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Der Auswertung der Daten dienten die Programme Excel und GraphPad.

Die statistische Datenanalyse basierte auf der Untersuchung der Korrelation zwischen Variablen (Zeichen und Symptomen) und dem positiven Steinnachweis im low-dose CT.

Wir betrachten als Stein-positiv diejenigen Stein-CTs, welche Harnleitersteine oder

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Zeichen eines stattgehabten Steinabgangs wie ureterales Stranding oder Blasensteine, nachweisen.

Jede Variable (Pyelokalikektasie, pathologische Kreatininwerte, Hämaturie und bekannte Steindiathese) wurde einzeln (univariat) und in Kombination miteinander (multivariat) mithilfe von logistischen Regressionsmodellen betrachtet. Dafür wurde der exakte Test nach Fisher (Konfidenzintervall von 95 % nach der Wilson-Brown-Methode) verwendet.

33 3. Ergebnisse

Das Durchschnittsalter für die Patientenkohorte betrug 47,1 Jahre (Spannbreite: 16,4 – 84,4 Jahre). 68,5 % der Patienten waren männlich. 71,8 % der Patienten boten eine Hämaturie (3,4 % davon makroskopisch), ein pathologisches Serum-Kreatinin zeigte sich bei der Patientenvorstellung in 32,3 % der Fälle. Bei 68 Patienten (54,8 %) stellte sich sonographisch eine Pyelokalikektasie dar, bei 42/68 Patienten erstgradig (61,8 %), bei 25/68 zweitgradig (36,8 %), bei 1/68 drittgradig (1,5 %). Bei 30 Patienten (24,2 %) war in der Vorgeschichte eine Steindiathese bereits bekannt. 51 Patienten (41,1 %) zeigten gleichzeitig Hämaturie und Pyelokalikektasie, 30 Patienten (24,2 %) pathologische Kreatinin-Werte und Pyelokalikektasie, 19 Patienten (15,3 %) hatten eine Pyelokalikektasie und eine bekannte Steindiathese, 27 Patienten (21,8 %) pathologische Kreatinin-Werte und eine Hämaturie, 17 Patienten (13,7 %) Hämaturie und eine bekannte Steindiathese, 7 Patienten (5,6 %) zeigten ein pathologisches Serumkreatinin und eine bekannte Steindiathese. Bei 20 Patienten (15,7 %) konnte sowohl eine Hämaturie als auch ein pathologischer Kreatinin-Wert und eine Pyelokalikektasie nachgewiesen werden. In 12 Fällen (8,4 %) wurden gleichzeitig Pyelokalikektasie und Hämaturie bei bekannter Steindiathese nachgewiesen, in 5 Fällen (4 %) zeigten sich Hämaturie und pathologische Kreatinin-Werte bei bekannter Steindiathese, bei 9 Patienten (7,3 %) mit bekannter Steindiathese zeigten sich Pyelokalikektasie und pathologisches Kreatinin, alle vier Faktoren (Pyelokalikektasie, Hämaturie, pathologisches Kreatinin und bekannte Steindiathese) konnten gleichzeitig nur in 3,2 % der Fälle (4 Patienten) nachgewiesen werden. In 62,9 % (78 von 124) der Patienten wurde ein Harnleiterstein im Stein-CT identifiziert.

Die univariate logistische Regressionsanalyse der oben genannten Variablen (sonographisch nachgewiesene Pyelokalikektasie, pathologische Kreatinin-Werte,

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Hämaturie und bekannte Steindiathese) zeigte, dass lediglich die Pyelokalikektasie (p >

0,0001) und eine bekannte Steindiathese (p = 0,0305) mit dem Vorhandensein eines Harnleitersteins assoziiert waren. In der multivariaten Regressionsanalyse war nur die Pyelokalikektasie mit einem Harnleiterstein signifikant assoziiert (Tab. 5).

