWL die vorher gängigen Interventionsformen verdrängt

64. In verschiedenen Studien konnte dabei die Effizienz der ESWL nachgewiesen werden

65,66 und deren Effektivität für ca. 80 % der Harnsteine belegt werden 67.

Bei der ESWL wird unter Zuhilfenahme von Bildgebung der Stein in das Zentrum der erzeugten Stoßwellen gebracht und durch den Druck der erzeugten Wellen zertrümmert.

Die entstandenen kleineren Fragmente werden unter weiteren konservativen Maßnahmen dann mit dem Urin ausgespült. Der propagierte Vorteil der ESWL ist die geringe Invasivität bei der Primärintervention und die Vermeidung einer Vollnarkose. Als erschwerende Faktoren für die ESWL sind starke Adipositas oder anatomische Abweichungen zu nennen 68.

Einen Nachteil stellen Rezidive nach ESWL-Behandlung dar, wobei besonders distal gelegene Uretersteine und untere Kelchsteine ungünstige Faktoren für eine ESWL sind

69. Neben der Lokalisation ließ sich die Steingröße als prädiktiver Faktor für den Erfolg einer ESWL-Behandlung feststellen.

Bei Steinen bis zu einer Größe von 10 mm ließ sich eine 74 %ige Response sowie Steine ab 10 – 20 mm eine 43 %ige Response nachweisen. Selbst eine Zweit- und Drittapplikation ließ das Outcome einer Steinfreiheit nur unwesentlich auf 68 % anheben

69. Zudem muss problematisiert werden, dass das Verbleiben von Restkonkrementen in den unteren Kelchen nach ESWL als Kristallisationskern zum Ausgangspunkt von erneuter Steinentwicklung fungieren kann 70. Als unmittelbare Nebenwirkung der ESWL sind – abhängig von der eingesetzten Energie und der Summe der Stoßwellen – Gewebeschäden zu nennen, die sich u.a. durch Schmerzen, Hautpetechien, renalen Hämatomen und Hämaturie manifestieren können 62. In einer Studie von Krambeck von

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23

2006 wurde sogar eine mögliche Induktion von Diabetes mellitus und arterieller Hypertonie als Langzeitfolge durch Stoßwellen diskutiert 71. Absolute Kontraindikation der ESWL stellt die Gravidität dar. Als relative Kontraindikationen gelten nicht- therapierbare Gerinnungsstörungen, nicht eingestellter Hypertonus, ein florider Harnwegsinfekt, Abflussbehinderungen distal des Harnleitersteines, die Adipositas, hohe Steinlast, insbesondere eine Steingröße > 25 mm 67 sowie Körpergröße und Skelettanomalien 72. Letztlich sind die Kompositionen der Steine wesentlich für die Indikation der ESWL. Härtere Steine wie Oxalat-Monohydrat und Cystinsteine sind daher weniger geeignet 67.

1.5.3.2. Ureterorenoskopie (URS)

In den vergangenen 20 Jahren hat die URS das Management der Urolithiasis drastisch verändert 73. Die Entwicklung von immer feineren und flexibleren Ureterorenoskopen mit maximaler Flexibilität bis 300 Grad Wendigkeit sowie Kombination mit dem Holmium (Ho: Yttrium-Aluminium-Garnet (YAG)-Laser) haben eine relevante Steigerung der Steinfreiheitsrate durch URS bei gleichzeitiger Senkung der Komplikationsrate erbracht

74–76. Die enorme Flexibilität der neueren Ureteroskope lässt die Extraktion von Konkrementen aus dem gesamten Nierenbeckenkelchsystem zu. Selbst Kelchdivertikel und untere Kelchgänge können einer effizienten Therapie zugeführt werden 64,77–79. Wesentliche technische Verbesserungen beinhalten noch Endoskop-Miniaturisierung, verbesserte optische Qualität und Werkzeuge sowie Einführung von Einmalgeräten. URS wird auch deswegen zunehmend weltweit durchgeführt 73. Die EAU-Leitlinien legen fest, dass URS bei nahezu allen Patienten ohne spezifische Kontraindikationen durchgeführt werden kann. Selbst Patienten mit Körperbauvarianten und Anomalien wie bspw. Spina bifida oder Skoliose sowie mit Adipositas per magna können einer URS unterzogen

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24

werden. Die flexible URS mit Holmium-YAG Laser stellt eine sichere Therapieoption zur Steinsanierung bei antikoagulierten Patienten oder Patienten mit Koagulopathie dar, sogar ohne, dass diese perioperativ unbedingt korrigiert werden müssen 80. Erforderlich ist bei der URS jedoch im Vergleich zur ESWL eine Allgemein- oder Spinalanästhesie

64, welche entsprechend mögliche Komplikationen mit sich bringen kann. Angesichts der zunehmenden technischen Expertise der Behandler wirkt sich die höhere Invasivität der URS jedoch heutzutage nicht mehr nachteilig für den Patienten aus, da die positiven Effekte vor dem Hintergrund geringer Morbidität überwiegen 81. Dennoch sind Komplikationen aufzuführen, die letztlich mit der URS auftreten können: Blutungen, postoperativer Harnaufstau durch Harnleiterwandödem mit sekundärer Stenosierung oder durch obstruktive Blutkoagel und Reststeine sowie Ureterverletzungen bis zur Urosepsis.