Tabelle 4- Demographik der Studienpopulation

Eigenschaften Zahl (Prozent)

Durschnittsalter (Jahre) 47,1

Geschlecht:

- männlich 85 (68,5 %)

- weiblich 39 (31,5 %)

Computertomographische Schmerzursache

- symptomatischer Harnleiterstein 78 (62,9 %)

- signifikante Nebenbefunden 15 (12,1 %)

- kein pathologischer Befund 31(25 %)

Notfallmäßige Harnableitung 39 (31,4 %)

Abbildung 5- Korrelation zwischen Hydronephrose und Harnleitersteinnachweis in der gesamten Studienpopulation

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Tabelle 5- Univariate und multivariate Analyse (Exakter Test nach Fisher) der Variablen. Die signifikanten (p < 0,05%) Variablen sind markiert.

Die Subgruppenanalyse (Männer vs. Frauen) zeigte relevante Unterschiede. Bei Männern (Tab. 6) war die bekannte Steindiathese alleine nicht mit dem nach den oben genannten Kriterien eines positiven Steinnachweises im Stein-CT assoziiert (p = 0,0985), während die Kombination mit Hämaturie wiederum mit einem Harnleiterstein signifikant assoziiert (p = 0,0414) war.

Bei Frauen (Tab. 7) fiel auf, dass die Hämaturie auch in Kombination mit einer Hydronephrose und/oder bekannter Steindiathese keine signifikante Assoziation mit einem Harnleitersteinnachweis im Stein-CT zeigte.

Variable Odds Ratio P-Wert Sensitivität Spezifizität

Pyelokalikektasie 7,212 < 0,0001 0,7179 0,7391

Hämaturie 1,871 0,1833 0,8056 0,3111

Auffälliges Kreatinin 1,883 0,1645 0,3718 0,7609

Bek. Steindiathese 2,963 0,0305 0,3077 0,8696

Pyelokalikektasie & Hämaturie 9,84 0,0002 0,8913 0,5455

Pyelokalikektasie & auffälliges Kreatinin 9,237 < 0,0001 0,5778 0,8710 Pyelokalikektasie & bek. Steindiathese unendlich < 0,0001 0,5278 1 Hämaturie & auffälliges Kreatinin 3,732 0,0636 0,7308 0,5789

Hämaturie & bek. Steindiathese 8,556 0,0134 0,7 0,7857

Auffälliges Kreatinin & bei. Steindiathese 8,571 0,0229 0,2222 0,9677 Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin 14,17 0,0014 0,8095 0,7692

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

bek. Steindiathese unendlich < 0,0001 0,8571 1

Pyelokalikektasie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese 11,73 0,0220 0,5 0,8889

Hämaturie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese 8 0,1312 0,3478 0,9565

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin & bek. Steindiathese unendlich 0,0094 0,6667 1

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Tabelle 7 – Subgruppenanalyse/Frauen. Univariate und multivariate Analyse (Exakter Test nach Fisher) der Variablen. Die signifikanten (p < 0,05%) Variablen sind markiert.

In 15 von 46 (32,6 %) negativen Stein-CTs wurden (gleichzeitig) signifikante Nebenbefunde festgestellt: In 4 Fällen wurde eine Divertikulose nachgewiesen, bei 3 Patienten eine Harnleiter-Knickbildung bzw. Verlagerung. Des Weiteren wurden 1 Rippenfraktur, 2 Raumforderungen im kleinen Becken, 2 Ovarialzysten, 2 Darmwandverdickungen sowie 1 Verdickung an den Samenbläschen entdeckt. In einem Fall wurden Blutkoagel im Nierenbeckenkelchsystem und intravesical im Sinne einer Blutung aus dem oberen Harntrakt festgestellt – ursächlich für Flankenschmerzen. In einem Fall wurde eine akute Appendizitis diagnostiziert und entsprechend chirurgisch versorgt.

Variable Odds Ratio P-Wert Sensitivität Spezifizität

Pyelokalikektasie 6,857 0,0095 0,8 0,6316

Hämaturie 1,339 >

0,9999 0,7895 0,2632

Auffälliges Kreatinin 3,556 0,1552 0,4 0,8421

Bek. Steindiathese 2,872 0,2733 0,35 0,8421

Pyelokalikektasie & Hämaturie 8 0,1269 0,9231 0,4

Pyelokalikektasie & auffälliges Kreatinin 12,83 0,0131 0,7 0,8462 Pyelokalikektasie & bek. Steindiathese unendlich 0,0048 0,7143 1 Hämaturie & auffälliges Kreatinin unendlich 0,1667 1 0,6667

Hämaturie & bek. Steindiathese 9 0,4857 0,75 0,75

Auffälliges Kreatinin & bei. Steindiathese unendlich 0,0957 0,3077 1 Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin unendlich 0,1429 1 0,8

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

bek. Steindiathese unendlich 0,3333 1 1

Pyelokalikektasie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese unendlich 0,0350 0,6 1

Hämaturie & auf. Kreatinin &

bek. Steindiathese ns >

0,9999 ns 1

Pyelokalikektasie & Hämaturie &

auf. Kreatinin & bek. Steindiathese ns >

0,9999 ns 1

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Tabelle 8- Liste der computertomographisch nachgewiesenen alternativen Schmerzursachen

Signifikante Nebenbefunde Männer Frauen

Divertikulose 3 1

Harnleiterknickbildung bzw. -verlagerung 1 2

Rippenfraktur 1 -

Raumforderung im kleinen Becken 1 1

Ovarialzyste(n) - 2

Darmwandverdickung 1 1

Verdickung an den Samenbläschen 1 -

Blutkoagel im oberen Harntrakt - 1

Akute Appendizitis 1 -

In 50 % der Fälle (39 von 78 Patienten) erfolgte bei positivem Harnleitersteinnachweis eine Notfall-Intervention (34 Harnleiterschienungen, 1 Nephrostomieeinlage, 2 DJ-Ureterkatheter-Wechsel, 2 primäre URS). Bei den restlichen 50 % entschloss man sich bei spontan abgangsfähigen Harnleitersteinen für ein konservatives Vorgehen.

Um schließlich die Frage nach der Relevanz des Stein-CT in der therapeutischen Entscheidung zu beantworten, verglichen wir die Indikation zur Notfall-Intervention anhand der verfügbaren Daten vor dem CT mit der tatsächlichen, anhand des Ergebnisses des Stein-CT gestellten, OP-Indikation.

Zu diesem Zweck betrachteten wir als a priori Kriterien für die Indikation zur Intervention, wie in den EAU-Leitlinien 99 definiert, das Vorhandensein von:

1. Verdacht auf infizierte Harnstauungsniere (gleichzeitig Pyelokalikektasie, Leukozyturie und Leukozytose)

2. Zeichen eines möglichen (beginnenden) postrenalen Nierenversagens (gleichzeitig Pyelokalikektasie und pathologische Kreatinin-Werte)

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Die Tabelle 9 zeigt nun, wie die Durchführung eines Stein-CT unabhängig von der Wahrscheinlichkeit der Urolithiasis es ermöglicht, die therapeutische Entscheidung in unserer Studie um insgesamt 25,8 % zu verändern, wodurch einerseits eine Übertherapie in 12/34 Fällen (35,3 %) und andererseits eine Untertherapie in 20/90 Fällen (22,2 %) vermieden werden konnte.

Tabelle 9- Therapieentscheidung ohne und mit Stein-CT Harnleiterstein

im CT Kein

Harnleiterstein im CT

OP-Indikation

nach Stein-CT Keine OP-Indikation nach

Stein-CT

OP-Indikation vor Stein-CT

(Verdacht auf) Infizierte

Harnstauungsniere 4 3 1 3 1

(mögliches) postrenales

Nierenversagen 30 26 4 19 11

ges. 34 29 5 22 12

Keine OP-Indikation vor Stein-CT 90 49 41 20 70

40 4. Diskussion

Klinische Studien zeigen, dass ca. 50 % der Patienten, die ein Stein-CT bekommen, eine Urolithiasis aufweisen und 20 % davon werden einer Operation unterzogen. Bei dem im Rahmen dieser Dissertation ausgewählten Patientenkollektiv wurde in 62,9 % der Fälle eine Urolithiasis mittels Stein-CT diagnostiziert. 50 % der Patienten mit gesicherter Urolithiasis haben eine Notfall-OP bekommen. Mehrere Studien zeigten wie die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Urolithiasis in Abhängigkeit besonderer Symptome bzw. Patientencharakteristika berechnet werden kann 95.