Selten werden nach einer Ureterorenoskopie im postoperativen Verlauf auch Ureterstenosen oder vesikoureteraler Reflux beschrieben 62. Die Schwangerschaft stellt im Gegensatz zur ESWL nur eine relative Kontraindikation dar und steht somit als Behandlungsoption ggf. auch zur Verfügung.

1.5.3.3. Perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL)

Die PCNL stellt aktuell den Gold-Standard für die Behandlung der Nierensteine dar. Seit der ersten Anwendung in den 80ger Jahren sind die Indikationen sowie das Anwendungsspektrum der PCNL wesentlich geändert 82.

Mit der Einführung der ESWL ist die Anwendung der deutlich invasiveren PCNL an besonderen Fällen limitiert worden, in denen die ESWL nicht einsetzbar ist oder eine geringere Erfolgsrate gezeigt hat. Dies betrifft vor allem:

- Steine > 20 mm in der unteren Kelchgruppe - Ausgusssteine

(25)

25

- morphologische Obstruktionen wie Ureterabgangsstenosen oder Harnleiterstrikturen - Nierenanomalien wie Hufeisenniere

- Transplantatniere oder

- Calcium-Oxalat-Monohydrat oder Cystinsteine > 10 mm 83–87

Einer hoch angesiedelten Erfolgsrate der konventionellen PCNL mit bis zu 90 % steht ein bis zu 83 %iges Risiko für Komplikationen gegenüber, die dem operativen Zugang geschuldet sind: Blutungen mit einer Transfusionsrate bis 17,5 %, Infektionen oder Extravasationen von Spülflüssigkeit im Retroperitoneum sind bei der Verwendung der 26 Charrière dicken Instrumente beschrieben. Es muss letztlich auch über die Traumatisierung der Niere immer aufgeklärt werden, bis hin zum Verlust der Niere als gravierendste Komplikation 8. Kontraindikationen stellen hier deswegen nicht beherrschbare Gerinnungsstörungen, Gravidität und florider Harnwegsinfekt dar 85. Um die Komplikationsrate der PCNL bei vergleichbarer Steinfreiheitsrate zu minimieren, wurden zum Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts die ersten miniaturisierten PCNL (Mini-PNL oder Mini-perc) mit Schaftdurchmessern zwischen 12 und 20 Charrière verwendet 88. Die Leitlinien zur Behandlung der Urolithiasis empfahlen jedoch in 2008 aufgrund ihrer längeren Operationszeiten die Anwendung der Mini-PNL bei Steinen mit Durchmessern bis zu 2 cm 64. Zur weiteren Optimierung der Operationstechnik wurde mit dem Ziel der Reduktion der Operationszeiten und der konsequenten Ausbreitung der Indikationen die sogenannte minimalinvasive PNL oder MIP etabliert. Diese ist durch die Verwendung von miniaturisierten Instrumenten, ballistische Lithotripsie mit Bergung der Steinfragmente mittels Niederdruckspülstrom und direktem Traktverschluß mit einer Gelatine-Thrombin-Matrix definiert 89. Die MIP ermöglicht damit eine mit der PCNL vergleichbare Steinfreiheitsrate bei sogar höherer Rate an primärer Steinfreiheit und dramatisch niedrigerer Komplikationsrate, vor allem

(26)

26

von transfusionspflichtigen Blutungen, die letztendlich mit denen der ESWL und URS vergleichbar sind 90.

Tabelle 3- Definitionsvorschlag für die PCNL-Benennung nach folgenden Kriterien: Patientenlagerung (p), Nephroskopschaftkaliber (c), Spülstrom (f), Harnableitung (u), eventueller Traktverschluß (t) (Quelle: Schilling, D.

et al. World J. Urol. 2015) 91

Term Acronym Definition

Patient position (p)

P Prone position

S Supine position

Outer sheath caliber (c)

XL > - 25 FR

L 20 to < 25 FR

M 15 to < 20 FR

S 10 to < 15 FR

XS 5 to < 10 FR

XXS < 5 FR

Irrigation flow (f)

CF Continuous flow, low-pressure irrigation

CO Closed/open irrigation

PC Pressure-controlled irrigation flow

Urinary diversion (u)

DT Double tube: nephrostomy tube und ureteral stent

TU Tube: only nephrostomy tube

TL Tubeless: only ureteral stent

TT Totally tubeless: no stents in place TTa Removal of ureteric catheter within procedure a

TTb Removal of ureteric catheter within 24 h

Tract treatment (t)

SL Sealed: closure of access tract

NS Not sealed: no closure of the tract

a Before admission to the ward

b Only applies for tubeless or totally tubeless technique

Bei der Wahl der Behandlungsmethode fließen letztlich auch Aspekte wie persönliche Erfahrung, therapeutische Ausstattung, Vor- und Nachteile der jeweiligen Extraktionsmethode und auch nicht unwesentlich der Wunsch des Patienten ein. Der Wunsch nach einer planbaren schnellen und wenn möglich sofortigen Steinsanierung führt aktuell als neuer Trend hin zu invasiverer Therapie. Die MIP mit ihrer neuesten Evolution stellt nun die Antwort auf diese Anfrage 92.

(27)

27 1.6. Fragestellung und Literaturhintergrund

Mit der vorliegenden Arbeit soll zum einen der diagnostische Stellenwert des Stein-CT in der akuten Notfall-Vorstellungssituation für die Therapieentscheidung bei Urolithiasis sowie die Faktoren, die für die Entscheidung zur Durchführung eines CT relevant sind, überprüft und mit den Empfehlungen der AWMF abgeglichen werden. Zum anderen soll anhand der getroffenen Therapieentscheidungen der Therapie-Algorithmus der MHH mit dem der Leitlinien verglichen werden.

In mehreren Studien wurde bereits versucht, Faktoren zu identifizieren, die die Notwendigkeit einer urologischen Intervention bei Nierenkoliken vorhersagen. Nahezu alle diese Studien haben jedoch die Limitierung, CT-Befunde in die Berechnung der oben genannten Faktoren einzubeziehen 93,94.

Daher können sie keinen wirklichen Beitrag zur Suche nach Kriterien leisten, die den Diagnostikpfad leiten können, um überhaupt die Notwendigkeit der Verwendung des CT auszuschließen.

Eine kürzlich durchgeführte Studie hat zum Beispiel einen Score mit dem suggestiven Namen STONE Score entwickelt, die drei Risikoklassen (niedrig, mittel und hoch) für das Vorhandensein von obstruktiven unkomplizierten Harnleitersteinen identifiziert 95. Diese Studie liefert jedoch keine Informationen prognostischer Art, die eine Notfalltherapie leiten könnten, wie Sepsiszeichen oder das Vorhandensein eines akuten Nierenversagens 96. Des Weiteren weist die höhere Risikoklasse in einer Studie von Wang et al. zur externen Validierung des STONE Scores lediglich eine 53 %ige Sensitivität für Uretersteine auf 97.

(28)

28

Aktuell bietet einzig die Studie von Wang et al. die Möglichkeit der Bewertung existentieller Parameter: die gleichzeitige Identifizierung klinischer Prädikatoren für Harnleitersteine, welche einen Notfalleingriff erfordern sowie alternativer Befunde, welche einen Krankenhausaufenthalt innerhalb von 30 Tagen nach der ersten Vorstellung erfordern und somit als signifikant definiert sind 98.

Diese Studie analysiert retrospektiv Daten aus einer Multicenter-Studie von Smith- Bindman et al. 23. Ziel war es, den unterschiedlichen diagnostischen Stellenwert von US und CT für den Verdacht einer Nephrolithiasis zu bewerten 23, wobei hier als Endpunkt eine mehrdeutige Definition unerwünschter Ereignisse verwendet wurde und eine Klassifizierung der Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins von Harnleitersteinen, basierend auf undefinierten Kriterien oder sogar auf der klinischen Intuition des Notarztes, vorgeschlagen wurde.

Die Studie von Wang et al. 98 weist jedoch erhebliche Bias auf. Beispielsweise wurden Leukozyturie und abnorme Kreatininwerte nicht in die Auswertung einbezogen. In Anbetracht dessen, dass die Indikation für eine Notfalloperation durch ein akutes Nierenversagen sowie durch eine infizierte Hydronephrose oder durch auf Spasmoanalgesie refraktäre Schmerzen gegeben ist, ist das Fehlen solcher Parameter diskutabel.

Ein weiteres Bias ist die getrennte Betrachtung der prädiktiven Faktoren für wichtige alternative Nebenbefunde und der prädiktiven Faktoren für das Vorhandsein einer Urolithiasis, die eine Notfallintervention erfordert. Zusätzlich wurden Patienten mit

„hohem Risiko“ für signifikante alternative Befunde in der Studie von Wang et al.