Die Auswertung der erhobenen Daten dieser Studie zeigte, dass eine sorgfältige Anamnese, die korrekte und zielgerichtete klinische Analyse sowie die Integration von diagnostischen Instrumenten grundlegend für die Notfallbehandlung des Patienten mit Verdacht auf Harnleiterstein sind. Diese Studie zeigt außerdem, dass man mit der alleinigen Analyse der Symptome und klinischen Zeichen eine gute Orientierung für die Planung der weiteren Therapie erhält, jedoch ohne den Einsatz eines Stein-CTs Gefahr läuft, eine falsche Behandlungsentscheidung zu fällen. Bei der Konstruktion eines diagnostisch-therapeutischen Algorithmus (Abbildung 7), der die Risikostratifizierung, das klinische Management und den zeitlichen Ablauf der Intervention erleichtern soll, wurden zunächst praktische und objektivierbare Parameter ausgewählt, die schnell bzw.

direkt evaluiert werden können.

Die Variabilität und Subjektivität bei der Darstellung von manchen Symptomen und deren Beschreibung durch Patienten sowie die Unmöglichkeit, diesbezüglich reproduzierbare Daten retrospektiv zu identifizieren, führte dazu, diese Faktoren (Schmerzart, Schmerzauftritt, Schmerzdauer, Schmerzintensität, vagale Begleitsymptomen) aus der Analyse auszuschließen. Allerdings ist zu beachten, dass die Indikation zum CT selbst in der klinischen Praxis häufig durch eben diese subjektiven

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und nicht gut zu objektivierenden Faktoren gestellt wird.

In dieser Studie wurden nur rein objektive und einfach standardisierbare Parameter analysiert. Aus diesem Grund wurde zum Beispiel die Variable "pathologischer Serum-Kreatinin-Wert" und nicht die "Zunahme des Serum-Kreatinins" bewertet, da letztere schwer zu bewerten ist. Es sei denn, dass die Ausgangswerte jedes Patienten bekannt wären. Diese Analyse identifizierte den Ultraschall von Niere und Harnblase als unverzichtbaren Parameter für die initiale Beurteilung jedes Patienten mit akutem Verdacht auf Urolithiasis.

Insbesondere das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Pyelokalikektasie ist hier in die Analyse mit einbezogen worden. Die Pyelokalikektasie zeigte sich als die einzige wirklich unabhängige Variable, die mit dem Vorhandensein eines obstruktiven Uretersteins assoziiert war. In dieser Studie wird die Ultraschalluntersuchung gleichwertig mit der Blutchemie und der Urinanalyse und nicht als Alternative zum CT gesehen, um die mögliche Ursache von kolikartigen Flankenschmerzen zu identifizieren.

Darüber hinaus wurde außerdem eine Subpopulationsanalyse durchgeführt, die zwischen Männern und Frauen differenzierte und die unterschiedliche Häufigkeit von Urolithiasis sowie die unterschiedlichen Differentialdiagnosen bei beiden Geschlechtern berücksichtigte. Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen vermuten, dass Vorhersagemodelle für das Vorhandensein von Uretersteinen für Männer und Frauen nicht in gleicher Weise verwendet werden können. Als Beispiel sei hier die Hämaturie genannt, die bei weiblichen Patienten häufig als Fehldiagnose bei Menstruationsblutung bzw. auch im Rahmen der bei Frauen häufiger zu beobachtenden Harnwegsinfektionen auftritt.

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