Grundsätzlich ausgeschlossen.

(29)

29

Emblematisch ist die Bewertung des prädiktiven Werts der Hydronephrose bei der Detektion der zu behandelnden okkludierenden Harnleitersteine. Wofür Patienten, die einem CT unterzogen wurden, von der Analyse ausgeschlossen wurden. Auf diese Weise wurden verschiedene Vorhersagefaktoren für heterogene Populationen bewertet.

Daher ist es kein Zufall, dass die Spezifität dieser Entscheidungsalgorithmen im Gegensatz zur hohen Sensitivität (negatives likelihood ratio von etwa 0,1) begrenzt ist (18 % – 26 %, abhängig davon, ob die Hydronephrose in die Berechnung einbezogen wird oder nicht) 98.

Es bleibt eine unbeantwortete Frage: Wie viele dieser Patienten mit nachgewiesenen Harnleitersteinen mussten operiert werden? Und dann: Wie viele dieser nicht hospitalisierten Patienten hatten Harnleitersteine? Und noch einmal: Kann der Parameter

„keine stationäre Aufnahme innerhalb von 30 Tagen seit der Erstvorstellung“ ausreichen, um Patienten zu definieren, die keine Notfallbehandlung benötigen?

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir eine Bewertung vorgezogen, die auf der aus der Leitlinie kommenden Definition der Indikation zur Harnableitung basiert, und die Möglichkeit evaluiert, die vom CT bereitgestellten Informationen zu nutzen, um diese Indikation zur Intervention zu stellen oder auszuschließen.

In dieser Studie zog ich es auch vor, das „Fehlen prädiktiver Faktoren für okkludierende Harnleitersteine" als Vorhersage für alternative Befunde zu betrachten, um einen einfachen und praxisorientierten Algorithmus zu erstellen.

(30)

30 2. Material und Methoden

2.1.Datenerhebung

Im Rahmen der Dissertation wurden in einer retrospektiven Erhebung 124 konsekutive Fälle von Patienten, die sich im Zeitraum über 2 Jahre vom 20. Mai 2009 bis zum 13. Mai 2011 in der Notaufnahme der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) mit der Verdachtsdiagnose Urolithiasis vorgestellt hatten und bei denen eine low-dose Stein-CT- Untersuchung im Rahmen der Notfallversorgung durchgeführt worden war, analysiert.

Ein entsprechendes Votum der Ethikkommission der MHH liegt vor. Die Daten wurden aus dem SAP System der MHH entnommen. Ergänzend wurden die zugehörigen Daten aus Aufnahmebefunden, Laboranalysen, Sonographie-Befunden, Operationsberichten und Arztberichten aus der elektronischen Akte der Patienten verwertet, welche im ALIDA-System und PACS der MHH vollständig archiviert sind. Alle Daten wurden völlig anonymisiert ausgewertet.

Folgende Daten wurden tabellarisch mithilfe einer Excel-Datenbank erfasst: Geschlecht, Geburtsdatum, CT-Untersuchungsdatum, CT-Untersuchungsuhrzeit, Patientenalter zum Zeitpunkt der CT-Untersuchung, positive Anamnese für Urolithiasis, Schmerzcharakter, Serum-Kreatinin bei Aufnahme, Blut-Leukozyten, Serum-CRP, Hämaturie- und Leukozyturie-Nachweise, eventuelle Notinterventionen, definitive Steintherapie, Pyelokalikektasie-Nachweis und Ektasiegrad des Hohlsystems der Niere, eventueller Steinnachweis im CT, betroffene Seite, Steinanzahl, Steinlokalisation und Steingröße, Vorhandensein eines Pigtailkatheters im oberen Harntrakt. CT-morphologische anatomische Besonderheiten und Nebenbefunde sowie relevante Nebendiagnosen wurden in die Tabelle eingefügt.

(31)

31

Das Ausgangskollektiv dieser Arbeit betrug 435 Patienten, die in dem oben angegebenen Zeitraum in der MHH einem low-dose Stein-CT zugeführt wurden. Nach Filterung derjenigen Patienten, die das low-dose Stein-CT als Notfall-Indikation bekamen, was zum einen anhand der Untersuchungsuhrzeit (zwischen 16:00 Uhr nachmittags und 08:00 Uhr morgens) nachvollzogen werden konnte und zum anderen anhand der anamnestischen Angaben der CT-Anforderung entnommen wurde, verblieb eine Patientenanzahl von 124, welche diese Voraussetzung erfüllten. Ausgeschlossen wurden nun diejenigen Patienten, die das low-dose Stein-CT nicht als Notfall bekamen. Im Weiteren konnte der elektronischen Patientenakte (ALIDA) die Angaben der Laborchemie (Serum, Hämatologie, Urinstatus) entnommen werden. Die Arztberichte lieferten Informationen über die eventuelle Notfallintervention sowie die Empfehlung zur definitiven Steintherapie. Die durch den diensthabenden Urologen erfassten Ultraschallbefunde hinsichtlich Pyelokalikektasie konnten teils in den Aufnahmebefunden, Arztberichten und teils in den vorliegenden Sonographie-Befunden ersehen werden. Sämtliche Angaben zu Steingröße, -lokalisation, -anzahl wurden dem durch das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie angefertigten CT- Befund im PACS-System entnommen. Im Weiteren erfolgte eine weitere Aussage zum Harnaufstau anhand des CT-Befundes. Letztlich wurden sämtliche seitens – der Radiologie erfassten – Nebenbefunde aufgeführt und tabellarisch ausgewertet.

2.2.Statistische Auswertung

Der Auswertung der Daten dienten die Programme Excel und GraphPad.

Die statistische Datenanalyse basierte auf der Untersuchung der Korrelation zwischen Variablen (Zeichen und Symptomen) und dem positiven Steinnachweis im low-dose CT.

Wir betrachten als Stein-positiv diejenigen Stein-CTs, welche Harnleitersteine oder

(32)

32

Zeichen eines stattgehabten Steinabgangs wie ureterales Stranding oder Blasensteine, nachweisen.

Jede Variable (Pyelokalikektasie, pathologische Kreatininwerte, Hämaturie und bekannte Steindiathese) wurde einzeln (univariat) und in Kombination miteinander (multivariat) mithilfe von logistischen Regressionsmodellen betrachtet. Dafür wurde der exakte Test nach Fisher (Konfidenzintervall von 95 % nach der Wilson-Brown-Methode) verwendet.

(33)

33 3. Ergebnisse

Das Durchschnittsalter für die Patientenkohorte betrug 47,1 Jahre (Spannbreite: 16,4 – 84,4 Jahre). 68,5 % der Patienten waren männlich. 71,8 % der Patienten boten eine Hämaturie (3,4 % davon makroskopisch), ein pathologisches Serum-Kreatinin zeigte sich bei der Patientenvorstellung in 32,3 % der Fälle. Bei 68 Patienten (54,8 %) stellte sich sonographisch eine Pyelokalikektasie dar, bei 42/68 Patienten erstgradig (61,8 %), bei 25/68 zweitgradig (36,8 %), bei 1/68 drittgradig (1,5 %). Bei 30 Patienten (24,2 %) war in der Vorgeschichte eine Steindiathese bereits bekannt. 51 Patienten (41,1 %) zeigten gleichzeitig Hämaturie und Pyelokalikektasie, 30 Patienten (24,2 %) pathologische Kreatinin-Werte und Pyelokalikektasie, 19 Patienten (15,3 %) hatten eine Pyelokalikektasie und eine bekannte Steindiathese, 27 Patienten (21,8 %) pathologische Kreatinin-Werte und eine Hämaturie, 17 Patienten (13,7 %) Hämaturie und eine bekannte Steindiathese, 7 Patienten (5,6 %) zeigten ein pathologisches Serumkreatinin und eine bekannte Steindiathese. Bei 20 Patienten (15,7 %) konnte sowohl eine Hämaturie als auch ein pathologischer Kreatinin-Wert und eine Pyelokalikektasie nachgewiesen werden. In 12 Fällen (8,4 %) wurden gleichzeitig Pyelokalikektasie und Hämaturie bei bekannter Steindiathese nachgewiesen, in 5 Fällen (4 %) zeigten sich Hämaturie und pathologische Kreatinin-Werte bei bekannter Steindiathese, bei 9 Patienten (7,3 %) mit bekannter Steindiathese zeigten sich Pyelokalikektasie und pathologisches Kreatinin, alle vier Faktoren (Pyelokalikektasie, Hämaturie, pathologisches Kreatinin und bekannte Steindiathese) konnten gleichzeitig nur in 3,2 % der Fälle (4 Patienten) nachgewiesen werden. In 62,9 % (78 von 124) der Patienten wurde ein Harnleiterstein im Stein-CT identifiziert.

Die univariate logistische Regressionsanalyse der oben genannten Variablen (sonographisch nachgewiesene Pyelokalikektasie, pathologische Kreatinin-Werte,

(34)

34

Hämaturie und bekannte Steindiathese) zeigte, dass lediglich die Pyelokalikektasie (p >

0,0001) und eine bekannte Steindiathese (p = 0,0305) mit dem Vorhandensein eines Harnleitersteins assoziiert waren. In der multivariaten Regressionsanalyse war nur die Pyelokalikektasie mit einem Harnleiterstein signifikant assoziiert (Tab. 5).

Tabelle 4- Demographik der Studienpopulation

Eigenschaften Zahl (Prozent)

Durschnittsalter (Jahre) 47,1

Geschlecht:

- männlich 85 (68,5 %)

- weiblich 39 (31,5 %)

Computertomographische Schmerzursache

- symptomatischer Harnleiterstein 78 (62,9 %)

- signifikante Nebenbefunden 15 (12,1 %)

- kein pathologischer Befund 31(25 %)

Notfallmäßige Harnableitung 39 (31,4 %)

Abbildung 5- Korrelation zwischen Hydronephrose und Harnleitersteinnachweis in der gesamten Studienpopulation

(35)

35

Tabelle 5- Univariate und multivariate Analyse (Exakter Test nach Fisher) der Variablen. Die signifikanten (p < 0,05%) Variablen sind markiert.

Die Subgruppenanalyse (Männer vs. Frauen) zeigte relevante Unterschiede. Bei Männern (Tab. 6) war die bekannte Steindiathese alleine nicht mit dem nach den oben genannten Kriterien eines positiven Steinnachweises im Stein-CT assoziiert (p = 0,0985), während die Kombination mit Hämaturie wiederum mit einem Harnleiterstein signifikant assoziiert (p = 0,0414) war.

Bei Frauen (Tab. 7) fiel auf, dass die Hämaturie auch in Kombination mit einer Hydronephrose und/oder bekannter Steindiathese keine signifikante Assoziation mit einem Harnleitersteinnachweis im Stein-CT zeigte.

Variable Odds Ratio P-Wert Sensitivität Spezifizität

Pyelokalikektasie 7,212 < 0,0001 0,7179 0,7391

Hämaturie 1,871 0,1833 0,8056 0,3111

Auffälliges Kreatinin 1,883 0,1645 0,3718 0,7609

Bek. Steindiathese 2,963 0,0305 0,3077 0,8696

Pyelokalikektasie & Hämaturie 9,84 0,0002 0,8913 0,5455

Pyelokalikektasie & auffälliges Kreatinin 9,237 < 0,0001 0,5778 0,8710 Pyelokalikektasie & bek. Steindiathese unendlich < 0,0001 0,5278 1 Hämaturie & auffälliges Kreatinin 3,732 0,0636 0,7308 0,5789

Hämaturie & bek. Steindiathese 8,556 0,0134 0,7 0,7857

Auffälliges Kreatinin & bei. Steindiathese 8,571 0,0229 0,2222 0,9677 Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin 14,17 0,0014 0,8095 0,7692

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

bek. Steindiathese unendlich < 0,0001 0,8571 1

Pyelokalikektasie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese 11,73 0,0220 0,5 0,8889

Hämaturie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese 8 0,1312 0,3478 0,9565

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin & bek. Steindiathese unendlich 0,0094 0,6667 1

(36)
(37)

37

Tabelle 7 – Subgruppenanalyse/Frauen. Univariate und multivariate Analyse (Exakter Test nach Fisher) der Variablen. Die signifikanten (p < 0,05%) Variablen sind markiert.

In 15 von 46 (32,6 %) negativen Stein-CTs wurden (gleichzeitig) signifikante Nebenbefunde festgestellt: In 4 Fällen wurde eine Divertikulose nachgewiesen, bei 3 Patienten eine Harnleiter-Knickbildung bzw. Verlagerung. Des Weiteren wurden 1 Rippenfraktur, 2 Raumforderungen im kleinen Becken, 2 Ovarialzysten, 2 Darmwandverdickungen sowie 1 Verdickung an den Samenbläschen entdeckt. In einem Fall wurden Blutkoagel im Nierenbeckenkelchsystem und intravesical im Sinne einer Blutung aus dem oberen Harntrakt festgestellt – ursächlich für Flankenschmerzen. In einem Fall wurde eine akute Appendizitis diagnostiziert und entsprechend chirurgisch versorgt.

Variable Odds Ratio P-Wert Sensitivität Spezifizität

Pyelokalikektasie 6,857 0,0095 0,8 0,6316

Hämaturie 1,339 >

0,9999 0,7895 0,2632

Auffälliges Kreatinin 3,556 0,1552 0,4 0,8421

Bek. Steindiathese 2,872 0,2733 0,35 0,8421

Pyelokalikektasie & Hämaturie 8 0,1269 0,9231 0,4

Pyelokalikektasie & auffälliges Kreatinin 12,83 0,0131 0,7 0,8462 Pyelokalikektasie & bek. Steindiathese unendlich 0,0048 0,7143 1 Hämaturie & auffälliges Kreatinin unendlich 0,1667 1 0,6667

Hämaturie & bek. Steindiathese 9 0,4857 0,75 0,75

Auffälliges Kreatinin & bei. Steindiathese unendlich 0,0957 0,3077 1 Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin unendlich 0,1429 1 0,8

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

bek. Steindiathese unendlich 0,3333 1 1

Pyelokalikektasie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese unendlich 0,0350 0,6 1

Hämaturie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese ns >

0,9999 ns 1

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin & bek. Steindiathese ns >

0,9999 ns 1

(38)

38

Tabelle 8- Liste der computertomographisch nachgewiesenen alternativen Schmerzursachen

Signifikante Nebenbefunde Männer Frauen

Divertikulose 3 1

Harnleiterknickbildung bzw. -verlagerung 1 2

Rippenfraktur 1 -

Raumforderung im kleinen Becken 1 1

Ovarialzyste(n) - 2

Darmwandverdickung 1 1

Verdickung an den Samenbläschen 1 -

Blutkoagel im oberen Harntrakt - 1

Akute Appendizitis 1 -

In 50 % der Fälle (39 von 78 Patienten) erfolgte bei positivem Harnleitersteinnachweis eine Notfall-Intervention (34 Harnleiterschienungen, 1 Nephrostomieeinlage, 2 DJ- Ureterkatheter-Wechsel, 2 primäre URS). Bei den restlichen 50 % entschloss man sich bei spontan abgangsfähigen Harnleitersteinen für ein konservatives Vorgehen.

Um schließlich die Frage nach der Relevanz des Stein-CT in der therapeutischen Entscheidung zu beantworten, verglichen wir die Indikation zur Notfall-Intervention anhand der verfügbaren Daten vor dem CT mit der tatsächlichen, anhand des Ergebnisses des Stein-CT gestellten, OP-Indikation.

Zu diesem Zweck betrachteten wir als a priori Kriterien für die Indikation zur Intervention, wie in den EAU-Leitlinien 99 definiert, das Vorhandensein von:

1. Verdacht auf infizierte Harnstauungsniere (gleichzeitig Pyelokalikektasie, Leukozyturie und Leukozytose)

2. Zeichen eines möglichen (beginnenden) postrenalen Nierenversagens (gleichzeitig Pyelokalikektasie und pathologische Kreatinin-Werte)

(39)

39

Die Tabelle 9 zeigt nun, wie die Durchführung eines Stein-CT unabhängig von der Wahrscheinlichkeit der Urolithiasis es ermöglicht, die therapeutische Entscheidung in unserer Studie um insgesamt 25,8 % zu verändern, wodurch einerseits eine Übertherapie in 12/34 Fällen (35,3 %) und andererseits eine Untertherapie in 20/90 Fällen (22,2 %) vermieden werden konnte.

Tabelle 9- Therapieentscheidung ohne und mit Stein-CT Harnleiterstein

im CT Kein

Harnleiterstein im CT

OP-Indikation

nach Stein-CT Keine OP- Indikation nach

Stein-CT

OP-Indikation vor Stein-CT

(Verdacht auf) Infizierte

Harnstauungsniere 4 3 1 3 1

(mögliches) postrenales

Nierenversagen 30 26 4 19 11

ges. 34 29 5 22 12

Keine OP-Indikation vor Stein-CT 90 49 41 20 70

(40)

40 4. Diskussion

Klinische Studien zeigen, dass ca. 50 % der Patienten, die ein Stein-CT bekommen, eine Urolithiasis aufweisen und 20 % davon werden einer Operation unterzogen. Bei dem im Rahmen dieser Dissertation ausgewählten Patientenkollektiv wurde in 62,9 % der Fälle eine Urolithiasis mittels Stein-CT diagnostiziert. 50 % der Patienten mit gesicherter Urolithiasis haben eine Notfall-OP bekommen. Mehrere Studien zeigten wie die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Urolithiasis in Abhängigkeit besonderer Symptome bzw. Patientencharakteristika berechnet werden kann 95.

Die Auswertung der erhobenen Daten dieser Studie zeigte, dass eine sorgfältige Anamnese, die korrekte und zielgerichtete klinische Analyse sowie die Integration von diagnostischen Instrumenten grundlegend für die Notfallbehandlung des Patienten mit Verdacht auf Harnleiterstein sind. Diese Studie zeigt außerdem, dass man mit der alleinigen Analyse der Symptome und klinischen Zeichen eine gute Orientierung für die Planung der weiteren Therapie erhält, jedoch ohne den Einsatz eines Stein-CTs Gefahr läuft, eine falsche Behandlungsentscheidung zu fällen. Bei der Konstruktion eines diagnostisch-therapeutischen Algorithmus (Abbildung 7), der die Risikostratifizierung, das klinische Management und den zeitlichen Ablauf der Intervention erleichtern soll, wurden zunächst praktische und objektivierbare Parameter ausgewählt, die schnell bzw.

direkt evaluiert werden können.

Die Variabilität und Subjektivität bei der Darstellung von manchen Symptomen und deren Beschreibung durch Patienten sowie die Unmöglichkeit, diesbezüglich reproduzierbare Daten retrospektiv zu identifizieren, führte dazu, diese Faktoren (Schmerzart, Schmerzauftritt, Schmerzdauer, Schmerzintensität, vagale Begleitsymptomen) aus der Analyse auszuschließen. Allerdings ist zu beachten, dass die Indikation zum CT selbst in der klinischen Praxis häufig durch eben diese subjektiven

(41)

41

und nicht gut zu objektivierenden Faktoren gestellt wird.

In dieser Studie wurden nur rein objektive und einfach standardisierbare Parameter analysiert. Aus diesem Grund wurde zum Beispiel die Variable "pathologischer Serum- Kreatinin-Wert" und nicht die "Zunahme des Serum-Kreatinins" bewertet, da letztere schwer zu bewerten ist. Es sei denn, dass die Ausgangswerte jedes Patienten bekannt wären. Diese Analyse identifizierte den Ultraschall von Niere und Harnblase als unverzichtbaren Parameter für die initiale Beurteilung jedes Patienten mit akutem Verdacht auf Urolithiasis.

Insbesondere das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Pyelokalikektasie ist hier in die Analyse mit einbezogen worden. Die Pyelokalikektasie zeigte sich als die einzige wirklich unabhängige Variable, die mit dem Vorhandensein eines obstruktiven Uretersteins assoziiert war. In dieser Studie wird die Ultraschalluntersuchung gleichwertig mit der Blutchemie und der Urinanalyse und nicht als Alternative zum CT gesehen, um die mögliche Ursache von kolikartigen Flankenschmerzen zu identifizieren.

Darüber hinaus wurde außerdem eine Subpopulationsanalyse durchgeführt, die zwischen Männern und Frauen differenzierte und die unterschiedliche Häufigkeit von Urolithiasis sowie die unterschiedlichen Differentialdiagnosen bei beiden Geschlechtern berücksichtigte. Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen vermuten, dass Vorhersagemodelle für das Vorhandensein von Uretersteinen für Männer und Frauen nicht in gleicher Weise verwendet werden können. Als Beispiel sei hier die Hämaturie genannt, die bei weiblichen Patienten häufig als Fehldiagnose bei Menstruationsblutung bzw. auch im Rahmen der bei Frauen häufiger zu beobachtenden Harnwegsinfektionen auftritt.

(42)

42

5. Zusammenfassung – Ein neuer diagnostischer/therapeutischer Algorithmus

Diese Studie zeigt, dass zwar die klinischen Symptome und Parameter dem Notarzt bei Verdacht auf Nierenkolik eine gute Einschätzung bezüglich der Diagnosestellung geben, für die exaktere Indikationsstellung zur Intervention allerdings ein Stein-CT durchgeführt werden sollte.

Gerade in der therapeutischen Entscheidung zeigt sich die entscheidende Rolle des Stein- CT bei Verdacht auf Urolithiasis im Notfall.

Der in der AWMF S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis vorgeschlagene Algorithmus (Abbildung 7) zeigt die Notwendigkeit einer eingehenden erweiterten Diagnostik bei Verdacht auf Urolithiasis und im Falle des Fehlens einer Notfall-Indikation zur Harnableitung. Er definiert jedoch nicht, welche Röntgendiagnostik bevorzugt werden soll, so dass dem Notarzt ein sehr breiter Entscheidungsspielraum bleibt. In Anbetracht der klaren Daten, die für das NCCT in der Diagnostik der Urolithiasis verfügbar sind, scheint es klar zu sein, dass die Ersetzung des Begriffs Röntgendiagnostik durch (low-dose) NCCT sinnvoll ist.

Die EAU-Leitlinien bieten ihrerseits keinen Algorithmus für das Management des Patienten mit Nierenkolik. Sie definieren allerdings die erforderliche Röntgendiagnostik besser, indem sie explizit über NCCT sprechen. Die Entscheidung, nicht ausschließlich von der low-dose-CT zu sprechen, ist mit der möglichen Schwierigkeit gerechtfertigt, diese Untersuchung in der klinischen Praxis allgegenwärtig einzusetzen. Wobei der Vorteil einer geringeren Strahlenbelastung praktisch mit demselben diagnostischen Stellenwert klar betont wird.

Bezüglich der Ermittlung des genauen Zeitpunkts des Rückgriffs auf diese Röntgendiagnostik, um den schnellsten und effizientesten diagnostisch-therapeutischen Weg zu ermöglichen, gibt es einige Überlegungen: 1. In Anbetracht der obigen

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